Beschluss des BPatG München 30. Senat vom 06.10.2022, AZ 30 W (pat) 17/21

BPatG München 30. Senat, Beschluss vom 06.10.2022, AZ 30 W (pat) 17/21

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke IR 1 282 464

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Oktober 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Dr. Weitzel und des Richters Merzbach

beschlossen:

Die Beschwerde der IR-Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die in Italien basisregistrierte und am 25. September 2015 nach dem Protokoll zum Madrider Markenabkommen unter der Nummer 1 282 464 international registrierte Wortmarke

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RASPADURA

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sucht u. a. für die folgenden Waren

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„Klasse 29: produits laitiers; fromages“

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um Schutz im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach.

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Mit Beschlüssen vom 16. August 2017 und vom 16. Dezember 2020, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 29 – Internationale Markenregistrierung – des Deutschen Patent- und Markenamts der IR-Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland wegen Freihaltebedürftigkeit teilweise, nämlich für die vorgenannten Waren verweigert (§§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art. 6quinquies B PVÜ).

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Zur Begründung ist ausgeführt, dass die schutzsuchende Marke für die beanspruchten Waren eine beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei. Gemäß den im Erstprüfer- und Erinnerungsverfahren übermittelten Anlagen finde sich der Begriff
RASPADURA auch auf deutschsprachigen Internetseiten als gängige Bezeichnung für einen geraspelten Hartkäse. Danach werde seit Herbst 2020 sogar ein Raspadura-Kit angeboten und dazu ausgeführt: „Raspadura (dialektaler Begriff, typisch für Lodi), d. h. sehr dünne Käsescheiben, die mit einem speziellen Messer vom Käselaib des Bella Lodi geschabt werden“ (Anlage 7 zum Erinnerungsbeschluss). Selbst wenn diese Webseite von einem Handelspartner und mit Billigung der Markeninhaberin geführt werde, zeigten diese und andere Fundstellen, dass die Bezeichnung
RASPADURA für Hartkäse eine rein beschreibende Bedeutung habe. Dies werde bestätigt durch die Internetseiten anderer italienischer Käsereien, die ebenfalls
RASPADURA anböten. Unter r… werde die Entstehung des
RASPADURA beschrieben (Anlage 3 zum Erstprüferbeschluss). Nach der Homepage www.vip-italia.de bezeichne
RASPADURA eine alte „Raspel“technik für Käse aus der Region Lodi (Anlage 4 zum Erstprüferbeschluss). „Salzburg Milch“ bewerbe ihren Käse mit „(…) hauchdünn vom Laib als sogenannter raspadura abgezogen, (…)“ (Anlage 5 zum Erstprüferbeschluss). Diese Webseiten richteten sich zwar nicht direkt an den deutschen Verkehr. Sie bestätigen aber die beschreibende Bedeutung des Wortes
RASPADURA in der Region Lodi. Es sei davon auszugehen, dass die Bezeichnung
RASPADURA in Deutschland zumindest dem mit Käsespezialitäten vertrauten Fachverkehr, der allein für die Annahme der Beschreibungseignung gern. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG maßgeblich sein könne, geläufig sei. Bestätigt werde dies durch die Fachveröffentlichungen in dem Restaurantführer „Osterie d’ltalia“. In der Ausgabe 2008/09 werde
RASPADURA definiert als: „Spezialität aus der Gegend von Lodi, die aus feinsten Spänen eines lokalen Grana-Käses besteht“ (Anlage 1 zum Erstprüferbeschluss). Bei einer Lokalbeschreibung finde sich überdies ein Hinweis auf einen Teil des Menüs, welcher folgendermaßen beschrieben werde: „…-und Formaggi, wie etwa ein schlichter Teller Raspadura aus Lodi, ganz frisch gehobelt.“ (Anlage 2 zum Erstprüferbeschluss). Auch die deutschen Angebote von Penny (Anlage 6 zum Erstbeschluss) und Edeka (Anlage 8 zum Erinnerungsbeschluss) zeigten eine rein beschreibende Verwendung der Bezeichnung
RASPADURA. Wie die Anlagen 9-10 zum Erinnerungsbeschluss belegten, verwendeten beide Anbieter an gleicher Stelle und Schriftart regelmäßig Angaben zur angebotenen Käseart bzw. andere glatt beschreibende Angaben zum angebotenen Produkt (wie z. B. PIZZA SPECIALE).

