Stattgebender Kammerbeschluss: Versagung von PKH für asylrechtliche Aufstockungsklage trotz ungeklärter entscheidungserheblicher Rechtsfrage sowie mangelnde Differenzierung im Entscheidungsmaßstab zwischen PKH- und Hauptsacheentscheidung verletzen jeweils den Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit (Art 3 Abs 1 GG iVm Art 19 Abs 4 S 1 GG) – Berücksichtigung von Änderungen in der Beurteilung der Erfolgsaussichten nach Bewilligungsreife des PKH-Antrags zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden unzulässig – Gegenstandswertfestsetzung (Stattgebender Kammerbeschluss des BVerfG 2. Senat 1. Kammer)

BVerfG 2. Senat 1. Kammer, Stattgebender Kammerbeschluss vom 26.09.2020, AZ 2 BvR 1942/18, ECLI:DE:BVerfG:2020:rk20200926.2bvr194218

Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 166 VwGO, § 114 Abs 1 S 1 ZPO

Verfahrensgang

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, 15. Mai 2017, Az: 13 A 311/17, Prozesskostenhilfebeschluss

Tenor

1. Die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2017 – 13 A 311/17 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

2. Der Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (Absatz 4 des Tenors des Gerichtsbescheids vom 15. Mai 2017 – 13 A 311/17 -) wird aufgehoben. Die Sache wird insoweit an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

3. Das Land Schleswig-Holstein hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

4. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 5.000 (in Worten: fünftausend) Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Aufstockungsklage eines syrischen Asylsuchenden durch das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht.

2

1. Der Beschwerdeführer, geboren am 1. Mai 1998, ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste im September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Den Antrag begründete er mit seiner drohenden Einziehung zum Wehrdienst.

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2. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erkannte dem Beschwerdeführer den subsidiären Schutzstatus zu und lehnte seinen Asylantrag im Übrigen ab. Die dem Beschwerdeführer – zudem erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres – drohende Einberufung zum Wehrdienst rechtfertige nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

4

3. Der Beschwerdeführer erhob im Januar 2017 Klage, mit der er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrte, und beantragte unter Abgabe einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Er begründete die Klage unter anderem damit, dass ihm politische Verfolgung drohe, wenn er im Falle der Rückkehr nach Syrien den Wehrdienst verweigere.

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4. Das Verwaltungsgericht wies mit Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2017 die Klage des Beschwerdeführers ab und lehnte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Beschwerdeführers biete nach den Ausführungen zur Klageabweisung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klageabweisung begründete es damit, dass eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung oder eine im Falle einer Rückkehr drohende Einberufung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigten, da diese Maßnahmen nicht an einen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe anknüpften. Dies habe die Kammer in Übereinstimmung mit den Oberverwaltungsgerichten Rheinland-Pfalz sowie Saarland und anders als der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden.

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5. Der Beschwerdeführer erhob gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe Anhörungsrüge, die das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 17. August 2018 ablehnte. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungszulassungsverfahren ab.

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6. Der Beschwerdeführer hat fristgerecht Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er eine Verletzung der Rechtsschutzgleichheit rügt. In dem für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife sei die entscheidungserhebliche Tatsachenfrage, ob wehrdienstfähigen syrischen Männern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit deswegen politische Verfolgung drohe, weil sie sich dem Wehrdienst in der syrischen Armee durch Flucht ins Ausland entzogen hätten beziehungsweise bei Rückkehr entziehen wollten, in der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (noch) nicht geklärt gewesen. Die Versagung von Prozesskostenhilfe verstoße daher gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts unter anderem in seinem Beschluss vom 20. Juni 2016 – 2 BvR 748/13 -.

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7. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

9

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erforderlich. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist in einer die Entscheidungskompetenz der Kammer eröffnenden Weise offensichtlich begründet. Der Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seiner durch Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten Rechtsschutzgleichheit.

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1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass das Klageverfahren des Beschwerdeführers in der Hauptsache bereits rechtskräftig abgeschlossen ist (vgl. BVerfGE 81, 347 <355>). Auch nach Erledigung der Hauptsache kann ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgreich sein, wenn er zuvor – wie hier – bewilligungsreif gewesen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. Februar 2020 – 1 BvR 1246/19 -, Rn. 11).

