Erfolglose Beschwerde gegen OVG-Beschluss (Beschluss des BVerwG Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO)

BVerwG Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO, Beschluss vom 28.09.2020, AZ 20 F 3/20, ECLI:DE:BVerwG:2020:280920B20F3.20.0

Art 2 Abs 1 GG, Art 1 Abs 1 GG, § 154 Abs 2 VwGO, § 99 Abs 2 VwGO, § 99 Abs 1 VwGO

Verfahrensgang

vorgehend OVG Lüneburg, 28. Februar 2020, Az: 14 PS 6/19, Beschluss
vorgehend VG Göttingen, 28. August 2019, Az: 1 A 524/18, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I

1

In dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren begehrt der Kläger Auskunft über die beim … (Beigeladener) zu seiner Person gespeicherten Daten, deren vollständige Bekanntgabe das … (Beklagter) gestützt auf § 51 Abs. 3 NDSG abgelehnt hat.

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Im Hauptsacheverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aufgefordert, die vollständigen Unterlagen zu übersenden. Daraufhin wurde ein teilweise geschwärzter Teil der Akten vorgelegt, die Vorlage der vollständigen, ungeschwärzten Akten aber unter Vorlage einer Sperrerklärung des Beigeladenen vom 25. März 2019 verweigert.

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Nachdem der Kläger sich nicht zur Mitteilung der Berichterstatterin geäußert hatte, bei welchen Dokumenten zweifelhaft sei, dass ein Auskunftsinteresse an der Offenlegung bestimmter Schwärzungen/Fehlblätter bestehe, hat das Verwaltungsgericht die Sache auf Antrag des Klägers dem Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. August 2019 zur Durchführung des In-Camera-Verfahrens vorgelegt (Vorlagebeschluss). Der Kläger habe bezüglich bestimmter Dokumente ein Auskunftsinteresse nicht dargelegt, sodass die Kammer annehme, dass es insoweit auch nicht bestehe.

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Mit Beschluss vom 28. Februar 2020 hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass das Verwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit der bezeichneten Teile des Akteninhalts für den streitgegenständlichen Auskunftsanspruch nachvollziehbar begründet habe. Die Sperrerklärung sei nur bezogen auf eine Schwärzung rechtswidrig.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

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1. Der Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung des Fachsenats im selbständigen Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO setzt für seine Zulässigkeit voraus, dass das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Unterlagen in ordnungsgemäßer Form bejaht hat (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Dezember 2018 – 20 F 5.18 – Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 75 Rn. 12 und vom 8. März 2019 – 20 F 8.17 – juris Rn. 5).

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Zwar hat das Verwaltungsgericht keinen – regelmäßig erforderlichen (BVerwG, Beschluss vom 8. März 2019 – 20 F 8.17 – juris Rn. 5) – Beweisbeschluss gefasst, auf Grundlage dessen die Sperrerklärung zeitlich nachfolgend und inhaltlich abgestimmt abgegeben wurde (BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2016 – 20 F 2.15 – NVwZ 2016, 467 Rn. 5); vielmehr wurde eine förmliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts erst mit dessen Vorlagebeschluss vom 28. August 2019 getroffen, während die Sperrerklärung des Beigeladenen bereits vom 25. März 2019 datiert. Der Vorlagebeschluss weist jedoch noch die Qualität einer zumindest vergleichbaren förmlichen Äußerung auf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. August 2020 – 20 F 6.19 – juris Rn. 11), obgleich er den Eindruck einer lediglich formalen Verlautbarung der Entscheidungserheblichkeit vermittelt (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2018 – 20 F 5.18 – Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 75). Dieser Eindruck entsteht, weil er sich ausdrücklich dazu verhält, dass der Kläger hinsichtlich bestimmter Akteninhalte kein Auskunftsinteresse dargelegt habe, sich in ihm jedoch keine Erwägungen dazu finden, warum bei den sonstigen Unterlagen die Entscheidungserheblichkeit vorliegt. Insbesondere fehlt jede Erörterung, dass die nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts wohl einschlägigen Rechtsnormen des Fachrechts (§ 30 Abs. 2 Satz 1 NVerfSchG <gemäß Seite 2, 1. Absatz des Vorlagebeschlusses> oder § 51 Abs. 3 NDSG <Schriftsatz des Beklagten vom 7. November 2018>) materiellrechtlich mit den Anforderungen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO identisch sind. Die insoweit bestehenden Zweifel stellt der Senat jedoch im Interesse der Beteiligten an einer zeitnahen Sachentscheidung zurück. Denn der Vorlagebeschluss ist noch der Auslegung zugänglich, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der nicht ausgeklammerten und folglich entscheidungsunerheblichen Aktenbestandteile im Übrigen deren Entscheidungserheblichkeit jedenfalls konkludent bejaht hat.

