Beschluss des BPatG München 29. Senat vom 07.06.2021, AZ 29 W (pat) 1/19

BPatG München 29. Senat, Beschluss vom 07.06.2021, AZ 29 W (pat) 1/19, ECLI:DE:BPatG:2021:070621B29Wpat1.19.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 018 196.5

hat der 29. Senat (Markenbeschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. Juni 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters kraft Auftrags Posselt

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Juni 2018 aufgehoben, soweit darin die Anmeldung auch zurückgewiesen wurde für die Waren

Klasse 18: Gepäck, Brieftaschen, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Regen- und Sonnenschirme;

Klasse 24: Stoffe; Textilwaren und Textilersatzstoffe; Haushaltswäsche; Bettwäsche und Decken; Bettdecken; Tischdecken; Reisedecken; Badetücher; Handtücher; Taschentücher [Textil]; Tischwäsche [nicht aus Papier]; Kissenbezüge; Vorhänge und Stores aus Textilien oder aus Kunststoff; Wandbekleidungen [Textil];

Klasse 25: Gürtel; Schuhwaren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Die Bezeichnung

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GRANTLER

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ist am 20. Juli 2017 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für die Waren der

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Klasse 18: Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Rucksäcke, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Regen- und Sonnenschirme;
Spazierstöcke;

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Klasse 24: Stoffe; Textilwaren und Textilersatzstoffe; Haushaltswäsche; Bettwäsche und Decken; Bettdecken; Tischdecken; Reisedecken; Badetücher; Handtücher; Taschentücher [Textil]; Tischwäsche [nicht aus Papier];
Möbelstoffe; Kissenbezüge; Vorhänge und Stores aus Textilien oder aus Kunststoff; Wandbekleidungen [Textil];

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Klasse 25: Bekleidungsstücke; Gürtel; Schuhwaren; Kopfbedeckungen.

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Die Markenstelle für Klasse 25 hat mit Beschluss vom 1. Juni 2018 die Anmeldung teilweise, nämlich für alle vorgenannten Waren mit Ausnahme der oben
fett gedruckten Waren „Spazierstöcke“ in Klasse 18 und „Möbelstoffe“ in Klasse 24, nach §§ 37 Abs. 1 und Abs. 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.

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Der angemeldete Begriff stelle ein Trendwort dar. Bei Slogans, Trendwörtern, Statement- und Fun-Sprüchen sowie Fun-Wörtern seien keine strengeren Maßstäbe bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft anzulegen als bei anderen Zeichen. Daher seien diese dann nicht unterscheidungskräftig, wenn sie (1) unmittelbare Sachaussagen betreffend die beanspruchten Waren und Dienstleistungen darstellten oder (2) dazu im engen beschreibenden Bezug stünden oder (3) nur als solche verstanden würden, weil sie aus allgemeinen werblichen Aussagen bzw. Anpreisungen der jeweiligen Branche bestünden oder vergleichbar einer einfachen Musterung oder Farbgestaltung als „Funspruch“ unmittelbar erkennbar als bloßes Mittel der Warengestaltung dienten und daher als eine Art charakteristisches Ausstattungselement integraler Bestandteil dieser Waren seien.

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Danach komme dem Anmeldezeichen „GRANTLER“ zwar kein die Waren beschreibender Aussagegehalt zu. Ihm fehle jedoch nach der dritten Fallgruppe die erforderliche Unterscheidungskraft. Bei „GRANTLER“ handle es sich um einen bayerischen bzw. österreichischen Begriff für einen Menschen mit mürrischer Grundstimmung, wobei der Begriff im täglichen Sprachgebrauch häufig auch scherzhaft verwendet werde. Das Anmeldezeichen vermittle eine unmittelbar verständliche, markante, ggf. ironische/witzige, aber griffige Aussage darüber, dass es sich bei dem Träger der hier relevanten Waren um einen Menschen mit mürrischer Grundstimmung handle. Im Zusammenhang mit der stetig zunehmenden Personalisierung in der Konsumgüterindustrie habe sich in den letzten Jahren der Trend der (personifizierten) Slogan-Mode und damit der Mode als alltäglichem Kommunikationsmittel etabliert. Da dieser Trend bereits seit den 1980er Jahren existiere und sich immer weitreichender durchsetze, handle es sich nicht um eine unbeachtliche, kurzlebige Modeerscheinung.

