BVerwG 6. Senat, Urteil vom 22.01.2021, AZ 6 C 26/19, ECLI:DE:BVerwG:2021:220121U6C26.19.0
Leitsatz
1. Eine personenbezogene Allgemeinverfügung im Sinne von § 35 Satz 2 VwVfG liegt vor, wenn entweder die betroffenen Personen nicht abschließend festgestellt werden können oder ihre Feststellung voraussichtlich den Regelungszweck des Verwaltungsakts vereiteln oder gefährden würde.
2. Unter diesen Voraussetzungen sind individuelle Bekanntgaben der Allgemeinverfügung untunlich; sie können durch eine öffentliche Bekanntgabe ersetzt werden.
3. Wird eine Allgemeinverfügung mit verfügendem Teil, Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung öffentlich bekanntgegeben, bedarf es keines Hinweises, wo sie eingesehen werden kann.
4. Der wirksamen Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Betroffenen steht gleich, dass dieser Kenntnis von dem vollständigen Inhalt des Verwaltungsakts erlangt, nachdem die Behörde ihren Regelungswillen durch eine fehlgeschlagene Bekanntgabe dokumentiert hat.
5. Ein Verwaltungsakt ist nichtig, wenn Adressaten aufgrund von Widersprüchen, gedanklichen Brüchen oder anderen Ungereimtheiten nach keiner denkbaren Betrachtungsweise erkennen können, was von ihnen verlangt wird.
Verfahrensgang
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 22. Oktober 2019, Az: 1 S 450/17, Urteil
vorgehend VG Sigmaringen, 12. Dezember 2014, Az: 4 K 2213/13
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Oktober 2019 wird zurückgewiesen, soweit dieses Urteil die Anträge der Klägerin auf Feststellung der Unwirksamkeit und der Nichtigkeit der Verfügung der Beklagten vom 25. November 1999 betrifft.
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Oktober 2019 wird aufgehoben, soweit dieses Urteil den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Verfügung der Beklagten vom 25. November 1999 betrifft. Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung, die Versorgung ihrer Grundstücke mit Löschwasser im Falle eines Brandes sicherzustellen und die Sicherstellung nachzuweisen.
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Die Klägerin erwarb im Jahr 2005 durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung zwei aneinander grenzende Grundstücke außerhalb des Bebauungszusammenhangs der beklagten Gemeinde. Ein Grundstück ist mit landwirtschaftlichen Gebäuden sowie mit einem Wohnhaus bebaut, das die Klägerin mit ihrem Ehemann bewohnt (Postanschrift J. 1). Dort befindet sich ein Löschwasserteich, den der Voreigentümer im Jahr 1998 aufgrund einer Baugenehmigung angelegt hatte. In diesen Teich wird das Dach- und Oberflächenabflusswasser der Gebäude eingeleitet. Im Jahr 1993 bestimmte die Beklagte nach Abstimmung mit den Fachbehörden und ihrer Feuerwehr Wohnplätze im Gemeindegebiet, für die im Falle eines Brandes die Versorgung der Feuerwehr mit Löschwasser nicht gesichert sei. Hierzu gehörten die Grundstücke der Klägerin (Wohnplatz J.).
3
Durch Verfügung vom 25. November 1999 verpflichtete der Bürgermeister der Beklagten die Eigentümer und Besitzer eines Gebäudes in diesen insgesamt 72 Wohnplätzen, darunter J., ständig Löschwasservorräte bereitzuhalten. Für alle abgelegenen Gebäude oder Gebäudegruppen seien Löschwasseranlagen zu errichten und zu unterhalten. Die Versorgung könne durch Hydranten sichergestellt werden, sofern die Leitungen des Versorgungsnetzes eine Lieferleistung von mindestens 800 Liter pro Minute gewährleisteten und der Fließdruck am Eingang einer Feuerlöschpumpe den Wert von 1,5 bar nicht unterschreite. Das Löschwasser könne Oberflächengewässern entnommen werden, wenn ganzjährig eine Entnahme von mindestens 800 Litern pro Minute gewährleistet sei. Die Löschwasserversorgung könne durch einen Behälter oder Teich gesichert werden. Für einzelne Gehöfte oder Gebäudegruppen müsse ein Wasservorrat von mindestens 96 cbm, für Kleinsiedlungen und Wochenendhausgebiete von 50 cbm vorhanden sein. Alle netzunabhängigen Wasserentnahmestellen müssten für Fahrzeuge der Feuerwehr über eine befestigte Zufahrt erreichbar sein. Sie dürften grundsätzlich nicht mehr als 200 Meter entfernt liegen. Der Nachweis der ausreichenden Löschwasserversorgung sei bis spätestens 29. September 2000 zu erbringen. Der Verfügung waren eine Begründung sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung über die Möglichkeit beigefügt, innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe bei der Beklagten Widerspruch einzulegen. Sie schloss mit dem Namen des Bürgermeisters ab.
4
Der vollständige Inhalt der Verfügung vom 25. November 1999 wurde in der Ausgabe des „Kißlegger Amtsblatts“ vom 9. Dezember 1999 in der Rubrik „Amtliche Bekanntmachungen“ unter der Überschrift „Löschwasserversorgung im ländlichen Raum – Verpflichtung zur Bereitstellung von Löschwasser“ veröffentlicht. Die Bekanntmachung enthielt keinen Hinweis, wo die Verfügung eingesehen werden konnte. Die Beklagte hatte das Amtsblatt durch ihr Satzungsrecht zum Organ für ortsübliche Bekanntmachungen bestimmt.
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Die Klägerin gibt an, erstmals am 31. Mai 2012 durch Einsicht in die Akten eines von ihr geführten Rechtsstreits wegen der Unterhaltung des Löschteichs Kenntnis von der Verfügung vom 25. November 1999 erlangt zu haben. Mit Schreiben vom gleichen Tag legte sie bei der Beklagten Widerspruch gegen die Verfügung ein, über den in der Folgezeit nicht entschieden wurde. Am 6. August 2013 hat sie Klage erhoben. Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass die Verfügung vom 25. November 1999 unwirksam oder nichtig ist, hilfsweise diese aufzuheben, soweit sie das Anwesen J. betrifft. Es stellte sich heraus, dass eine Urschrift der Verfügung vom 25. November 1999 mit der eigenhändigen Unterschrift des Bürgermeisters bei der Beklagten nicht auffindbar ist. Die Beklagte hat lediglich eine Zweitschrift mit der Paraphe des Bürgermeisters vorlegen können.
6
Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. In dem Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfügung habe gegenüber der Klägerin Wirksamkeit erlangt. Es stehe zur gerichtlichen Überzeugung fest, dass der Bürgermeister eine Urschrift mit vollem Namen unterschrieben habe. Dies ergebe sich aus den Aussagen der als Zeugen vernommenen damaligen Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und des damaligen Bürgermeisters. Danach seien dem Bürgermeister stets die Urschrift eines Schriftstücks und dessen Zweitschrift zusammen vorgelegt worden. Der Bürgermeister habe stets die Urschrift namentlich unterschrieben und die Zweitschrift paraphiert. Dass dies auch in Bezug auf die Verfügung vom 25. November 1999 geschehen sei, werde durch die vorgelegte Zweitschrift und die nachfolgende Bekanntmachung der Verfügung im Amtsblatt belegt.