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2. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist in der Sache nicht zu beanstanden. Es hat das Vorliegen der mit der Sperrerklärung differenzierend auf die einzelnen Aktenbestandteile geltend gemachten Weigerungsgründe nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 und 3 VwGO unter Anlegung rechtlich zutreffender Maßstäbe auch einzelfallbezogen zutreffend gewürdigt.

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a) Ein Nachteil für das Wohl des Landes im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO ist unter anderem dann gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die zukünftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich deren Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren oder Leben, Gesundheit und Freiheit von Personen gefährden würde. Die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden kann erschwert und damit dem Wohl eines Landes ein Nachteil bereitet werden, wenn sich aus einer vollständigen Offenlegung von Unterlagen vor allem im Rahmen einer umfangreichen Zusammenschau Rückschlüsse auf die gegenwärtige Organisation der Sicherheitsbehörden, die Art und Weise ihrer Informationsbeschaffung, aktuelle Ermittlungsmethoden oder die praktizierten Methoden ihrer Zusammenarbeit mit anderen Stellen ableiten lassen. Zu solchen Rückschlüssen grundsätzlich geeignet sind beispielsweise Vorgangsvorblätter, Aktenzeichen, Organisationskennzeichen und Arbeitstitel, Verfügungen und namentliche Hinweise auf Bearbeiter, Aktenvermerke, Arbeitshinweise, Randbemerkungen und Querverweise sowie Hervorhebungen und Unterstreichungen. Nachrichtendienstliche Belange in diesem Sinne können zum Schutz der nachrichtendienstlichen Arbeitsweise und Aufklärungsarbeit der Verfassungsschutzbehörde die Weigerung rechtfertigen, Akten vollständig, insbesondere ungeschwärzt, vorzulegen (zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2020 – 20 F 2.18 – juris Rn. 15).

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b) Personenbezogene Daten sind grundsätzlich ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 VwGO. Bei solchen Daten besteht ein privates Interesse an der Geheimhaltung, das grundgesetzlich geschützt ist. Geschützt sind nicht nur personenbezogene Daten, die ohne Weiteres zur Identifikation der Person führen, sondern auch Äußerungen und Angaben zur Sache können geheimhaltungsbedürftig sein, wenn die Mitteilungen Rückschlüsse auf die Person erlauben und in Abwägung mit den Interessen des Klägers ein berechtigtes Interesse an einer Geheimhaltung besteht. Der Schutz persönlicher Daten gilt grundsätzlich auch für Behördenmitarbeiter. Personenbezogene Angaben wie Name, Funktionsbezeichnungen, Telefonnummer und sonstige Angaben zu Telekommunikationsverbindungen werden vom Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG erfasst. Daran ändert nichts, dass Behördenmitarbeiter in Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und somit in ihrer Eigenschaft als Amtswalter tätig werden. Denn auch insoweit bleiben sie Träger von Grundrechten. Der Schutz personenbezogener Daten begründet grundsätzlich auch bei Personen, die einer Behörde Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben geben, einen Weigerungsgrund (zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2020 – 20 F 2.18 – juris Rn. 16).

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c) Die Durchsicht der dem Senat im Original vorliegenden Unterlagen hat bestätigt, dass die vom Beklagten geltend gemachten Weigerungsgründe mit Ausnahme des vom Oberverwaltungsgericht bereits beanstandeten Blattes 24 der Beiakten bestehen. Von einer weiteren Begründung wird nach § 99 Abs. 2 Satz 10 VwGO abgesehen.

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d) Das Oberverwaltungsgericht hat zudem zutreffend ausgeführt, dass der Beigeladene in seiner Sperrerklärung eine auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten beruhende Ermessensentscheidung getroffen hat, die den rechtlichen Anforderungen genügt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. April 2020 – 20 F 2.19 – juris Rn. 26 ff. und vom 26. August 2020 – 20 F 6.19 – juris Rn. 16 ff.).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.