BAG 3. Senat, Beschluss vom 08.12.2020, AZ 3 ABR 44/19, ECLI:DE:BAG:2020:081220.B.3ABR44.19.0
Leitsatz
Eine Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung kann auch teilweise gekündigt werden. Die anhand des dreistufigen Prüfungsschemas ermittelten Eingriffsstufen sowie die Schließung eines Versorgungswerks für Neueintritte stellen regelmäßig natürliche und immanente Grenzen des zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmens dar. Hieran hat sich die Teilkündigung zu orientieren. Ob sie Wirkungen entfaltet, hängt dann davon ab, ob der durch sie bedingte Eingriff nach dem dreistufigen Prüfungsschema gerechtfertigt ist.
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Kempten, 28. November 2018, Az: 4 BV 30/17, Beschluss
vorgehend Landesarbeitsgericht München, 9. Juli 2019, Az: 7 TaBV 12/19, Beschluss
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 9. Juli 2019 – 7 TaBV 12/19 – aufgehoben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
1
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit und die Wirkung einer von der Arbeitgeberin ausgesprochenen Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung.
2
Die Arbeitgeberin produziert und vertreibt Motor- und Getriebeteile für die Automobilindustrie und Zulieferer und beschäftigt ca. 300 Arbeitnehmer. Nach der Betriebsvereinbarung „Pensionsordnung 2006“ vom 22. Dezember 2005 (PO 2006) haben die Arbeitnehmer Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung.
3
Die PO 2006 lautet auszugsweise wie folgt:
- „1.
- Aufnahme in die Versorgung (Berechtigte)
- Betriebsangehörige werden in das Versorgungswerk aufgenommen, sobald sie das Mindestalter erreicht haben. Sie erwerben damit nach Maßgabe dieser Versorgungsordnung einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen. Das Mindestalter beträgt 30 Jahre. Von der Versorgung werden Betriebsangehörige nicht erfasst, die bei Eintritt in die Firma das Höchstalter überschritten haben. Das Höchstalter beträgt 60 Jahre.
- 2.
- Voraussetzungen für die Versorgungsleistungen
- Versorgungsleistungen werden nur gewährt, wenn der Betriebsangehörige
- a)
- bei Eintritt des Versorgungsfalles (Erreichen der Altersgrenze, Berufsunfähigkeit, Tod) eine anrechenbare Dienstzeit von mindestens 8 Jahren aufzuweisen hat (Wartezeit),
- b)
- bei Eintritt des Versorgungsfalles in einem Arbeitsverhältnis zur Firma steht oder eine nach den gesetzlichen Bestimmungen über die betriebliche Altersversorgung unverfallbare Anwartschaft hat,
- c)
- nach dem Eintritt des Versorgungsfalles aus den Diensten der Firma ausscheidet. Ist der Versorgungsfall auf einen Betriebsunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen, entsteht der Anspruch auf Invalidenrente ohne die unter a) genannte Wartezeit. In diesen Fällen setzt die Firma die Höhe der Invalidenrente fest.
- 3.
- Versorgungsleistungen
- An Versorgungsleistungen werden gewährt:
- Altersrenten
- Invalidenrenten
- Witwenrenten
- Witwerrenten
- Waisenrenten
- 4.
- Dienstzeit
- 1)
- (Anrechenbare Dienstzeit). Die anrechenbare Dienstzeit umfasst die Zeit ununterbrochener Betriebszugehörigkeit seit dem letzten Diensteintritt, …
- 2)
- (Rentenfähige Dienstjahre). Für die Ermittlung des betrieblichen Ruhegeldes wird die anrechenbare Dienstzeit bestimmt, die der Berechtigte bis zum Eintritt des Versorgungsfalles erreicht hat. … Es werden jedoch höchstens 30 anrechenbare Dienstjahre angerechnet.
- …
- 6.
- Bemessung der Renten
- 1)
- Die Rente errechnet sich nach der Formel:
- Festbetrag x Dienstjahre (§ 5) x
- rentenfähiges Einkommen
- Richtwert
- 2)
- Der Festbetrag wird auf € 2,50 festgelegt.
- 3)
- Als rentenfähiges Einkommen gilt das jährliche Bruttoentgelt, welches das Belegschaftsmitglied im letzten Kalenderjahr, in dem der Rentenfall eintritt, bezogen hat.
- 4)
- Der Richtwert ergibt sich als Durchschnitt der Einkommen der bei P beschäftigten Mitarbeiter, die der Pensionsordnung unterliegen während des letzten Kalenderjahres vor dem Kalenderjahr, in dem der Rentenfall eintritt.
- 5)
- Als Mindestfestbetrag werden 90 % des Normalfestbetrages pro Dienstjahr gewährt.
- 6)
- Soweit das monatliche rentenfähige Einkommen den Durchschnittsbetrag der im letzten Kalenderjahr vor dem Leistungseintritt geltenden Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt, erhöht sich die Rente. Die Höhe dieser Zusatzrente ist im derzeit gültigen Leistungsrahmen wie folgt festgelegt:
- Anrechnungsfähige Dienstjahre x (durchschnittliches monatliches Vertragsgehalt der letzten 12 Monate minus durchschnittliche Beitragsbemessungsgrenze in den letzten 12 Monaten) x 0,5 %.
- 7)
- Der auszuzahlende Betrag wird auf volle € aufgerundet.
- 7.