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Durch diese Bekanntmachung sei die Verfügung gegenüber allen Eigentümern und Besitzern der Grundstücke der darin aufgeführten Wohnplätze wirksam geworden. Die öffentliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung sei möglich gewesen, weil individuelle Bekanntgaben an die betroffenen Eigentümer und Besitzer untunlich gewesen seien. Dies sei indiziert, wenn mehr als 50 Bekanntgaben vorgenommen werden müssten. Die Bekanntmachung habe keinen Hinweis enthalten müssen, wo die Verfügung und ihre Begründung eingesehen werden konnten. Die gesetzliche Hinweispflicht gelte nicht, wenn wie im vorliegenden Fall nicht nur der verfügende Teil, sondern auch die vollständige Begründung und die Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gemacht worden seien. Dies ergebe sich aus Systematik und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen sowie aus den Gesetzgebungsmaterialien.
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Die Verfügung vom 25. November 1999 sei nicht nichtig, weil ihr kein besonders schwerwiegender und offensichtlicher inhaltlicher Mangel anhafte. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend angenommen, dass die Löschwasserversorgung des Wohnplatzes J. sichergestellt werden müsse, weil die Gebäude abgelegen seien. Der Bürgermeister habe die Voraussetzungen für die Entnahme von Löschwasser aus einem Gewässer, insbesondere die Entfernung der Entnahmestelle von nicht mehr als 200 Metern, sachgerecht festgelegt; von Willkür könne keine Rede sein. Gleiches gelte für die Festlegungen des Fassungsvermögens von Löschwasserbehältern und -teichen. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich nicht, dass Löschwasser für ihren Wohnplatz in ausreichender Menge aus den von ihr genannten Bächen herangeführt werden könne. Die Verfügung sei auch nicht inhaltlich unbestimmt. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut verpflichte sie sowohl Eigentümer als auch Besitzer von Wohnplatzgrundstücken, die Löschwasserversorgung zu gewährleisten. Die Auswahl könne nach den für die Gefahrenabwehr geltenden Grundsätzen getroffen werden, falls sich dies als notwendig erweise.
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Die hilfsweise beantragte Aufhebung der Verfügung vom 25. November 1999 komme nicht in Betracht, weil die Verfügung bereits unanfechtbar gewesen sei, als die Klägerin im Jahr 2005 das Grundstückseigentum an dem Wohnplatz J. erworben habe. Der Geltungsanspruch und die Bestandskraft von Verwaltungsakten, die wie die Verfügung vom 25. November 1999 Regelungen für die Nutzung eines Grundstücks träfen, würden durch den Wechsel des Eigentümers nicht berührt. Dies gelte unabhängig davon, ob der neue Eigentümer den Verwaltungsakt zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits gekannt habe. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass das Verfahren mit dem Ziel der Aufhebung der Verfügung wiederaufgegriffen werde.
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Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision unter anderem vor: Die Verfügung vom 25. November 1999 sei nicht existent, weil keine vom Bürgermeister unterschriebene Urschrift vorhanden sei. Dies werde dadurch belegt, dass die Beklagte ihre vor dem Erwerb der Grundstücke gestellte Anfrage, ob grundstücksbezogene Beschränkungen oder Auflagen bekannt seien, verneint habe. Auch hätten die Mitarbeiter der Beklagten die Verfügung gegenüber der Klägerin bis zum Mai 2012 trotz vieler Gelegenheiten nicht erwähnt. Die Zeugen, insbesondere der damalige Bürgermeister, hätten bei ihren Vernehmungen nur vage Erinnerungen an die damaligen Vorgänge bekundet. Keiner habe sich daran erinnert, dass dem Bürgermeister die Urschrift zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, bei der Bekanntmachung der Verfügung im Amtsblatt habe nicht auf die Möglichkeit der Einsichtnahme hingewiesen werden müssen, stehe in Widerspruch zu dem eindeutigen Gesetzeswortlaut.
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Dessen ungeachtet weise die Verfügung vom 25. November 1999 erhebliche Rechtsfehler auf. Die Gebäude des Wohnplatzes J. seien keinesfalls abgelegen. Auch könne das Löschwasser für J. aus nahe gelegenen Bächen herangeführt werden. Es könne nicht nachvollzogen werden, welche Erwägungen der Festlegung einer Entfernung von 200 Metern zwischen Wasserentnahmestelle und Gebäuden zugrunde lägen. Entsprechendes gelte für die Festlegung der für notwendig erachteten Vorratsmengen.
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Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
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Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Revision der Klägerin ist nur in Bezug auf den Hilfsantrag, nicht aber in Bezug auf die beiden Hauptanträge begründet. Soweit der Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Klägerin in Bezug auf den Antrag, die Unwirksamkeit der Verfügung vom 25. November 1999 festzustellen, zurückgewiesen hat, beruht das Berufungsurteil zwar auf der Verletzung revisiblen Rechts. Es stellt sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Soweit die Berufung der Klägerin in Bezug auf den Antrag, die Nichtigkeit der Verfügung vom 25. November 1999 festzustellen, zurückgewiesen worden ist, steht das Berufungsurteil mit revisiblem Recht in Einklang (§ 144 Abs. 2 VwGO). Soweit die Berufung in Bezug auf den hilfsweise gestellten Antrag, die Verfügung vom 25. November 1999 aufzuheben, erfolglos geblieben ist, ist das Berufungsurteil wegen der Verletzung revisiblen Rechts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Die Revision ist unbegründet, soweit die Klägerin festgestellt wissen will, dass die Verfügung vom 25. November 1999 ihr gegenüber unwirksam ist.
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a) In Bezug auf diesen Feststellungsantrag ist die Klage zulässig. Die Klägerin macht geltend, die Verfügung könne ihr gegenüber keine Geltung beanspruchen, weil sie nicht wirksam geworden sei. Dieses Rechtsschutzziel kann im Wege der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO verfolgt werden. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung, weil die Verfügung nach ihrem Regelungsinhalt im Falle ihrer Wirksamkeit die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsstellung der Klägerin als Eigentümerin der Grundstücke des Wohnplatzes J. beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1986 – 8 C 127.84 – Buchholz 401.4 § 27 GrStG Nr. 1 S. 2 f.). Die Verfügung gibt der Klägerin aufgrund ihrer Eigentümerstellung auf, den Nachweis zu erbringen, dass sie die ausreichende Löschwasserversorgung für den Fall eines Brandes der Gebäude dieses Wohnplatzes sichergestellt hat (vgl. Rn. 53 ff).
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b) Der Feststellungsantrag hat keinen Erfolg, weil die Verfügung vom 25. November 1999 gegenüber der Klägerin wirksam geworden ist. Zwar verletzt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die Beklagte habe die Wirksamkeit der Verfügung durch deren Bekanntmachung in der Ausgabe ihres Amtsblatts vom 9. Dezember 1999 herbeigeführt, die nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen Vorschriften der § 41 Abs. 3 Satz 2, § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg (LVwVfG). Die öffentliche Bekanntgabe war unwirksam, weil sie nicht gesetzlich zugelassen war. Die Verfügung ist aber gegenüber der Klägerin wirksam geworden, weil diese am 31. Mai 2012 Kenntnis von dem vollständigen Inhalt der Verfügung erlangt hat. Dies steht einer Bekanntgabe gleich.
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aa) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird (§ 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1 LVwVfG). Die Bekanntgabe und damit der Geltungsanspruch eines Verwaltungsakts sind an zwei Voraussetzungen geknüpft: Zum einen muss die erlassende Behörde den Verwaltungsakt in dem Bewusstsein aus ihrem internen Bereich herausgegeben haben, den Geltungsanspruch des Verwaltungsakts gegenüber dem Empfänger (Adressaten) zu begründen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 1965 – 7 C 175.64 – BVerwGE 22, 14 <15>). Maßgebend für das erforderliche „Wissen und Wollen“ ist der für die Behörde zeichnungsbefugte Amtswalter (Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 41 Rn. 7b m.w.N.).
