Verfassungsbeschwerde gegen Gebührenerhebung für Polizeieinsätze bei „Hochrisikospielen“ der Fußball-Bundesliga erfolglos – kein verfassungsrechtlich verbürgtes generelles Gebührenerhebungsverbot im Polizeirecht – keine Verletzung der Berufsfreiheit oder des Gleichheitssatzes (Urteil des BVerfG 1. Senat)

BVerfG 1. Senat, Urteil vom 14.01.2025, AZ 1 BvR 548/22, ECLI:DE:BVerfG:2025:rs20250114.1bvr054822

Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 19 Abs 3 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 70 Abs 1 GG

Leitsatz

1. Als Gebühren lassen sich öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstehen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und insbesondere dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken oder deren Vorteil oder deren Wert auszugleichen. Sie beruhen auf dem Aspekt der Gegenleistung, also des Ausgleichs von Vorzügen und Lasten.
(Rn.61) 
(Rn.66)

2. Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Sie ist keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist. Die Verfassung verlangt auch nicht, Polizeikosten nur Störerinnen und Störern oder solchen Personen aufzuerlegen, die nach den Vorschriften des Polizeigesetzes anstelle der Störerinnen und Störer in Anspruch genommen werden können oder die sich rechtswidrig verhalten.  
(Rn.71) 
(Rn.101)

3. Eine Gebühr ist nur dann angemessen, wenn sie auch tatsächlich als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Leistung erhoben wird. Dabei hat der Gebührengesetzgeber zwar einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen will. Dieser Spielraum ist aber dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorzug und dem Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist.
(Rn.87)

4. Die individuell-konkrete Zurechenbarkeit kann insbesondere gegeben sein, wenn die öffentliche Leistung mit konkreten Vorteilen verbunden ist oder individuell veranlasst wurde, insbesondere bei einer das übliche Maß überschreitenden „Sondernutzung“ öffentlicher Sachen mit einer besonderen Inanspruchnahme begrenzter staatlicher Ressourcen.
(Rn.89)

Verfahrensgang

vorgehend BVerwG, 21. Dezember 2021, Az: 9 B 6/21, Beschluss
vorgehend Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, 11. November 2020, Az: 2 LC 294/19, Urteil

vorgehend BVerwG, 29. März 2019, Az: 9 C 4/18, Urteil

vorgehend Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, 21. Februar 2018, Az: 2 LC 139/17, Urteil

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Urteilsverfassungsbeschwerde betrifft die Erhebung einer Gebühr für den Einsatz von Polizeikräften anlässlich eines als besonders gefahrgeneigt eingestuften Spiels der Fußball-Bundesliga auf der Grundlage einer im Jahr 2014 verabschiedeten landesrechtlichen Gebührenregelung in Bremen.

I.

2

1. In der Freien Hansestadt Bremen bestand seit langem der politische Wille, die wirtschaftlichen Nutznießerinnen und Nutznießer von Spielen der Fußball-Bundesliga an den Kosten für Polizeieinsätze jedenfalls bei sogenannten Hochrisikospielen, also solchen, die einen erhöhten Polizeiaufwand erfordern, zu beteiligen. Nachdem die im Jahr 2009 aufgenommenen Bemühungen um eine deutschlandweite Lösung keinen Erfolg hatten, forderte die Bremische Bürgerschaft im Jahr 2013 den damaligen Senat auf, zu prüfen, ob, wie und nach welchen Kriterien eine Beteiligung des Veranstalters einer gewinnorientierten Großveranstaltung an den Kosten des Polizeieinsatzes auf Basis landesrechtlicher Regelungen erfolgen könnte, und eine hierfür erforderliche Rechtsänderung in die Wege zu leiten (vgl. Bremische Bürgerschaft, Drucks 18/1201, S. 1).

3

In der Folge schuf der Bremer Gesetzgeber eine spezifische Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung bei Veranstalterinnen und Veranstaltern für den polizeilichen Mehraufwand bei gewinnorientierten, erfahrungsgemäß gewaltgeneigten Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen (Brem.GBl. S. 457 und 547 <Berichtigung>; Bremische Bürgerschaft, Drucks 18/1591, S. 1, 3). § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG) vom 16. Juli 1979 (Brem.GBl. S. 279) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes vom 4. November 2014 (Brem.GBl. S. 457 – seither unverändert -) lautet:

§ 4 BremGebBeitrG – Verwaltungsgebühren

[…]

4

(4)
1Eine Gebühr wird von Veranstaltern oder Veranstalterinnen erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird.
2Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht.
3Der Veranstalter oder die Veranstalterin ist vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht zu unterrichten.
4Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden.

5

Parallel wurde durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Kostenverordnung für die innere Verwaltung (InKostV) vom 4. November 2014 das Kostenverzeichnis, auf das § 1 InKostV als Anlage verweist, um die Nr. 120.60 (im Folgenden a.F.; heute: Nr. 120.61) ergänzt.

6

2. Die Beschwerdeführerin ist eine hundertprozentige Tochter des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL e.V.) mit Sitz in Deutschland. Der DFL e.V. ist Mitglied des Deutschen Fußball-Bund e.V. (DFB) und hat von diesem die Verantwortung für den Betrieb der Fußball-Bundesliga und der 2. Fußball-Bundesliga zugewiesen bekommen. Der DFL e.V. hat sein operatives Geschäft auf die Beschwerdeführerin übertragen, die daher unter anderem für die Organisation des Spielbetriebs des professionellen Fußballsports in Deutschland zuständig ist. Die Beschwerdeführerin entscheidet somit über Zeitpunkt und Ort der Begegnungen der Fußball-Bundesliga und der 2. Fußball-Bundesliga. Dies war auch in der Fußball-Bundesligasaison 2014/2015 der Fall.

7

3. a) Im Hinblick auf das von der Beschwerdeführerin am 19. April 2015 angesetzte Spiel der Fußball-Bundesliga zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV im Bremer Weserstadion unterrichtete die Polizei Bremen die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. März 2015 unter Verweis auf den im November 2014 in Kraft getretenen § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG über ihre voraussichtliche Gebührenpflicht als Veranstalterin. Nach den damaligen Erkenntnissen und Informationen sei am Spieltag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fans des SV Werder Bremen und solchen des Hamburger SV zu rechnen, wenn dem nicht durch den Einsatz von starken Polizeikräften und durch entsprechende Einsatzmaßnahmen effektiv begegnet werde. Nach der Erkenntnislage zum Zeitpunkt der Ankündigung sei mit dem Einsatz von etwa 800 Polizeikräften und demzufolge mit einer Gebührenerhebung in Höhe von 250.000 bis 300.000 Euro zu rechnen. Veränderungen des erforderlichen polizeilichen Kräfteansatzes auf Grund aktueller Lage- und Kräfteentwicklungen blieben vorbehalten.

8

Am Spieltag selbst verlief der Gesamteinsatz, bei dem die Bremer Polizei von Einsatzkräften aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Hessen und der Bundespolizei unterstützt wurde, nach Bewertung der Polizeiführung insgesamt reibungslos. Dabei waren 969 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Einsatz. Es kam zu einer Reihe von polizeilichen Maßnahmen; unter anderem wurden circa 90 Personen in Gewahrsam genommen und circa 150 Platzverweise für das gesamte Stadtgebiet erteilt.

