BPatG München 25. Senat, Beschluss vom 28.09.2020, AZ 25 W (pat) 66/17, ECLI:DE:BPatG:2020:280920B25Wpat66.17.0
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2013 006 236
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Mai 2017 aufgehoben, soweit die Widersprüche aus den Marken 2 059 688 und UM 002 019 651 jeweils in Bezug auf die Waren der Klasse 9
„Spezialmöbel für Labore; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“
der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden ist. Wegen des Widerspruchs aus den Marken 2 059 688 und UM 002 019 651 wird die Löschung der Marke 30 2013 006 236 in Bezug auf die vorgenannten Waren angeordnet.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Das am 6. September 2013 angemeldete Zeichen
2
ist am 20. Dezember 2013 unter der Nummer 30 2013 006 236 als Wort-/Bildmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden. Es genießt Schutz für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen:
3
Klasse 9: Spezialmöbel für Labore; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Computerhardware und Computersoftware;
4
Klasse 20: Möbel; Einrichtungsgegenstände, soweit in Klasse 20 enthalten;
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Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software.
6
Gegen die Eintragung der am 24. Januar 2014 veröffentlichten Marke hat die Widersprechende als Inhaberin der am 11. März 1994 eingetragenen Wort-/Bildmarke 2 059 688
7
und der am 6. August 2002 eingetragenen Unionswortmarke UM 002 019 651
8
Zeiss
9
am 23. April 2014 Widerspruch erhoben.
10
Die Widerspruchsmarke 2 059 688 genießt Schutz für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 9, 10, 35 und 42:
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Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Desinfektionsmittel; wissenschaftliche Apparate und Instrumente für die Forschung in Laboratorien und als Laborgeräte; Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Meß-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; elektrische, elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Fernrohre, Teleskope, Ferngläser, Feldstecher, Fernrohrbrillen, Jagdgläser, Jagdzielfernrohre, Theatergläser, Zielfernrohre; Brillenfassungen, Brillengläser, Polarisationsbrillen, Kontaktlinsen, Lupen, Lupenbrillen, Schutzbrillen, auch Laserschutzbrillen; Längenmeßgeräte, Mittendickenmeßgeräte, Koordinatenmeßgeräte, Rundtische, Differential-Höhenmesser, Distanzmeßgeräte, auch Laserdistanzmesser, Winkelmeßgeräte; Auswertegeräte für Photogrammetrie, Interpretationsgeräte für Photogrammetrie, Aufklärungskameras, Luftbildaufnahmegeräte, Entzerrungsgeräte für Photogrammetrie, geodätische Geräte, Kartiergeräte, Kartenrevisionsplotter, Kleinreihenbildner, Kopiergeräte für die Photogrammetrie, Luftbildauswertegeräte, Luftbildkameras, Luftbildmeßkammern, Luftbildumzeichner, Nivelliere, Theodolite; Beleuchtungseinrichtungen für Mikroskope, Mikroskope, auch Stereomikroskope, Diskussionsbrücken für Mikroskope, Drehtische für Mikroskope, Dunkelfeldeinrichtungen für Mikroskope, Interferenzeinrichtungen für Mikroskope, Kondensoren für Mikroskope, Mitbeobachtungseinrichtungen für Mikroskope, Zeichengeräte für Mikroskope; asphärische und astronomische Optiken (soweit in Klasse 9 enthalten); Astrographen; astrographische und photographische Objektive, Halbleiterobjektive, Mikroskopobjektive, Vorsatzlinsen; Objektivträger, Objektivverschlüsse; astronomische Instrumente; Atom-Absorptionsgeräte; Autokollimatoren; Beugungsgitter; Beugungsoptik (soweit in Klasse 9 enthalten); Celostate; Computer-Programme; Refraktoren; Elektronenmikroskope; Prismen; Spektrometer; Tachymeter; Technoskope; Extinktionsmesser und -schreiber; Photometer; Stereoskope; Filter für optische Geräte; Fluorometer; Gitter für Röntgenmonochromatoren; Glasmaßstäbe, Glasprüfmaße; Planetarien, Projektoren für Planetarien; rotatorische Geber; Interferometer; Invertoskope; Polarisations- und Interferenzfilter; Keratometer; Kolposkope; Koronographen; Polarimeter; Kristall-Komponenten und synthetische Kristalle für optische Linsen; Perimeter; Kolorimeter; Laserschutzfilter, Laser für industrielle Zwecke; Meridiankreise; Spektroskope; Mikrohärteprüfgeräte; Mikroskop-Kameras; Monochromatoren; Nachtsichtgeräte; Okulare; optische Kristalle, optische Lote, optische Spiegel; Orthoprojektoren; Oberflächenprüfgeräte; Beugungsgitter; Reflektoren; Profilometer; Röntgenkameras, Röntgenoptik (soweit in Klasse 9 enthalten); Scheitelbrechtwertmesser; Sonnenleitrohre, Sonnensimulatoren; Spannungsprüfgeräte; Spektralleuchten; Stereopantometer; Stern-sensoren, Sternsimulatoren; Wärmebildgeräte; Weltraumoptik (soweit in Klasse 9 enthalten); Laserstäbe; Teile der vorgenannten Waren; chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate; chirurgische und ärztliche Laser und Mikroskope, Deckenschienen und -stative für Operationsmikroskope, Stative für Operationsmikroskope; Wandschwenkarme für Untersuchungs- und Operationsmikroskope; Augenabstandsmesser, Augenspiegel, Ophthalmoskope, Spaltlampen, Instrumententische für ophthalmologische Geräte, Nahsichtprüfgeräte, Ophthalmometer, Sehprüfgeräte, Refraktionseinheiten, Skiaskope, Skiaskopscheiben, Stereophotoausrüstung für ophthalmologische Geräte; Refraktometer; Funduskameras; Tonometer; Instrumententische für Laser zum Einsatz in Arztpraxen und Kliniken, Biometer für Intraokularlinsen; Netzhautkameras; ophthalmologische Arbeitsplätze, ophthalmologische Untersuchungsgeräte, Ophthalmoskopierbestecke, Ophthalmoskopierleuchten, Ophthalmoskopierlupen, Skleralleuchten; Teile der vorgenannten Waren; Werbung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vermessung von Teilen.