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Zum anderen muss der Verwaltungsakt dem Adressaten zugegangen sein. Hierfür muss er in dessen Machtbereich gelangt sein, sodass zu erwarten ist, dass der Adressat den Verwaltungsakt zur Kenntnis nimmt. Dieser individuelle Zugang ist nicht erforderlich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen einer öffentlichen Bekanntgabe vorliegen und die Behörde diese Form der Bekanntgabe gewählt hat. Im Falle einer zulässigen und vorschriftsgemäß bewirkten öffentlichen Bekanntgabe gilt der Verwaltungsakt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG). Dementsprechend wird er zu diesem Zeitpunkt gegenüber allen Betroffenen wirksam. Eine unzulässige oder nicht vorschriftsgemäß bewirkte öffentliche Bekanntgabe kann diese Rechtsfolge nicht herbeiführen. Ist die öffentliche Bekanntgabe nicht zulässig, wird der Verwaltungsakt gegenüber einem Betroffenen erst dann wirksam, wenn er ihm individuell bekannt gegeben wird oder aufgrund vollständiger Kenntnisnahme als bekannt gegeben gilt.
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bb) Für die Entscheidung über die Revision ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Verfügung vom 25. November 1999 mit Wissen und Wollen ihres damaligen Bürgermeisters als dem zuständigen Amtswalter erlassen hat, um ihr Geltung gegenüber den Eigentümern und Besitzern der betroffenen Wohnplätze zu verschaffen. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs hat sich die Zuständigkeit des Bürgermeisters aus § 3 Abs. 3 Satz 2 des Feuerwehrgesetzes Baden-Württemberg i.d.F. vom 10. Februar 1987 (GBl. 1987, 105) ergeben; an diese Auslegung des irrevisiblen Landesrechts ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 1; § 173 Satz 1 VwGO, § 560 ZPO).
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Der der erlassenden Behörde zuzurechnende Regelungswille des zuständigen Amtswalters kommt dadurch zum Ausdruck, dass dieser die Urschrift des Verwaltungsakts namentlich unterschreibt. Dies hat der damalige Bürgermeister der Beklagten nach der Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs getan. Das Berufungsgericht ist zu dieser Überzeugung aufgrund einer Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände, insbesondere der Angaben der als Zeugen vernommenen damaligen Mitarbeiter der Beklagten und ihres damaligen Bürgermeisters, der Vorlage der Zweitschrift der Verfügung mit der Paraphe des Bürgermeisters und deren Bekanntmachung im Amtsblatt der Beklagten gelangt. Aufgrund der Zeugenaussagen hat der Verwaltungsgerichtshof eine ständige Praxis für erwiesen gehalten, nach der dem Bürgermeister stets die Urschrift eines Schriftstücks zusammen mit einer von den zuständigen Mitarbeitern abgezeichneten Zweitschrift vorgelegt wurde, er die Urschrift namentlich unterzeichnete, die Zweitschrift dagegen paraphierte. Nach der Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs wurde diese Praxis auch in Bezug auf die Verfügung vom 25. November 1999 eingehalten, zumal die Beklagte die paraphierte Zweitschrift vorgelegt hat. Davon ausgehend hat das Gericht dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, dass die Urschrift nicht mehr auffindbar ist.
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Diese Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs bindet den Senat als Revisionsgericht, weil sie nicht gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstößt. Dieser Grundsatz enthält keine generellen Maßstäbe für den Aussage- und Beweiswert einzelner Beweismittel, Erklärungen und Indizien. Die Tatsachengerichte müssen diesen Wert nach der inneren Überzeugungskraft der Gesamtheit der für die Würdigung bedeutsamen Erwägungen bestimmen. Dabei müssen sie alle festgestellten Tatsachen in den Blick nehmen, soweit diese nach ihrem materiell-rechtlichen Standpunkt entscheidungserheblich sind. Sie sind an Logik (Denkgesetze), allgemeine Erfahrungssätze und Naturgesetze gebunden. Die Würdigung der Tatsachen darf keine gedanklichen Brüche und Widersprüche aufweisen; sie muss rational nachvollziehbar sein. Das Revisionsgericht ist darauf beschränkt zu prüfen, ob das Tatsachengericht diese Grenzen der Sachverhalts- und Beweiswürdigung eingehalten hat (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 – 2 C 30.05 – NVwZ 2007, 1196 Rn. 16; Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 6 B 30.19 [ECLI:DE:BVerwG:2019:131219B6B30.19.0] – NVwZ 2020, 382 Rn. 18).
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Weder ergibt sich aus dem Revisionsvorbringen der Klägerin noch ist sonst ersichtlich, dass der Verwaltungsgerichtshof die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten hat. Mit ihren Einwendungen setzt die Klägerin der tatsachengerichtlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung lediglich ihre eigene abweichende Würdigung der Zeugenaussagen und der weiteren Umstände entgegen, die der Verwaltungsgerichtshof festgestellt und als beweiserheblich angesehen hat.
24
Auch die darauf bezogenen Verfahrensrügen der Klägerin, mit denen sie Verstöße gegen die Gebote, rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und den Sachverhalt erschöpfend aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO), geltend macht, können keinen Erfolg haben. Dies folgt für die Aufklärungsrügen bereits daraus, dass die Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht darauf hingewirkt hat, dass der Verwaltungsgerichtshof weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreift; insbesondere hat sie keine Beweisanträge gestellt. Hierzu hätte Anlass bestanden, weil aufgrund der Beweisaufnahme erkennbar gewesen ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den Sachverhalt für erschöpfend aufgeklärt gehalten hat. Dieses Versäumnis kann die Klägerin nicht durch Verfahrensrügen in der Revisionsinstanz wettmachen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Juli 2013 – 6 C 9.12 – Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 43 und vom 31. Mai 2017 – 6 C 42.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:310517U6C42.16.0] – BVerwGE 159, 64 Rn. 31; Beschluss vom 6. August 2020 – 6 B 11.20 [ECLI:DE:BVerwG:2020:060820B6B11.20.0] – juris Rn. 23). Darüber hinaus genügen die Gehörs- und Aufklärungsrügen nicht den sich aus § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO ergebenden Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels. Die Klägerin hat bei keiner Rüge angegeben, welche Bedeutung die aus ihrer Sicht zu berücksichtigenden oder aufzuklärenden Tatsachen für das Ergebnis der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs hätten haben können. Dies hätte eine Auseinandersetzung mit dieser Würdigung auf der Grundlage der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs erforderlich gemacht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2017 – 6 C 42.16 – BVerwGE 159, 64 Rn. 31; Beschluss vom 15. Oktober 2020 – 6 B 22.20 [ECLI:DE:BVerwG:2020:151020B6B22.20] – juris Rn. 11). Stattdessen hat die Klägerin lediglich verschiedene tatsächliche Umstände vorgetragen, die der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Würdigung nicht erwähnt hat.