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Das Publikum begegne in heutiger Zeit derartigen Angaben als Ausdruck persönlicher Gefühle und Empfindungen in Politik und Gesellschaft in vielfältiger Weise, insbesondere als Schriftzug in Form eines Frontdrucks auf verschiedensten Waren, wie Bekleidungsstücken, Taschen jeglicher Art und anderen Accessoires, Schirmen, Schmuckwaren sowie Haustextilien wie Decken, Bettwäsche, Handtüchern, Kissenbezügen, Stoffen etc. So seien politische Statement-Shirts, Mode mit witzigen Sprüchen und Wörtern, mit Wortneukompositionen, aufrüttelnden oder statementartigen Aufdrucken in jedem Bekleidungsgeschäft und in zahlreichen, speziell dafür gegründeten Onlineshops omnipräsent und würden immer beliebter.

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Hierauf wiesen nicht nur die seit geraumer Zeit immer zahlreicheren verfügbaren Angebote hin, Waren nach eigenen Gestaltungsvorstellungen mit Druckmotiven versehen zu lassen, sondern auch die stetig wachsende Anzahl an Herstellern, die diese Waren mit bereits vorgefertigt designten Slogans bzw. Fun-Sprüchen anböten. Dies seien nicht nur kleine und mittelständische Jungunternehmen, sondern auch etablierte Modelabels und Bekleidungsproduzenten. Im Zuge dieses Trends würden auch sog. Dialekt-Sprüche, -Slogans und -Begriffe, insbesondere der bayerischen Mundart immer beliebter. Es existierten bereits unzählige Produkte mit derartigen bayerischen Sprüchen bzw. Wörtern und es würden sogar speziell hierauf ausgerichtete Modefirmen gegründet. Der Erwerb entsprechend gestalteter Waren beruhe dann maßgeblich auf deren Eignung als Gesinnungs- und Kommunikationsmittel, also dem jeweiligen Fun-Wort auf der Ware und seiner Eignung, die Gefühle bzw. das (ironische, witzige) Statement des Trägers zum Ausdruck zu bringen bzw. bei in bayerischer Mundart gehaltenen Begriffen auch eine gewisse Heimatverbundenheit zu zeigen, und nicht auf einer irgendwie gearteten Vorstellung über die Herkunft der so gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen. „GRANTLER“ stelle einen solchen Mundartbegriff dar, der allein darauf angelegt sei, beim Betrachter bestimmte Gefühle hervorzurufen, ein Statement des Trägers darüber abzugeben, dass der Träger überwiegend ärgerlich und übel gelaunt sei bzw. sich ständig über diverse Dinge beschwere und dieser sich seiner streitbaren Eigenschaften bewusst sei. Aufgrund des dargelegten Sinngehalts des Anmeldebegriffs sei davon auszugehen, dass die Anbringung des Zeichens als deutlich sichtbarer Schriftzug auf der Vorder- oder auch der Rückseite der zurückgewiesenen Waren und somit als Motiv die wahrscheinlichste und zugleich die praktisch bedeutsamste Verwendungsform darstelle, wie dies auch die Verwendungsnachweise belegten. Vor diesem Hintergrund sei gerade nicht auf ebenfalls denkbare – aber weniger wahrscheinliche und auch praktisch nicht so bedeutsame – anderweitige Verwendungen des angemeldeten Zeichens, beispielsweise in Einnähetiketten oder Hang-Tags, abzustellen. Diese erschienen vorliegend auch wenig naheliegend, da der Verbraucher bei Begriffen mit plausibler Themenangabe bzw. Aussage über die Träger aufgrund der oben erläuterten ständigen Konfrontation mit Statementbekleidung keinen Herkunftshinweis für gekennzeichnete Waren erwarte. Durch einen gut sichtbaren Aufdruck des angemeldeten Zeichens „GRANTLER“ auf den vorgenannten Waren in der Art eines Motivs solle lediglich die Aufmerksamkeit des Endverbrauchers geweckt und dessen Kaufanreiz gefördert werden, so dass der angesprochene Verkehr in diesem lediglich ein Gestaltungsmittel und keinen Herkunftshinweis erblicke. Dem Zeichen fehle daher die erforderliche Unterscheidungskraft.

