Beschluss des BPatG München 29. Senat vom 26.10.2022, AZ 29 W (pat) 586/20

BPatG München 29. Senat, Beschluss vom 26.10.2022, AZ 29 W (pat) 586/20, ECLI:DE:BPatG:2022:261022B29Wpat586.20.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2020 015 516.9

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. Oktober 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Seyfarth und den Richter Posselt

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

Promillejagd

3

ist am 20. Juli 2020 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren angemeldet worden:

4

Klasse 21: Gläser; Trinkgefäße und Barzubehör;

5

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen;

6

Klasse 28: Spiele.

7

Mit Beschluss vom 26. Oktober 2020 hat die Markenstelle für Klasse 28 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.

8

Der Begriff „Promillejagd“ sei eine beschreibende Wortkombination in der Bedeutung „Maßnahmen oder Aktionen zur Steigerung oder Verfolgung des Alkoholgehalts im Blut“. Die von der Anmeldung umfassten Waren „Spiele“ könnten die Steigerung oder die Verfolgung des Alkoholgehalts im Blut zum Thema haben. Bei „Bekleidungsstücken“ und „Kopfbedeckungen“ könne die Bezeichnung „Promillejagd“ im Hinblick auf Maßnahmen oder Aktionen zur Steigerung oder Verfolgung des Alkoholgehalts im Blut eine gemeinsame Identität stiften. „Gläser, Trinkgefäße und Barzubehör“ könnten zur Steigerung des Alkoholgehaltes im Blut verwendet werden oder dafür bestimmt oder Voraussetzung sein.

9

Von einer schutzbegründenden Unbestimmtheit könne nicht ausgegangen werden; es stehe nicht der markenrechtliche Herkunftshinweis im Vordergrund, sondern ein Steigern oder Verhindern des in Promille messbaren Alkoholgehalts im Blut.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

11

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. Oktober 2020 aufzuheben.

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Die Beschwerdeführerin führt an, die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens ergebe sich bereits aus der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses selbst. Die Rechercheergebnisse zeigten zwar eine Verwendung des Begriffs „Promillejagd“, jedoch in vielfältiger Hinsicht und keineswegs in einer klaren, eindeutigen Art für bestimmte Waren. Allein die Tatsache, dass der Begriff aus zwei aus sich heraus verständlichen Begriffen zusammengesetzt sei, sage noch nichts über die Unterscheidungskraft aus. Durch die angemeldete Marke würden zwar Assoziationen geweckt, dies sei aber gerade Beleg für eine Unterscheidungskraft, da die Bezeichnung insbesondere für die Waren „Spiele“ und „Bekleidung“ keine unmittelbar beschreibende Bedeutung aufweise. Insbesondere der Vergleich mit bekannten Spieletiteln belege dies. „Mensch ärgere Dich nicht“ wecke ebenfalls Assoziationen, beschreibe aber nicht die Warengruppe „Spiele“. Es sei erst Recht unklar, wie eine Maßnahme oder Aktionen zur Steigerung oder Verfolgung des Alkoholgehalts im Blut ein Spiel oder ein Bekleidungsstück beschreiben könnte. Auch ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht, da lediglich Assoziationen geweckt würden, aber kein konkreter inhaltlicher Bezug zu den angemeldeten Waren bestehe.

13

Der Senat hat mit Hinweis vom 21. September 2022 weitere Rechercheergebnisse übermittelt und seine Rechtsauffassung dargelegt.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

15

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG wirksam eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

16

Der Eintragung des angemeldeten Zeichens
Promillejagd steht das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

17

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II, GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).

19

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86
– Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11

– Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr
– etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II; GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops).

20

2. Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen genügt das angemeldete Wortzeichen
Promillejagd in Bezug auf die beanspruchten Waren den Anforderungen an die erforderliche Unterscheidungskraft nicht.

21

a. Von den angemeldeten Waren der Klassen 21, 25 und 28 werden sowohl die Endverbraucher als auch der inländische Fachverkehr angesprochen.