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cc) Die öffentliche Bekanntgabe der Verfügung vom 25. November 1999 durch deren Bekanntmachung in der Ausgabe des Amtsblatts der Beklagten vom 9. Dezember 1999 war nicht geeignet, die Wirksamkeit der Verfügung herbeizuführen. Sie war ihrerseits unwirksam, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntgabe nicht vorgelegen haben. Die öffentliche Bekanntgabe war nicht durch Rechtsvorschrift zugelassen (§ 41 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG). Zwar darf eine Allgemeinverfügung auch ohne derartige Zulassung öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist (§ 41 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG). Im vorliegenden Fall fehlt es aber an beiden Voraussetzungen: Weder handelt es sich bei der Verfügung vom 25. November 1999 um eine personenbezogene Allgemeinverfügung im Sinne der ersten Variante oder um eine sachbezogene Allgemeinverfügung im Sinne der zweiten bzw. dritten Variante des § 35 Satz 2 LVwVfG noch war ihre Bekanntgabe an die Beteiligten, nämlich an die Eigentümer und Besitzer der erfassten Wohnplatzgrundstücke, untunlich.
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(1) Nach der ersten Variante des § 35 Satz 2 LVwVfG ist eine Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet. Solche personenbezogenen Allgemeinverfügungen weisen in Bezug auf den Regelungsgegenstand einen konkreten, in Bezug auf die betroffenen Personen einen generellen Charakter auf. Wie jeder Verwaltungsakt regeln sie einen Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (§ 35 Satz 1 LVwVfG). Sie müssen Geltung für einen konkreten Lebenssachverhalt beanspruchen, den sie durch eine Gestaltung, die Festlegung einer Handlungs- oder Unterlassungspflicht oder durch eine Feststellung rechtsverbindlich ordnen. Der Regelungsbedarf muss durch einen zeitlich oder örtlich begrenzten Anlass, beispielsweise durch eine örtlich oder zeitlich begrenzte Gefahrenlage, ausgelöst werden. Die Regelung mehrerer oder einer unbestimmten Zahl gleichartiger Sachverhalte ist Rechtsnormen vorbehalten.
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Nach § 35 Satz 2 LVwVfG wird der Adressatenkreis des Verwaltungsakts durch ein allgemeines Merkmal abgegrenzt. Dieses Merkmal ergibt sich aus dem Regelungsgegenstand: Der Verwaltungsakt beansprucht Geltung für alle Personen, die in ihrer Rechtsstellung betroffen werden, weil sie in eine Beziehung zu dem Sachverhalt treten, den die Allgemeinverfügung regelt. Solche Beziehungen können entstehen, solange der Sachverhalt andauert (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 35 Rn. 162 ff. m.w.N.). Dementsprechend sind personenbezogene Allgemeinverfügungen in Abgrenzung zur konkret-individuellen Regelung durch Verwaltungsakt dadurch gekennzeichnet, dass bei ihrem Erlass nicht festgestellt werden kann, welche Personen von ihrem Geltungsanspruch erfasst werden.
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Zum einen ist dies der Fall, wenn es objektiv unmöglich ist, die betroffenen Personen individuell zu bestimmen. So lässt sich bei dem Verbot einer Versammlung vor deren Beginn vorab nicht abschließend feststellen, welche Personen teilnehmen wollen (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Juli 2017 – 4 Bs 142/17 – juris). Zum anderen kann die Feststellung der betroffenen Personen vor Erlass des Verwaltungsakts daran scheitern, dass die Behörde hierfür einen Ermittlungsaufwand betreiben müsste, der den Regelungszweck der Maßnahme vereiteln oder gefährden würde. Bestimmte Sachverhalte machen ein behördliches Handeln notwendig, bevor die Behörde die Betroffenen feststellen und individuell benachrichtigen kann. Dies kommt vor allem bei konkreten Gefahrenlagen in Betracht, die rasches Handeln erfordern. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung ist der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1961 – 1 C 54.57 – BVerwGE 12, 87 <89>).
29
Somit stellt ein Verwaltungsakt, der eine an das Eigentum oder den Besitz einer Sache anknüpfende Regelung für die Benutzung eines Grundstücks trifft, nicht deshalb eine personenbezogene Allgemeinverfügung dar, weil er auch gegenüber künftigen Eigentümern oder Besitzern Wirksamkeit entfaltet. Der Geltungsanspruch eines solchen Verwaltungsakts richtet sich an die gegenwärtigen Eigentümer oder Besitzer der Sache. Die Bindung nachfolgender Eigentümer und Besitzer ergibt sich aus den Grundsätzen der Rechtsnachfolge (stRspr, BVerwG, Urteile vom 22. Januar 1971 – 4 C 62.66 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 114 S. 139 f.; vom 18. September 1981 – 8 C 72.80 – BVerwGE 64, 105 <110> und vom 16. März 2006 – 7 C 3.05 – BVerwGE 125, 325 Rn. 20).
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Davon ausgehend ist die Verfügung vom 25. November 1999 keine personenbezogene Allgemeinverfügung, weil sie sich nicht an einen nach einem allgemeinen Merkmal bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis gerichtet hat. Die betroffenen Personen waren individuell bestimmt, weil sie abschließend festgestanden haben und von der Beklagten ohne erheblichen Aufwand vor Erlass der Verfügung hätten ermittelt werden können, soweit sie ihr nicht bereits bekannt waren. Es hat sich um die damaligen Eigentümer und Besitzer der Grundstücke der erfassten 72 Wohnplätze gehandelt. Die Verfügung hat diese Personen verpflichtet nachzuweisen, dass für ihren Wohnplatz im Falle eines Brandes ausreichend Löschwasser bereitgestellt werden kann. Die Beklagte hätte mit dem Erlass der Verfügung bis zur Feststellung der ihr damals noch nicht bekannten Eigentümer und Besitzer und deren Benachrichtigung zuwarten können, ohne den Regelungszweck zu gefährden. Dieser hat nicht darin bestanden, eine konkret drohende Gefahr abzuwenden. Dass die Beklagte den Nachweis der Löschwasserversorgung nicht als eilbedürftig angesehen hat, wird dadurch belegt, dass sie für die Erfüllung der Nachweispflicht eine Frist bis zum 29. September 2000, d.h. von mehr als neun Monaten, gesetzt hat. Auch standen ihr für die Ermittlungen mehrere Jahre zur Verfügung. So hatte sie die in Betracht kommenden Wohnplätze bereits im Jahr 1993 nach längeren Untersuchungen bestimmt. Schließlich waren die Ermittlungen nicht besonders schwierig oder aufwändig. Die Beklagte hätte in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit vor dem Erlass der Verfügung das örtliche Grundbuch und das Melderegister einsehen sowie Erkundigungen vor Ort anstellen können.
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Im Übrigen hat die Verfügung vom 25. November 1999 keinen Einzelfall geregelt. Die angeordnete Nachweispflicht für die Löschwasserversorgung hat sich nicht auf einen einheitlichen konkreten Lebenssachverhalt bezogen. Dies folgt daraus, dass die Beklagte für die Erfüllung der Nachweispflicht der unterschiedlichen Versorgungssituation der Wohnplätze Rechnung getragen hat. Sie hat den Eigentümern und Besitzern der jeweiligen Wohnplätze im Sinne von 72 Einzelfallregelungen drei unterschiedliche Möglichkeiten der Löschwasserversorgung aufgezeigt und hierfür Anforderungen festgelegt. Deren Nachweisbarkeit war von den örtlichen Verhältnissen des einzelnen Wohnplatzes abhängig.
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(2) Nach der zweiten Variante des § 35 Satz 2 LVwVfG ist eine Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt, der die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache betrifft. Die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung muss darin bestehen, die Sache in den Dienst eines öffentlich-rechtlichen Zwecks zu stellen (Widmung). Die aus dem Eigentum folgenden Befugnisse müssen zugunsten des öffentlich-rechtlichen Zwecks verdrängt werden, sodass das öffentlich-rechtliche Regime das Privateigentum überlagert. Dies ist hier nicht der Fall. Die von der Verfügung der Beklagten betroffenen 72 Wohnplätze werden weder zu öffentlichen Sachen gewidmet noch auf sonstige Weise dem Benutzungsregime des öffentlichen Sachenrechts unterworfen (BVerwG, Urteil vom 7. September 1984 – 4 C 16.81 – BVerwGE 70, 77 <81>).