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Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.

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Die Beschwerdeführerin meint, die Wortbedeutung von „granteln“ sei unbeachtlich. Das Anmeldezeichen wirke vielmehr als Familienname. Die Unterscheidungskraft von Familiennamen stehe aber außer Frage. Es könne zudem dahinstehen, ob die Einstufung als Slogan oder Funwort zutreffend sei. Denn die Markenstelle habe keine Umstände des konkreten Einzelfalls aufgezeigt, die es rechtfertigten, eine Benutzung, bei der das Zeichen nicht in einem deutlich sichtbaren Schriftzug als Motiv auf der Vorder- oder Rückseite der genannten Waren erscheine, als unwahrscheinlich und praktisch unbedeutend einzustufen. Die aufgeführten Einzelfälle, in denen das Wort „GRANTLER“ als Modellbezeichnung benutzt worden sei, rechtfertigten keinen generellen Ausschluss jeglicher Unterscheidungskraft. Im Bereich der Bekleidung kämen namentlich Benutzungen auf Einnähetiketten, Hang-Tags oder an einer markentypischen Stelle auf der Vorderseite des T-Shirts in Betracht, an der die Verbraucher aufgrund offenkundiger Branchenüblichkeit typischerweise Hinweise auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses erwarteten. Solche branchenüblichen Benutzungsformen sprächen aber eher für als gegen die Bedeutsamkeit und Wahrscheinlichkeit einer kennzeichenmäßigen Benutzung. Zudem lasse das DPMA völlig außer Acht, dass die Beschwerdeführerin bekundet habe, das angemeldete Zeichen auch in markenmäßiger Weise verwenden zu wollen. Würde es auf einer im Bereich der Bekleidung markentypischen Stelle verwendet, werde das Publikum es als betrieblichen Herkunftshinweis auf eine unkonventionelle Kollektion von Bekleidung verstehen, die mit Elementen bayerischer Tradition und Heimatverbundenheit spiele. Eine Zurückweisung der Beschwerde stünde zudem im Widerspruch zur bestehenden Rechtsprechung des BPatG, nämlich zu den Entscheidungen in Sachen 27 W (pat) 49/18 – LAUSDEANDL und 27 W (pat) 50/18 – GAMSIG.

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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des DPMA vom 1. Juni 2018 aufzuheben.

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Sie regt ferner hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

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Der Senat hat die Beschwerdeführerin mit gerichtlichem Schreiben vom 21. April 2021 unter Beifügung von Rechercheunterlagen darauf hingewiesen, dass für einen Teil der beschwerdegegenständlichen Waren das Anmeldezeichen als beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in Betracht komme.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache teilweise Erfolg.

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Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung
GRANTLER als Marke stehen hinsichtlich der im Tenor genannten Waren absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht entgegen, so dass der angegriffene Beschluss der Markenstelle insoweit aufzuheben war. Hinsichtlich der weiteren beschwerdegegenständlichen Waren ist die angemeldete Bezeichnung jedoch freihaltebedürftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, so dass die Markenstelle dieser insoweit im Ergebnis zu Recht die Eintragung versagt hat.

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1. Das Anmeldezeichen stellt für die beschwerdegegenständlichen Waren

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Klasse 18: Taschen und andere Tragebehältnisse, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Rucksäcke, insbesondere aus Leder und Lederimitationen;

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Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen,

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eine unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.