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RASPADURA sei demnach eine Raspeltechnik für Hartkäse und bezeichne zudem den Käse, der auf diese Art und Weise zubereitet wurde.
RASPADURA sei mithin geeignet, die zurückgewiesenen Waren zu beschreiben und werde zumindest vom Fachhandel in seiner beschreibenden Bedeutung verstanden. Der international registrierten Marke sei daher gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die Waren „Milchprodukte“ und „Käse“ zu verweigern.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde IR-Markeninhaberin, mit der sie geltend macht, dass das Zeichen
RASPADURA die vorgenannten Waren nicht beschreibe. Dem Wort
RASPADURA komme weder in der italienischen und erst recht nicht in der deutschen Sprache eine Bedeutung zu. Die Markeninhaberin habe Belege eingereicht, nach denen das Wort in keinem Wörterbuch der italienischen Sprache erscheine (Ausdruck der Webseite „wordreference.com“).

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Die phantasievolle Wortschöpfung
RASPADURA sei inspiriert worden durch einen in Italien sehr lange nicht mehr gebräuchlichen Begriff aus einem alten Dialekt aus einer sehr kleinen Region Italiens um die Stadt Lodi in der gleichnamigen Provinz in der italienischen Region Lombardei. Ausweislich der Voreintragung der italienischen nationalen Marken 302011901907238 und 30201390220666 erkenne nicht einmal der italienische Verbraucher eine auch nur anspielende Bedeutung in Bezug auf Käse.

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Das DPMA ignoriere dies und komme mit pauschalen Verweisungen auf die beigebrachten Anlagen zum falschen Ergebnis, nämlich der Bejahung eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Schon in der Erinnerungsbegründung sei dargelegt worden, warum die im Erstprüferbeschluss zitierten Anlangen nicht geeignet seien, die Kennzeichnungskraft der beschwerdegegenständlichen IR-Marke in Zweifel zu ziehen. So handele es sich bei den Auszügen aus dem Buch Osterie d’Italia in den Anlagen 1 und 2 um Spezialwerke, die spezielle Gasthäuser in Italien einem an Slow Food interessierten Leserkreis und somit nicht der Allgemeinheit vorstellen. Die in Anlage 1 beschriebene Anlehnung an einen alten Dialekt belege ebenfalls nicht, dass das breite Publikum in Deutschland der Bezeichnung
RASPADURA in Bezug auf Käse und Milchprodukte einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt im Sinne von geraspeltem Hartkäse zuordnen werde.

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Soweit es in Anlage 2 heiße, „Raspadura aus Lodi, ganz frisch gehobelt“, stehe dies der Aussage der Markenstelle,
RASPADURA sei ein „geraspelter Hartkäse“ denklogisch entgegen. Wenn
RASPADURA nämlich einen geraspelten Hartkäse bezeichnen würde, könne dieser nicht frisch gehobelt werden. Die Anlage zeige also, dass es sich bei
RASPADURA um eine phantasievolle Wortschöpfung handele. Anlage 3 stamme von der Markeninhaberin. Sie beschreibe darin nicht, wie ein generisch bezeichnetes Produkt entstehe, sondern beleuchte die Herstellung der von ihr selbst unter ihrer Marke
RASPADURA vertriebenen Waren. Bei der Anlage 4 handele es sich um Auszüge aus den unter vip-italia.de abrufbaren Internetinhalten. Diese Domäne werde von einem Handelspartner der Markeninhaberin, mit deren Einverständnis und die Bezeichnung
RASPADURA markenmäßig verwendet. Die in Anlage 5 dargestellte Benutzung der Marke
RASPADURA in Österreich sei möglicherweise missbräuchlich und unterstreiche das Schutzbedürfnis der Inhaberin.Die Anlage 6 zeige einen Auszug aus den Sortimenten des zur REWE Group gehörigen Lebensmittel-Discounters PENNY M… GmbH. Hierbei handelt es sich um eine markenmäßige Verwendung für ein Produkt aus dem Hause der Markeninhaberin.