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(3) Schließlich zählt nach der dritten Variante des § 35 Satz 2 LVwVfG zur Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt, der die Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit betrifft. Zwar können davon auch mehrere, nach der Verkehrsanschauung eine Einheit bildende Grundstücke erfasst werden, unabhängig davon, ob sie zu öffentlichen Zwecken gewidmet sind oder nicht dem öffentlichen Sachenrecht unterfallen (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2018 – 7 C 22.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018:251018U7C22.16.0] – BVerwGE 163, 308 Rn. 18). Die Verfügung der Beklagten betrifft jedoch nicht die Nutzung der erfassten Grundstücke durch die Allgemeinheit, sondern ordnet gegenüber den Eigentümern bzw. Besitzern an, die Löschwasserversorgung sicherzustellen. Im Übrigen hat sie die privatrechtlichen Nutzungsmöglichkeiten nicht eingeschränkt.
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(4) Die öffentliche Bekanntgabe der Verfügung vom 25. November 1999 war auch deshalb unzulässig und demnach unwirksam, weil ihre individuelle Bekanntgabe an die betroffenen Eigentümer und Besitzer nicht untunlich im Sinne von § 41 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG war. Dem Verwaltungsgerichtshof kann nicht darin gefolgt werden, dass Untunlichkeit anzunehmen ist, wenn mindestens 50 individuelle Bekanntgaben erforderlich wären. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Überschreitung dieses Grenzwerts zwar als Indiz für die Untunlichkeit bezeichnet, sie hierfür aber ohne weitere Erwägungen ausreichen lassen. Die Gesetzgeber haben diese Grenze, bei deren Überschreiten Entscheidungen in förmlichen Verwaltungsverfahren sowie Planfeststellungsbeschlüsse öffentlich bekannt gemacht werden dürfen (§ 69 Abs. 2 Satz 3, § 74 Abs. 5 Satz 1 LVwVfG), gerade nicht für die Zulässigkeit der öffentlichen Bekanntgabe von Allgemeinverfügungen übernommen. Stattdessen haben sie sich für den unbestimmten Begriff der Untunlichkeit entschieden. Dies lässt den Schluss zu, dass den Umständen des jeweiligen Einzelfalles maßgebende Bedeutung zukommen soll.
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Bei der Auslegung des unbestimmten gesetzlichen Begriffs der Untunlichkeit ist zu berücksichtigen, dass der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an jeden in seiner Rechtsstellung Betroffenen aus Gründen des rechtlichen Gehörs und des wirkungsvollen Rechtsschutzes Vorrang zukommt. Nur eine individuelle Bekanntgabe bietet die Gewähr, dass ein Betroffener die gesicherte Möglichkeit erhält, den Verwaltungsakt zur Kenntnis zu nehmen und sich darüber klar zu werden, ob er Rechtsschutz in Anspruch nimmt. Dagegen nimmt die öffentliche Bekanntgabe in Kauf, dass Betroffene den Verwaltungsakt gegen sich gelten lassen müssen und die Rechtsschutzmöglichkeit genommen wird. Denn der Verwaltungsakt gilt im Falle einer wirksamen, d.h. zulässigen und vorschriftsmäßig bewirkten öffentlichen Bekanntgabe nach zwei Wochen als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG). Dementsprechend wird er nach einem Monat unanfechtbar, wenn ihm eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung beigefügt ist (§§ 70, 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Diese Rechtsfolgen treten gegenüber allen Betroffenen unabhängig davon ein, ob sie erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von der Existenz des Verwaltungsakts und dessen öffentlicher Bekanntgabe erfahren haben.
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Aufgrund dessen muss der Begriff der Untunlichkeit im Sinne von § 41 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG restriktiv ausgelegt werden. Untunlichkeit liegt vor, wenn bei Erlass des Verwaltungsakts aufgrund seines Regelungsinhalts objektiv nicht feststeht, für welche Personen er Geltung beanspruchen wird. Hier kommen individuelle Bekanntgaben nicht in Betracht. Darüber hinaus sind individuelle Bekanntgaben an alle Betroffenen untunlich, wenn dieser Personenkreis zwar festgestellt werden könnte, die notwendigen Ermittlungen aber derart schwierig oder aufwändig wären, dass sie den Regelungserfolg vereiteln oder gefährden würden (vgl. auch BT-Drs. 7/910 S. 62; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 152 ff. m.w.N.). Dies bedeutet, dass der Begriff der Untunlichkeit inhaltlich auf den Begriff der personenbezogenen Allgemeinverfügung bezogen ist. Eine personenbezogene Allgemeinverfügung wird regelmäßig nach § 41 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG öffentlich bekannt gegeben werden können.
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Davon ausgehend war es nicht untunlich, die Verfügung vom 25. November 1999 den damaligen Eigentümern und Besitzern der erfassten Wohnplatzgrundstücke individuell bekanntzugeben, d.h. an ihren Wohnsitz zu übersenden. Insoweit kann auf die Erwägungen verwiesen werden, die der Einordnung der Verfügung als personenbezogene Allgemeinverfügung entgegenstehen: In Anbetracht des jahrelangen Vorlaufs war es für die Beklagte weder schwierig noch aufwändig, die ihr nicht bekannten Eigentümer und Besitzer zu ermitteln, ohne den Regelungserfolg dadurch zu vereiteln (vgl. Rn. 30).
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dd) War die öffentliche Bekanntgabe unzulässig, kommt es nicht darauf an, wie sie bewirkt worden ist. Daher ist nicht entscheidungserheblich, ob die Beklagte davon entbunden war, in der Bekanntmachung der Verfügung vom 25. November 1999 darauf hinzuweisen, wo die Verfügung und ihre Begründung eingesehen werden konnten. Der Senat äußert sich zu dieser revisiblen Rechtsfrage, weil der Verwaltungsgerichtshof deswegen die Grundsatzrevision zugelassen hat.
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Nach § 41 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG wird die öffentliche Bekanntgabe dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Verwaltungsakts ortsüblich bekannt gemacht wird. Der Begriff der Ortsüblichkeit verweist auf die dafür maßgebenden Vorschriften; bei Gemeinden ist diejenige Bekanntmachung ortsüblich, die ihr Satzungsrecht vorsieht (Tegethoff, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 41 Rn. 50 m.w.N.). Nach dem Satzungsrecht der Beklagten sind Bekanntmachungen durch Einrücken in das „Kißlegger Amtsblatt“ bewirkt worden. Nach § 41 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG ist in der ortsüblichen Bekanntmachung anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Die Bekanntmachung der Verfügung vom 25. November 1999 in der Ausgabe des „Kißlegger Amtsblatts“ vom 9. Dezember 1999 enthielt diesen Hinweis nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies für unschädlich gehalten, weil die Beklagte die Verfügung vollständig, d.h. mit dem verfügenden Teil, der gesamten Begründung einschließlich der Unterschrift oder Namenswiedergabe des Amtswalters und der Rechtsbehelfsbelehrung, ortsüblich bekannt gemacht hat. Dem ist aus den Gründen, die der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hat, zuzustimmen:
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In systematischer Hinsicht steht Satz 2 des § 41 Abs. 4 LVwVfG in einem Regelungszusammenhang mit Satz 1, der die ortsübliche Bekanntmachung des verfügenden Teils des Verwaltungsakts genügen lässt. Demnach hängt die Wirksamkeit der öffentlichen Bekanntgabe nicht davon ab, dass auch die Begründung des Verwaltungsakts und die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gemacht werden. Es liegt nahe, dass die Hinweispflicht nach § 41 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG daran anknüpft. Dieses Verständnis wird durch den Gesetzeszweck bestätigt: Die Angabe, wo der gesamte Inhalt der Verfügung eingesehen werden kann, ist aus Gründen des rechtlichen Gehörs und des Rechtsschutzes geboten, um den Betroffenen Kenntnis von der Begründung des Verwaltungsakts zu verschaffen. Diese Notwendigkeit besteht nicht, wenn die Betroffenen den Verwaltungsakt in seiner Gesamtheit bereits durch die ortsübliche Bekanntmachung zur Kenntnis nehmen können. Vermittelt bereits deren Lektüre die Kenntnis von Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung, erfüllt der Hinweis keinen über die Bekanntmachung hinausgehenden Informationszweck.
