BGH 9. Zivilsenat, Urteil vom 22.10.2020, AZ IX ZR 231/19, ECLI:DE:BGH:2020:221020UIXZR231.19.0
§ 39 Abs 1 Nr 5 InsO, § 1 BetrAVG
Leitsatz
Ansprüche eines Gesellschafters auf Zahlung eines Altersruhegeldes aus einer betrieblichen Altersversorgung stellen keine Forderungen aus Rechtshandlungen dar, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.
Verfahrensgang
vorgehend LG Düsseldorf, 23. August 2019, Az: 20 S 16/19, Urteil
vorgehend AG Düsseldorf, 15. Januar 2019, Az: 45 C 469/18, Urteil
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23. August 2019 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die K. GmbH (fortan: Schuldnerin) erteilte ihrem Geschäftsführer P. mit Vereinbarung vom 5. Januar 1993 eine Versorgungszusage. P. hielt 30 % der Geschäftsanteile der Schuldnerin, seit November 2004 noch 20 % der Geschäftsanteile. Nachdem er im Jahr 2003 die Altersgrenze erreicht hatte, zahlte die Schuldnerin ihm eine monatliche Betriebsrente. Im April 2015 stellte die Schuldnerin ihre Zahlungen an P. ein.
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Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom 2. Dezember 2015 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Der Kläger ist gemäß § 14 Abs. 1 BetrAVG gesetzlicher Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung. Er gewährte P. anstelle der Schuldnerin die Leistungen aus der Versorgungszusage sowohl hinsichtlich der rückständigen als auch der künftigen Leistungen und erteilte hierüber am 12. August 2016 einen Leistungsbescheid. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 meldete der Kläger eine Forderung in Höhe von 55.208 € aus übergegangenen Ansprüchen des Versorgungsberechtigten zur Insolvenztabelle an. Der Beklagte bestritt diese Forderung und machte geltend, es handele sich um eine gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangige Forderung.
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Mit seiner Klage beantragt der Kläger, diese Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg.
I.
5
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in ZIP 2019, 1927 ff veröffentlicht ist, hat ausgeführt, es handele sich um eine nachrangige Forderung. Forderungen aus einer Pensionszusage an einen Gesellschafter stünden einem Gesellschafterdarlehen gleich. Dies treffe auf alle Forderungen zu, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet seien.
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Das Dienst- oder Arbeitsverhältnis zwischen der Schuldnerin und P. begründe ein Austauschverhältnis. Der Anspruch auf Ruhegehalt stelle eine Gegenleistung für seine betriebstreuen Dienste dar. Der Zahlung der Rente stehe die vorab zu erbringende betriebstreue Arbeitsleistung gegenüber. Der Versorgungsvertrag führe letztlich zu einer Vorleistungspflicht des Gesellschafters. Die Vergütung für die betriebstreue Leistung erfolge erst nach Ablauf der vereinbarten Frist. Durch diese spätere Fälligkeit verblieben der Schuldnerin die finanziellen Mittel, die sie sonst zur sofortigen Abgeltung der Betriebstreue verwenden müsse. Angesichts der Vorleistung des Gesellschafters handele es sich unabhängig vom rechtlichen Charakter der Ansprüche auf Ruhegehalt und von den der Abrede zugrundeliegenden Motiven um eine wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen entsprechende Leistung.
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Zwar könne die Vorleistung eines Gesellschafters in Ausnahmefällen nicht als wirtschaftlich einem Darlehen entsprechend angesehen werden. Dies sei der Fall, wenn die Vorleistung oder das Hinausschieben der Fälligkeit verkehrsüblich sei. Dies richte sich nach den Maßstäben des § 142 InsO. Die insolvenzfeste Anwartschaft nach §§ 7 ff BetrAVG genüge nicht, weil es sich dabei nicht um eine durch den Arbeitnehmer geleistete Sicherheit, sondern um eine gesetzliche Anordnung handele. Die gesetzlich vorgesehene Absicherung von Arbeitnehmern sei kein geeignetes Kriterium, um die Leistungen von einem wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen gleichstehenden Anspruch abzugrenzen. Auf § 39 Abs. 5 InsO könne P. sich nicht berufen, weil er durchgehend mit mehr als 10 % am Haftkapital der Schuldnerin beteiligt gewesen sei.