22

b. Wie von der Markenstelle zutreffend festgestellt wurde, setzt sich das angemeldete Einwortzeichen aus den Begriffen „Promille“ und „Jagd“ zusammen, welche zum deutschen Grundwortschatz gehören und grammatikalisch korrekt aneinandergefügt sind. Der Verkehr wird den Gesamtbegriff daher ohne weiteres im Sinne von „Maßnahmen zur Steigerung / Aktionen zur Verfolgung des Alkoholgehaltes im Blut“ verstehen. Daher wird er diesen unmittelbar als umgangssprachliche Bezeichnung entweder für „sich um einen (besonders hohen) Promillewert bemühen“ oder „Verfolgen/Aufspüren von ‚Alkoholsündern‘, also Personen mit einem zu hohen Alkoholgehalt im Blut“ ansehen.

23

Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Zeichen ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 – BioID).

24

„Promille“ bedeutet „tausendster Teil, ein Tausendstel“ und wird umgangssprachlich als Bezeichnung für den (messbaren) Alkoholgehalt im Blut verwendet (vgl. auch die mit Hinweis vom 21. September 2022 übersandte Anlage 1, Bl. 24 – 27 d. A.).

25

„Jagd“ hat die Bedeutung „Aufspüren, Verfolgen, Erlegen oder Fangen von Wild“ und übertragen – besonders in Komposita – auch „Verfolgung, Aufklärung“ (vgl. Anlage 2, Bl. 28 – 31 d. A.).

26

Das Zeichen ist in sprachüblicher Weise gebildet, wie auch die entsprechend zusammengesetzten Komposita „Promillebereich“, „Promillegrenze“, „Promillesatz“, „Promillezeichen“ sowie etwa „Fuchsjagd“, „Schnäppchenjagd“ oder „Schnitzeljagd“ zeigen (vgl. Anlagenkonvolut 3, Bl. 32 und 37 d. A.).

27

c. Das Wort „
Promillejagd“ ist dem Verkehr daher unmittelbar verständlich. Hierzu trägt auch die Bedeutung ähnlich gebildeter und im Alltag bei Verkaufsaktionen preisreduzierter Ware im Einzelhandel üblicher Begriffe wie „Prozentejagd“ bei. Auch lässt sich eine beschreibende Verwendung des angemeldeten Zeichens (z. B. „Was Du allerdings bei Deinen [sic!] Promille-Jagd nicht außer Acht lassen solltest ist: …“ Anlagenkonvolut 3, Bl. 33 d. A.; „… – zu Bonner Zeiten seien vor allem Politiker, Mitarbeiter und Journalisten regelmäßig gemeinsam auf intensiver Promillejagd gewesen.“ Anlage 4, Bl. 38 d. A.) sowie des sehr ähnlichen „Promillejäger“ (vgl. Anlagenkonvolut 5, Bl. 66 – 68 d. A.) bereits nachweisen.

28

d. Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweist, dass das Zeichen schon allein wegen seiner unklaren und mehrdeutigen Aussage schutzfähig sei, schließt sich der Senat dieser Auffassung nicht an. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auszugehen sein, wenn das angemeldete Zeichen verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren beschreibt (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT). Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des Verkehrs reicht für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus (BGH, a.a.O., Rn. 24 – HOT).

29

e. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren gilt Folgendes:

30

aa. Das angemeldete Zeichen beschreibt zwar „Gläser, Trinkgefäße und Barzubehör“ in Klasse 21 nicht unmittelbar, es besteht aber ein enger beschreibender Bezug. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, können diese Behältnisse bei Befüllung mit Alkohol zur Steigerung des Alkoholgehalts im Blut, mithin zum „Saufen“ oder zum Komatrinken verwendet werden, dafür bestimmt oder Voraussetzung sein. Für diesen Zweck reichen offensichtlich nicht nur normale Trinkgefäße, es gibt es sogar spezielle Gläser und Becher eigens für die Durchführung von Trinkspielen (vgl. Anlagenkonvolut 6, Bl. 69 ff. d. A.). Bei diesen kommen neben Bier und einfachen Mischgetränken auch Cocktails zum Einsatz, weshalb im Handel bereits entsprechende Sets angeboten werden (vgl. Anlage 7, Bl. 87 ff. d. A.). Es ist zudem seit langem üblich, auf Gläsern oder Bechern Schriftzüge deutlich sichtbar als Motiv aufzubringen und diese Waren dadurch zu individualisieren (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 15.11.2017, 29 W (pat) 16/14 – YOU & ME). Der Verkehr ist an eine entsprechende dekorative bzw. als Botschaft nach außen gerichtete Verwendung von Schriftzügen auf den beanspruchten Waren gewöhnt und wird daher auch im angemeldeten Zeichen keinen Herkunftshinweis erblicken.