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Für dieses Verständnis sprechen auch die Gesetzesmaterialien zum Verwaltungsverfahrensgesetz (BT-Drs. 7/910, S. 62): Daraus geht hervor, dass sich der Inhalt des § 41 Abs. 4 VwVfG an dem damals geltenden § 15 Abs. 2 bis 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes über die öffentliche Zustellung orientieren sollte. Nach § 15 Abs. 2 dieses Gesetzes war die öffentliche Zustellung eines Schriftstücks dadurch zu bewirken, dass an der hierfür allgemein bestimmten Stelle das zuzustellende Schriftstück oder stattdessen eine Benachrichtigung, dass und wo das Schriftstück eingesehen werden kann, auszuhängen war. Danach reichte der Aushang des Schriftstücks ohne Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme aus, weil durch dessen Lektüre alle Informationen gewonnen werden konnten.
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ee) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Verfügung vom 25. November 1999 dem Rechtsvorgänger der Klägerin oder nach dem Eigentümerwechsel der Klägerin selbst bekannt gegeben hat. Die Verfügung ist jedoch gegenüber der Klägerin dadurch wirksam geworden, dass diese sie vollständig zur Kenntnis genommen hat.
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Ein schriftlicher Verwaltungsakt kann gegenüber einem Adressaten wirksam werden, wenn dieser ohne Wissen und Wollen der erlassenden Behörde ein Schriftstück zur Kenntnis nimmt, das den vollständigen Inhalt des Verwaltungsakts enthält. Allerdings setzt dies voraus, dass die Behörde ihren Willen, dem Verwaltungsakt Geltung zu verschaffen, bereits vor dieser Kenntnisnahme unter Beweis gestellt hat. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn eine von der Behörde betriebene Bekanntgabe fehlgeschlagen ist, d.h. nicht zur Wirksamkeit des Verwaltungsakts geführt hat. Die Behörde kann etwa wie im vorliegenden Fall eine gesetzlich nicht zugelassene Form der Bekanntgabe gewählt oder die Bekanntgabe unter Verstoß gegen zwingende Rechtsvorschriften bewirkt haben. Sie trägt die Beweislast für die Kenntnisnahme des Betroffenen nach einer fehlgeschlagenen Bekanntgabe. In Zweifelsfällen kann nicht angenommen werden, dass ein Verwaltungsakt auf diese Weise wirksam geworden ist (BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 – BVerwGE 104, 301 <314>; BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 – KVR 17/06 – BGHZ 172, 368 Rn. 34 ff.).
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Ein Verwaltungsakt, der wie die Verfügung vom 25. November 1999 an das Eigentum oder den Besitz eines Grundstücks grundstücksbezogene Pflichten knüpft, wird wirksam, wenn er dem aktuellen Eigentümer oder Besitzer bekannt gegeben wird. Wechseln Eigentum oder Besitz, nachdem die Bekanntgabe des Verwaltungsakts an den Voreigentümer oder Vorbesitzer fehlgeschlagen ist, kann die Wirksamkeit nur durch die Bekanntgabe an den Rechtsnachfolger herbeigeführt werden. Nur diese Personen, nicht aber frühere Berechtigte werden durch den Verwaltungsakt in ihrer aus Eigentum oder Besitz folgenden Rechtsstellung betroffen. Nach einer wirksamen Bekanntgabe müssen die Rechtsnachfolger die Wirksamkeit des Verwaltungsakts, d.h. dessen Geltungsanspruch, und auch dessen Unanfechtbarkeit gegen sich gelten lassen. Sie müssen die durch den Verwaltungsakt auferlegten grundstücksbezogenen Pflichten erfüllen, auch wenn sie bei Erwerb des Eigentums oder Besitzes keine Kenntnis von der Existenz des Verwaltungsakts hatten (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Januar 1971 – 4 C 62.66 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 114; vom 18. September 1981 – 8 C 72.80 – BVerwGE 64, 105 <110> und vom 16. März 2006 – 7 C 3.05 – BVerwGE 125, 325 Rn. 20).
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Für den Eintritt der Wirksamkeit eines solchen grundstücksbezogenen Verwaltungsakts durch anderweitige Kenntnisnahme nach einer fehlgeschlagenen Bekanntgabe kann nichts anderes gelten. Der Verwaltungsakt kann nur dadurch wirksam werden, dass ein aktueller Eigentümer oder Besitzer Kenntnis von dem vollständigen Inhalt des Verwaltungsakts erlangt. Eine unwirksame öffentliche Bekanntgabe vor dem Rechtserwerb des aktuellen Eigentümers oder Besitzers kann als notwendige Dokumentation des behördlichen Bekanntgabewillens gelten, weil die Behörde dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass der Verwaltungsakt gegenüber jedem, den er angeht, wirksam werden sollte.
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Danach ist die Verfügung vom 25. November 1999 gegenüber der Klägerin am 31. Mai 2012 wirksam geworden. Die Beklagte hat ihren Willen, die Wirksamkeit der Verfügung vom 25. November 1999 gegenüber den Eigentümern und Besitzern der Wohnplatzgrundstücke herbeizuführen, durch die Bekanntmachung der Verfügung in ihrem Amtsblatt vom 9. Dezember 1999 dokumentiert. Seitdem ging die Beklagte irrtümlich davon aus, die Verfügung beanspruche auch Geltung für die Rechtsnachfolger. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO binden, hat die Klägerin nach ihren Angaben die ihr zuvor unbekannte Verfügung am 31. Mai 2012 zur Kenntnis genommen. Die Richtigkeit dieses Vortrags wird dadurch belegt, dass die Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tag Widerspruch gegen die Verfügung eingelegt hat.
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2. Die Revision ist auch unbegründet, soweit die Klägerin festgestellt wissen will, dass die Verfügung vom 25. November 1999 nichtig ist, soweit sie den Wohnplatz J. betrifft.
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a) In Bezug auf diesen Feststellungsantrag ist die Klage zulässig. Damit bestreitet die Klägerin den Geltungsanspruch der Verfügung wegen besonders schwerwiegender und offensichtlicher inhaltlicher Mängel. Dieses Rechtsschutzziel kann im Wege der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO verfolgt werden. Als Eigentümerin der Grundstücke hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an einer solchen Feststellung (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1986 – 8 C 127.84 – Buchholz 401.4 § 27 GrStG Nr. 1 S. 2 f.).
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b) Der Feststellungsantrag hat keinen Erfolg, weil der Verwaltungsgerichtshof ohne Verletzung revisiblen Rechts, vor allem der nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblen Vorschrift des § 44 Abs. 1 LVwVfG, angenommen hat, dass die Verfügung vom 25. November 1999 nicht nichtig ist, sondern gegenüber der Klägerin Geltung beansprucht.