- Altersrente
- Erreicht ein Berechtigter die Altersgrenze, so erhält er eine lebenslange Altersrente.
- 8.
- Invalidenrente
- Wird ein Berechtigter vor Erreichen der Altersgrenze berufsunfähig, so erhält er eine bis zum Einsetzen der Altersrente laufende Invalidenrente.
- …
- 9.
- Witwenrente
- Die Witwe eines Berechtigten erhält, wenn die Ehe bis zum Tode des Mannes bestanden hat, eine Witwenrente in Höhe von 60 % desjenigen Ruhegeldes, auf das der Berechtigte bei seinem Ableben Anspruch oder Anwartschaft hatte.
- …
- 10.
- Witwerrente
- Witwerrente wird in der gleichen Höhe und unter den gleichen Voraussetzungen wie Witwenrente gewährt.
- 11.
- Waisenrente
- Jedes Kind eines Berechtigten erhält als Halbwaise eine Waisenrente in Höhe von 15 %, als Vollwaise in Höhe von 30 % desjenigen Ruhegeldes, auf das der Berechtigte bei seinem Ableben Anspruch oder Anwartschaft hatte. Witwen- und Waisenrenten zusammen dürfen jedoch die Rente nicht übersteigen, auf die der Berechtigte bei seinem Tod einen Anspruch oder eine Anwartschaft hatte; um den übersteigenden Betrag werden sie anteilmäßig gekürzt.
- …
- 19.
- Kündigungsrecht
- Die Versorgungsordnung schränkt das Recht der Vertragsparteien zur Kündigung des Dienstverhältnisses nicht ein.
- …
- 22.
- Änderung und Entziehung von Leistungen
- 1)
- Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung des Festbetrages gemäß § 6 Ziffer 2 der Pensionsordnung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange der Mitarbeiter und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
- Vor Entscheidung des Arbeitgebers hat eine Beratung mit dem Betriebsrat zu erfolgen.
- 2)
- Die Leistungen nach dieser Pensionsordnung können ganz oder teilweise nicht oder nicht mehr gewährt werden, wenn
- a)
- sich der Personenkreis, die Beiträge, die Leistungen oder das Pensionierungsalter bei der gesetzlichen Sozialversicherung oder bei anderen Versorgungseinrichtungen mit Rechtsanspruch wesentlich ändern,
- b)
- so wesentliche Änderungen in der rechtlichen, insbesondere der versicherungs- oder steuerrechtlichen Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Werksrenten von dem Unternehmen gemacht werden oder gemacht worden sind, eintreten, dass dem Unternehmen die Aufrechterhaltung der Leistungen nicht zugemutet werden kann,
- c)
- sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann,
- d)
- der Leistungsberechtigte durch sein Verhalten in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt oder verstoßen hat.“
4
Die Arbeitgeberin kündigte die PO 2006 gegenüber dem Betriebsrat mit Schreiben vom 28. November 2016 zum 28. Februar 2017 für neu eintretende Mitarbeiter. Die Kündigung hat in Auszügen folgenden Wortlaut:
- „Kündigung der Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung (Pensionsordnung 2006)
- Sehr geehrter Herr B,
- sehr geehrte Mitglieder des Betriebsrats,
- hiermit kündigen wir die Betriebsvereinbarung über die ‚Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung‘ vom 22.12.2005 für neu eintretende Mitarbeiter mit Wirkung zum 28.02.2017.
- Das heißt, nach diesem Termin neu eintretende Mitarbeiter nehmen an der Pensionsordnung 2006 der P GmbH, die Teil der gekündigten Betriebsvereinbarung ist, nicht mehr teil.
- Für die Mitarbeiter, die bereits eine Zusage nach der gekündigten Betriebsvereinbarung erhalten haben, ändert sich für die betriebliche Altersversorgung nichts.“
5
Unter dem 27. Oktober 2017 übersandte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat ein Schreiben mit folgendem Wortlaut:
- „(TEIL)KÜNDIGUNG DER PENSIONSORDNUNG 2006
- Sehr geehrter Herr B,
- sehr geehrter Herr E,
- wie bereits in unserem Vorgespräch am 26.10.2017 mündlich angekündigt, werden wir die Pensionsordnung, wie im Folgenden ausgeführt, kündigen.
- Vor dem Hintergrund anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten hat sich die Geschäftsführung der P GmbH dazu entschieden, die für Neueintritte nach dem 28. Februar 2017 bereits geschlossene Betriebsvereinbarung über die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung ‚Pensionsordnung 2006 (PO 2006)‘ vom 22. Dezember 2005 hiermit fristgerecht mit Wirkung zum Ablauf des 31. Januar 2018 teilweise zu kündigen.
- Die mit der Kündigung bezweckten Rechtsfolgen sind wie folgt auf einen vollständigen Wegfall der dritten Besitzstandsstufe und somit auf die zukünftig erdienbaren Zuwächse weiterer Dienstjahre beschränkt:
- Die Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung nach der PO 2006 werden zum Stichtag 31.01.2018 zeitratierlich analog § 2 Abs. 1 BetrAVG ohne Berücksichtigung des Festschreibeeffekts gem. § 2 Abs. 5 BetrAVG festgeschrieben (sog. m/n-tel). Dabei stellt m die Zeit von Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Ablauf des 31.01.2018 in vollen Monaten dar und n ist die Zeit von Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der individuellen Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung in vollen Monaten.