9

Mit Datum vom 18. August 2015 erließ die Polizei Bremen gegenüber der Beschwerdeführerin als Veranstalterin des Fußball-Bundesligaspiels SV Werder Bremen gegen den Hamburger SV vom 19. April 2015 einen Bescheid über die Erhebung von Gebühren in Höhe von 425.718,11 Euro für den erforderlichen Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte gemäß § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG in Verbindung mit Nr. 120.60 a.F. der Anlage zu § 1 InKostV und Nr. 103.00 der Anlage zu § 1 Allgemeine Kostenverordnung (AllKostV). Die Vollziehung des Gebührenbescheids wurde gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO ausgesetzt.

10

Nachdem der hiergegen erhobene Widerspruch der Beschwerdeführerin erfolglos geblieben war, hob das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf eine unzureichende gesetzliche Kostenvorschrift den angefochtenen Gebührenbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids auf die Klage der Beschwerdeführerin mit Urteil vom 17. Mai 2017 auf.

11

b) Auf die Berufung der Freien Hansestadt Bremen hat das Oberverwaltungsgericht durch das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil vom 21. Februar 2018 das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage der Beschwerdeführerin abgewiesen, soweit die Beteiligten – nach einer Reduzierung der Gebührenhöhe auf circa 415.000 Euro durch die Freie Hansestadt Bremen – den Rechtsstreit nicht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten. Die Gebührenregelung des § 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BremGebBeitrG sei verfassungsgemäß; die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Gebühr sei zudem weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

12

c) In der auf die Revision der Beschwerdeführerin hin vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die Freie Hansestadt Bremen die Gebührenforderung auf circa 401.000 Euro reduziert. Soweit sich der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt hatte, hat das Bundesverwaltungsgericht mit ebenfalls angegriffenem Urteil vom 29. März 2019 zwar das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. In der Sache hat es aber weitgehend die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts bestätigt.

13

aa) Das Oberverwaltungsgericht gehe zu Recht davon aus, dass der auf § 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BremGebBeitrG in Verbindung mit Nr. 120.60 a.F. der Anlage zu § 1 InKostV gestützte Gebührenbescheid auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage beruhe. Die Gebühr im Sinne von § 4 Abs. 4 Satz 1 BremGebBeitrG werde für eine abtrennbare staatliche Leistung erhoben, und zwar für den Mehraufwand, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften aus Anlass einer konkreten Veranstaltung entstehe, für die auf der Grundlage tatsächlicher Erfahrungen besondere Sicherheitsrisiken prognostiziert worden seien. Solche Mehrkosten müssten von Verfassungs wegen nicht notwendig dem Steuerzahler angelastet werden.

14

Es bestehe auch keine prinzipielle Sperrwirkung der Verfassungsordnung gegen eine Gebühr im Bereich polizeilicher Aufgabenwahrnehmung. Der besondere polizeiliche Mehraufwand sei dem Veranstalter einer gewinnorientierten Veranstaltung zuzurechnen. Denn dieser ziehe aus der Risikominimierung, die der zusätzliche Polizeieinsatz bewirke, einen (wirtschaftlichen) Sondervorteil. Der Veranstalter einer risikobehafteten Großveranstaltung sei auf die verstärkte Sicherheitsvorsorge angewiesen, und zwar nicht nur am Veranstaltungsort selbst und während der eigentlichen Dauer der Veranstaltung, sondern auch im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung. Zwischen dem Abgabepflichtigen und der Freien Hansestadt Bremen bestehe ein individuelles Leistungsrechtsverhältnis, wie es für eine verfassungsrechtlich zulässige Gebühr kennzeichnend sei. Die Gebühr stehe auch in keinem Widerspruch zum Polizeirecht. Der Veranstalter werde nicht polizeirechtlich als Störer der öffentlichen Sicherheit, sondern ausschließlich gebührenrechtlich als Nutznießer der verstärkten Polizeipräsenz in Anspruch genommen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gebe es keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, der es geböte, Polizeikosten stets nur dem Störer oder solchen Personen aufzuerlegen, die nach den Vorschriften des Polizeigesetzes an Stelle des Störers in Anspruch genommen werden könnten.

15

bb) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genüge hinsichtlich der einzelnen unbestimmten Rechtsbegriffe auch den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes. Ohne Rechtsverstoß sei das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass sämtliche Tatbestandsmerkmale auslegungsfähig und mit herkömmlichen Auslegungsmethoden bestimmbar seien. Auch hinsichtlich der Gebührenbemessung sei der Gebührentatbestand hinreichend bestimmt. Die Bemessungskriterien seien (noch) hinreichend bestimmt. Hinsichtlich der Kosten für auswärtige Polizeikräfte sei eine Berechnung der Auslagen auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung, der alle Länder und der Bund beigetreten seien, nicht zu beanstanden, da kein Risiko für eine willkürliche behördliche Handhabung bestehe. Die voraussichtliche Höhe der Gebühr sei zwar für den Gebührenschuldner nicht exakt bestimmbar, aber gleichwohl im Wesentlichen abschätzbar, so dass keine unzumutbaren Unsicherheiten entstünden. Die Norm sei auch ohne eine Eingrenzung des Gebührenrahmens (noch) verfassungsgemäß. Für den Gebührenschuldner entstünden keine unzumutbaren Unsicherheiten, da die Gebühr nur dann erhoben werden dürfe, wenn entsprechende Erfahrungswerte zum kostenpflichtigen Mehraufwand vorlägen. Die Gebührenregelung treffe zudem nur einen sehr kleinen, mit der Problematik vertrauten Adressatenkreis, der regelmäßig über eigene Erfahrungswerte verfüge, die sich von Mal zu Mal weiter konkretisierten und verfestigten.

16

cc) Die in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG normierte Gebührenpflicht verstoße auch nicht gegen grundrechtlich geschützte Positionen der Beschwerdeführerin. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG scheide aus, weil die Eigentumsfreiheit nicht vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten schütze. Auch mit der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG stehe die Regelung in Einklang. Die Abgabe sei durch vernünftige Gemeinwohlerwägungen gerechtfertigt, denn sie diene der Herstellung von Lastengerechtigkeit. Die immens gestiegenen Kosten für Polizeieinsätze aus Anlass von Großveranstaltungen, namentlich unfriedlich verlaufenden Fußballveranstaltungen, sollten künftig nicht mehr zu Lasten der Allgemeinheit aus dem Steueraufkommen finanziert, sondern dem wirtschaftlich Begünstigten in Rechnung gestellt werden. Die vorgesehene Gebühr sei auch nicht unverhältnismäßig, da der Gesetzgeber ausschließlich an gewinnorientierte Veranstaltungen anknüpfe.

17

dd) Die Gebührenregelung verstoße schließlich nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Den vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungskriterien in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG – 5.000 Personen-Schwelle und Beschränkung auf gewinnorientierte Veranstaltungen mit zu erwartenden Gewalthandlungen – lägen sachliche Erwägungen zugrunde. Der Gesetzgeber müsse von dem gebührenpflichtigen Mehraufwand (§ 4 Abs. 4 Satz 2 BremGebBeitrG) auch nicht zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einen steuerfinanzierten Eigenanteil wegen des allgemeinen Interesses an der gebührenpflichtigen Leistung vorsehen, da die Gebührenregelung an einen polizeilichen Mehraufwand anknüpfe, der ausschließlich aufgrund einer privatnützigen, gewinnorientierten Veranstaltung entstehe.