31

bb. Bezüglich der Waren „Bekleidung; Kopfbedeckungen“ in Klasse 25 wird der Verkehr das Zeichen lediglich als Hinweis auffassen, dass diese bei einer Promillejagd, also eines möglichst raschen oder hohen Steigerns des Alkoholgehalts im Blut der Trägerin bzw. des Trägers, getragen werden sollen. Daneben wird er die Bezeichnung als einen plakativen Hinweis darauf verstehen, dass sich der Träger bzw. die Trägerin gerade auf einer Promillejagd befindet.

32

Auf dem Bekleidungssektor ist es schon seit langem üblich, insbesondere T-Shirts, Kapuzenpullis, Jacken und Kopfbedeckungen wie Caps oder Beanies mit Sprüchen zum Thema Alkohol, Trinken, Saufen, etc. zu bedrucken, dies deutlich nach außen zu zeigen und im Rahmen der Produktbeschreibung herauszustellen, da insoweit dem Motiv für die Kaufentscheidung wesentliche Bedeutung zukommt.

33

Großflächig bzw. auffällig aufgedruckte Begriffe, Statements und bekenntnishafte Aussagen sind dabei besonders beliebt, wie die Ergebnisse der Recherche belegen. Für entsprechende Produkte hat sich die Bezeichnung „Saufkleidung“, „Saufklamotten“ bzw. „Sauf T-Shirts“ etabliert (vgl. Anlagenkonvolut 5, Bl. 39 ff. d. A.). So finden sich bereits vor dem Anmeldezeitpunkt vielfach Anbieter, die ihre Waren mit der sehr ähnlichen Motivangabe „Promilljäger“ bedrucken (s. o.) und neben der Größen- und Preisangabe auch so beschreiben.

34

Die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens muss unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden (EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]).

35

Im hier maßgeblichen Bekleidungssektor kommt neben der oben dargelegten nach außen gerichteten, dekorativen Verwendung des Zeichens auf der Vorder- oder Rückseite eines T-Shirts, eines Pullovers oder einer Jacke bzw. auf der Vorderseite einer Kopfbedeckung, die – ausgehend von Art und Sinngehalt des Anmeldezeichens – als praktisch bedeutsame und wahrscheinlichste Verwendungsform zu sehen sein dürfte, auch eine Verwendung auf dem eingenähten Etikett im Innern eines Kleidungsstückes bzw. einer Kopfbedeckung, als Anhänger o. Ä. in Betracht. Selbst wenn eine solche Verwendung im Verhältnis zur oben geschilderten Verwendung als Schriftzug auf der Vorder- bzw. Rückseite eines Kleidungsstücks oder der Vorderseite einer Kopfbedeckung weniger wahrscheinlich und auch praktisch nicht so bedeutsam und naheliegend sein mag, ist sie zu berücksichtigen (BGH GRUR 2020, 411 Rn. 16 – #darferdas? II). Die Verwendung im Etikett führt für sich genommen jedoch nicht ausnahmslos dazu, dass der Verkehr in dem Zeichen einen Herkunftshinweis sehen muss. Auch bei der Anbringung auf Etiketten kann die Beurteilung, ob der Verkehr das Zeichen als Herkunftshinweis ansieht, nach der
Art des Zeichens variieren (a. a. O. Rn. 18). Es muss stets im Einzelfall beurteilt werden, ob der Verkehr das Zeichen auch auf dem Etikett eines Kleidungsstücks als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren wahrnehmen kann (BGH GRUR 2020, 411 Rn. 17 – #darferdas? II; vgl. auch BPatG, Beschluss vom 12.01.2022, 29 W (pat) 570/19 – MAKE MONDAY SUNDAY; Beschluss vom 09.10.2019, 29 W (pat) 519/18 – Mir all sin Kölle; Beschluss vom 04.04.2019, 30 W (pat) 511/17 – reggae jam).