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Die Widerspruchsmarke UM 002 019 651 genießt Schutz für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen:
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Klasse 5: Reinigungs- und Aufbewahrungslösungen für Kontaktlinsen;
14
Klasse 9: Wissenschaftliche Apparate und Instrumente für die Forschung in Laboratorien und als Laborgeräte; Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Meß-, Signal-, Kontrollapparate und -instrumente; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; elektrische, elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Fernrohre, Teleskope, Ferngläser, Feldstecher, Fernrohrbrillen, Jagdgläser, Jagdzielfern-rohre, Theatergläser, Zielfernrohre; Brillenfassungen, Brillengläser, Polarisationsbrillen, Kontaktlinsen, Lupen, Lupenbrillen, Schutzbrillen, auch Laserschutzbrillen; Längenmeßgeräte, Mittendickenmeßgeräte, Koordinatenmeßgeräte, Rundtische für Mikroskope, Differential-Höhenmesser, Distanzmeßgeräte, auch Laserdistanzmesser, Winkelmeßgeräte; Computerprogramme, Auswertegeräte für Photogrammetrie, Interpretationsgeräte für Photogrammetrie, Aufklärungskameras, Bildfluggeräte, Entzerrungsgeräte für Photogrammetrie, geodatische Geräte, Kartiergeräte, Kartenrevisionsplotter, Kleinreihenbildner, Kopiergeräte für die Photogrammetrie, Luftbildauswertegeräte, Luftbildkameras, Luftbildmeßkammern, Luftbildumzeichner, Nivelliere, Theodolite; Beleuchtungseinrichtungen für Mikroskope, Mikroskope aller Art, Diskussionsbrücken für Mikroskope, Drehtische für Mikroskope, Dunkelfeldeinrichtungen für Mikroskope, Interferenzeinrichtungen für Mikroskope, Kondensoren für Mikroskope, Mitbeobachtungseinrichtungen für Mikroskope, Zeichengeräte für Mikroskope; asphärische und astronomische Optiken; Astrographen; astrographische Objektive, photographische Objektive, Halbleiterobjektive, Mikroskopobjektive, Vorsatzlinsen; Objektivträger, Objektivverschlüsse; astronomische Instrumente; Atom-Absorptionsgeräte; Autokollimatoren; Beugungsgitter; Beugungsoptiken; Celostate; Elektronenmikroskope; Prismen; Spektrometer; Tachymeter; Technoskope; Extinktionsmesser und -schreiber; Photometer; Stereoskope; Filter für optische Geräte; Fluorometer; Gitter für Röntgenmonochromatoren; Glasmaßstäbe, Glasprüfmaße; Planetarien, Projektoren für Planetarien; Interferometer; Invertoskope; Polarisations- und Interferenzfilter; Keratometer; Kolposkope; Koronographen; Polarimeter; Kristall-Komponenten und synthetische Kristalle für optische Zwecke, Perimeter; Kolorimeter, Laserschutzfilter, Laser für industrielle Zwecke; Meridiankreise; Spektroskope; Mikrohärteprüfgeräte; Mikroskop-Kameras; Monochromatoren; Nachtsichtgeräte; Okulare; Optische Kristalle, Optische Lote, Optische Spiegel; Orthoprojektoren; Oberflächen-prüfgeräte; Reflektoren; Profilometer; Röntgenkameras, Röntgenoptiken; Scheitelbrechwertmesser; Sonnenleitrohre, Sonnensimulatoren; Spektralleuchten; Stereopantometer; Sternsensoren, Sternsimulatoren; Wärmebildgeräte; Weltraumoptiken; Laserstäbe; Teile der vorgenannten Waren;
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Klasse 10: Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate; chirurgische und ärztliche Laser und Mikroskope, Deckenschienen und -stative für Operationsmikroskope, Stative für Operationsmikroskope; Wandschwenkarme für Untersuchungs- und Operationsmikroskope; Augenabstandsmesser, Augenspiegel, Ophthalmoskope, Spaltlampen, Instrumententische für ophthalmologische Geräte, Nahsichtprüfgeräte, Ophthalmometer, Sehprüfgeräte, Refraktionseinheiten, Refraktoren, Skiaskope, Skiaskopscheiben, Stereophotoausrüstung für ophthalmologische Geräte; Refraktometer; Funduskameras; Tonometer; Instrumententische; Biometer für Intraokularlinsen; Netzhautkameras; Ophthalmologische Arbeitsplätze, ophthalmologische Untersuchungsgeräte, Ophthalmoskopierbestecke, Ophthalmoskopierleuchten, Ophthalmoskopierlupen, Skleralleuchten; Teile der vorgenannten Waren;
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Klasse 41: Schulungen;
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Klasse 42: Wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vermessung von Teilen für andere.