18

ee) Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 4 Satz 1 BremGebBeitrG auch vor. Die Beschwerdeführerin habe als (Mit-)Veranstalterin des Bundesligaspiels angesehen werden dürfen. Auch die Schuldnerauswahl verstoße nicht gegen Bundesrecht. Das Berufungsgericht habe zu Recht angenommen, dass gebührenpflichtige Mitveranstalter im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG mangels anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen nach § 13 Abs. 4 BremGebBeitrG als Gesamtschuldner im Sinne von §§ 421 ff. BGB hafteten; ein Rangverhältnis zwischen mehreren Mitveranstaltern begründe das Gesetz nicht.

19

ff) Im Ausgangspunkt bestünden auch keine Bedenken hinsichtlich der Ermittlung der Gesamthöhe des Mehraufwands. Es fehle aber die notwendige Prüfung, ob diejenigen Kosten hätten in Abzug gebracht werden müssen, die konkreten Störern hätten in Rechnung gestellt werden können. Da die Auslegung nach Überzeugung des Senats nicht losgelöst von der Verwaltungspraxis der Freien Hansestadt Bremen in Bezug auf Ingewahrsamnahmen bei Großveranstaltungen vorgenommen werden sollte und ohnehin noch tatsächliche Feststellungen zum genauen Umfang der Ingewahrsamnahmen und der damit verbundenen Kosten fehlten, werde die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

20

d) Nach der Zurückverweisung hat das Oberverwaltungsgericht mit angegriffenem Urteil vom 11. November 2020 das Urteil des Verwaltungsgerichts erneut aufgehoben und die Klage der Beschwerdeführerin abgewiesen, soweit die Beteiligten – nach einer weiteren Reduzierung der Gebührenhöhe auf nunmehr circa 386.000 Euro – den Rechtsstreit nicht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten. Auf die vom Bundesverwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht offengelassene Frage sei zu antworten, dass die Beschwerdeführerin und diejenigen Störer, denen eine Verwaltungsgebühr für die Verbringung in den Polizeigewahrsam (Transportkosten) in Rechnung gestellt werden könnte, analog § 13 Abs. 4 BremGebBeitrG als Gesamtschuldner für die Transportkosten hafteten.

21

Ein Ermessensfehler bei der Gesamtschuldnerauswahl für die Transportkosten der in Gewahrsam genommenen Personen liege nicht vor. Die Freie Hansestadt Bremen habe die konkreten Kosten für die Ingewahrsamnahme der Störer (Transport- und Unterbringungskosten) von der Gebührenforderung gegenüber der Beschwerdeführerin vollumfänglich abgesetzt, indem sie den Gebührenbescheid in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Höhe von weiteren circa 14.000 Euro aufgehoben habe.

22

e) Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 21. Dezember 2021 hat das Bundesverwaltungsgericht schließlich die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 11. November 2020 zurückgewiesen. Dem Beschwerdevorbringen sei nicht zu entnehmen, dass die geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 3 VwGO erfüllt seien.

23

4. Der im Ausgangsverfahren streitgegenständliche Gebührenbescheid war der erste nach Inkrafttreten des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG, dem weitere – durchschnittlich ein Bescheid pro Saison mit Gebührenforderungen von durchschnittlich circa 334.000 Euro – folgten. Die Beschwerdeführerin nahm jeweils Regress beim SV Werder Bremen. Die Inanspruchnahme des SV Werder Bremen beläuft sich nach dessen Angaben auf circa 25 % des Gewinns des jeweils betroffenen Hochrisikospiels. Innerhalb der Organisation des Fußballprofisports ist die Beschwerdeführerin für die Verlegung eines Spiels aus Sicherheitsgründen zuständig, während für die Sicherheitsmaßnahmen innerhalb des Stadions der jeweilige Verein die Verantwortung trägt. Wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, gab es in der Saison 2022/2023 bundesweit bei insgesamt 612 Begegnungen in der 1. und 2. Fußball-Bundesliga 52 sogenannte „Rotspiele“, also Hochrisikospiele. Ebenfalls wurde – unter Bezugnahme auf den Jahresbericht Fußball Saison 2022/2023 der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) – darauf hingewiesen, dass die örtlichen Schwerpunkte der im Zusammenhang mit den jeweiligen Spielen begangenen Straftaten vor allem im Bereich des Stadions selbst sowie im Stadionvorfeld und in den Bahnhöfen lägen (siehe auch ZIS-Jahresbericht Fußball Saison 2022/2023, S. 16). Weiter wurde auf den steigenden Personaleinsatz im jährlichen Vergleich hingewiesen (siehe auch ZIS-Jahresbericht Fußball Saison 2022/2023, S. 17 f.).

II.

24

Mit der bereits nach der Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2019 erhobenen Verfassungsbeschwerde, die zweimal ergänzt worden ist, rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG durch die vier angegriffenen Gerichtsentscheidungen. Vorrangig geht es ihr um die Verfassungswidrigkeit der Gebührenregelung selbst.

25

§ 4 Abs. 4 BremGebBeitrG sei verfassungswidrig und damit nichtig. In Verbindung mit Nr. 120.60 a.F. der Anlage zu § 1 InKostV verstoße die Regelung gegen die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung aus Art. 104a ff. GG. Gegenstand der dort geregelten Gebühr sei keine hinreichend abgrenzbare staatliche Leistung. Sie beziehe sich nur auf die „Bereitstellung“ von Polizeikräften, somit auf die polizeiliche Sicherheitsvorsorge als solche und folglich auf eine allgemeine staatliche Tätigkeit. Das Gesetz habe keine besondere Tätigkeit zum Gegenstand, sondern lediglich besondere Kosten, die jedoch für sich genommen nicht gebührenfähig seien. Auch das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich“ vermittle keine wahrnehmbare Abgrenzung, soweit allein der Mehraufwand aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften gebührenpflichtig sei.

26

Die beanstandete Regelung sei darüber hinaus verfassungswidrig, weil die gebührenpflichtige Leistung der Polizei nicht dem Veranstalter zuzurechnen sei. Die insbesondere durch die Polizei wahrgenommene staatliche Sicherheitsvorsorge sei Grundlage zahlreicher wirtschaftlicher Betätigungen. Dieser Kausalzusammenhang begründe jedoch keine individuelle Zurechenbarkeit. Nicht der Veranstalter störe die öffentliche Sicherheit, sondern frei verantwortlich agierende Dritte. Aus der allgemeinen Verpflichtung des Staates, seinen Bürgern die Möglichkeit zur Freiheitsbetätigung zu geben, folge die Pflicht, Gefahren mit staatlichen Kräften abzuwehren. Der dadurch verursachte Aufwand sei der Preis für das staatliche Gewaltmonopol in einer freiheitlichen Gesellschaft. Im Gegenzug dürfe der Staat nicht Freiheiten verbieten, um Kosten für die Gewährleistung von Sicherheit zu sparen.