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a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2011, 1035 Rn. 37 – 1000; BGH GRUR 2017, 186Rn. 38 – Stadtwerke Bremen). Sonstige Merkmale der Waren und Dienstleistungen in diesem Sinne sind alle solchen, die für den Waren- und Dienstleistungsverkehr irgendwie bedeutsame, nicht völlig nebensächliche Umstände mit Bezug auf die Ware oder Dienstleistung beschreiben (EuGH GRUR 2010, 534 Rn. 28 – PRANAHAUS; BGH GRUR 2012, 272, 274, Rn. 14 – Rheinpark-Center-Neuss).

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Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [MATRATZEN]; EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 25 – Chiemsee; BGH GRUR 2017, 186 Rn. 38 – Stadtwerke Bremen; GRUR 2012, 272 Rn. 9 – Rheinpark-Center Neuss).

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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die angemeldete Bezeichnung ein im Verkehr relevantes Produktmerkmal der oben aufgeführten Waren beschreiben.

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aa) Alle beschwerdegegenständlichen Waren richten sich an den Endverbraucher.

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bb) Das Anmeldezeichen
GRANTLER ist – anders als die bayerischen Begriffe „LAUSDEANDL“ und „GAMSIG“, die den von der Beschwerdeführerin zitierten BPatG-Entscheidungen zugrunde lagen – lexikalisch im Duden als umgangssprachliche Bezeichnung für eine männliche Person, die zum Granteln neigt, erfasst und dies nicht nur im österreichischen oder bayerischen Sprachgebrauch, sondern auch in der deutschen Umgangssprache (vgl. DUDEN Online unter www.duden.de sowie die mit Hinweis des Senats vom 21. April 2021 zugesandten Nachweise: Wikipedia-Auszug zu „Grantler“, Internetseite „mia-san-bayern“). Wer kennt zudem nicht zumindest einen der berühmten Grantler „Alois Hingerl/Ein Münchner im Himmel“, Walter Sedlmayr, Thomas Bernhard, Ludwig Thoma, Karl Valentin, Hans Moser, Gerhart Polt etc., etwa durch Medien wie Presse, Fernsehen, Film oder Büchern. Selbst ein Kommissar aus Rostock aus der Fernsehserie „Polizeiruf 110“ wird als Grantler charakterisiert.

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Es ist daher davon auszugehen, dass nicht nur der Verbraucher im bayerischen bzw. süddeutschen Raum, sondern die Gesamtbevölkerung ohne weiteres die Bedeutung des Begriffs erfasst.

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Die Beschwerdeführerin meint zwar, „Grantler“ wirke wie ein Name, wie der Vergleich mit weiteren Namensbeispielen mit Stimmungslagen zeige, die dem „granteln“ nahe stünden und leicht in der Kombination mit dem Titel „Dr.“ in Telefonbuchverzeichnissen oder mittels einer Internetrecherche zu recherchieren seien, so z. B. Dr. Moser, Dr. Schimpf, Dr. Miese, Dr. Traurig, Dr. Zürner, Dr. Zweifel. Diese Auffassung teilt der Senat jedoch nicht. Anders als es mit weiteren Bestandteilen (wie z. B. Titel- oder Vornamensangaben) der Fall sein mag, deutet bei der angemeldeten Bezeichnung „GRANTLER“ in Alleinstellung nichts auf einen Namen hin; es ist daher fernliegend, dass der Verkehr an die (theoretisch mögliche) Namensbedeutung denkt.

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cc) Auf dem Bekleidungssektor ist es schon seit langem – nicht nur, aber vor allem zur Oktoberfest-Zeit – üblich, T-Shirts und Caps wie auch textile Taschen (insbesondere Stoffbeutel und -taschen, Baumwollrucksäckchen, Jutetaschen) mit bayerischen oder auch anderen Mundartbegriffen zu bedrucken, dies deutlich nach außen zu zeigen und die Motivangabe im Rahmen der Produktbeschreibung herauszustellen, da insoweit dem Motiv für die Kaufentscheidung wesentliche Bedeutung zukommt.