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aa) Ein spezieller Nichtigkeitsgrund nach § 44 Abs. 2 LVwVfG ist nicht gegeben. Nach der Generalklausel des § 44 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei einer verständigen Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ein Fehler fällt besonders schwer ins Gewicht, wenn sich der Verwaltungsakt als unvereinbar mit tragenden Verfassungsprinzipien oder grundlegenden Wertvorstellungen der Rechtsordnung erweist. Die an ein rechtsstaatliches Vorgehen zu stellenden Anforderungen müssen so drastisch verfehlt werden, dass es unerträglich wäre, dem Verwaltungsakt Wirksamkeit und damit Rechtsverbindlichkeit zuzuerkennen. Offensichtlich ist ein solcher Fehler, wenn ein verständiger Betrachter erkennen kann, dass der Verwaltungsakt unhaltbar ist. Diese Anforderungen zeigen, dass im Falle von Rechtsfehlern eines Verwaltungsakts dessen Rechtswidrigkeit die Regel, die Nichtigkeit und der damit verbundene Verlust des Geltungsanspruchs dagegen die seltene Ausnahme ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 1997 – 8 C 1.96 – Buchholz 401.0 § 125 AO Nr. 1 S. 3 und vom 26. Oktober 2017 – 8 C 14.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:261017U8C14.16.0] – Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 305 Rn. 12). Dementsprechend kommt die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nur in Betracht, wenn die Regelungen Widersprüche, gedankliche Brüche oder andere Ungereimtheiten enthalten, sodass ein verständiger Adressat nach keiner möglichen Betrachtungsweise erschließen kann, was von ihm verlangt wird.
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Diese Nichtigkeitsvoraussetzungen liegen hier nicht vor: Zum einen kann der Regelungsinhalt der Verfügung vom 25. November 1999 bestimmt werden. Zum anderen haftet der Verfügung offensichtlich kein materiell-rechtlicher Fehler von einem solchen Gewicht an, dass ihr Geltungsanspruch unerträglich erscheint.
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bb) Ein Verwaltungsakt ist inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG, wenn die Adressaten in der Lage sind, zu erkennen, welche Handlungs- oder Unterlassungspflicht ihnen aufgegeben wird. Deren Inhalt muss nachvollziehbar festgelegt sein. Er kann sich aus dem Tenor des Verwaltungsakts sowie aus der Begründung ergeben, wobei die Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) entsprechend anwendbar sind (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 – 4 C 41.87 – BVerwGE 84, 335 <338>; vom 26. Juli 2006 – 6 C 20.05 – BVerwGE 126, 254 Rn. 78 und vom 27. Juni 2012 – 9 C 7.11 – BVerwGE 143, 222 Rn. 11). Die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich der Adressat sachkundiger Hilfe bedienen muss, um die Regelungen erfüllen zu können (BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1983 – 7 C 41.80 – NVwZ 1984, 724).
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Diesen Anforderungen genügt die Verfügung vom 25. November 1999: Sie beansprucht Geltung für die genannten 72 Wohnplätze, darunter J. Deren Eigentümer und Besitzer sind verpflichtet worden, ständig in ausreichender Menge Löschwasservorräte für ihren Wohnplatz bereitzuhalten und dieses der Beklagten nachzuweisen. Die Verfügung hat keine konkrete Maßnahme für die Löschwasserversorgung angeordnet. Stattdessen hat sie drei Maßnahmen aufgezeigt, durch die der Versorgungsnachweis erbracht werden kann. So können die Betroffenen nachweisen, dass Löschwasser im Falle eines Brandes in ausreichender Menge entweder mit Hilfe eines Hydranten dem örtlichen Leitungsnetz oder einem Gewässer (Fluss, Bach, See oder Weiher) entnommen werden kann. Die Eignung der Wasserzufuhr aus dem örtlichen Leitungsnetz hat die Verfügung davon abhängig gemacht, dass festgelegte Grenzwerte für Lieferleistung und Fließdruck eingehalten werden. Für die Eignung eines Gewässers für die Löschwasserversorgung hat die Verfügung festgelegt, dass dauerhaft eine konkrete Entnahmemenge gewährleistet, die Entnahmestelle nicht zu weit entfernt und für Feuerwehrfahrzeuge über eine befestigte Zufahrt erreichbar ist.
54
Einem verständigen Leser der Verfügung erschließt sich, dass die Beklagte diese beiden Versorgungsmöglichkeiten nur zugelassen hat, wenn die in der Verfügung genannten konkreten Anforderungen erfüllt sind. Es ist Sache der Betroffenen, dies nachzuweisen. Dabei ist davon auszugehen, dass sie hierfür auf sachkundige Beratung, etwa durch die Beklagte, deren Feuerwehr, die zuständige Fachbehörde oder die Bürgerinitiative Dezentrale Wasserversorgung Oberschwaben (BDW), zurückgreifen müssen (vgl. die Mitteilungen in der Ausgabe des Amtsblatts vom 9. Dezember 1999 im Anschluss an den Abdruck der Verfügung).
55
Was die festgelegte Entfernung der Wasserentnahmestelle eines Gewässers von grundsätzlich nicht mehr als 200 Metern angeht, macht die Verwendung des Wortes „grundsätzlich“ dem verständigen Leser deutlich, dass die Entfernungsangabe nicht strikt gelten soll. Dies folgt auch aus dem erkennbaren Regelungszweck der Verfügung. Danach kann nur entscheidend sein, ob sichergestellt ist, dass die Feuerwehr bei dem Brand von Gebäuden eines Wohnplatzes die benötigte Menge an Löschwasser aus einem nahe gelegenen Gewässer heranführen kann. Die Feuerwehr muss nach den örtlichen Verhältnissen mit ihrer Ausrüstung voraussichtlich in der Lage sein, sämtliche Gebäude des Wohnplatzes mit Wasser aus dem Gewässer zu löschen.
56
Als dritte Möglichkeit der Löschwasserversorgung hat die Verfügung die Errichtung und Unterhaltung eines Behälters oder eines Teichs mit einem mengenmäßig bestimmten Mindestfassungsvermögen festgelegt. Die Verfügung hat die Errichtung und Unterhaltung eines Behälters oder Teichs nicht angeordnet. Vielmehr obliegt Eigentümern und Besitzern, das Vorhandensein einer geeigneten Anlage nachzuweisen, wenn ihnen der Nachweis einer ausreichenden Versorgung aus dem Leitungsnetz oder aus einem Gewässer nicht möglich ist oder sie von einer solchen Möglichkeit keinen Gebrauch machen. Wird in diesen Fällen der Nachweis nicht erbracht, dass ein geeigneter Behälter oder Teich zur Verfügung steht, muss die Beklagte dessen Errichtung durch einen weiteren Verwaltungsakt anordnen.
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cc) Die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit der Verfügung vom 25. November 1999 steht auch nicht deshalb in Frage, weil sie die Nachweispflicht Eigentümern und Besitzern eines Wohnplatzes kumulativ auferlegt. Dies bedeutet, dass sich beide über die Erbringung des Nachweises verständigen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend angenommen, die Beklagte müsse eine Auswahlentscheidung treffen, wenn Handlungsbedarf entstehe. Gleiches muss gelten, wenn sich ein Wohnplatz auf mehrere Grundstücke erstreckt, die im Eigentum verschiedener Personen stehen. Im Übrigen konnte die Verfügung zum Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens gegenüber der Klägerin am 31. Mai 2012 nur diese als Eigentümerin der Grundstücke verpflichten, weil die Klägerin den Wohnplatz seit dem Erwerb des Grundstückseigentums im Jahr 2005 selbst nutzt.