- …“
6
Der Betriebsrat hat mit seinen Anträgen den unveränderten Fortbestand der PO 2006 über den 31. Januar 2018 hinaus geltend gemacht. Die (Teil-)Kündigung vom 27. Oktober 2017 sei zudem wegen seiner fehlenden Beteiligung unwirksam. Die Beteiligten hätten in Ziff. 22 PO 2006 qualifizierte Voraussetzungen für eine Änderung oder Entziehung der Leistungen vereinbart. Ferner habe eine Neuregelung mit ihm Vorrang, da eine Änderung der PO 2006 unterschiedliche Auswirkungen für die betroffenen Arbeitnehmer je nach Alter und Betriebszugehörigkeit haben und nicht durch eine Teilkündigung dem Mitbestimmungsrecht entzogen werden könne. Jedenfalls sei der mit der Teilkündigung verbundene Eingriff in bestehende Versorgungsanwartschaften nicht durch sachlich-proportionale Gründe gerechtfertigt.
7
Der Betriebsrat hat beantragt,
- 1.
- festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung Pensionsordnung 2006 unverändert fortbesteht;
- hilfsweise:
- 2.
- festzustellen, dass die Teilkündigung der Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung vom 22. Dezember 2005 unwirksam ist;
- 3.
- die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung vom 22.12.2005 über den 31. Januar 2018 hinaus unverändert durchzuführen;
- 4.
- die Arbeitgeberin zu verpflichten, Ziff. 4 der Pensionsordnung 2006 zur Dienstzeitenberechnung auch über den 31. Januar 2018 hinaus bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bei denjenigen Arbeitnehmern anzuwenden, die zum 31. Januar 2018 bereits eine unverfallbare Anwartschaft auf diese betriebliche Altersversorgung erworben haben.
8
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, der Hauptantrag sei in Ermangelung eines zeitlichen Bezugspunkts zu unbestimmt, jedenfalls aber unbegründet. Aus Ziff. 22 Abs. 2 PO 2006 folgten keine besonderen Anforderungen an den Ausspruch einer Kündigung. Es handle sich lediglich um die Regelung eines steuerunschädlichen Widerrufsvorbehalts, der ihr Kündigungsrecht nicht einschränke. Es bestünden triftige, jedenfalls aber – was ausreichend sei – sachlich-proportionale Gründe für den mit der Teilkündigung vom 27. Oktober 2017 verbundenen Eingriff. Eine negative wirtschaftliche Entwicklung in den Geschäftsjahren 2014 bis 2016, eine negative Prognose für das Geschäftsjahr 2017 sowie deren Bestätigung im Geschäftsjahr 2018 hätten den Eingriff erforderlich gemacht.
9
Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Zurückweisungsantrag weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
10
B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Dem zulässigen Hauptantrag des Betriebsrats konnte nicht mit der vom Beschwerdegericht gewählten Begründung stattgegeben werden. Es hat rechtsfehlerhaft die Kündigung der PO 2006 vom 27. Oktober 2017 für unwirksam bzw. ohne Wirkungen angesehen. Ob die Kündigung der Arbeitgeberin zum Ablauf des 31. Januar 2018 die von ihr angestrebten Wirkungen für die zukünftig zu erdienenden Zuwächse weiterer Dienstjahre der Arbeitnehmer zu entfalten vermag, wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben.
11
I. Der Hauptantrag des Betriebsrats ist zulässig.
12
1. Der Antrag ist – entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin – bestimmt genug. Er ist dahingehend auszulegen, dass der Betriebsrat geltend macht, die PO 2006 bestehe in der Form, die sie nach der Kündigung vom 28. November 2016 erhalten hatte, sowie ungeachtet der Kündigung vom 27. Oktober 2017 unverändert fort.
13
2. Der Antrag ist auch als Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
14
a) Die Geltung einer Betriebsvereinbarung kann als Rechtsverhältnis im Sinne dieser Regelung zum Gegenstand eines Feststellungsantrags in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren gemacht werden
(BAG 28. Juli 2020 – 1 ABR 4/19 – Rn. 9). Die PO 2006 ist ein von den Betriebsparteien vereinbartes betriebliches Regelungswerk, dem jedenfalls der Betriebsrat die Wirkungen einer weiterhin normativ wirkenden Betriebsvereinbarung beimisst. Der Antrag ist auch dahin zu verstehen, dass der Betriebsrat die unveränderte Wirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG festgestellt wissen will. Vom Antrag ist nämlich zulässig auch das Antragsziel umfasst, zumindest eine etwaige Nachwirkung der PO 2006 und ihren Umfang feststellen zu lassen
(vgl. BAG 17. August 1999 – 3 ABR 55/98 – zu B I 1 der Gründe, BAGE 92, 203). Ob das Rechtsverhältnis, dessen Feststellung begehrt wird, tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags.
15
b) Für den Antrag besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse. Die Arbeitgeberin berühmt sich der Wirksamkeit der von ihr ausgesprochenen Kündigung vom 27. Oktober 2017.
16
II. Ob der Hauptantrag begründet ist, kann der Senat nicht entscheiden. Das Beschwerdegericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die sogenannte Teilkündigung vom 27. Oktober 2017 wegen Ziff. 22 PO 2006 nicht geeignet war, die Wirkungen der PO 2006 teilweise zu beseitigen. Allerdings ist der Hauptantrag nicht entscheidungsreif, sondern die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu prüfen. Das wird das Beschwerdegericht nachzuholen haben.