27

Weiter genügten weder der Tatbestand des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG noch – wegen der Regelungen über die Gebührenbemessung und wegen der Unvorhersehbarkeit der Gebührenhöhe – die Rechtsfolgenseite den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots. Die Tatbestandsmerkmale „Gewalthandlungen“, „erfahrungsgemäß“, „vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld“ und „Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird“ seien sowohl je für sich betrachtet als auch in der Gesamtschau nicht hinreichend bestimmt. Über den Gebührentatbestand hinaus seien auch die Kriterien für die Gebührenbemessung unbestimmt, sowohl bezogen auf die Kräfte aus Bremen als auch bezogen auf die Fremdkräfte. Schließlich sei auch die Gebührenhöhe nicht hinreichend vorhersehbar.

28

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei verletzt, da es an einem hinreichend gewichtigen Gemeinwohlgrund fehle. Eine bestimmte Personengruppe an den Kosten für die Tätigkeit der öffentlichen Hand besonders – also über die allgemeine Pflicht, Steuern zu zahlen, hinaus – zu beteiligen, sei kein legitimes Ziel, wenn es an einer Zurechnung fehle. Die Regelung sei aber vor allem unangemessen, da die zusätzliche Bereitstellung von Polizeikräften typischerweise zur Abwehr solcher Gefahren erfolge, die der Veranstalter nicht selbst steuern könne und auch nicht zu verantworten habe.

29

§ 4 Abs. 4 BremGebBeitrG in Verbindung mit Nr. 120.60 a.F. der Anlage zu § 1 InKostV verstoße zudem gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Norm ordne eine Gebührenpflicht für gewinnorientierte Veranstaltungen an, an denen voraussichtlich mehr als 5.000 Personen gleichzeitig teilnähmen und bei denen Gewalthandlungen erfahrungsgemäß zu erwarten seien. Nur wenn alle drei Merkmale kumulativ erfüllt seien, sei die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte gebührenpflichtig. Damit fehle es für mehrere Vergleichspaare, namentlich etwa jeweils Veranstaltungen, die einen der Parameter nicht erfüllten, an einer Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung. Schließlich fordere Art. 3 Abs. 1 GG, dass bei der Berechnung der Gebührenhöhe das Allgemeininteresse an der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften zu berücksichtigen sei.

30

Im vorliegenden Fall bestehe zudem ein mit dem Folgerichtigkeitsgebot unvereinbarer Wertungswiderspruch zwischen dem Bremischen Polizeigesetz (BremPolG) und dem Gebühren- und Beitragsgesetz, indem ein Veranstalter auch dann zu einer Gebühr herangezogen werden dürfe, wenn er hinsichtlich der Gefahr, zu deren Abwehr die Polizeikräfte zusätzlich bereitgestellt würden, im polizeirechtlichen Sinne nicht Handlungs- oder Zustandsverantwortlicher (§§ 5 und 6 BremPolG) sei.

31

Die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts verletzten die Beschwerdeführerin darüber hinaus in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und somit in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ferner sei die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte insbesondere bezogen auf die Prognose der Gefährlichkeit der Veranstaltungen den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht gerecht geworden.

III.

32

1. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen ist dem Verfahren gemäß § 94 Abs. 5 Satz 1 BVerfGG beigetreten und hat Stellung genommen. Danach sind die angegriffenen Entscheidungen verfassungsrechtlich in keinerlei Hinsicht zu beanstanden.

33

2. a) Von der eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme haben der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V., die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein e.V., die Deutsche Polizeigewerkschaft, der Deutsche Olympische Sportbund e.V. und die Gewerkschaft der Polizei Gebrauch gemacht. Die Bremische Bürgerschaft, der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung, die fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft e.V. und der BDKV Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V. haben keine Stellungnahme abgegeben.

34

b) Nach Auffassung des Bundes der Steuerzahler Deutschland, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltvereins und der Deutschen Polizeigewerkschaft sind weder die gesetzliche Grundlage noch die angegriffenen Entscheidungen zu beanstanden. Hingegen hat der Deutsche Olympische Sportbund die Sorge geäußert, § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG könne die Durchführung großer kommerzieller Sportveranstaltungen von gemeinnützigen Sportvereinen erheblich beeinträchtigen. Die Gewerkschaft der Polizei hat die Rolle der Sicherheitsgewährleistung für die Allgemeinheit als eine dem Staat obliegende Aufgabe betont.

IV.

35

Das Bundesverfassungsgericht hat am 25. April 2024 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Neben der Beschwerdeführerin und dem Beigetretenen haben sich als sachkundige Dritte die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein, die Deutsche Polizeigewerkschaft, die Gewerkschaft der Polizei, der Deutsche Olympische Sportbund und die SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA geäußert.

B.

36

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sich die Beschwerdeführerin mit der Rüge der Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG unmittelbar gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 11. November 2020 und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2019 und mittelbar gegen § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG wendet. Im Übrigen ist sie unzulässig, da sie insbesondere nicht den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde genügt.

I.

37

Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden Fachrecht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 140, 229 <232 Rn. 9>; 157, 300 <310 Rn. 25> – Unterschriftenquoren Bundestagswahl). Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen bereits Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, so ist der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den darin entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. BVerfGE 140, 229 <232 Rn. 9>; 149, 346 <359 Rn. 23> m.w.N.; 153, 74 <137 Rn. 104> – Einheitliches Patentgericht; 158, 210 <230 f. Rn. 51> – Einheitliches Patentgericht II – eA; 163, 165 <210 Rn. 75> – ESM-ÄndÜG). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, ist darzulegen, dass sie auf der Anwendung einer verfassungswidrigen Norm beruht (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 9. April 2024 – 1 BvR 2017/21 -, Rn. 30, 109 – Vaterschaftsanfechtung) oder dass bei der Anwendung von Fachrecht spezifisches Verfassungsrecht (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 106, 28 <45>; 134, 242 <353 Rn. 323>) oder das Willkürverbot (vgl. BVerfGE 152, 345 <382 Rn. 98> – Entfernung aus dem öffentlichen Dienst durch Verwaltungsakt) verletzt wurden.

II.

38

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2021 und gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2018 richtet, genügt sie diesen Anforderungen nicht. Die Verfassungsbeschwerde legt nicht substantiiert dar, inwieweit das Bundesverwaltungsgericht mit der rein prozessualen Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision das Fachrecht möglicherweise in verfassungsrechtlich relevanter Weise fehlerhaft ausgelegt oder angewendet und die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Grundrechten verletzt haben kann. Ebenfalls nicht ausreichend dargelegt wurde, inwiefern die Beschwerdeführerin durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2018 noch beschwert sein kann, nachdem dieses durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2019 aufgehoben wurde.

39

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 11. November 2020 und gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2019 und mittelbar gegen § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG wendet, genügt sie den Darlegungsanforderungen nur teilweise. Sie sind gewahrt, soweit die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung geltend gemacht wird (a), nicht aber, soweit die Verfassungswidrigkeit der Auslegung und Anwendung des Fachrechts gerügt wird (b).

40

a) Die Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt nur teilweise den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Anforderungen.

41

aa) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG sowie von Art. 3 Abs. 1 GG, jeweils in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, durch die vom Bundesverwaltungsgericht und vom Oberverwaltungsgericht angewendete gesetzliche Regelung rügt, legt sie eine mögliche Grundrechtsverletzung substantiiert dar.