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Zwar sind nicht alle Wörter, die darstellbare Dekorationselemente oder Gegenstände benennen, für alle verzierbaren und bedruckbaren Waren ohne weiteres als beschreibend anzusehen. Ein Zeichen ist aber jedenfalls für solche Waren als Dekor- bzw. Motivangabe freihaltebedürftig, bei denen das konkrete Motiv ein wesentliches Kriterium der Kaufentscheidung ist und deshalb auch in der Produktbeschreibung regelmäßig benannt wird (vgl. BPatG, Beschluss vom 29. 07.2020, 29 W (pat) 533/19 – MELA; Beschluss vom 27.05.2014, 29 W (pat) 41/12 – CAMOMILLA; Beschluss vom 23.04.2013, 27 W (pat) 19/13 – Fruit; Beschluss vom 11.09.2012, 27 W (pat) 50/12 – Wildschütz Jennerwein) Es bedarf daher konkreter Feststellungen, inwieweit dies bei bestimmten Waren oder in bestimmten Branchen der Fall ist.

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Großflächig bzw. präsent aufgedruckte Dialektbegriffe und -aussagen sind auf Fun-T-Shirts und Caps sowie auf kleinen Baumwolltaschen und -rucksäcken besonders beliebt, wie die Ergebnisse der Recherche belegen. Für entsprechende Produkte mit bayerischen Aussagen hat sich hierfür sogar die Bezeichnung „Bavarian Streetwear“ etabliert und haben sich – wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat – Modefirmen auf diese Stilrichtung spezialisiert (vgl. Labels wie Sylta Clothing, Buadep, Oberlandla, Bavarian Caps, Alpenhipster). So finden und fanden sich bereits vor dem Anmeldezeitpunkt vielfach Anbieter, die ihre Waren mit der Motivangabe „Grantler“ bedrucken und neben der Größen- und Preisangabe auch so beschreiben. Entsprechendes gilt für textile Taschen, Beutel und Rucksäcke (vgl. zu Vorgenanntem die mit Senatshinweis vom 21. April 2021 zugesandten Nachweise sowie die umfangreichen Recherchebelege des DPMA).

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Im vorgenannten Umfang ist neben der Konfektionsgröße das konkrete Motiv eines der wichtigsten Auswahlkriterien. Die wörtliche Benennung der dekorativen Ausgestaltung der Ware ist deshalb als unmittelbar beschreibende Angabe zu beurteilen, weil das betreffende Ausstattungsmerkmal eine wesensbestimmende oder zumindest wichtige Eigenschaft der Waren verkörpert (vgl. BPatG, Beschluss vom 16.01.2013, 26 W (pat) 503/12 – Margerite; BPatG a.a.O. – Froschkönig; Beschluss vom 04.11.2010, 25 W (pat) 195/09 – Schwarze Eulen; Beschluss vom 03.06.2003, 24 W (pat) 130/02 – DARK BLUE).

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Unter die Oberbegriffe „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ und „Taschen und andere Tragebehältnisse, insbesondere…; Rucksäcke, insbesondere…“ fallen zwar auch zahlreiche Waren, für die das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zu bejahen wäre, so z. B. Abendkleidung, Fliegen, Boas, Hosen, Businesskleidung, Bischofsmützen, Pelzmützen, Schleier, Ledertaschen und -rucksäcke etc. Ein Zeichen ist aber bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es auch nur – wie hier – für eine spezielle unter den eingetragenen Oberbegriff fallende Ware eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist (vgl. BGH GRUR 2002, 261 – AC).

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Im Zusammenhang mit den vorgenannten Waren ist die Bezeichnung
GRANTLER daher zur Beschreibung von Eigenschaften der Waren geeignet und gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftig.

38

Für die Frage des Vorliegens eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG kommt es im Übrigen nicht darauf an, wie das Zeichen vom Anmelder verwendet wird oder verwendet werden soll (BGH MarkenR 2012, 26 Rn. 17 – Rheinpark-Center Neuss).