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2. Das Recht auf effektiven und gleichen Rechtsschutz, das für die öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG abgeleitet wird, gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 78, 104 <117 f.>; 81, 347 <357> m.w.N.). Es ist dabei verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.

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Die Auslegung und Anwendung des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO (hier in Verbindung mit § 166 VwGO) wie auch des jeweils einschlägigen einfachen Rechts obliegt hierbei in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die dabei von Verfassungs wegen den Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben. Das Bundesverfassungsgericht kann nur eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der durch das Grundgesetz verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen. Verfassungsrechtlich unbedenklich ist es danach, dass nach der in Rechtsprechung und Literatur zu § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO weit überwiegenden Meinung ein Rechtsschutzbegehren in aller Regel dann hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfGE 81, 347 <358 f.> m.w.N.).

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Die Fachgerichte überschreiten aber ihren Entscheidungsspielraum, wenn sie die Anforderungen an das Vorliegen einer Erfolgsaussicht überspannen und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zum Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>). Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>; vgl. Bergner/Pernice, in: Emmenegger/ Wiedmann, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Band 2, 2011, S. 241 <258 ff.>). Prozesskostenhilfe ist allerdings nicht bereits zu gewähren, wenn die entscheidungserhebliche Frage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint. Ein Fachgericht, das § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO dahin auslegt, dass auch schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren „durchentschieden“ werden können, verkennt jedoch die Bedeutung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzgleichheit (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>). Denn dadurch würde dem unbemittelten Beteiligten im Gegensatz zu dem bemittelten die Möglichkeit genommen, seinen Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren mit anwaltlicher Hilfe darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. BVerfGK 2, 279 <282>; 8, 213 <217>).

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Aus diesem verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt der Rechtsschutzgleichheit folgt zweierlei:

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Zum einen sind Änderungen in der Beurteilung der Erfolgsaussichten, die nach der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags eintreten, grundsätzlich nicht mehr zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden zu berücksichtigen. Denn der vernünftig abwägende Rechtsschutzsuchende kann die Entscheidung über die Klageerhebung – jedenfalls in einem Rechtsgebiet wie dem Asylrecht, in dem ein isolierter Prozesskostenhilfeantrag vielfach als unzulässig angesehen wird – nur innerhalb des Laufs der Rechtsbehelfsfristen treffen. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht auch die Rechtsprechung der Obergerichte, wobei es verfassungsrechtlich unerheblich ist, ob für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten generell auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags abgestellt wird oder jedenfalls dem entscheidenden Gericht zuzurechnende Verzögerungen bei der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag nicht zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden berücksichtigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Dezember 2018 – 2 BvR 1122/18, 2 BvR 1222/18, 2 BvR 1583/18 -, Rn. 13 m.w.N.).

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Zum anderen ist es zwar verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn zur Begründung der Versagung von Prozesskostenhilfe auf die Begründung der Sachentscheidung Bezug genommen wird. Allerdings unterliegen die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und diejenige über das Begehren in der Sache unterschiedlichen Maßstäben, die im Einzelfall eine gesonderte Begründung der Ablehnung der Prozesskostenhilfe erforderlich machen können. So kommt es für die Beurteilung hinreichender Erfolgsaussichten bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Auffassung des verständigen, unbemittelten Rechtssuchenden im Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags und damit auf eine ex-ante-Betrachtung an (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Dezember 2018 – 2 BvR 1122/18, 2 BvR 1222/18, 2 BvR 1583/18 -, Rn. 16); für das Begehren in der Sache ist in aller Regel ein anderer, zumeist späterer Zeitpunkt maßgeblich. Diese Unterschiede im Beurteilungszeitpunkt hat das Gericht hinreichend kenntlich zu machen.