13

Soweit die Markenstelle im Erinnerungsbeschluss ausführe, die Fundstellen zeigten, dass die Bezeichnung
RASPADURA für Hartkäse eine beschreibende Bedeutung habe, selbst wenn die vorgenannten Webseiten mit Billigung der Markeninhaberin geführt würden, könne dem nicht gefolgt werden. Die Markenstelle ignoriere den Vortrag zum markenmäßigen Gebrauch des Zeichens auf den Webseiten, die sich auf die Markeninhaberin zurückführen ließen, und die Ausführungen zu einer möglichen missbräuchlichen Verwendung des Begriffs
RASPADURA durch Mitbewerber. Die Markeninhaberin habe erhebliche Anstrengungen unternommen, um das Zeichen „Raspadura“ auch auf dem deutschen Markt bekannt zu machen. Der überwiegende Teil der vom DPMA übersandten Rechercheergebnisse zeige eine Verwendung des Begriffs erst nach dem Anmeldetag der italienischen Marke und könne daher auf eine missbräuchliche Anlehnung an die Marke der Beschwerdeführerin, nicht jedoch eine beschreibende Bedeutung belegen.

14

Soweit die Markenstelle davon ausgehe, dass die Bezeichnung
RASPADURA zumindest dem mit Käsespezialitäten vertrauten Fachverkehr geläufig sei, handele es sich um eine bloße Behauptung.

15

Die IR-Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

16

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 29 – Internationale Markenregistrierung – des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. August 2017 und vom 16. Dezember 2020 aufzuheben.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

18

Die gemäß § 66 MarkenG zulässige Beschwerde der IR-Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg.

19

1. Der Schutzerstreckung der international registrierten Marke
RASPADURA auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht für die streitgegenständlichen Waren „produits laitiers; formages“ (offensichtlicher Schreibfehler, korrekt: „fromages“), deutsch: „Milchprodukte; Käse“, das absolute Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung nach §§ 119, 124 MarkenG a.F. (jetzt: §§ 107 Abs. 1, 112 MarkenG), 113, 37 Abs. 1 und 5 MarkenG i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland teilweise verweigert hat.

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2. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 8 Rn. 408). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 30, 31 – Chiemsee; GRUR 2004 Rn. 56 – Postkantoor). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla). Hierbei muss der Formulierung „und/oder“ entnommen werden, dass auch das Verständnis der (am Handel) beteiligten Fachkreise allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a.a.O., § 8 Rn. 443).

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Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird; vielmehr reicht aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 97 – Postkantoor; MarkenR 2008, 160 Rn. 35 – HAIRTRANSFER; GRUR Int. 2010, 503 Rn. 37 – Patentconsult; GRUR 2010, 534 Rn. 52 – PRANAHAUS; BGH GRUR 2012, 272 Rn. 12, 17 – Rheinpark-Center Neuss; GRUR 2012, 276 Rn. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.; siehe auch Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a.a.O., § 8 Rn. 431 ff.). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es – in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich – ein oder mehrere Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT).

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3. Nach diesen Maßstäben besteht an der Bezeichnung
RASPADURA als glatt beschreibender, objektiver Eigenschaftsbezeichnung für „produits laitiers; formages“ (Milchprodukte; Käse) ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

23

a. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und belegt hat, beschreibt
RASPADURA eine Raspeltechnik für Hartkäse und bezeichnet zudem den Käse, der auf diese Art und Weise zubereitet wird. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ergibt sich dies unter anderem aus der Formulierung zum „Raspadura Kit“ unter www.vip-italia.de in der Anlage 7 zum Erinnerungsbeschluss: „Raspadura (dialektaler Begriff, typisch für Lodi), d.h. sehr dünne Käsescheiben, die mit einem speziellen Messer direkt aus der Käseform des Bella Lodi geschabt werden, (…)“. Der Hinweis, dass es sich bei
RASPADURA um einen dialektalen Begriff typisch für Lodi, sowie die Erklärung, dass es sich dabei um mit einem speziellen Messer geschabte Scheiben des „Bella Lodi“ handele, sprechen für eine beschreibende Bedeutung des Begriffs. Eine solche ergibt sich auch aus Anlage 3, die mit dem DPMA-Bescheid vom 8. August 2016 versendet wurde. Unter dem Titel „Der Käse der Lombardei“ geht es um die besondere Käsesorte, nämlich den „Bella Lodi, mit der schwarzen Rinde, der vom Granone Lodigiani abstammt und häufig als „raspadura [geschabt]“ serviert wird.“ Dass es sich bei
RASPADURA um eine Käsezubereitung, nämlich einen geraspelten Hartkäse handelt, zeigen auch die Internetseiten italienischer Käsereien wie „Gruffanti“ (Anlage 1 zum Amtsbescheid vom 8. August 2016) „Zucchelli“ (Anlage 2 zum Erinnerungsbeschluss): „The Raspadura is a grana cheese, (…), presented in very thin layers scraped with a special knife“ sowie des Herstellers „Salzburg Milch“, der den Käse mit „(…) hauchdünn vom Laib als sogenannter
raspadura abgezogen (…)“ bewirbt (Anlage 5 zum Erstprüferbeschluss).