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c) Da hinsichtlich dieser Waren schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, kann insoweit die Frage der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG und die auch nach der Entscheidung des BGH in Sachen #darferdas? II (BGH GRUR 2020, 411) hierzu weitergeführte Diskussion zur Zeichenverwendung (vgl. BPatG, Beschluss vom 12.03.2020, 25 W (pat) 29/19 – Mädelsabend; s. zuletzt auch die Ausführungen im Rahmen der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde BGH GRUR 2021, 857 – Schalker Meile) offenbleiben.

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2. Im Zusammenhang mit den im Tenor genannten Waren kann das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dagegen nicht bejaht werden. Insoweit fehlt der angemeldeten Bezeichnung
GRANTLER auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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a) Tatsächlich finden sich vereinzelt auch auf Geldbeuteln, Hausschuhen, Badelatschen (wie das von der Beschwerdeführerin selbst eingereichte Produktbeispiel belegt), Textilwaren und selbst bei „Gepäck“, bei dem es sich um die „Gesamtheit der für eine Reise, Wanderung o. Ä. in verschiedenen Behältnissen (Koffer, Reisetasche o. Ä.) zusammengepackten [Ausrüstungs]gegenstände“ (vgl. DUDEN Online) aus regelmäßig strapazierfähigem Material handelt, aufgedruckte Dialektbegriffe und –aussagen. Dies zum einen allerdings in einem weit geringeren Umfang als bei den unter Ziffer 1. genannten Produktgruppen. Zum anderen dienen die Waren „Gepäck, Brieftaschen, insbesondere aus Leder und Lederimitationen; Regen- und Sonnenschirme; Stoffe; Textilwaren und Textilersatzstoffe; Haushaltswäsche; Bettwäsche und Decken; Bettdecken; Tischdecken; Reisedecken; Badetücher; Handtücher; Taschentücher [Textil]; Tischwäsche [nicht aus Papier]; Kissenbezüge; Vorhänge und Stores aus Textilien oder aus Kunststoff; Wandbekleidungen [Textil]; Gürtel; Schuhwaren“ üblicherweise nicht als Plattform für Meinungsäußerungen/Statements/Stimmungsangaben des Trägers nach außen.

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Aus diesen Gründen erscheint der Schluss darauf, dass das betreffende Ausstattungsmerkmal eine wesensbestimmende Eigenschaft der Waren verkörpert, nicht gerechtfertigt. Für die weiteren beschwerdegegenständlichen Waren kann daher zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt nicht von einer beschreibenden Merkmalsangabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgegangen werden.

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b) Im Umfang der übrigen Waren, für die keine unmittelbar beschreibende Angabe bejaht werden kann, fehlt auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Insoweit weist die Bezeichnung
GRANTLER weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den fraglichen Waren hergestellt werden kann. Auch aus sonstigen Gründen kann ihr die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden. Denn für diese Waren lässt sich schon nicht feststellen, dass Dialektbegriffe in Alleinstellung – wie der hier zu beurteilende – ausschließlich als Statement an die Umwelt, mithin nur großflächig nach außen, verwendet werden, so dass andere Verwendungsformen (z. B. im Etikett oder auf einem Hang-Tag) nicht als unüblich und praktisch nicht bedeutsam angesehen werden können.

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Die Beschwerde hat insoweit Erfolg.

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3. Soweit die Beschwerdeführerin auf die BPatG-Beschlüsse 27 W (pat) 49/18 – LAUSDEANDL und 27 W (pat) 50/18 – GAMSIG hinweist, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die genannten Entscheidungen befassen sich nur mit dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, nicht aber mit dem hier teilweise bejahten Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

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4. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 MarkenG besteht keine Veranlassung. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Beurteilungsmaßstäbe entsprechen der im Eingang zitierten Rechtsprechung des BGH und EuGH. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf obige Ausführungen verwiesen.