18
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit einem Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes vom 24. Mai 2017 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Ausgehend von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken halte die angegriffene Marke den erforderlichen Zeichenabstand auch im Zusammenhang mit identischen Waren und Dienstleistungen ein. Die Widersprechende habe mit verschiedenen Unterlagen belegt, dass die Widerspruchsmarken für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen intensiv benutzt würden, so dass von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken auszugehen sei. Zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen bestehe teilweise Identität. So würden beispielsweise die Waren „Software“ und die Dienstleistungen „Forschungsdienstleistungen“ von allen drei Marken beansprucht. Im Übrigen könne der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Produkte als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Denn die angegriffene Marke werde auch den hohen Anforderungen an den Zeichenabstand gerecht, die vor dem Hintergrund der gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken im Zusammenhang mit identischen Vergleichsprodukten gegeben seien. Soweit die Marken in ihrer Gesamtheit gegenübergestellt würden, unterschieden sie sich deutlich voneinander. So finde insbesondere das grafische Element der angegriffenen Marke in den Widerspruchsmarken keine Entsprechung. Die angegriffene Marke werde zudem in klanglicher Hinsicht nicht von ihrem Wortbestandteil „ZEISING“ geprägt, da der grafische Bestandteil der angegriffenen Marke kein Ausschmückungsmittel sei und keinen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen herstelle. Selbst wenn man in klanglicher Hinsicht von einer Prägung der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil „ZEISING“ bzw. der Widerspruchsmarke 2 059 688 durch den Wortbestandteil „ZEISS“ ausgehen wollte, sei der erforderliche Zeichenabstand ohne Weiteres gegeben. Zwar stimmten die Vergleichszeichen in klanglicher Hinsicht in der jeweils ersten Silbe überein. Jedoch weise allein die angegriffene Marke eine weitere Silbe auf. Das Klangbild der jüngeren Marke sei daher doppelt so lang wie das der älteren Marken. Da es sich vorliegend um kurze bzw. sehr kurze Vergleichsmarken handle, sei dieser Unterschied erheblich. Die Widersprechende könne sich auch nicht auf den Sonderschutz der bekannten Marke nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG berufen. Die Widerspruchsmarken seien zwar bekannte Marken. Der angesprochene Verkehr werde jedoch keine gedankliche Verknüpfung zwischen der jüngeren Marke und den beiden älteren Marken herstellen, weil die angegriffene Marke sowohl in ihrer Gesamtheit als auch bezogen auf ihren Wortbestandteil eine eigenständige Gestaltung sei. Es sei damit ausgeschlossen, dass es durch die Benutzung der jüngeren Marke zu einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Widerspruchsmarken kommen könne.
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Gegen diese Entscheidung wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Die Markenstelle habe zwar zutreffend festgestellt, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken erhöht sei. Die Widersprechende erziele mit den Widerspruchsmarken insbesondere im Bereich der Messgeräte und der Mikroskope hohe Umsätze und Marktanteile. Auch die in diesem Zusammenhang getätigten Werbeaufwendungen seien beträchtlich. Weiterhin habe die Markenstelle zutreffend festgestellt, dass die zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen identisch bzw. zumindest überdurchschnittlich ähnlich seien. Insbesondere zwischen den Waren der Klasse 20 „Möbel“, die von der angegriffenen Marke beansprucht würden, und den Waren der Widerspruchsmarke der Klasse 9 „Rundtische für Mikroskope; Drehtische für Mikroskope“ und der Klasse 10 „Instrumententische für ophthalmologische Geräte; Instrumententische; Stative für Operationsmikroskope; Wandschwenkarme für Untersuchungs- und Operationsmikroskope“ bestehe eine hochgradige Warenähnlichkeit. Diese Vergleichswaren würden in der gleichen Weise und aus den gleichen Materialien hergestellt. Weiterhin würden in Forschungseinrichtungen, Laboren und Arztpraxen neben Spezialmöbeln regelmäßig auch gewöhnliche Büromöbel verwendet. Dementsprechend biete die Inhaberin der angegriffenen Marke neben Labormöbeln auch „Polstersessel“ der Klasse 20 an. Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Zeichen sei die Markenstelle zu Unrecht davon ausgegangen, dass es an einer relevanten Ähnlichkeit fehle. Vielmehr sei vorliegend von einer überdurchschnittlichen Zeichenähnlichkeit auszugehen. Die angegriffene Marke werde in klanglicher Hinsicht ausschließlich von dem Zeichenbestandteil „Zeising“ geprägt. Bei Wort-/Bildmarken orientiere sich der Verkehr ausschließlich am jeweiligen Wortbestandteil. Weiterhin handle es sich bei dem zweiten Wortbestandteil „Germany“ offenkundig um eine geografische Herkunftsangabe, die gegenüber dem ersten Wortbestandteil „Zeising“ in den Hintergrund trete. Die Vergleichszeichen stünden sich daher klanglich wie „Zeising“ und „Zeiss“ gegenüber. Dabei seien die Zeichen im stärker beachteten Wortanfang identisch. Demgegenüber würden die klanglichen Unterschiede am Wortende kaum auffallen, insbesondere, weil das Wortende der angegriffenen Marke weich ausgesprochen werde und deswegen klanglich weniger dominant sei. Da Endsilben im Allgemeinen nicht deutlich artikuliert würden, reichten die Unterschiede der Zeichen im klangschwachen Wortende nicht aus, um eine relevante Zeichenähnlichkeit zu verneinen. Im Übrigen handle es sich entgegen der Auffassung der Markenstelle bei den Vergleichszeichen nicht um Kurzmarken. Verwechslungsfördernd wirke sich vorliegend auch der Umstand aus, dass in der angegriffenen Marke der prägende Zeichenbestandteil „Zeising“ mit demselben Buchstaben ende, mit dem der weitere, markenrechtlich unbeachtliche Zeichenbestandteil „Germany“ beginne. Damit bestehe ein hohes Risiko für eine undeutliche Aussprache der angegriffenen Marke, bei der nur noch „Zeiss Germany“ gehört werde. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Verkehr bei bekannten Kennzeichnungen dazu neige, diese in einer anderen Kennzeichnung wiederzuerkennen. Darüber hinaus sei vorliegend auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben, da die jüngere Marke die ältere Marke vollständig enthalte, wobei der älteren Marke nur die bekannte und übliche Endung „-ing“ hinzugefügt worden sei. Insbesondere in der englischen Sprache werde der Endung „-ing“ keine Bedeutung zugemessen. Der Verkehr werde den Wortbestandteil „-ing“ daher nur als Anhängsel verstehen oder diesen schlicht überlesen. Dementsprechend ließen sich verschiedene Beispiele auffinden, bei denen Kunden der Widersprechenden den Begriff „Zeissing“ verwendet hätten, um ihren Gefallen an den Produkten der Widersprechenden zum Ausdruck zu bringen. Weiterhin könne die Buchstabenfolge „ING“ auch als Abkürzung für das Wort „Ingenieur“ verstanden werden. Im Übrigen könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes selbst bei einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Verwechslungsgefahr nicht verneint werden, wenn die Vergleichswaren identisch und die Vergleichszeichen durchschnittlich ähnlich seien. Sofern der Senat beabsichtige, von diesen Grundsätzen abzuweichen, rege die Widersprechende die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
20
Weiterhin bestehe auch nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG Verwechslungsgefahr. Die Widerspruchsmarken bzw. deren Wortbestandteile seien klanglich vollständig in die jüngere Marke übernommen worden. Angesichts des hohen Bekanntheitsgrades der älteren Marken und der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen beute die jüngere Marke damit erkennbar den guten Ruf und die Wertschätzung der älteren Marken in unlauterer Weise aus.
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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Mai 2017 aufzuheben und wegen der Widersprüche aus der Marke 2 059 688 und der Unionsmarke 002 019 651 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2013 006 236 anzuordnen.
23
Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keinen Sachantrag gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 42, auf die Schriftsätze der Beteiligten, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 21. Januar 2019 sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
25
Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat teilweise Erfolg. Die angegriffene Marke hält im Zusammenhang mit solchen Waren den erforderlichen Zeichenabstand nicht mehr ein, die gegenüber den Waren der Widerspruchsmarken hochgradig ähnlich sind und für die eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu bejahen ist. Im Zusammenhang mit diesen Waren besteht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bzw. §§ 125b Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass der angefochtene Beschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG anzuordnen war. Im Übrigen hat die Markenstelle den Widerspruch zu Recht nach § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen. Soweit auf Seiten der Widerspruchsmarken für bestimmte Waren und Dienstleistungen nur von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen ist, hält die angegriffene Marke auch im Zusammenhang mit identischen Vergleichsprodukten den erforderlichen Zeichenabstand ein.
26
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2019, 173 – Combit/Commit). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Waren oder der Dienstleistungen, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
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Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen der angegriffenen Wort-/Bildmarke
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und der Widerspruchsmarke 2 059 688
29
bzw. der Widerspruchsmarke UM 002 019 651
30
Zeiss
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im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 9 „Spezialmöbel für Labore; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bzw. § 125b Nr. 1 i.V.m. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
32
1. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist originär durchschnittlich und im Zusammenhang mit bestimmten Waren, nämlich optischen Gläsern und optischen Geräten wie Mikroskopen, Messgeräten, Ferngläsern und Projektoren für Planetarien überdurchschnittlich. Die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. BGH GRUR 2017, 75 Rn. 19 – Wunderbaum II; GRUR 2016, 283 Rn. 10 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (st. Rspr.; EuGH GRUR Int 1999, 734 – Lloyd; GRUR Int 2000, 73 – Chevy; GRUR 2005, 763 – Nestle/Mars; BGH GRUR 2013, 833 Rn. 41 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2007, 1071 Rn. 27 – Kinder II; GRUR 2007, 1066 Rn. 33 – Kinderzeit; GRUR 2009, 766 Rn. 30 – Stofffähnchen I; GRUR 2009, 672 Rn. 21 – OSTSEE-POST).