42

bb) Dagegen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Darlegungsanforderungen, soweit sie eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG geltend macht. Die Rüge, die Auferlegung der Gebühr verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, bleibt wegen deren Charakters als Geldforderung unsubstantiiert (vgl. BVerfGE 91, 207 <220>). Hinsichtlich der Rüge, § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG sei ein unzulässiges Einzelfallgesetz (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG), fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den in den angegriffenen Entscheidungen enthaltenen Hinweisen auf den allgemeinen Charakter des Gesetzes.

43

b) Auch soweit die Verfassungsbeschwerde eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts beziehungsweise eine Verletzung des Willkürverbots durch eine fehlerhafte Anwendung des Fachrechts rügt, entspricht sie nicht den Darlegungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Rüge der fehlenden Absetzung von Kosten für polizeiliche Maßnahmen gegen einzelne Störerinnen und Störer (aa) und in Bezug auf die Rüge der Einstufung der Beschwerdeführerin als Veranstalterin im Sinne von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG (bb) sowie hinsichtlich der Rüge der unzureichenden Kontrolle der polizeilichen Prognose (cc).

44

aa) Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, durch die fehlende Absetzung von Kosten für polizeiliche Maßnahmen gegen einzelne Störerinnen und Störer von der Veranstaltungsgebühr nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu sein, machen nicht deutlich, inwiefern sie trotz der Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, die Freie Hansestadt Bremen habe am Ende des Verfahrens alle realisierbaren konkreten Ingewahrsamnahmekosten von der Forderung ausgenommen, noch beschwert sein kann.

45

Der Senat hat daher nicht darüber zu entscheiden, ob sich die nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts mögliche Einbeziehung von Kosten für einzelne Störerinnen und Störer in die Veranstaltungsgebühr des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG rechtfertigen lässt.

46

bb) Die Verfassungsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die den Entscheidungen zugrunde liegende Wertung, die Beschwerdeführerin sei als Veranstalterin im Sinne von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG anzusehen, an einem verfassungsrechtlich relevanten Auslegungsfehler leidet. Die Entscheidungen konnten sich dafür auf den festgestellten Umstand stützen, dass die Beschwerdeführerin bestimmenden Einfluss auf die Durchführung des betroffenen Fußballspiels hatte (siehe auch Rn. 6). Insbesondere ist der Vortrag, die Annahme der Veranstaltereigenschaft der Beschwerdeführerin sei willkürlich, schon vor dem Hintergrund des weiteren Vortrags der Beschwerdeführerin, sie sei für die Terminkoordination der Spiele zuständig, nicht nachvollziehbar. Auch aus dem Umstand, dass der SV Werder Bremen der abgegoltenen öffentlichen Leistung ebenfalls nahesteht, folgt nicht, dass die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin willkürlich wäre.

47

cc) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht hätten die Richtigkeit der polizeilichen Prognose des Gewaltpotenzials nicht in einer Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG entsprechenden Weise kontrolliert, genügt den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht.

48

(1) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>; stRspr). Die grundgesetzliche Garantie umfasst den Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (vgl. BVerfGE 107, 395 <401>). Der Bürger hat einen substantiellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 93, 1 <13>; 113, 273 <310>; stRspr). Zur Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes gehört vor allem, dass dem Gericht eine hinreichende Prüfungsbefugnis hinsichtlich des Streitfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zukommt, damit einer Rechtsverletzung abgeholfen werden kann. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes schließt allerdings nicht aus, dass je nach Art der zu prüfenden Maßnahme wegen der Einräumung von Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräumen eine unterschiedliche Kontrolldichte besteht (vgl. BVerfGE 61, 82 <111>; 84, 34 <53 ff.>; 113, 273 <310>).

49

(2) Dass das Oberverwaltungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht dem hiernach gebotenen hinreichenden, auch die prognostischen Elemente des verfahrensgegenständlichen Tatbestandes einbeziehenden, verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nicht Genüge getan haben könnten, ergibt sich aus der Verfassungsbeschwerde jedoch nicht.

50

Die Beschwerdeführerin weist bei der Darlegung des Maßstabes zwar zutreffend darauf hin, dass das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG eine effektive richterliche Kontrolle als Gegengewicht zu den dem Gläubiger eingeräumten Handlungsoptionen erfordert. Da § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG abstrakte Kriterien wie „Mehrbedarf“ und „erforderlich“ enthält und zudem im Kern von einer polizeilichen Prognose abhängt („voraussichtlich“, „erfahrungsgemäß“, „teilnehmen werden“), verlangt bei dieser Ausgangslage Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, dass die Gerichte die tatsächlichen Grundlagen der polizeilichen Prognose selbständig überprüfen und Hinweise der Schuldnerinnen und Schuldner, die diese aufgrund eigener Informationsquellen erlangen, auf ihre Belastbarkeit hin überprüfen. Die Grundlagen der polizeilichen Prognose müssen auch deshalb überprüft werden, weil etwa der friedliche Verlauf eines Fußballspiels nicht nur ein Indiz dafür sein kann, dass die polizeiliche Prognose zutreffend war und die Polizeipräsenz ihre gewaltvorbeugende Wirkung entfaltet hat, sondern – von den Umständen des Einzelfalls abhängig – auch darauf hindeuten kann, dass die Prognose unzutreffend und das Spiel weniger gefahrträchtig war als von der Polizei vermutet.

51

Gleichwohl bleibt die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich einer möglichen Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unsubstantiiert. Die Beschwerdeführerin wiederholt inhaltlich insoweit nur ihren Sachvortrag aus dem fachgerichtlichen Verfahren, ohne sich mit den Ausführungen in den angegriffenen Entscheidungen ausreichend auseinanderzusetzen. Insbesondere bleibt unklar, warum die Annahme des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 11. November 2020, es sei nicht Aufgabe der Gerichte, die konkrete Zahl der erforderlichen Polizeibeamten an Stelle der Polizeibehörde festzulegen, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzen soll.

C.

52

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie unbegründet. Die den zulässig angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegende, mittelbar angegriffene Regelung in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verletzt weder die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin aus Art. 12 Abs. 1 GG (I), noch verstößt die Regelung gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (II); der verfassungsrechtlichen Prüfung unterliegt die Norm in diesem Verfahren nur in ihrem hier relevanten Anwendungsbereich für Hochrisikospiele der Fußball-Bundesliga. Auch Auslegung und Anwendung der Norm lassen keinen Verstoß gegen das Grundgesetz erkennen (III).

I.

53

§ 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Norm greift zwar in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Veranstalterinnen und Veranstalter ein (1). Der Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da die Norm formell (2) und materiell verfassungsgemäß ist; sie wahrt sowohl den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch das Bestimmtheitsgebot (3).

54

1. a) Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Berufsfreiheit als einheitliches Grundrecht (vgl. BVerfGE 7, 377 <402>; 95, 193 <214>; stRspr). Die Berufsfreiheit gewährt das Recht, eine Tätigkeit als Beruf zu ergreifen und frei auszuüben. Unter Beruf ist dabei jede auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage zu verstehen, ohne dass der Schutz der Berufsfreiheit auf traditionell oder gesetzlich fixierte Berufsbilder und erlaubte Tätigkeiten beschränkt wäre (vgl. BVerfGE 111, 10 <28>; 163, 107 <133 Rn. 71> – Tierarztvorbehalt). Grundrechtsträger können gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch inländische juristische Personen sein.