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3. Die angegriffene Entscheidung wird diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht, soweit sie zur Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Klage des Beschwerdeführers hinreichende Erfolgsaussichten abspricht. Die entscheidungserhebliche Frage, inwieweit wehrdienstfähigen syrischen Männern, die sich dem Wehrdienst durch Ausreise entzogen haben beziehungsweise sich im Falle einer Rückkehr dem Wehrdienst entziehen wollten, die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist, war im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags im Januar 2017 in der Rechtsprechung des für das Verwaltungsgericht maßgeblichen Obergerichts nicht geklärt. In der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. November 2016 – 3 LB 17/16 – ist sie nicht beantwortet worden. Die Oberverwaltungsgerichte beziehungsweise Verwaltungsgerichtshöfe der anderen Länder vertraten im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife zu dieser Frage unterschiedliche Auffassungen (vgl. einerseits die Gefahr politischer Verfolgung bejahend BayVGH, Urteil vom 12. Dezember 2016 – 21 B 16.30372 -, juris, Rn. 25 ff.; andererseits diese verneinend OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 1 A 10922/16.OVG -, juris, Rn. 139 ff.). Damit lag jedenfalls eine klärungsbedürftige Tatsachenfrage bezüglich der Verfolgungsgefahr für diese Gruppe in Syrien vor, die durch das Verwaltungsgericht nicht im Prozesskostenhilfeverfahren zu Lasten des Beschwerdeführers durchentschieden werden konnte. Auch das – zudem später ergangene – Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. März 2017 – 13 A 317/17 – konnte insoweit keine abschließende Klärung herbeiführen. Vielmehr gebot es der Zweck der Prozesskostenhilfe, es dem Rechtsschutzsuchenden zu ermöglichen, seinen Rechtsstandpunkt zu der klärungsbedürftigen Frage im Hauptsacheverfahren darzustellen und in die zur Klärung berufene Instanz zu bringen, Prozesskostenhilfe zu bewilligen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Dezember 2018 – 2 BvR 1122/18, 2 BvR 1222/18, 2 BvR 1583/18 -, Rn. 14). Der Umstand, dass das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die entscheidungserhebliche Tatsachenfrage der politischen Verfolgung bei (beabsichtigter) Wehrdienstentziehung inzwischen zu Ungunsten des Beschwerdeführers geklärt hat (vgl. Urteil vom 4. Mai 2018 – 2 LB 17/18 -, juris, Rn. 88 ff.), ändert daran nichts. Denn Änderungen in der Beurteilung der Erfolgsaussichten, die nach der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags eintreten, können nicht mehr zu seinen Lasten berücksichtigt werden. Die Erwägung des Verwaltungsgerichts, auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife sei nicht abzustellen, weil wegen der inzwischen ergangenen Entscheidung des zuständigen Oberverwaltungsgerichts die Notwendigkeit nicht mehr bestehe, die entscheidungserhebliche Tatsachenfrage zur Klärung in die zweite Instanz zu bringen, trägt deshalb nicht.

18

4. Indem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Verweis auf die Begründung der Klageabweisung in demselben Gerichtsbescheid abgelehnt hat, hat es zusätzlich die Bedeutung des Gebots der Rechtsschutzgleichheit verkannt. Dessen Anforderungen ist das Verwaltungsgericht nicht gerecht geworden, weil es im Prozesskostenhilfeverfahren und im Hauptsacheverfahren die gleichen Prüfungsmaßstäbe angewendet hat. Prozesskostenhilfe ist hingegen bereits dann zu gewähren, wenn die Klage lediglich in einer ex-ante-Perspektive hinreichende Erfolgsaussichten hat. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Gerichtsbescheid abgelehnt und die Ablehnung damit begründet, dass „nach den vorstehenden Ausführungen die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet“. Das Verwaltungsgericht hat damit zwar eine Prognose hinsichtlich der Erfolgsaussichten vorgenommen und diese Aussichten verneint. Die Begründung für die negative Prognose ist jedoch dieselbe wie die für die Klageabweisung. Selbstständige Erwägungen hinsichtlich des Prozesskostenhilfeantrags aus einer ex-ante-Sicht sind nicht erkennbar. Derartige Erwägungen wären angesichts der in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilten und von dem übergeordneten Oberverwaltungsgericht damals noch nicht entschiedenen Tatsachenfrage der politischen Verfolgung bei (beabsichtigter) Wehrdienstentziehung jedoch erforderlich gewesen.

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5. Der mit dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts verbundene Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, da nicht auszuschließen ist, dass das Gericht bei Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Maßgaben zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

III.

20

Das Land Schleswig-Holstein hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG.

21

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.