II.
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Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Pensionsansprüche stellen keine wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehende Forderungen dar. Es handelt sich um nicht nachrangige Insolvenzforderungen.
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1. Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind nachrangige Verbindlichkeiten Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
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a) Ein Gesellschafterdarlehen liegt vor, wenn der Gesellschafter dem Schuldner einen Geldbetrag in einer vereinbarten Höhe zur Verfügung gestellt hat (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB) und der Schuldner verpflichtet ist, das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei einem solchen Darlehen kommt es nicht auf die Dauer der Kreditgewährung an. Unter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO fallen daher auch kurzfristige Überbrückungskredite (BGH, Urteil vom 7. März 2013 – IX ZR 7/12, WM 2013, 708 Rn. 14 mwN; vom 4. Juli 2013 – IX ZR 229/12, BGHZ 198, 77 Rn. 29; vom 27. Juni 2019 – IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 31; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 39 Rn. 37; HK-InsO/Kleindiek, 10. Aufl., § 39 Rn. 36; Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., Anh. § 30 Rn. 145; Haas, ZIP 2017, 545, 548; aA Scholz/Bitter, GmbHG, 12. Aufl., Anh. § 64 Gesellschafterdarlehen Rn. 60 ff). Hiervon ausgenommen sind jedoch taggleiche Hin- und Herzahlungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter im Rahmen des gleichen Darlehensverhältnisses (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2019, aaO Rn. 37).
11
b) Diesen Gesellschafterdarlehen stellt § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in sachlicher Hinsicht Forderungen aus Rechtshandlungen gleich, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Maßgeblich ist, ob eine Rechtshandlung vorliegt, mit welcher der Gesellschafter in einer einem Gelddarlehen vergleichbaren Weise der Gesellschaft temporär Liquidität verschafft (vgl. MünchKomm-InsO/Ehricke/Behme, 4. Aufl., § 39 Rn. 73).
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aa) Dies ist der Fall für jede Forderung eines Gesellschafters auf Rückzahlung eines von ihm aus seinem Vermögen der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Geldbetrages, sofern ein solcher Rückzahlungsanspruch durchgängig seit der Überlassung des Geldes bestand und sich Gesellschafter und Gesellschaft von vorneherein einig waren, dass die Gesellschaft das Geld zurückzuzahlen habe (BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 – IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 30). Weiter kann eine Forderung als darlehensgleich zu beurteilen sein, wenn der Gesellschafter einen fälligen Anspruch darlehensfremder Art nicht gegen die Gesellschaft geltend macht (BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – IX ZR 210/18, ZIP 2019, 1675 Rn. 14 mwN). Die rechtliche oder faktische Stundung einer Forderung entspricht bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Vereinbarungsdarlehen, bei dem eine ursprünglich auf einem anderen Rechtsgrund beruhende Forderung künftig als Darlehen geschuldet wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 – IX ZR 185/13, WM 2016, 427 Rn. 29).
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bb) Daher können auch alle aus Austauschgeschäften mit der Gesellschaft herrührenden Geldforderungen des Gesellschafters ungeachtet des Entstehungsgrundes wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen. Dies setzt voraus, dass die Geldforderung des Gesellschafters der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wird, weil eine Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – IX ZR 192/13, BGHZ 202, 59 Rn. 50; vom 29. Januar 2015 – IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rn. 70; vom 11. Juli 2019 – IX ZR 210/18, ZIP 2019, 1675 Rn. 13). Hinsichtlich des Zeitraums, ab dem bei Austauschgeschäften die Entgeltforderung als wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehende Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anzusehen ist, ist dabei zu unterscheiden.