55

Geldleistungspflichten greifen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein, wenn sie in engem Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen (vgl. BVerfGE 98, 83 <97>; 113, 128 <145>; 124, 235 <242>; 161, 63 <89 Rn. 43> – Windenergie-Beteiligungsgesellschaften; BVerfGE 162, 325 <346 Rn. 79> – Zinsen Kernbrennstoffsteuer). Dies ist anzunehmen, wenn die Geldleistungspflichten einen spezifischen Einfluss auf die berufliche Tätigkeit ausüben und zu einer Veränderung der Rahmenbedingungen der Berufsausübung führen (vgl. zu Abgaben BVerfGE 95, 267 <302>; 98, 218 <258>; 111, 191 <213 f.>; 113, 128 <145>; 161, 63 <90 Rn. 47>; stRspr).

56

b) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG greift in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ein. Die Organisation von Spielen der Fußball-Bundesliga ist eine berufliche Tätigkeit, weil die Veranstalterinnen und Veranstalter diese dauerhaft zwecks Gewinnerzielung ausüben. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG knüpft mit seiner Gebührenpflicht für Hochrisikospiele an einen bestimmten Ausschnitt dieser Tätigkeit an, erhöht die finanzielle Belastung für diese erheblich und beeinflusst dadurch die berufliche Tätigkeit spezifisch.

57

2. Eingriffe in die Berufsfreiheit genügen dem in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG niedergelegten Gesetzesvorbehalt nur dann, wenn die gesetzliche Regelung auch in formeller Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die landesgesetzliche Vorschrift des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist formell grundgesetzkonform ergangen, insbesondere steht dem Land insoweit die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 70 GG zu.

58

Ob sich die Gesetzgebungskompetenz bei Geldleistungspflichten nach Art. 105 GG oder nach Art. 70 ff. GG richtet, hängt von der Art der Abgabe ab (a), nämlich davon, ob es sich um eine Steuer (aa) oder um eine sonstige Abgabe, wie etwa eine Gebühr (bb), handelt. Da die Geldleistungspflicht gemäß § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG als Gebühr im Bereich des allgemeinen Polizeirechts zu qualifizieren ist, besitzt die Freie Hansestadt Bremen gemäß Art. 70 Abs. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung der Veranstaltungsgebühr (b).

59

a) Anders als für Steuern, deren Kompetenzgrundlagen in Art. 105 ff. GG geregelt sind, wird die Kompetenz für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben von derjenigen für die jeweilige Sachmaterie umfasst (vgl. BVerfGE 137, 1 <19 Rn. 45>; stRspr). Die Gesetzgebungskompetenz für die hier betroffene Sachmaterie des allgemeinen Polizeirechts einschließlich des Polizeikostenrechts liegt gemäß Art. 70 Abs. 1 GG bei den Ländern (vgl. zuletzt BVerfGE 165, 1 <87 f. Rn. 167> – Polizeiliche Befugnisse nach SOG MV).

60

aa) Das Grundgesetz kennt keine Legaldefinition der Steuer. Das Bundesverfassungsgericht geht allerdings seit jeher davon aus, dass das Grundgesetz für den Begriff „Steuer“ an die Definition in § 3 Abs. 1 AO anknüpft (vgl. BVerfGE 67, 256 <282>; 93, 319 <346>; 149, 222 <249 Rn. 53>). Danach sind Steuern „Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft“. Kennzeichnend für eine Steuer ist somit, dass sie ohne individuelle Gegenleistung und unabhängig von einem bestimmten Zweck zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben wird (vgl. BVerfGE 108, 186 <215 f.>; 137, 1 <17 Rn. 41>; 149, 222 <249 Rn. 53>). Ihre Höhe ist nicht durch die mit ihnen finanzierten staatlichen Aufgaben begrenzt (vgl. BVerfGE 43, 108 <118 ff.>; 61, 319 <344 ff.>; 66, 214 <222 ff.>; 82, 60 <86>).

61

bb) Demgegenüber werden Gebühren ebenso wie Beiträge als Vorzugslasten bezeichnet (vgl. BVerfGE 110, 370 <388>; 137, 1 <17 f. Rn. 42>) und fallen mit weiteren Abgaben in die Kategorie der nichtsteuerlichen Abgaben (vgl. BVerfGE 149, 222 <249 Rn. 54>). Dabei verwendet das Grundgesetz zwar den Begriff der Gebühr (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 80 Abs. 2 GG), kennt aber keinen eigenständigen vollständigen Gebührenbegriff (vgl. BVerfGE 50, 217 <225 f.>; 137, 1 <18 Rn. 43>). Gebühren weisen als Vorzugslasten jedoch Merkmale auf, die sie verfassungsrechtlich notwendig von der Steuer unterscheiden (vgl. BVerfGE 137, 1 <18 Rn. 43>). Als Gebühren lassen sich danach öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstehen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden (vgl. BVerfGE 149, 222 <250 Rn. 55>) und insbesondere dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken oder deren Vorteil (vgl. BVerfGE 93, 319 <347>) oder deren Wert auszugleichen (vgl. BVerfGE 50, 217 <226>; 85, 337 <346>; 91, 207 <223>; 92, 91 <115>; 93, 319 <347>; 110, 370 <388>; 132, 334 <349 Rn. 49>; 137, 1 <18 Rn. 43>). Die öffentliche Leistung kann in jeder Form der Erbringung eines Aufwands durch den Staat liegen (vgl. zu unterschiedlichen Arten von Aufwänden BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Juli 2004 – 2 BvR 206/04 -, Rn. 8), wie etwa bei der Rückmeldung von Studierenden (vgl. BVerfGE 108, 1 <13>) oder bei der Bereitstellung von Häfen zugunsten der Eigentümer von Schiffen (vgl. BVerfGE 91, 207 <224>). Sie muss sich vom staatlichen Handeln, das keiner Gebührenlast unterworfen ist, nicht der Art nach unterscheiden. So ist auch im Fachrecht überkommen, die Grenze des gebührenfreien Allgemeingebrauchs durch eine übermäßige Inanspruchnahme eines öffentlichen Guts zu bestimmen (vgl. z.B. § 46 Abs. 1 WHG sowie § 29 Abs. 2 StVO). In einer solchen übermäßigen Inanspruchnahme staatlicher Angebote kann eine besondere Leistung liegen, an die der Gebührenbegriff anknüpft (siehe dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1993 – 1 BvR 1270/94 -, Rn. 20).