17
1. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es dem Antrag des Betriebsrats nicht stattgeben. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist das Kündigungsrecht der Betriebsparteien nicht nach Ziff. 22 Abs. 2 PO 2006 ausgeschlossen, soweit die dort genannten qualifizierten Voraussetzungen nicht vorliegen. Gemäß § 77 Abs. 5 BetrVG kann die Kündbarkeit einer Betriebsvereinbarung zwar ausgeschlossen werden. Der Ausschluss muss aber ausdrücklich vereinbart werden. Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr liegt allein ein allgemeiner steuerunschädlicher Widerrufsvorbehalt vor, der die Kündigungsmöglichkeit der Betriebsvereinbarung für sich genommen nicht beschränkt. Das ergibt die Auslegung der Ziff. 22 Abs. 2 PO 2006
(vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen von Betriebsvereinbarungen BAG 3. Juni 2020 – 3 AZR 730/19 – Rn. 54).
18
a) Ziff. 22 Abs. 2 Buchst. a bis Buchst. d PO 2006 enthält nach seinem Wortlaut schon keine Begrenzung der Kündigungsmöglichkeit, sondern lediglich einen Vorbehalt, der es der Arbeitgeberin erlaubt, ohne Beendigung der Pensionsordnung insgesamt auch im Einzelfall Leistungen nach dieser Pensionsordnung nicht mehr zu erbringen. Das folgt schon aus der Formulierung „Leistungen können ganz oder teilweise nicht oder nicht mehr gewährt werden, wenn …“. Sie bezieht sich nicht auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung als solche. Auch die in den Buchst. a bis Buchst. d genannten Gründe betreffen nicht die Kündigung der gesamten PO 2006, sondern vielmehr das einzelne Versorgungsverhältnis. Das macht besonders der Widerruf nach Buchst. d deutlich – Verstoß gegen Treu und Glauben -. Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Kündigung und der Erklärung eines Widerrufs sind indes zu unterscheiden. Das Kündigungsrecht steht dem Arbeitgeber als Partei der Betriebsvereinbarung zu. Das Widerrufsrecht steht ihm hingegen im Verhältnis zu den begünstigten Arbeitnehmern zu. Das Widerrufsrecht lässt die Rechtsgrundlage, die Betriebsvereinbarung, unberührt. Mit dem Widerruf macht der Arbeitgeber Rechte aus der Betriebsvereinbarung geltend, er stellt die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung jedoch nicht in Frage. Dagegen zielt die Kündigung darauf ab, die Betriebsvereinbarung in ihrem Bestand (teilweise) zu beseitigen
(BAG 10. März 1992 – 3 ABR 54/91 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 70, 41).
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b) Ein steuerunschädlicher Widerrufsvorbehalt in einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung steht dem Kündigungsrecht des Arbeitgebers einer Betriebsvereinbarung nicht entgegen
(vgl. BAG 10. März 1992 – 3 ABR 54/91 – zu II 2 b der Gründe, BAGE 70, 41; Kreutz GK-BetrVG 11. Aufl. § 77 Rn. 408; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. Anh. § 1 Rn. 591). Er betrifft auch in der Sache nicht das Kündigungsrecht. Nur ein solcher Sachverhalt ist hier in Ziff. 22 Abs. 2 PO 2006 vorgesehen.
20
aa) Nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG darf für eine Pensionsverpflichtung eine steuerunschädliche Rückstellung (Pensionsrückstellung) ua. nur gebildet werden, wenn und soweit die Pensionszusage keine Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht und keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist.
21
bb) Die in Ziff. 22 Abs. 2 Buchst. a bis Buchst. d PO 2006 aufgeführten Fallgruppen entsprechen den im Steuerrecht im Wesentlichen seit 1959 unverändert nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG als steuerunschädlich anerkannten Fällen
(vgl. Höfer/Veit/Verhuven Bd. II Stand Juli 2018 EStG § 6a Rn. 121). Sie entsprechen zudem nahezu wortgleich – nur anders gegliedert – den in den Einkommenssteuerrichtlinien
(EStRL zu § 6a Abs. 4 Satz 3) formulierten Mustervorbehalten
(vgl. im Einzelnen Höfer/Veit/Verhuven Bd. II EStG § 6a Rn. 122). Dass der Widerruf aufgrund wirtschaftlicher Notlage
(hier Ziff. 22 Abs. 2 Buchst. c PO 2006) nach der Senatsrechtsprechung infolge der Streichung des Insolvenzschutzes nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG aF nicht mehr zulässig ist
(BAG 17. Juni 2003 – 3 AZR 396/02 – BAGE 106, 327), führt nicht dazu, dass diesem Vorbehalt eine für die Kündigung begrenzende Wirkung beizumessen wäre.
22
2. Die Beschwerdeentscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig
(§ 561 ZPO).
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a) Die Kündigung vom 27. Oktober 2017 ist keine unzulässige Teilkündigung der Betriebsvereinbarung. Das ergibt sich aus rechtssystematischen Erwägungen.