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(1) Liegt ein echter Leistungsaustausch Zug-um-Zug gemäß § 320 BGB vor, liegt keine darlehensgleiche Leistung vor. Ebenso scheidet eine rechtliche oder rein faktische Stundung, die zur Umqualifizierung als Darlehen führt, stets aus, wenn eine Leistung bargeschäftlich abgewickelt wird (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014, aaO Rn. 50 f; vom 29. Januar 2015, aaO; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81; HK-InsO/Kleindiek, 10. Aufl., § 39 Rn. 38; Graf-Schlicker/Neußner, InsO, 5. Aufl., § 39 Rn. 47; MünchKomm-InsO/Gehrlein, 4. Aufl., § 135 Rn. 19; FK-InsO/Bornemann, 9. Aufl., § 39 Rn. 65; Scholz/Bitter, GmbHG, 12. Aufl., Anh. § 64 Gesellschafterdarlehen Rn. 209; Bork/Schäfer/Thiessen, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 30 Rn. 16; Spliedt, ZIP 2009, 149, 157; Bitter, ZIP 2010, 1, 10; aA Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG, 22. Aufl., Anh. § 64 Rn. 14, 78a ff; Haas, ZIP 2017, 545, 549 f).
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(2) Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei Austauschgeschäften eine der Leistung des Gesellschafters an die Gesellschaft zeitlich nachfolgende Entgeltzahlung der Gesellschaft immer dann zu einer Einordnung als wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehende Forderung führt, wenn der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum überschritten wird. Entscheidend ist, ob die zeitliche Streckung des Leistungsaustausches zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nach der Vertragsgestaltung oder der tatsächlichen Handhabung in einer Gesamtschau den Schluss auf eine Kreditgewährung rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – IX ZR 210/18, ZIP 2019, 1675 Rn. 18).
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(a) Der Gesetzgeber hat die angeordneten Rechtsfolgen des Nachrangs und der Anfechtbarkeit einer Zahlung bewusst auf Darlehen beschränkt (vgl. BT-Drucks. 16/6140, S. 26, 42, 56 f; BT-Drucks. 16/9737, S. 59; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 39 Rn. 37; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 80; HK-InsO/Kleindiek, 10. Aufl., § 39 Rn. 35; Haas/Kolmann/Kurz in Gottwald/Haas, Insolvenzrechtshandbuch, 6. Aufl., § 90 Rn. 474; Habersack in Habersack/Caspar/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 30 Rn. 47; Scholz/Bitter, GmbHG, 12. Aufl., Anh. § 64 Gesellschafterdarlehen Rn. 58). Die daher erforderliche Abgrenzung, wann eine Forderung des Gesellschafters als wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehend anzusehen ist und wann nicht, richtet sich danach, ob die Rechtshandlung dazu führt, dass die Forderung des Gesellschafters eine dem typischen Darlehen entsprechende Finanzierungsfunktion hat (vgl. zur Finanzierungsfunktion BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 – IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 23 ff, 45; vom 25. Juni 2020 – IX ZR 243/18, ZIP 2020, 1468 Rn. 27 f; HK-InsO/Kleindiek, aaO Rn. 36; Scholz/Bitter, aaO Rn. 58; Habersack, aaO Rn. 47, 52).