33
Der Umstand, dass die Marke „Zeiss“ im Bereich der optischen Gläser und der optischen Geräte seit Jahrzehnten mit großem Erfolg in Deutschland benutzt wird, ist gerichtsbekannt und bedarf keines weiteren Nachweises, § 291 ZPO. Darüber hinaus hat die Widersprechende als Anlagen W 4 und W 5 zwei Eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, die erhebliche Werbeaufwendungen, Erlöse und Marktanteile im Zusammenhang mit den Waren „Messgeräte“ und „Mikroskope“ nachweisen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke ist dem Vortrag der Widersprechenden und den von ihr vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen zudem nicht entgegengetreten. Die Kennzeichnungskraft der deutschen Widerspruchsmarke war daher bereits im Kollisionszeitpunkt (und bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung andauernd) durch eine intensive Benutzung gesteigert. Gleiches gilt im Zusammenhang mit der Unionswiderspruchsmarke, die zumindest für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine durch intensive Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft beanspruchen kann (vgl. zur territorialen Differenzierung im Hinblick auf eine durch intensive Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft einer Unionsmarke: EuGH GRUR 2009, 1158 PAGO/Tirolmilch; BGH GRUR2018, 79 OXFORD/Oxford Club).
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Die Widersprechende kann dabei eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nicht nur unmittelbar für die Waren „Messgeräte“ und „Mikroskope“ geltend machen, sondern auch für eng verwandte Waren. Ob und inwieweit eine Ausstrahlungswirkung auf eng verwandte Waren anzuerkennen ist, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei es sowohl auf den Abstand der jeweiligen Waren und Dienstleistungen ankommt als auch auf den Grad der Erhöhung der Kennzeichnungskraft (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 181 m.w.N.). Nachdem sich der Grad der Erhöhung der Kennzeichnungskraft vorliegend nicht genau bestimmen lässt, da von der Widersprechenden keine Verkehrsgutachten vorgelegt worden sind, geht der Senat davon aus, dass die gesteigerte Kennzeichnungskraft nur auf die Waren ausstrahlt, die spezifisch für den Gebrauch von Mikroskopen oder Messinstrumenten bestimmt sind. Dies betrifft beispielsweise die Waren der Widerspruchsmarke UM 002 019 651 der Klasse 9 „Rundtische für Mikroskope“ und „Drehtische für Mikroskope“. Im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen, die zu optischen Gläsern und optischen Geräten im Hinblick auf ihre Herstellungsweise und ihren Einsatzzweck einen gewissen Abstand aufweisen, bzw. nicht spezifisch für eine funktionale Zusammenarbeit mit diesen Waren bestimmt sind, kommt den Widerspruchsmarken nur eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Insoweit gibt es auch keine Hinweise darauf, dass die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Marke „Zeiss“ für die Waren „Mikroskope“ oder „Messgeräte“ auf die übrigen von den Widerspruchsmarken beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausstrahlen könnte. Dies gilt insbesondere für die Waren der Klasse 9 „Computer; Computersoftware“ und die Dienstleistungen der Klasse 42 „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“, die von den Widerspruchsmarken als weite Oberbegriffe beansprucht werden. Auch wenn moderne optische Geräte wie Messgeräte, Elektronenmikroskope oder Projektoren für Planetarien nicht ohne Software betrieben werden können bzw. häufig zusammen mit Computern verwendet werden, führt dieser Umstand nicht dazu, dass eine relevante Ausstrahlungswirkung zu bejahen wäre. Entsprechendes gilt im Zusammenhang mit diesen Waren für die Beurteilung der Warenähnlichkeit. Ausgehend davon, dass mittlerweile in fast allen komplexen technischen Geräten Software oder Mikroprozessoren eingebaut und verwendet werden, stehen diese Waren nicht ohne Weiteres in einem relevanten Ähnlichkeitsverhältnis zueinander (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 517/18 – HydraProg/Hydra).
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2. Die jeweils beanspruchten Produkte sind im Wesentlichen für Fachkreise bestimmt. Soweit vor allem auf Seiten der angegriffenen Marke einzelne Waren wie beispielsweise „Computer“ oder „Möbel“ auch von Verbrauchern in Anspruch genommen werden, handelt es sich bei diesen um vergleichsweise hochpreisige Produkte, die nicht täglich nachgefragt werden und denen der angesprochene Verkehr einen höheren Grad an Aufmerksamkeit zukommen lässt.
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3. Nachdem Benutzungsfragen nicht aufgeworfen worden sind, ist vorliegend von der Registerlage auszugehen.