24
aa) Betriebsvereinbarungen sind nach § 77 Abs. 5 BetrVG kündbar. Das Betriebsverfassungsgesetz eröffnet in § 77 Abs. 5 BetrVG den Betriebsparteien ein uneingeschränktes Kündigungsrecht. Der Arbeitgeber kann daher auch eine Betriebsvereinbarung über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach § 77 Abs. 5 BetrVG kündigen, ohne dass die Kündigung eines sie rechtfertigenden Grundes bedarf. Eine uneingeschränkt ausgesprochene Kündigung kann dabei nicht nur bewirken, dass das Versorgungswerk für nach dem Kündigungstermin eintretende Arbeitnehmer geschlossen wird. Auch Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Kündigung durch die Betriebsvereinbarung begünstigt werden, können von der Kündigung betroffen sein
(BAG 25. Februar 2020 – 1 ABR 39/18 – Rn. 48; 17. August 1999 – 3 ABR 55/98 – zu B I 4 a der Gründe, BAGE 92, 203).
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bb) Allerdings ist die Wirkung der Kündigung hinsichtlich der dadurch bedingten Eingriffe in die Höhe von Versorgungsanwartschaften anhand des vom Senat entwickelten dreistufigen Prüfungsschemas beschränkt.
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(1) Nach dem dreistufigen Prüfungsschema sind den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen
(st. Rspr. seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57). Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, § 2a Abs. 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich – wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen – dienstzeitunabhängig aus dynamischen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe
(vgl. etwa BAG 22. Oktober 2019 – 3 AZR 429/18 – Rn. 62 mwN, BAGE 168, 150).
27
Soweit gegen dieses Schema hinsichtlich der Eingriffe in künftige Zuwächse Bedenken angebracht werden, greifen diese nicht durch. Vielmehr ergibt sich das dreistufige Prüfungsschema aus der dem Betriebsrentengesetz zugrunde liegenden Intention, Betriebsrentenanwartschaften möglichst lückenlos bis zum Eintritt in den Ruhestand zu sichern, und der sozialpolitischen Funktion der betrieblichen Altersversorgung, die der der gesetzlichen Rente entspricht
(BAG 19. März 2019 – 3 AZR 201/17 – Rn. 32 ff., BAGE 166, 136; aA Diller/Günther DB 2017, 908, 909 ff.).
28
Auch die vom Betriebsrat gegen diese Grundsätze vorgebrachten Argumente greifen nicht durch. Ein Eingriff setzt zwar voraus, dass das dreistufige Prüfungsschema eingehalten ist, ist dann aber auch möglich. Die gestufte Verhältnismäßigkeitsprüfung ist verfassungsrechtlich geboten
(vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. Anh. § 1 Rn. 615). Art. 14 Abs. 1 GG und der hieraus folgende Schutz von Rechten aus betrieblicher Altersversorgung bestehen nicht einschränkungslos unter Privaten
(vgl. BVerfG 26. Mai 2020 – 1 BvL 5/18 – Rn. 46, BVerfGE 153, 358). Ein vollständiger Ausschluss der Änderungsmöglichkeit für den Arbeitgeber machte eine Regelung zur freiwilligen Altersversorgung durch Betriebsvereinbarung völlig unattraktiv und beachtete die Berufsfreiheit des Arbeitgebers, Art. 12 Abs. 1 GG, unzureichend. Betriebliche Altersversorgung ist auf die Dauer des gesamten Arbeitsverhältnisses angelegt. Das erfordert einerseits deren Schutz, andererseits aber auch angemessene Änderungsmöglichkeiten für den Arbeitgeber und macht deren Erforderlichkeit für den Arbeitnehmer erkennbar
(Zwanziger AuR 2020, 392, 395). Daher besteht kein Wertungswiderspruch zu den strengen Grundsätzen des Zweiten Senats zur Entgeltabsenkung im Wege der Änderungskündigung
(vgl. BAG 20. Oktober 2017 – 2 AZR 783/16 (F) – BAGE 160, 364). Die Änderungen einer Ruhegeldordnung durch die Betriebsparteien unterliegen zudem einer Kontrolle durch das Gericht, bei der nicht, wie im Kündigungsschutzprozess, die individuelle Interessenabwägung im Vordergrund steht, sondern unter besonderer Berücksichtigung des Vertrauensschutzgedankens die Auswirkungen auf alle Gruppen der betroffenen Arbeitnehmer zu prüfen sind
(BAG 30. Januar 1970 – 3 AZR 44/68 – zu B IV 3 b der Gründe, BAGE 22, 252).
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(2) Schließen die Betriebsparteien eine ablösende Betriebsvereinbarung, ist das dreistufige Prüfungsschema anwendbar. Denn die Betriebsparteien sind gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG an die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit
(Art. 20 Abs. 3 GG) gebunden. Eine von ihnen geschlossene ablösende Betriebsvereinbarung kann keine darüber hinausgehende Wirkung entfalten. Soweit mit einer ablösenden Betriebsvereinbarung unzulässig in den Besitzstand eingegriffen wird, bleibt dieser trotzdem erhalten. Die Ablösung entfaltet keine Wirkung
(vgl. BAG 19. März 2019 – 3 AZR 201/17 – Rn. 27, 88, 134, 135, BAGE 166, 136).
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(3) Die Begrenzung der Wirkung der – grundsätzlich ohne Grund zulässigen – Kündigung ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen im Verhältnis zur einvernehmlichen Neugestaltung durch die Betriebsparteien erforderlich. Der allein durch seine Kündigung handelnde Arbeitgeber kann nämlich keine weitergehende Regelungsmöglichkeit haben als die Betriebsparteien gemeinsam
(BAG 18. April 1989 – 3 AZR 688/87 – zu III 1 c der Gründe, BAGE 61, 323). Die Betriebsvereinbarung bleibt im Umfang der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit auch nach ihrer Kündigung als normativ fortgeltende Grundlage für die versorgungsberechtigten Arbeitnehmer erhalten, die bis zum Kündigungstermin beim Arbeitgeber eingetreten sind
(BAG 11. Mai 1999 – 3 AZR 21/98 – zu III 2 a der Gründe, BAGE 91, 310; ebenso 25. Februar 2020 – 1 ABR 39/18 – Rn. 48).