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(b) Hierzu bedarf es bei Austauschgeschäften einer wertenden Betrachtung (vgl. Dahl/Linnenbrink in Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., Systematische Darstellung 6 Rn. 125) und einer genauen Analyse des Einzelfalls (vgl. Haas/Kolmann/Kurz in Gottwald/Haas, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 90 Rn. 479). In solchen Fällen reicht keineswegs jede geringfügige Überschreitung der marktüblichen oder vereinbarten Zahlungsfrist (Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., Anh. § 30 Rn. 124; Habersack in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 30 Rn. 55 f). Ebensowenig führt jede (faktische) Stundung über den für einen Baraustausch unschädlichen Zeitraum hinaus dazu, dass eine Forderung aus einem Austauschgeschäft als Darlehen zu qualifizieren ist (vgl. Haas/Kolmann/Kurz, aaO; Habersack, aaO Rn. 55; HK-InsO/Kleindiek, 10. Aufl., § 39 Rn. 38; aA Scholz/Bitter, GmbHG, 12. Aufl. 2020, Anh. § 64 Gesellschafterdarlehen Rn. 209a; Saenger/Inhester/Kolmann, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 30 Rn. 116a, 117). Bei von vornherein getroffenen Fälligkeitsvereinbarungen in Austauschverträgen liegt schließlich erst dann eine wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen entsprechende Forderung vor, wenn sie deutlich von marktüblichen Konditionen abweichen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – IX ZR 210/18, ZIP 2019, 1675 Rn. 16 mwN; Schmidt/Schmidt/Herchen, InsO, 19. Aufl., § 39 Rn. 53; HK-InsO/Kleindiek, aaO; Graf-Schlicker/Neußner, InsO, 5. Aufl., § 39 Rn. 47; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner, GmbHG, 6. Aufl., Anh. § 30 Rn. 84; Habersack, aaO Rn. 56; Bork/Schäfer/Thiessen, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 30 Rn. 16 für Miet-, Pacht- und Lizenzzahlungen; vgl. auch Henssler/Strohn/Fleischer, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 39 InsO Rn. 18). Für die Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts ist den Vertragspartnern ein gewisser Gestaltungsspielraum zuzubilligen (BGH, Urteil vom 29. Januar 2015 – IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rn. 74 zu Mieten).
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(c) Überschreitet der zeitliche Abstand beim Austausch von Leistung und Gegenleistung den von markt- oder verkehrsüblichen Regelungen gesteckten Rahmen eindeutig, liegt eine einem Gesellschafterdarlehen vergleichbare Leistung vor. Dies ist in der Regel erst anzunehmen, wenn eine Forderung aus einem Austauschgeschäft länger als drei Monate stehen gelassen wird (BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – IX ZR 210/18, ZIP 2019, 1675 Rn. 15, 18; ebenso Graf-Schlicker/Neußner, InsO, 5. Aufl., § 39 Rn. 47; HK-InsO/Kleindiek, 10. Aufl., § 39 Rn. 38; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 39 Rn. 36; Huber, NZI 2020, 149, 150 „interessengerecht“; aA Scholz/Bitter, GmbHG, 12. Aufl., Anh. § 64 Gesellschafterdarlehen Rn. 209 f; Saenger/Inhester/Kolmann, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 30 Rn. 116a, 117). Unterhalb dieser Grenze bedarf es bei Austauschgeschäften im Rahmen der Gesamtschau weiterer Indizien, um eine verzögerte Zahlung der Gesellschaft als wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen gleichstehend zu behandeln.