62

b) Danach konnte sich die Freie Hansestadt Bremen beim Erlass des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG auf Art. 70 Abs. 1 GG stützen. Bei der durch § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG begründeten Geldleistungspflicht handelt es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe in Form einer Gebühr, da sie für die öffentliche Leistung der konkreten Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte deren Kosten (also den Mehraufwand) den Veranstalterinnen und Veranstaltern auferlegt. Der Mehraufwand besteht dabei in dem wegen der Durchführung der gefahrträchtigen Veranstaltung betriebenen Gesamtaufwand abzüglich des Aufwandes, den vergleichbare nicht gefahrträchtige Veranstaltungen hervorrufen, und beruht auf konkreten, zum Teil umfangreichen organisatorischen und planerischen Ermittlungen und Maßnahmen der Landespolizei. Er ist – anders als die Beschwerdeführerin vorträgt – kein reiner Kostenpunkt. Der Mehraufwand unterscheidet sich – jedenfalls quantitativ – abgrenzbar von dem Aufwand, den die Landespolizei an Tagen erbringen muss, an denen nicht-gefahrträchtige Veranstaltungen stattfinden. Ob es sich insoweit um eine verfassungsrechtlich zulässige Gebühr handelt, weil insbesondere die vom Gesetzgeber angenommene Zurechenbarkeit tatsächlich vorliegt (siehe dazu Rn. 87 ff.), ist für ihre Zuordnung zur Gesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1 GG unerheblich (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>; 149, 222 <250 f. Rn. 57>).

63

3. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist auch materiell verfassungsgemäß. Die Norm genügt als Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Die Vorschrift dient legitimen Zwecken des Gemeinwohls (a), ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet (b) und erforderlich (c) sowie angemessen (d); sie genügt auch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots (e).

64

a) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verfolgt verfassungsrechtlich legitime Zwecke.

65

aa) Durch gesetzliche Regelungen erfolgende Eingriffe in Grundrechte sind lediglich dann gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber mit dem Gesetz verfassungsrechtlich legitime Zwecke verfolgt (vgl. BVerfGE 100, 313 <359>; 115, 276 <304 f., 307>; 117, 163 <182>; 124, 300 <331>). Ob dies der Fall ist, unterliegt der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Es ist dabei nicht auf die Berücksichtigung solcher Zwecke beschränkt, die der Gesetzgeber selbst ausdrücklich benannt hat (vgl. BVerfGE 151, 101 <136 Rn. 89> – Stiefkindadoption; 167, 163 <212 f. Rn. 115> – Contergan II).

66

Bei der Auferlegung einer nichtsteuerlichen Abgabe bedarf es eines über die Erzielung von Einnahmen für die öffentliche Hand hinausgehenden Zweckes (vgl. BVerfGE 55, 274 <303 f.>; 108, 1 <16>; 113, 128 <147>; 124, 235 <243 f.>; 149, 222 <254 Rn. 65>; 158, 282 <328 Rn. 113> – Vollverzinsung). Gebühren als eine Form von Vorzugslasten unterliegen dabei keinen grundsätzlichen Bedenken (vgl. BVerfGE 82, 159 <181>; 93, 319 <343 f.>; vgl. im Übrigen BVerfGE 149, 222 <249 Rn. 54> m.w.N. zu den Vorzugslasten). Ihre Erhebung wird dem Grunde nach durch ihre Ausgleichsfunktion gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 108, 186 <216>; 132, 334 <349 Rn. 49>). Sie beruhen auf dem Aspekt der Gegenleistung, also des Ausgleichs von Vorzügen und Lasten (vgl. BVerfGE 9, 291 <298>; 91, 207 <223>; 144, 369 <400 Rn. 73>; siehe bereits Rn. 61).

67

bb) Gemessen hieran ist der mit § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verfolgte Zweck legitim, da es sich um einen anerkannten Gebührenzweck handelt (1); auch besteht kein verfassungsrechtliches Gebührenerhebungsverbot im Polizeirecht (2).

68

(1) Der Gesetzgeber verfolgt mit der Gebührenregelung das Ziel der Kostendeckung für eine konkrete öffentliche Leistung, wie sich aus der Regelung, gestützt durch die Gesetzesmaterialien, ergibt.

69

Die Regelung zielt ersichtlich darauf ab, die durch die Durchführung der näher beschriebenen Veranstaltungen entstandenen Mehrkosten der Polizei auf die Veranstalterinnen und Veranstalter abzuwälzen, um auf diese Weise einen Lastenausgleich zu erreichen. Dieser Gesetzeszweck spiegelt sich auch in den Gesetzesmaterialien wider. Dem Gesetzgeber geht es – auch vor dem Hintergrund der Haushaltssituation des Landes Bremen – darum, dass die über die Jahre kontinuierlich ansteigenden Polizeikosten für die Begleitung gewinnorientierter privater Veranstaltungen im öffentlichen Raum nicht durch die Gesamtheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern jedenfalls auch durch die (un)mittelbaren wirtschaftlichen Nutznießerinnen und Nutznießer der Polizeieinsätze geschultert werden sollen (vgl. Bremische Bürgerschaft, Drucks 18/1201, S. 1; 18/1591, S. 2 f.). So verfolgt § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG das Ziel, den über einen Basisanteil hinausgehenden Anteil der Kosten für Polizeieinsätze bei bestimmten Großveranstaltungen zu finanzieren und damit den Haushalt zu entlasten. Dabei sollen die Kosten an die Stelle verlagert werden, an der die Gewinne anfallen (vgl. insoweit die Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Güldner <Bündnis 90/Die Grünen>, Plenarprotokoll der 67. Sitzung der Bremischen Bürgerschaft vom 25. September 2014, S. 4926).

70

Ausgehend davon wird mit § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ein legitimes Ziel verfolgt. Das Ziel, mit der Gebühr eine Kostendeckung für eine konkrete öffentliche Leistung und gleichzeitig eine gerechte Kostenverteilung zu erreichen, stellt einen anerkannten Gebührenzweck dar (vgl. BVerfGE 108, 1 <18>), der nicht allein der Einnahmeerzielung dient.

71

(2) Der Legitimität des mit § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verfolgten Ziels steht kein verfassungsrechtlich verbürgtes generelles Gebührenerhebungsverbot im Polizeirecht entgegen. Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Anders als die Beschwerdeführerin unter Berufung auf Literaturmeinungen (Habermann, Gebühren für Gefahrenabwehr, 2011, S. 349; Leines, Die Kostentragung für Polizeieinsätze anlässlich von Fußballspielen, 2017, S. 285 f.; P. Kirchhof/G. Kirchhof, Das Recht auf unentgeltliche Sicherheit, 2020, S. 90 ff.) vorträgt, ist die Gefahrenvorsorge keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist.

72

Es gibt keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt im Grundgesetz für die Annahme einer solchen Gebührenfreiheit (a). Weder die Erfüllung staatlicher Kernaufgaben (b) noch die staatlichen Handlungspflichten (c) ziehen eine solche nach sich. Ebenso begründet ein subjektiver Leistungsanspruch keinen Anspruch auf die Gebührenfreiheit der Leistung (d).

73

(a) Zunächst fehlt es für die Annahme, im Rahmen der öffentlichen Sicherheit und/oder des staatlichen Gewaltmonopols bestehe ein vollständiges oder partielles Gebührenerhebungsverbot, an einer hinreichenden Anknüpfung im Grundgesetz. Soweit unter Bezugnahme auf den Wortlaut des Grundgesetzes Gebührenerhebungsverbote für möglich gehalten werden (bei Art. 8 GG aus dem Begriff „ohne Erlaubnis“ – vgl. BVerfGK 12, 354 <358 f.>; bei Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG daraus, dass der Bundestag in „allgemeiner“ und „freier“ Wahl zu wählen ist – vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 159), werden diese grundrechtsbezogen und nicht aufgabenbezogen begründet. Umgekehrt beziehen sich Regelungen, bei denen das Grundgesetz ausdrücklich von Gebühren (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 und Art. 80 Abs. 2 GG) oder Beiträgen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) spricht, gerade auf Aufgabenbereiche, bei denen eine – zumindest fachrechtlich begründete – staatliche Leistungspflicht überkommen ist, wie etwa die Bereitstellung eines Straßennetzes und von Infrastruktureinrichtungen. Sachgebietsbezogene Gebührenerhebungsverbote sind dem Grundgesetz hingegen nicht zu entnehmen (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 157 ff.).