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Die daran geübte Kritik
(vgl. Blomeyer Anm. SAE 2000, 230, 233; Diller/Günther DB 2017, 908, 910; Konzen FS Kreutz 2010 S. 229, 243 f.; Schipp FS 100 Jahre Betriebsverfassungsrecht 2020 S. 669, 675; Strick Anm. ZIP 2000, 855, 858; Waltermann GS Heinze 2005 S. 1021, 1028 ff.; Waltermann FS Kreutz 2010 S. 471, 483 f.; Kreutz GK-BetrVG 11. Aufl. § 77 Rn. 406; Kaiser in Löwisch/Kaiser BetrVG 6. Aufl. § 77 Rn. 66; Roth in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand August 2020 Teil 7 A Rn. 365) verfängt nicht. Dass nach § 77 Abs. 5 BetrVG Betriebsvereinbarungen, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden können, steht nicht entgegen. Die Kritik verkennt die grundlegende Möglichkeit auch der Teilkündigung von Betriebsvereinbarungen
(vgl. BAG 6. November 2007 – 1 AZR 826/06 – BAGE 124, 314), die auch für die betriebliche Altersversorgung gilt. Das anerkannte Schema zum zulässigen Begrenzen von Ansprüchen der betrieblichen Altersversorgung ist gleichsam sämtlichen Betriebsvereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung immanent und ermöglicht eine sachgemäße Abgrenzung der Folgen einer Kündigung.
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(4) Durch das Stufenschema ist die Betriebsvereinbarung zwingend teilbar. Wenn die Betriebsvereinbarung bei den Rechtsfolgen einer Kündigung teilweise sinnvoll aufrechterhalten werden kann, muss der Arbeitgeber seine Kündigung – gerade zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit – auch auf eine Stufe beschränken können. Dies kann zwar dazu führen, dass eine solche Teilkündigung mangels sie rechtfertigender Gründe ins Leere geht und damit einer Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung nahekommt. Allerdings begrenzt der Arbeitgeber selbstgewählt die Wirkungen seiner Kündigung, auch um ihre Wirkungen einer entsprechenden gerichtlichen Überprüfung zuführen zu können.
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(5) Dass damit bei einer unwirksamen Ablösung – durch ablösende Betriebsvereinbarung oder in ihrer Wirkung begrenzter Kündigung einer Betriebsvereinbarung – die Rechte der Versorgungsberechtigten durch eine normative Weitergeltung der alten Betriebsvereinbarung weiter geschützt sind, ist sach- und systemgerecht. Dadurch werden Rechte, die durch Betriebsvereinbarung begründet sind, so geschützt, wie es das Gesetz für dieses kollektivrechtliche Regelungsinstrument vorsieht. Die Regelung des § 77 Abs. 4 BetrVG bleibt anwendbar, auch das dort geregelte Verzichts- und Verwirkungsverbot
(BAG 17. August 1999 – 3 ABR 55/98 – zu B II 3 b der Gründe, BAGE 92, 203).
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Zudem hat auch der Arbeitgeber ein erhebliches Interesse am normativen Fortbestand der Betriebsvereinbarung nach einer Teilkündigung. Denn nur als solche ist sie weiteren Teilkündigungen zugänglich. Würde die Betriebsvereinbarung und ihre normative Wirkung entfallen, müsste der Arbeitgeber individualvertragliche Lösungen mit den Arbeitnehmern für weitere Veränderungen der Versorgungsordnung finden.
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Die fortwährende normative Wirkung ist auch ein erforderliches Korrektiv für die gebotene Anwendung des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zur Begrenzung der Rechtsfolgen der Kündigung: Wenn der Arbeitgeber die gesamte Betriebsvereinbarung auch in ihrer normativen Wirkung kündigen könnte, müsste er das verbleibende Volumen unter Beachtung der Vorgaben des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit erneut unter Wahrung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG auf die Arbeitnehmer verteilen. Da er dies aber wegen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit in aller Regel gerade nur in einer bestimmten Art und Weise kann, wäre es reine Förmelei, ihn im Nachgang zu seiner Kündigung zum Neuabschluss der jedenfalls teilweise fortbestehenden Versorgungsordnung zu zwingen.
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cc) Die Arbeitgeberin hat mit ihrem Schreiben vom 27. Oktober 2017 die PO 2006 teilweise gekündigt. Aus der Formulierung „werden wir die Pensionsordnung, wie im Folgenden ausgeführt, kündigen“ folgt nicht etwa, dass sie erst noch kündigen will, da sie im weiteren Verlauf des Schreibens die Kündigungsfrist und die Folgen ihrer Kündigung konkret benennt. Dass die PO 2006 bereits zuvor für Neueintritte gekündigt war, steht der weiteren Teilkündigung ebenfalls nicht entgegen, da die PO 2006 nach dieser ersten Kündigung, wenn auch verändert, normativ fortwirkte.