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(d) In dieser Behandlung von Austauschgeschäften liegt keine gegenüber kurzfristigen Überbrückungskrediten sachwidrige Ungleichbehandlung (aA Scholz/Bitter, aaO Rn. 209a; Saenger/Inhester/Kolmann, aaO Rn. 108, 116a; wohl auch Haas, ZIP 2017, 545, 550). Eine schematische Gleichbehandlung von Darlehensforderungen nach § 488 BGB und Entgeltforderungen aus Austauschgeschäften ist nicht geboten. Die für § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erforderliche Abgrenzung betrifft die Frage, ab welchem Zeitraum der Abstand zwischen Leistung und Gegenleistung den Tatbestand eines Gesellschafterdarlehens erfüllt (vgl. Huber, NZI 2020, 149, 151). Dabei unterscheiden sich Darlehensverträge und Austauschgeschäfte. Bei einem Darlehensvertrag führt der Gesellschafter aus seinem Vermögen der Gesellschaft zusätzliches Kapital zu und verbessert damit die Finanzierung der Gesellschaft. Indem der Gesellschafter die Gesellschaft mit weiteren für den Geschäftsbetrieb notwendigen finanziellen Mitteln ausstattet, finanziert er eine Geschäftstätigkeit, die ihm mittelbar über seine Stellung als Gesellschafter zugutekommt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 – IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 25). Diese Finanzierungsfunktion tritt bei einem Zufluss weiterer Geldmittel ohne weiteres ein (vgl. BGH, aaO Rn. 23, 45). Aus einem Austauschgeschäft fließt der Gesellschaft die Sachleistung des Gesellschafters zu, ohne dass dies zu einer zusätzlichen Finanzierung der Gesellschaft führt. Dass die Gesellschaft das Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters nicht Zug-um-Zug bezahlt, führt nicht in gleicher Weise wie der Zufluss weiterer Geldmittel zu einer besseren Finanzausstattung der Gesellschaft. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfasst nicht jeden Anspruch eines Gesellschafters und noch nicht einmal jeden Geldanspruch (vgl. BT-Drucks. 16/6140, S. 56). Auch wenn ein Warenkredit gleiche Wirkungen wie ein Geldkredit haben kann, weisen sie sachliche Unterschiede auf, die keine schematische Gleichbehandlung erfordern.
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Es geht bei der Gleichstellung darum, ob die Rechtshandlung die Bewertung als Gewährung eines Gelddarlehens rechtfertigt. Da der Gesellschaft bei Austauschgeschäften keine Geldleistung, sondern eine Sachleistung des Gesellschafters zufließt, ist es nicht geboten, die verspätete Bezahlung eines Austauschgeschäfts stets als Gesellschafterdarlehen zu behandeln. § 39 Abs. 1 Nr. 5 Fall 2 InsO zielt darauf, die Regelungen über Darlehen auf vergleichbare Sachverhalte zu erstrecken, nicht dahin, jedes Gesellschaftergeschäft zu erfassen (vgl. BT-Drucks. 16/6140, S. 56; BT-Drucks. 8/1347, S. 40 zu § 32a GmbHG; Habersack in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anh. § 30 Rn. 52).
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Anders liegt der Fall, wenn Gesellschafter und Gesellschaft die Austauschgeschäfte so ausgestalten, dass sich daraus eine dauerhafte Kreditgewährung durch den Gesellschafter ergibt. Eine wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen entsprechende Leistung kommt bei Austauschgeschäften weiter in Betracht, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft den Erwerb von einem Dritten mittelbar finanziert, etwa indem der Gesellschafter den Gegenstand vom Dritten erwirbt und ihn sodann an die Gesellschaft weiterveräußert.
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2. Nach diesen Maßstäben ist der Anspruch auf Altersruhegeld keine wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehende Forderung (Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., Anh. § 30 Rn. 123; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 4. Aufl., § 39 Rn. 36; aA Jacoby, Beilage ZIP 2016, 35; Scholz/Bitter, GmbHG 12. Aufl., Anh. § 64 Gesellschafterdarlehen Rn. 211).
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a) Der Kläger macht gemäß § 9 Abs. 2 BetrAVG die auf ihn übergegangenen Ansprüche des P. aus der Pensionszusage geltend. Die vom Kläger zur Tabelle angemeldete Forderung ist dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Bei diesen Ansprüchen des P. handelt es sich um einfache, nicht gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangige Forderungen.