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Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sind teilweise identisch, teilweise hochgradig ähnlich und teilweise entfernt ähnlich. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren bzw. der Dienstleistungen besteht, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Produktähnlichkeit wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten regelmäßig aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl., § 9 Rn. 59, vgl. z. B. BGH GRUR 2004, 241, 243 – GeDIOS; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM).
38
Die Waren der angegriffenen Marke der Klasse 9 „Spezialmöbel für Labore“ sind gegenüber den Waren der Klasse 9 der Widerspruchsmarke 002 019 651 „Rundtische für Mikroskope“ und „Drehtische für Mikroskope“ identisch, wobei der Widerspruchsmarke insoweit eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt. Die angegriffene Marke beansprucht die Waren „Spezialmöbel für Labore“ im Sinne eines weiten Oberbegriffs, der auch die genannten Waren der Widerspruchsmarken mitumfasst. Die Waren der angegriffenen Marke der Klasse 9 „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ sind gegenüber den Waren der Klasse 9 „Meßapparate und –instrumente“, die von der Unionswiderspruchsmarke 002 019 651 beansprucht werden, zumindest hochgradig ähnlich. Um Elektrizität zu regeln oder zu kontrollieren sind zum einen regelmäßig Messungen erforderlich, etwa um die Stärke einer elektrischen Spannung oder den Ladezustand eines elektrischen Speichers zu bestimmen. Umgekehrt lassen sich Messungen häufig nur mit Hilfe der Waren durchführen, die von der angegriffenen Marke beansprucht werden. Hiervon ausgehend weisen die sich gegenüberstehenden Waren im Hinblick auf ihre Herstellungsweise, ihren Einsatzzweck und die jeweiligen Herkunftsbetriebe erhebliche Überscheidungen auf. Die Waren der angegriffenen Marke der Klasse 9 „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ sind gegenüber den Widerspruchswaren „Projektoren für Planetarien“ und „Mikroskop-Kameras“ (Widerspruchsmarke 2 059 688) hochgradig ähnlich, da Projektoren der Wiedergabe von Bildern und Kameras dem Aufzeichnen von Bildern dienen. Insoweit unterscheiden sich die Vergleichswaren nur darin, dass die (sehr speziellen) Waren der Widerspruchsmarken (anders als beispielsweise gewöhnliche Digitalkameras) in der Regel keine zusätzliche, dahingehende Funktion aufweisen, auch Töne aufzuzeichnen oder abzuspielen.
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Die Waren der angegriffenen Marke der Klasse 9 „Computerhardware und Computersoftware“ werden von beiden Widerspruchsmarken identisch bzw. hochgradig ähnlich beansprucht. Insoweit kommt den Widerspruchsmarken jedoch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu.
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Die Waren der angegriffenen Marke der Klasse 20 „Möbel; Einrichtungsgegenstände, soweit in Klasse 20 enthalten“ sind gegenüber den Waren der Widerspruchsmarken, für die eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu bejahen ist, nicht mehr hochgradig ähnlich. Am nächsten kommen den genannten Waren der Klasse 20 die Waren der Klasse 9 „Rundtische für Mikroskope“ und „Drehtische für Mikroskope“, die von der Unionswiderspruchsmarke 002 019 651 in Klasse 9 beansprucht werden. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden lässt sich aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass es zwischen den Herstellerbetrieben der genannten Vergleichswaren relevante Überschneidungen gibt oder dass die betreffenden Waren bei lebensnaher Betrachtung in einem Ergänzungs- oder Austauschverhältnis stehen. Die Waren werden zwar möglichweise aus denselben oder ähnlichen Materialen hergestellt. Sie sind jedoch für sehr unterschiedliche Zwecke bestimmt und können funktional nicht sinnvoll gegeneinander ausgetauscht werden. Aus diesem Grund wird der Verkehr die genannten Waren nicht denselben Herstellerbetrieben zuordnen. Soweit die Widersprechende darauf verweist, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke sowohl spezielle Labormöbel als auch universell einsetzbare Möbel wie „Polstersessel“ anbiete, lässt ein einzelnes Angebot eines Anbieters nicht den Schluss zu, dass die betreffenden Waren hochgradig ähnlich seien. Im Übrigen lassen die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen nicht erkennen, ob die Inhaberin der angegriffenen Marke Herstellerin des betreffenden Polstersessels ist oder ob sie insoweit lediglich mit fremden Waren handelt.
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Die Dienstleistung der angegriffenen Marke der Klasse 42 „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen“ sind gegenüber den Dienstleistungen der Widerspruchsmarken „wissenschaftliche und industrielle Forschung“ identisch. Die Dienstleistungen „Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und –software“, die von der angegriffenen Marke in Klasse 42 beansprucht werden, sind gegenüber den Dienstleistungen „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ identisch, die von beiden Widerspruchsmarken beansprucht werden. Insoweit kommt den Widerspruchsmarken jedoch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu.
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4. Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken besteht eine unterdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit.