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b) Die Kündigung ist – entgegen der Annahme des Betriebsrats – nicht mangels seiner Beteiligung unwirksam.
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aa) Eine Kündigung einer Betriebsvereinbarung bedarf – anders als die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach § 102 Abs. 1 BetrVG – nach dem Gesetz nicht der Beteiligung oder Mitbestimmung des Betriebsrats, § 77 Abs. 5 BetrVG. Mit der Kündigung übt der Arbeitgeber zudem sein in § 77 Abs. 5 BetrVG gewährleistetes Recht aus, einseitig die Beendigung einer Betriebsvereinbarung zu erreichen. Mit dem Ablauf der Kündigungsfrist entfallen also – vorbehaltlich einer eventuellen Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG – die in der Betriebsvereinbarung enthaltenen Regelungen. Soweit ein zwingendes Mitbestimmungsrecht etwa nach § 87 Abs. 1 BetrVG besteht und der mitbestimmungspflichtige Tatbestand fortbesteht, kann eine erneute Einigung der Betriebspartner erforderlich und ggf. mittels Einigungsstelle erzwungen werden, § 87 Abs. 2 BetrVG. Die Kündigung selbst steht aber, wie gerade die Nachwirkung des § 77 Abs. 6 BetrVG zeigt, nicht unter einem Vorbehalt der Mitbestimmung des Kündigungsadressaten.
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bb) Der Hinweis des Betriebsrats auf Ziff. 22 Abs. 1 PO 2006 geht ebenfalls fehl, da sich seine Beteiligung insoweit nur auf die Anpassungsentscheidung bezieht. Aus diesem Umstand und einer fehlenden ausdrücklichen Beteiligungspflicht des Betriebsrats iRd. Ziff. 22 Abs. 2 PO 2006 scheidet ebenfalls ein Vorrang der kollektiven Neuordnung als Wirksamkeitsvoraussetzung vor der Kündigung aus.
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3. Damit kommt es dafür, ob der Betriebsrat mit seinem Antrag voll obsiegt, darauf an, ob das dreistufige Prüfungsschema eingehalten ist. Ob die normative Wirkung der PO 2006 in dem für die Entscheidung maßgeblichen Umfang aufgrund der Kündigung vom 27. Oktober 2017 entfallen ist, wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben.
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a) Im vorliegenden Fall liegt ein Eingriff in die dienstzeitabhängigen, noch nicht erdienten Zuwachsraten vor. Die Arbeitgeberin hat in ihrer Kündigung vom 27. Oktober 2017 ausdrücklich erklärt, sich zum 31. Januar 2018 auf den Wegfall zukünftig erdienbarer Zuwächse weiterer Dienstjahre zu beschränken und nicht darüber hinaus in bestehende Anwartschaften eingreifen zu wollen. Sie hat zudem erklärt, die Begrenzung ohne Berücksichtigung des Festschreibeeffekts vorzunehmen, also die Gehälter weiter zu dynamisieren. Sie bedürfte daher sachlich-proportionaler Gründe, die einen Eingriff auf der dritten Besitzstandsstufe rechtfertigen könnten. Ob diese vorliegen, dieser Eingriff also gerechtfertigt ist, und insoweit die Wirkungen der PO 2006 entfallen lässt, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht abschließend beurteilen. Denn dieses hat auf der Basis seiner Rechtsauffassung derartige Feststellungen nicht getroffen. Diese nunmehr zu treffen gibt ihm die Zurückverweisung Gelegenheit. Die Arbeitgeberin hat sich auf wirtschaftliche Gründe berufen. Das Landesarbeitsgericht wird deren Vorliegen anhand der einschlägigen Rechtsprechung des Senats zu prüfen haben
(siehe dazu nur BAG 16. Juni 2015 – 3 AZR 390/13 – Rn. 36 ff.).
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b) Maßgeblich wird das Beschwerdegericht für die Beurteilung der Frage, ob Gründe für die Beendigung der Regelungen über betriebliche Altersversorgung gegeben sind, den Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist heranzuziehen haben. Zwar ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Neuregelung abzustellen
(vgl. BAG 19. März 2019 – 3 AZR 201/17 – Rn. 59, BAGE 166, 136). Bei der Kündigung einer Betriebsvereinbarung ohne einvernehmliche Neuregelung ist dies allerdings der Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist.
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c) Dabei kommt es – entgegen der Annahme des Betriebsrats – nicht darauf an, im jeweiligen Einzelfall und auf das Einzelfallergebnis bezogen die Eingriffstiefe festzustellen
(vgl. BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 26, BAGE 141, 259; 21. April 2009 – 3 AZR 674/07 – Rn. 36) und damit die Versorgungsansprüche bzw. -anwartschaften nach den beiden unterschiedlichen Versorgungsordnungen zu berechnen und einander gegenüberzustellen. Es kann hier, obwohl eine endgehaltsbezogene Versorgungszusage vorliegt, nicht erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festgestellt werden, ob mit der ablösenden Neuregelung in bestehende Besitzstände eingegriffen wird. Vielmehr kann die Teilkündigung mit ihren Wirkungen nach dem Vorgesagten auf die dritte Stufe als solche begrenzt werden. Das hat die Arbeitgeberin getan. Die möglichen Auswirkungen der Kündigung stehen damit bereits jetzt fest.