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b) Allerdings hat das betriebliche Altersruhegeld – insbesondere für Geschäftsführer – nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter und ist damit auch Gegenleistung aus dem Dienst- oder Arbeitsvertrag. Der Leistung des Versorgungsschuldners steht als Gegenleistung die von dem anderen Teil erbrachte und weiterhin erwartete Betriebstreue gegenüber (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1983 – II ZR 71/83, ZIP 1984, 307, 308; vom 24. November 1988 – IX ZR 210/87, ZIP 1989, 110, 116 mwN; vom 25. November 1996 – II ZR 118/95, WM 1997, 68, 69; BAGE 65, 215, 221; ebenso BGH, Urteil vom 14. November 2007 – IV ZR 74/06, BGHZ 174, 127 Rn. 57 zu Versorgungsanwartschaften). Zwischen der vom Unternehmer angebotenen Versorgung und dem mit ihr abgegoltenen Verzicht des Dienstverpflichteten auf einen möglichen Betriebswechsel besteht daher ein Austauschverhältnis (BGH, Urteil vom 25. November 1996). Jedoch ist die Entgeltlichkeit nicht so zu verstehen, dass eine Versorgungsrente unmittelbar auf die Arbeitsleistung zu beziehen und wie ein vorenthaltener Teil des Arbeitslohnes zu betrachten wäre (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1983 – II ZR 71/83, ZIP 1984, 307, 308).
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Zutreffend ist weiter, dass die Gesellschaft das Ruhegehalt erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses auszahlt (Jacoby, Beilage ZIP 2016, 35). Dabei kann dahinstehen, ob die Ansprüche des Berechtigten aus der Ruhegehaltszusage zugleich aufschiebend befristet und aufschiebend bedingt erst mit dem Versorgungsfall entstehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. November 1988 – IX ZR 210/87, ZIP 1989, 110, 115) oder ob es sich dabei um betagte, bereits während des Dienstverhältnisses entstandene Ansprüche (vgl. hierzu BGH, aaO S. 114) handelt. In beiden Fällen liegt zwischen der Leistung des Gesellschafters und der finanziellen Gegenleistung der Gesellschaft ein zeitlicher Abstand. Dies gilt – wie die Revisionserwiderung zutreffend ausführt – insbesondere, wenn die Gesellschaft wie im Streitfall eine unmittelbare Versorgungszusage erteilt. In diesem Fall verpflichtet sich die Gesellschaft gegenüber dem Berechtigten, die Versorgungsleistungen selbst zu erbringen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 BetrAVG; vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, BetrAVG, 7. Aufl., § 1 Rn. 245). Dann erfolgen die Ausgaben für die Altersversorgung sowohl bei laufenden Rentenzahlungen als auch bei einmaligen Kapitalleistungen erst nach Eintritt des Versorgungsfalles (Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs, aaO Rn. 248).
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c) Das begründet jedoch keine wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehende Forderung.
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aa) Stehen gelassene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 – II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; vom 10. Juli 2014 – IX ZR 192/13, BGHZ 202, 59 Rn. 50; BAG, Urteil vom 27. März 2014 – 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff). Dies kommt weiter in Betracht, wenn die Gehaltsansprüche eines Gesellschafters als Gegenleistung für eine bereits erbrachte Leistung aufgrund einer Vereinbarung erst zukünftig in erheblichem zeitlichen Abstand zur Leistung des Gesellschafters erfüllt werden sollen, sei es weil die Fälligkeit hinausgeschoben wird, sei es weil sie unter einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung stehen. Maßgeblich ist stets, ob die Vereinbarungen oder die tatsächliche Handhabung dazu führen, dass die Gehaltsansprüche des Gesellschafters in einer einem Darlehen wirtschaftlich vergleichbaren Weise eine Finanzierung der Gesellschaft ermöglichen.