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Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. z.B. BGH GRUR 2018, 79 Rn. 37 – OXFORD/Oxford Club). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so z.B. BGH GRUR 2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente. Zwar unterscheiden sich die vorliegenden Vergleichszeichen in ihrer Gesamtheit schon aufgrund der Zeichenlänge deutlich voneinander. Der Verkehr wird sich bei der Wahrnehmung der angegriffenen Marke jedoch entscheidend an dem Wortbestandteil „Zeising“ orientieren. Denn zum einen ist die angegriffene Marke erkennbar aus zwei Wörtern zusammengesetzt, nämlich aus „Zeising“ und „Germany“. Zum anderen handelt es sich bei dem Wort „Germany“ lediglich um einen geografischen Herkunftshinweis, so dass die angegriffene Marke im Zusammenhang mit allen beanspruchten Waren und Dienstleistungen allein von dem Zeichenbestandteil „Zeiss“ dominiert wird, während der Zeichenbestandteil „Germany“ zurücktritt und den Gesamteindruck nicht mitbestimmt (vgl. u.a. BGH GRUR 2019, 1316 Rn. 38 – KNEIPP; GRUR 2016, 283 Rn. 14 – BSA/DAS DEUTSCHE SPORTMANAGEMENT AKADEMIE; GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria).
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Entgegen der Auffassung der Markenstelle, kann eine klangliche Ähnlichkeit der Vergleichszeichen nicht in Abrede gestellt werden. Die Widersprechende hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht allein durch den Wortbestandteil „Zeising“ geprägt wird. Entgegen der Auffassung der Markenstelle wird sich der Verkehr bei der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke 2 059 688 in klanglicher Hinsicht allein am jeweiligen Wortbestandteil orientieren. Die grafischen Bestandteile der Vergleichszeichen sind gebräuchliche dekorative Elemente, die nichts Erkennbares darstellen bzw. sich nicht ohne Weiteres beschreiben lassen, so dass der Wortbestandteil der Kollisionszeichen die einfachste Möglichkeit bietet, die Marken zu benennen. Soweit der Verkehr in dem Bildbestandteil der angegriffenen Marke den Buchstaben „Z“ erkennen sollte, gibt auch dies zu keiner anderen Beurteilung Anlass, da der graphisch ausgestaltete Buchstabe „Z“ in der vorliegenden Kombination von Bild- und Wortelementen lediglich als Hervorhebung des Anfangsbuchstabens des nachfolgenden Wortes „Zeising“ verstanden wird. Der angesprochene Verkehr wird daher den im Bildelement erkennbaren Buchstaben nicht gesondert aussprechen (etwa im Sinne von „Zett-Zeising“). Der Wortbestandteil der angegriffenen Marke „Germany“ ist eine geografische Herkunftsangabe, die im Zusammenhang mit einem betrieblichen Herkunftshinweis in den Hintergrund tritt. Damit sind in klanglicher Hinsicht die Kollisionszeichen wie „Zeising“ und „Zeiss“ zu vergleichen.
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Entgegen der Auffassung der Widersprechenden, weisen die Zeichen bei dieser Betrachtung nicht nur Übereinstimmungen, sondern zugleich auch gewichtige Unterschiede auf. Der klanglichen Übereinstimmung am grundsätzlich stärker beachteten Wortanfang stehen erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Zeichenlänge, die Silbenzahl, die Vokalfolge und den Sprechrhythmus der Vergleichszeichen gegenüber. Die zusätzliche Sprechsilbe „ing“, über die nur die angegriffene Marke verfügt, führt zu einer Verdopplung der Silbenzahl und einer anderen Vokalfolge. Die zusätzliche Silbe stellt daher einen markanten Unterschied dar, der sich deutlich auf den jeweiligen klanglichen Gesamteindruck auswirkt. Nach Auffassung des Senats wirkt sich insoweit auch der Umstand nicht entscheidungserheblich aus, dass der prägende Wortbestandteil der angegriffenen Marke mit demselben Buchstaben endet, mit dem der weitere, beschreibende Wortbestandteil „Germany“ beginnt. Auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes wird die angegriffene Marke in gleicher Weise ausgesprochen, so dass die klanglichen Unterschiede der Zeichen nicht überhört werden können. Darüber hinaus widerspräche die Berücksichtigung der klanglichen Wirkung des beschreibenden Wortbestandteils „Germany“ der Grundannahme der Prägetheorie, dass die nicht kennzeichnungskräftigen Zeichenbestandteile in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 387 m.w.N.).