36

Im Hinblick auf den dargelegten Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung ist vorliegend nicht von einem Herkunftshinweis auszugehen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden allein aus der Verwendung der allgemein verständlichen, sich in den Gebrauch ähnlicher Begriffe einreihenden Bezeichnung „
Promillejagd“ auf dem Etikett eines Kleidungstückes oder einer Kopfbedeckung nicht auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen schließen. Vielmehr steht die in der angemeldeten Wortfolge zum Ausdruck kommende „Botschaft nach außen“ und damit das Gestaltungsmittel dergestalt im Vordergrund, dass das Zeichen im Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 15.11.2017, 29 W (pat) 16/14 – YOU & ME; Beschluss vom 12.01.2022, 29 W (pat) 570/19 – MAKE MONDAY SUNDAY; Beschluss vom 09.10.2019, 29 W (pat) 519/18 – Mir all sin Kölle; Beschluss vom 04.04.2019, 30 W (pat) 511/17 – reggae jam).

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bb. „Spiele“ können insbesondere die Steigerung des Alkoholgehaltes im Blut, d. h. die Promillejagd, zum Inhalt oder Thema haben. Dies ist vor allem bei sogenannten „Trinkspielen“ regelmäßig der Fall (vgl. Anlagenkonvolut 6, Bl. 69 ff. d. A.). So wird z. B. wie folgt geworben: „Geniales Spiel! Das Mini Beer Pong Spiel ist absolut genial. Super Partyspaß!“ (Anlagenkonvolut 6, Bl. 71 d. A.). „Drinkopoly“ stellt dagegen die Frage „Bist du bereit, dich zu betrinken?“ (https://drinkopoly.de). Auch die Beschwerdeführerin verwendet die Bezeichnung „
Promillejagd“ beschreibend als Titel eines Trinkspiels und erklärt dazu: „Begib dich mit deinen Freunden auf die legendäre Promillejagd! Das ultimative Trinkkartenspiel – perfekt für jede Party!“. Bei Spielen sind Titel mit dem Begriff „…jagd“ zudem häufig anzutreffen. Diese verweisen in der Regel unmittelbar auf einen wetteifernden Charakter des Spielvorgangs, bei dem etwaige Mitspieler nicht zwangsweise in Konkurrenz stehen müssen, sondern auch gemeinsam ein Ziel erreichen können.

38

Die Bezeichnung „
Promillejagd“ wird bei den angesprochenen Verkehrskreisen daher regelmäßig nicht lediglich eine Assoziation hervorrufen, sondern vordringlich als der gedankliche Inhalt des Spiels verstanden werden (vgl. auch BGH GRUR 2009, 778 Rn. 14-17 – Willkommen im Leben; GRUR 2009, 949 Rn. 17 – My World; GRUR 2010, 1100 Rn. 14 – TOOOR!; GRUR 2013, 522 Rn. 11-15 – Deutschlands schönste Seiten).

39

Das angemeldete Zeichen eignet sich somit nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, so dass ihm die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

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3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann insbesondere im Hinblick auf die beanspruchten Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen, für die das Anmeldezeichen bereits als Motivangabe in Betracht kommen könnte (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 15.11.2017, 29 W (pat) 16/14 – YOU & ME), dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus freihaltungsbedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.

41

4. Die Beschwerdeführerin hat keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Eine solche war auch nicht sachdienlich, weshalb im schriftlichen Verfahren entschieden werden konnte (§ 69 MarkenG).