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bb) Dies trifft auf Ansprüche des Gesellschafters aus einer unmittelbaren Versorgungszusage der Gesellschaft jedoch nicht schon dann zu, wenn die Gesellschaft zunächst keine Finanzmittel aufbringen muss, um die versprochene Altersversorgung des Gesellschafters zu gewährleisten. Entgegen der Revision steht dem allerdings nicht entgegen, dass bereits der Anspruch auf zukünftige Versorgungszahlungen als Anwartschaft einen Vermögenswert besitzt. Die Einordnung als darlehensgleiche Forderung knüpft allein daran an, ob der Gesellschaft Finanzmittel zur Verfügung stehen, nicht daran, ob die Gesellschaft mit Ansprüchen belastet ist, die zugunsten des Gesellschafters einen Vermögenswert darstellen.
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Jedoch folgt eine wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen entsprechende Rechtshandlung nicht schon daraus, dass die Schuldnerin statt der unmittelbaren Versorgungszusage die Altersversorgung des P. auf andere Art und Weise hätte gewährleisten können. Daher kommt es entgegen dem Berufungsgericht nicht darauf an, ob die Gesellschaft dem Gesellschafter die für die zukünftige Versorgung erforderlichen Geldmittel laufend im Gegenzug zur Dienstleistung hätte zahlen können (aA Jacoby, Beilage ZIP 2016, 35). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Gesellschaft die Versorgungszusage mittelbar über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 BetrAVG genannten Versorgungsträger hätte durchführen können (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BetrAVG) und ob sie in diesem Fall laufend Geldmittel an den Versorgungsträger hätte zahlen müssen.
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Entscheidend für die Gleichstellung ist die Finanzierungsfunktion. Allein der Entgeltcharakter des Altersruhegeldes genügt hierzu nicht (HK-InsO/Kleindiek, 10. Aufl., § 39 Rn. 38). Ebenso wenig begründet das Leistungsversprechen der Gesellschaft eine einem Darlehen wirtschaftlich vergleichbare Forderung. Bei der Zusage eines im Versorgungsfall zu zahlenden Altersruhegeldes geht es nicht darum, temporär die Liquidität der Gesellschaft zu verbessern, sondern dem Arbeitnehmer zusätzlich zum Lohn eine Altersabsicherung zu verschaffen. Eine darlehensgleiche Forderung liegt nicht schon dann vor, wenn das zukünftige Leistungsversprechen einen gegenwärtigen Wert hat und dieser Wert in Geld bemessen werden kann. Vielmehr handelt es sich bei der Vergütung der im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gehaltenen Betriebstreue, die zusätzlich oder als Teil der üblichen Dienst- oder Arbeitsvergütung gezahlt wird, um eine verkehrsübliche Gestaltung eines Austauschverhältnisses. Die zeitliche Streckung zwischen der Betriebstreue und den Versorgungszahlungen enthält deshalb nach den dargelegten Grundsätzen für sich genommen keine wirtschaftlich einem Darlehen gleichstehende Leistung der Gesellschaft. Sie hat keine einem Darlehen vergleichbare Finanzierungsfunktion, weil der Gesellschaft mit dieser Vertragsgestaltung keine gegenüber verkehrs- und marktüblichen Vereinbarungen zusätzlicher Finanzierungsmittel zur Verfügung gestellt werden (vgl. HK-InsO/Kleindiek, 10. Aufl., § 39 Rn. 38).
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Es kommt hinzu, dass sich die Zusage eines Altersruhegeldes auch in der Sache grundlegend von der Gewährung eines Darlehens nach § 488 BGB unterscheidet. Mit der Zusage eines Altersruhegeldes verspricht die Gesellschaft eine zukünftige, von der Bedingung des Erlebensfalls abhängige und zudem in ihrer Zeitdauer und Höhe ungewisse Leistung. Dieses Versprechen entspricht wirtschaftlich schon deshalb keinem Darlehen, weil zum Zeitpunkt seiner Erteilung unklar ist, ob und in welchem Umfang der Gesellschafter tatsächlich Leistungen erhalten soll.
III.
32
Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Urteil des Amtsgerichts ist wiederherzustellen, weil es sich um eine einfache Insolvenzforderung handelt.
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