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Die vorgenannten Beispiele zeigen die beschreibende Bedeutung des Wortes
RASPADURA in der Region Lodi und darüber hinaus. Mit der Markenstelle ist deshalb davon auszugehen, dass die Bezeichnung
RASPADURA in Deutschland zumindest dem mit Käsespezialitäten vertrauten Fachverkehr, der allein für die Annahme der Beschreibungseignung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG maßgeblich sein kann, geläufig ist. Bestätigt wird dies durch die Veröffentlichung in dem Restaurantführer „Osterie d’ltalia“. Schon in der Ausgabe 2008/09 wird
RASPADURA definiert als: „Spezialität aus der Gegend von Lodi, die aus feinsten Spänen eines lokalen Grana-Käses besteht“ (Anlage 1 zum Erstprüferbeschluss). Bei einer Lokalbeschreibung aus dem Jahr 2012/2013 findet sich überdies ein Menu-Hinweis: „…-und Formaggi, wie etwa ein schlichter Teller Raspadura aus Lodi, ganz frisch gehobelt.“ (Anlage 2 zum Erstprüferbeschluss). Auch die deutschen Angebote von Penny (Anlage 6 zum Erstbeschluss) und Edeka (Anlage 8 zum Erinnerungsbeschluss) zeigen eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung
RASPADURA. So platzieren beide Anbieter an gleicher Stelle und in gleicher Schriftart regelmäßig Angaben zur Käsesorte, z. B. „Pecorino Romano g. U.“ oder „Gorgonzola g. U. Dolce“ (Anlagen 8 und 9 zum Erinnerungsbeschluss).

25

Die Bezeichnung
RASPADURA ist nach alldem geeignet, Eigenschaften der Waren „produits laitiers; fromages“ (Milchprodukte; Käse) unmittelbar zu beschreiben, und wird zumindest vom Fachverkehr in seiner beschreibenden Bedeutung für einen mit einer speziellen Technik geraspelten Hartkäse erkannt.

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b. Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen der Markeninhaberin greifen allesamt nicht durch.

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aa. Soweit die Markeninhaberin vorträgt, dem Wort
RASPADURA komme weder in der italienischen und erst recht nicht in der deutschen Sprache eine Bedeutung zu, kann dem nicht gefolgt werden. Eine beschreibende Bedeutung ergibt sich bereits aus den von der Markenstelle übermittelten Nachweisen. Dass der Begriff
RASPADURA nach dem Vorbringen der Markeninhaberin in keinem Wörterbuch der italienischen Sprache erscheint, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Wie bereits ausgeführt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang das Zeichen als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird; vielmehr reicht aus, dass es zu diesem Zweck verwendet werden kann.

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bb. Aus der Eintragung der italienischen Marken Nr. 302011901907238 (Wort-Bildmarke) und Nr. 30201390220666 kann die Markeninhaberin keinen Anspruch auf Schutzgewährung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz zu einer Bindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung bzw. Schutzgewährung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163 (Nr. 39) – Terranus; GRUR 2004, 674 (Nr. 43, 44) – Postkantoor). Ausländische Voreintragungen oder Schutzerstreckungen selbst identischer Marken haben hinsichtlich der Schutzfähigkeit im Inland weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aul., § 8 Rn. 82 f. m. w. N.).

29

cc. Soweit die Markeninhaberin geltend macht, dass „das breite Publikum in Deutschland“ der Bezeichnung
RASPADURA für Käse (und Milchprodukte als Oberbegriff für Käse) keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt im Sinne von geraspeltem Hartkäse zuordne, verhilft das der Beschwerde nicht zum Erfolg. Zu Recht hat die Markenstelle darauf abgestellt, dass auch das Verständnis der (am Handel) beteiligten Fachkreise für sich allein von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 8 Rn. 48).