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Die Zeichen weisen auch in schriftbildlicher Hinsicht noch gewisse Übereinstimmungen auf. Diese fallen wegen der unterschiedlichen grafischen Elemente der sich gegenüberstehenden Wort-/Bildmarken bzw. wegen des nur in der angegriffenen Marke enthaltenen grafischen Bestandteils (im Vergleich mit der Widerspruchsmarke UM 002 019 651) jedoch noch weniger ins Gewicht, als die klanglichen Übereinstimmungen. Die Einzelheiten zur bildlichen Zeichenähnlichkeit können daher als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
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Eine relevante Zeichenähnlichkeit unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung kommt vorliegend schon deswegen nicht in Betracht, weil es sich bei dem Zeichenbestandteil „Zeising“ nicht um ein mehrteiliges Zeichen handelt. Überdies ist das Zeichen „Zeiss“ nicht vollständig in dem Wortbestandteil „Zeising“ enthalten. Der Umstand, dass die angegriffene Marke den Buchstaben „s“ nur einmal aufweist, wirkt sich nicht nur schriftbildlich, sondern auch klanglich aus, da der Buchstabe „s“ in der angegriffenen Marke weicher ausgesprochen wird als in den Widerspruchsmarken. Die Annahme, dass der angesprochene Verkehr die Schlusssilbe der angegriffenen Marke „ing“ lediglich als Abkürzung im Sinne von „Ingenieur“ verstehen könnte, so dass aus diesem Grund eine selbständig kennzeichnende Stellung des Bestandteils „Zeis“ (mit einem „s“) zu bejahen sein könnte, erschließt sich jedenfalls nicht unmittelbar, sondern nur im Wege mehrerer, nicht zwingend naheliegender Gedankenschritte. Auch die Vorlage verschiedener Rechercheunterlagen, ausweislich derer der Begriff „Zeissing“ von Dritten benutzt worden ist, um die Produkte der Widersprechenden positiv zu beschreiben, gibt zu keiner anderen Entscheidung Anlass. Unabhängig davon, dass diese Beispiele keines der Tatbestandsmerkmale betreffen, die allgemein für die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr für erforderlich gehalten werden, gilt insoweit nichts Anderes als für die unmittelbare Verwechslungsgefahr, bei der der Nachweis konkreter Verwechslungen allenfalls eine Indizwirkung hat (vgl. hierzu Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 22 m.w.N.).
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5. Unter Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der nur teilweise zu bejahenden überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, dem erhöhten Grad der Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs und der relevanten klanglichen Unterschiede der Zeichen, ist eine Gefahr von Verwechslungen nur im Zusammenhang mit den Produkten der angegriffenen Marke zu bejahen, die gegenüber den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken identisch oder hochgradig ähnlich sind und für die die Widerspruchsmarken eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft beanspruchen können. Hiervon ausgehend ist eine Gefahr von Verwechslungen nur im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 9 „Spezialmöbel für Labore; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ zu bejahen.
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6. Eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG liegt nicht vor. Dabei kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Widerspruchsmarken um bekannte Marken im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG handelt und ob ein ausreichender Grad an Zeichenähnlichkeit zu bejahen ist, der dazu führt, dass der angesprochene Verkehr die Kollisionszeichen – ohne sie zu verwechseln – gedanklich miteinander verknüpft (BGH GRUR 2015, 114 Rn. 29 und 32 – Springender Pudel; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 14 Rn. 381 f). Vorliegend fehlt es jedenfalls an dem Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft bzw. der Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der älteren Marken. Von der Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke ist auszugehen, wenn ein Dritter durch Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, versucht, sich in die Sogwirkung der Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne Anstrengung zu profitieren oder auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben, die mit der Verwendung eines der bekannten Marke ähnlichen Zeichens verbunden ist (EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 49 – L’Oréal/Bellure; BGH GRUR 2013, 1239 Rn. 54 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2014, 378 Rn. 33 – OTTO Cap; GRUR 2015, 114 Rn. 38 – Springender Pudel). Hierfür sind vorliegend keine Anhaltspunkte erkennbar. Bei dem Zeichenbestandteil „Zeising“ handelt es sich um den Nachnamen des Gründers und Geschäftsführers der Inhaberin der angegriffenen Marke, die schon zwanzig Jahre vor der hier streitgegenständlichen Markenanmeldung mit ihrem Unternehmenskennzeichen „Zeising Germany GmbH“ im Bereich der Labormöbel und Einrichtungen für Zahnarztpraxen am Markt tätig war. Die Benutzung dieses Unternehmenskennzeichen ist von der Widersprechenden auch nicht beanstandet worden. Auch wenn bei Gleichnamigkeit im Sinne von § 23 MarkenG eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, spricht vorliegend unter Berücksichtigung aller Umstande des Einzelfalls nichts für eine Absicht der Markeninhaberin, sich mit der vorliegenden Markenanmeldung in die Sogwirkung der bekannten Marken „Zeiss“ zu begeben oder deren Aufmerksamkeitswert ohne Gegenleistung auszunutzen.
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7. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG, die die Widersprechende angeregt hat, gibt der vorliegende Fall keinen Anlass. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden gibt es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Warenidentität eine Verwechslungsgefahr stets zu bejahen ist, wenn eine Zeichenähnlichkeit (vorliegend eine unterdurchschnittliche) gegeben ist. Vielmehr verbieten sich bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr schematische Betrachtungsweisen. Nach allgemeiner Auffassung kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. zuletzt BGH PAVIS PROMA I ZB 34/17 Rn. 17 – KNEIPP; I ZB 21/19 Rn. 25 – INJEKT/INJEX). Insoweit weicht der Senat weder von der Rechtsprechung der übrigen Senate des Bundespatentgerichts noch von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab. Weiterhin wirft der vorliegende Fall keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
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8. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Die Verfahrensbeteiligten haben keinen Terminsantrag gestellt. Eine mündliche Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 3 MarkenG.
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9. Zur Auferlegung der Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bietet der Streitfall keinen Anlass.