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4. Die PO 2006 besteht auch nicht unverändert nachwirkend nach § 77 Abs. 6 BetrVG fort. Die vom Betriebsrat beantragte dahingehende Feststellung wird das Landesarbeitsgericht nach der Zurückverweisung nicht treffen können. Da die Arbeitgeberin entschieden hat, die Zuwächse vollständig einzuschränken, scheidet ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG aus, so dass insoweit auch nicht von einer Nachwirkung der PO 2006 ausgegangen werden kann. Denn dieses Mitbestimmungsrecht führt lediglich zu einer Teilmitbestimmung. Es entfällt, wenn der Arbeitgeber nicht mehr bereit ist, einen Dotierungsrahmen für seine Leistungen zur Verfügung zu stellen
(vgl. dazu nur BAG 17. August 2004 – 3 AZR 189/03 – zu B I 2 der Gründe).
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a) Die Nachwirkung einer gekündigten Betriebsvereinbarung der betrieblichen Altersversorgung ist nicht nur dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber die Ansprüche der Arbeitnehmer völlig beseitigen will. Der Ausschluss gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber bestimmte Besitzstände der Arbeitnehmer entfallen lassen will und innerhalb des auf diese Weise mitbestimmungsfrei verringerten Dotierungsrahmens kein Raum für eine Neuverteilung bleibt oder der Arbeitgeber keine Neuverteilung anstrebt
(BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 384/07 – Rn. 47; 21. August 2001 – 3 ABR 44/00 – zu B II 2 f aa der Gründe, BAGE 98, 354; 17. August 1999 – 3 ABR 55/98 – zu B I 5 a der Gründe, BAGE 92, 203; 11. Mai 1999 – 3 AZR 21/98 – zu IV 1 der Gründe, BAGE 91, 310).
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b) Das ist unabhängig davon, ob es dem Arbeitgeber rechtlich möglich wäre, auch einen weitergehenden Eingriff – hier in die erdiente Dynamik – vorzunehmen. Die anhand des dreistufigen Prüfungsschemas ermittelten Eingriffsstufen sowie auch die Schließung eines Versorgungswerks für Neueintritte
(dazu BAG 17. August 2004 – 3 AZR 189/03 – zu B I 3 der Gründe) stellen bei der betrieblichen Altersversorgung regelmäßig mangels abweichender ausdrücklicher Vereinbarungen natürliche und immanente Grenzen in einer Betriebsvereinbarung und des für ein Versorgungswerk zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmens dar. Entscheidet sich der Arbeitgeber anhand dieser Grenzen, insoweit keinen Dotierungsrahmen für Leistungen zur Verfügung zu stellen, ist dies mitbestimmungsfrei. Der bestehende ggf. verringerte Dotierungsrahmen kann dann nicht mehr im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umverteilt werden, wenn sich der Arbeitgeber bei seiner Kündigung an diese Stufen hält. Ein geringerer Eingriff bei der einen Arbeitnehmergruppe müsste sonst auf der Grundlage des feststehenden neuen Dotierungsrahmens durch einen stärkeren Eingriff bei der anderen Arbeitnehmergruppe ausgeglichen werden. Für einen solchen Eingriff hat der Arbeitgeber regelmäßig nicht die erforderlichen gewichtigeren Rechtfertigungsgründe; zudem will er die Wirkung einer Teilkündigung auch erkennbar auf eine bestimmte Stufe beschränken
(vgl. BAG 17. August 1999 – 3 ABR 55/98 – zu B I 5 a der Gründe, BAGE 92, 203). Anders ist dies nur dann, wenn der Arbeitgeber nicht die Rechte der Arbeitnehmer auf einer bestimmten Stufe vollständig beseitigen, sondern innerhalb der Stufe noch Mittel zur Verfügung stellen will, insoweit also noch ein zur Verteilung anstehender Dotierungsrahmen verbleibt.
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c) Die PO 2006 gilt auch aus einem anderen Grund nicht nach § 77 Abs. 6 BetrVG weiter. Wenn die PO 2006 ohnehin – jedenfalls im Übrigen – normativ fortbesteht, scheidet regelmäßig eine (Teil-)Nachwirkung aus. Eine einheitliche Betriebsvereinbarung wirkt entweder normativ oder nicht. Nach einer zulässigen Teilkündigung kann allenfalls der gekündigte Teil einer neuen oder weiteren Mitbestimmung zugeführt werden. Wenn der Arbeitgeber einen Teil der Betriebsvereinbarung aber wirksam kündigen und diesen Teil der Leistung einstellen will, kann er nicht gezwungen werden, den gesamten Inhalt der Betriebsvereinbarung neu zu verhandeln oder zu vereinbaren
(vgl. BAG 6. November 2007 – 1 AZR 826/06 – Rn. 40, BAGE 124, 314).
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III. Sollte das Beschwerdegericht den Hauptantrag als unbegründet ansehen, wird es klären müssen, unter welcher Bedingung der Betriebsrat seine Hilfsanträge gestellt hat. Nach derzeitigem Stand spricht Einiges dafür, dass er sie lediglich für den Fall der Unzulässigkeit des Antrags zu 1. bzw. der Nichtklärung aller materieller Fragen im Rahmen dieses Antrags gestellt hat, da er mit den Hilfsanträgen zumindest Ausschnitte desselben Antragsziels wie mit seinem Hauptantrag verfolgt. Da aber alle materiellen Fragen mit diesem Beschluss und dem Beschluss des Beschwerdegerichts geklärt werden, wird über die weiteren Anträge nicht mehr zu befinden sein.
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