30

dd. Entgegen dem Vorbringen der Markeninhaberin ergibt sich aus der Aussage „Raspadura aus Lodi, ganz frisch gehobelt“ (Anlage 2 zum Erstprüferbeschluss), die im Widerspruch zu „geraspeltem Hartkäse“ stehe, nicht, dass es sich bei
RASPADURA um eine phantasievolle und schutzwürdige Wortschöpfung handelt. Es ist bereits zweifelhaft, ob die vorgenannte Schlussfolgerung aus einem bestehenden Widerspruch überhaupt gezogen werden könnte. Überdies besteht der angebliche Widerspruch nicht, weil
RASPADURA die Bezeichnung einer „Raspel“-technik und einer so zubereiteten Käseart ist und es keine wesentliche Rolle spielt, ob man die Käsespäne (vgl. Anlage 1 zum Erstprüferbeschluss) als geraspelt oder gehobelt bezeichnet.

31

ee. Soweit die Markeninhaberin ausführt, der Inhalt der Anlage 3 zum Erstprüferbeschluss stamme von ihr und beschreibe nicht die Entstehung eines generischen Produkts, sondern die Herstellung der von ihr unter ihrer Marke
RASPADURA vertriebenen Waren, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. Das ergibt sich bereits aus der beschreibenden Verwendung z. B. in den als Anlage 1 und 2 (zum Erstprüferbeschluss) übersandten Auszügen. Im Übrigen führt die im Eingangssatz des Textes in Anlage 3 enthaltene Formulierung „Raspadura ist ein typischer Käse aus Lodi“ von dem Gedanken weg, es handele sich bei
RASPADURA um einen Hinweis auf einen bestimmten Herstellungsbetrieb. Dafür spricht auch die Aufmachung
Abbildung in der Kopfzeile, die trotz der Hinzufügung des
Abbildung (auch) zu dem Element „RASPADURA“ keine markenmäßige Verwendung in Alleinstellung belegt. Markenmäßig wirkt allenfalls das Gesamtzeichen bzw. das Element „Bella Lodi“. Auch in dem Text, in dem das Herstellungsverfahren beschrieben wird, wird regelmäßig die Begriffskombination „Raspadura Bella Lodi“ verwendet – entsprechend „Raspadura Zucchelli“ in Anlage 1 zum Erinnerungsbeschluss, wo
RASPADURA durch den Herstellernamen ergänzt ist.

32

Im Hinblick auf die unter vip-italia.de abrufbaren Internetinhalte (Anlage 4 zum Erstprüferbeschluss) mag sein, dass diese Domäne von einem Handelspartner der Markeninhaberin betrieben wird. Die Formulierung „‘Raspadura‘, ein sehr dünner Käselaib, der mit einem Spezialmesser direkt aus der Form geschabt wird (…)“ zeigt jedoch eine beschreibende und keine markenmäßige Verwendung.

33

ff. Die angeblich missbräuchliche Verwendung durch „Salzburg Milch“, die ihren Käse mit „(…) hauchdünn vom Laib als sogenannter raspadura abgezogen, (…)“ bewirbt (Anlage 5 zum Erstprüferbeschluss), unterstreicht – entgegen der Ansicht der Markeninhaberin – nicht ihr Schutzbedürfnis, sondern das ihrer Mitbewerber. Dabei mag es sein, dass die Markeninhaberin erhebliche Anstrengungen unternommen hat, um die Bezeichnung
RASPADURA für Käse (als ihre Marke) auf dem deutschen Markt bekannt zu machen. Wie bereits ausgeführt, ist der Begriff (in Alleinstellung) jedoch geeignet, Eigenschaften der Waren „produits laitiers; fromages“ (Milchprodukte; Käse) zu unmittelbar beschreiben, so dass der beantragten Schutzerstreckung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.

34

gg. Das Vorbringen der Markeninhaberin, der überwiegende Teil der vom DPMA übersandten Rechercheergebnisse zeige eine Verwendung von
RASPADURA erst nach dem Anmeldetag der italienischen Marke und könne eine beschreibende Bedeutung nicht belegen, führt zu keinem anderen Ergebnis. So ist für die Bejahung eines Freihaltungsbedürfnisses kein Nachweis erforderlich, dass das Zeichen bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird; es reicht aus, dass es zu diesem Zweck verwendet werden kann (Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 8 Rn. 440). Das ist vorliegend der Fall, wie die neben den Belegen von 2008/2009 und 2012/2013 (Anlagen 1 und 2 zum Erstprüferbeschluss) übersandten Verwendungsnachweise von 2016 bis 2020 zeigen.

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4. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.