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dd) Die Verfügung vom 25. November 1999 ist auf § 3 Abs. 3 Satz 2 des Feuerwehrgesetzes Baden-Württemberg – FwG BW – i.d.F. vom 10. Februar 1987 (GBl. 1987, 105) gestützt. Danach kann der Bürgermeister Eigentümer und Besitzer von abgelegenen Gebäuden verpflichten, Löschwasseranlagen zu errichten und zu unterhalten. Die Bestimmung ermöglicht Gemeinden, die Löschwasserversorgung, die nach § 3 Abs. 1 FwG BW Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe der Brandvorsorge und des Brandschutzes ist, auf Eigentümer und Besitzer abgelegener Gebäude zu übertragen.
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Verstöße gegen § 3 Abs. 3 Satz 2 FwG BW hätten nur dann die Nichtigkeit des Verwaltungsakts nach § 44 Abs. 1 LVwVfG zur Folge, wenn die Auslegung oder Anwendung dieser Bestimmung durch die Vorinstanz nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unhaltbar wäre. Dieser Maßstab ergibt sich daraus, dass die Vorschriften des Feuerwehrgesetzes Baden-Württemberg dem irrevisiblen Landesrecht angehören, an dessen Auslegung und fallbezogene Anwendung durch die Tatsachengerichte das Bundesverwaltungsgericht gebunden ist (§ 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO, § 560 ZPO). Dieser Bindung muss ungeachtet der Revisibilität des § 44 Abs. 1 LVwVfG auch bei der Prüfung Rechnung getragen werden, ob ein auf Landesrecht gestützter Verwaltungsakt wegen materiell-rechtlicher Fehler nach § 44 Abs. 1 LVwVfG nichtig ist.
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Danach ist die Verfügung vom 25. November 1999 offensichtlich nicht aus materiell-rechtlichen Gründen nichtig: Die Auslegung des Begriffs des abgelegenen Gebäudes im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 FwG BW durch das Verwaltungsgericht, auf die der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Nichtigkeitsprüfung verwiesen hat, ist zumindest nachvollziehbar. Gleiches gilt für dessen rechtliche Würdigung, die Gebäude des Wohnplatzes J. seien abgelegen. Auch die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass die Gebäude weit außerhalb der geschlossenen Bebauung liegen und nicht an eine Druckwasserleitung angeschlossen sind.
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Dem Verwaltungsgerichtshof ist darin zuzustimmen, dass die Verfügung vom 25. November 1999 nicht auf Ermessensfehlern beruht, aufgrund derer die Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 LVwVfG ernsthaft in Betracht käme. Weder ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin noch ist sonst ersichtlich, dass der damalige Bürgermeister der Beklagten die Voraussetzungen für die Eignung eines Gewässers für die Löschwasserversorgung oder das Mindestfassungsvermögen eines Löschwasserteichs im Hinblick auf die Brandbekämpfung grob sachwidrig oder willkürlich festgelegt hat. Das Vorbringen der Klägerin, das im Falle eines Brandes der Gebäude ihres Wohnplatzes benötigte Löschwasser könne zwei nahe gelegenen Bächen entnommen werden, ist bereits nicht entscheidungserheblich. Wie oben dargelegt, schließt die Verfügung diese Versorgungsmöglichkeit nicht aus. Vielmehr ist es Sache der Klägerin nachzuweisen, dass die in der Verfügung genannten Eignungsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. Rn. 53 ff.). Entsprechendes gilt für das Vorbringen, der von dem Voreigentümer errichtete Teich genüge fachlichen Standards nicht. Die Verfügung ordnet die Errichtung eines Teichs nicht an, sondern gibt Eigentümern und Besitzern der Wohnplätze den Nachweis eines geeigneten Teichs auf, wenn sie keine der beiden anderen Versorgungsmöglichkeiten nachweisen.
62
3. Die Revision ist mit der Maßgabe der Zurückverweisung der Sache an den Verwaltungsgerichtshof begründet, soweit die Klägerin die Aufhebung der Verfügung vom 25. November 1999 in Bezug auf den Wohnplatz J. beantragt hat. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, diese Anfechtungsklage sei unzulässig, verletzt revisibles Recht.
63
a) Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, die Klägerin müsse nach den Grundsätzen der Rechtsnachfolge gegen sich gelten lassen, dass die Verfügung bei dem Erwerb des Grundstückseigentums an dem Wohnplatz J. im Jahr 2005 bereits unanfechtbar gewesen sei. Dem kann nicht gefolgt werden, weil die zugrundeliegende Rechtsauffassung, die Verfügung vom 25. November 1999 sei durch die ortsübliche Bekanntmachung im Amtsblatt vom 9. Dezember 1999 wirksam geworden, die revisiblen Bestimmungen der § 41 Abs. 3 Satz 2 und § 35 Satz 2 LVwVfG verletzt (vgl. Rn. 25 ff.). Die Verfügung ist gegenüber der Klägerin erst wirksam geworden, weil ihre danach erlangte Kenntnis von dem vollständigen Inhalt der Verfügung der Bekanntgabe gleichsteht (vgl. Rn. 42 ff.). Davon ausgehend ist die Anfechtungsklage als Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1 bis 3 VwGO zulässig: Die Klägerin hat gegen die Verfügung durch das Schreiben vom 31. Mai 2012 form- und fristgerecht, nämlich schriftlich innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe, Widerspruch eingelegt (§ 68 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 VwGO). Über den Widerspruch ist nicht entschieden worden. Ein zureichender Grund für diese Untätigkeit war bereits bei Klageerhebung im August 2013 nicht erkennbar.
64
b) Durch die zulässige Anfechtung der Verfügung vom 25. November 1999 hat die Klägerin einen Anspruch auf gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verfügung erworben, soweit sie ihren Wohnplatz betrifft (§ 42 Abs. 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Diese Prüfung ist dem Senat verwehrt, weil die entscheidungserhebliche Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 2 FwG BW dem irrevisiblen Landesrecht angehört. Ihre Auslegung und fallbezogene Anwendung ist dem Verwaltungsgerichtshof vorbehalten, sodass die Sache in Bezug auf den Aufhebungsantrag an ihn zurückzuverweisen ist (§ 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO, § 560 ZPO; § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem Berufungsurteil – nach seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig – zu maßgebenden materiell-rechtlichen Fragen allenfalls kursorisch im Rahmen der Nichtigkeitsprüfung geäußert. Dies gilt insbesondere für den Bedeutungsgehalt des Begriffs des abgelegenen Gebäudes im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 FwG BW und dessen Anwendung auf den Wohnplatz J. Nicht befasst hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob die Betroffenen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FwG BW verpflichtet werden dürfen, den Versorgungsnachweis zu erbringen. Damit wird ihnen auferlegt, die für den Nachweis erforderliche Sachaufklärung anstelle der Gemeinde vorzunehmen. Auch zu der entscheidungserheblichen Frage, ob der Bürgermeister der Beklagten in der angefochtenen Verfügung die Anforderungen an die Eignung eines Gewässers für die Löschwasserversorgung eines Wohnplatzes ermessensfehlerfrei festgesetzt hat, enthält das Berufungsurteil keine Ausführungen.
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Nach alledem sind die Verfahrensrügen der Klägerin, die sich inhaltlich auf die materielle Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 25. November 1999 beziehen, für die Entscheidung über die Revision unerheblich.