74

(b) Selbst eine staatliche Kernaufgabe ist nicht notwendig gebührenfrei zu erbringen. Auch im Bereich des staatlichen Gewaltmonopols ist kein verfassungsrechtliches Gebührenerhebungsverbot überkommen. Dies belegen die als verfassungsrechtlich zulässig anerkannten Gerichtsgebühren (vgl. BVerfGE 80, 103 <107>; 85, 337 <346>; 115, 381 <390>). Ebenso wenig besteht für Leistungen innerhalb der polizeilichen Gefahrenvorsorge ein verfassungsrechtliches Gebührenerhebungsverbot.

75

(c) Etwaig bestehende verfassungsrechtliche Handlungspflichten des Staates ziehen ebenso wenig eine zwangsläufige Finanzierung durch Steuern und damit eine zwingende Gebührenfreiheit nach sich. So ist im Bereich sogenannter präventiver Verbote, bei denen die Pflicht des Staates zur Erteilung der Genehmigung bei Vorliegen der Voraussetzungen aus dem grundrechtlichen Freiheitsrecht folgt, die Verfassungsmäßigkeit der Gebührenerhebung anerkannt (vgl. zur Erteilungsgebühr einer Hundehaltungsplakette BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. März 2004 – 1 BvR 1498/00 -, Rn. 2; zur Baugenehmigung BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 2. September 2004 – 1 BvR 252/02 -, Rn. 3; zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2018 – 1 BvR 45/15 -, Rn. 21).

76

(d) Selbst in Bereichen, in denen die Verfassung oder das Fachrecht dem oder der Einzelnen einen Anspruch auf eine staatliche Gewährleistung vermittelt, ist damit nicht durchgängig ein Anspruch auf Gebührenfreiheit verbunden. So stellen sowohl das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG als auch das über Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gewährte Recht auf Justizgewährleistung die schon angesprochene generelle Zulässigkeit von Gerichtsgebühren nicht in Frage (vgl. BVerfGE 80, 103 <107>; 85, 337 <346>; 115, 381 <390>). Ganz selbstverständlich werden auch im Bereich der Daseinsvorsorge zulässigerweise Gebühren erhoben. Die in den freiheitsrechtlichen Gewährleistungen enthaltenen Schutzpflichten zugunsten von Grundrechtsträgerinnen und -trägern beziehen sich auf alle freiheitsrechtlichen Gewährleistungen und nicht spezifisch auf die polizeilichen Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Selbst bei der Annahme eines grundsätzlichen Anspruchs auf eine gebührenfreie Leistung wäre dieser nicht notwendig unbegrenzt.

77

b) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist auch geeignet, den mit ihm verfolgten Gemeinwohlzweck zu erreichen. Verfassungsrechtlich genügt für die Eignung bereits die Möglichkeit, durch die gesetzliche Regelung den Gesetzeszweck zu erreichen. Eine Regelung ist erst dann nicht mehr geeignet, wenn sie die Erreichung des Gesetzeszwecks in keiner Weise fördern kann oder sich sogar gegenläufig auswirkt (vgl. BVerfGE 158, 282 <336 Rn. 131> m.w.N.; 161, 63 <114 Rn. 110>).

78

§ 4 Abs. 4 BremGebBeitrG fördert den verfolgten Gemeinwohlzweck. Mit der Veranstaltungsgebühr wird der Mehraufwand an Polizeitätigkeit finanziert. Damit wird nicht nur die Allgemeinheit vor den Kosten bewahrt, sondern werden diese auch den wirtschaftlichen Nutznießerinnen und Nutznießern sowie Verursacherinnen und Verursachern auferlegt.

79

c) Die Gebührenpflicht nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist zur Zielerreichung erforderlich. Eine Regelung ist erforderlich, wenn kein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel, das Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet, zur Verfügung steht. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür in jeder Hinsicht eindeutig feststehen (vgl. BVerfGE 155, 238 <280 Rn. 105> – WindSeeG; 161, 299 <378 Rn. 186 f.> – Impfnachweis (COVID-19); 163, 107 <150 Rn. 115>; stRspr). Ein milderes staatliches Mittel, mit dem die Allgemeinheit von der Lastentragung der Mehrkosten befreit wird, ist nicht ersichtlich. Vermeidbare Mehrkosten sind nicht erforderlich im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 BremGebBeitrG und können schon deshalb den Veranstalterinnen und Veranstaltern nicht auferlegt werden.

80

d) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG wahrt auch die Anforderungen an die Angemessenheit.

81

aa) Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordert, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen (vgl. BVerfGE 155, 119 <178 Rn. 128> m.w.N. – Bestandsdatenauskunft II; stRspr). Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Belastung, dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe muss die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleiben (vgl. BVerfGE 152, 68 <137 Rn. 183> m.w.N. – Sanktionen im Sozialrecht; stRspr). Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden (BVerfGE 166, 1 <71 f. Rn. 155> – Kinderehe), je intensiver sich der Grundrechtseingriff also darstellt (vgl. BVerfGE 156, 63 <142 Rn. 271 ff.> – Elektronische Aufenthaltsüberwachung). Die Intensität des Eingriffs wird hierbei in qualitativer Hinsicht bestimmt durch das Maß der Verkürzung der grundrechtlich geschützten Handlungen und Rechtspositionen einschließlich der damit einhergehenden wirtschaftlichen Folgen (vgl. in Bezug auf die Erforderlichkeit BVerfGE 166, 1 <65 Rn. 144>).

82

bb) Das Ziel der Gebühr nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG, durch die Kostendeckung die Allgemeinheit nicht mit den übermäßigen Kosten des Einsatzes von Polizeikräften bei besonders gefahrträchtigen, auf die Erzielung von Gewinn ausgerichteten Großveranstaltungen zu belasten, steht nicht außer Verhältnis zu den damit verbundenen Beeinträchtigungen der nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten beruflichen Freiheit der gebührenpflichtigen Veranstalterinnen und Veranstalter. Der durch § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG bewirkte Grundrechtseingriff ist für die Gebührenschuldnerinnen und -schuldner von einigem Gewicht (1); ihm steht die Förderung eines bedeutsamen Gemeinwohlinteresses gegenüber (2), das bei der Abwägung überwiegt (3).

83

(1) Die durch § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG begründete Gebührenpflicht greift in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) von Veranstalterinnen und Veranstaltern mit einigem Gewicht ein. Die Gebühr kann zwar eine beträchtliche Höhe erreichen und die Veranstalterinnen und Veranstalter dadurch finanziell erheblich belasten. Allerdings wird die Gebühr aufgrund des Merkmals der Gewinnorientierung nur bei Veranstaltungen erhoben, die zum Zwecke der Gewinnerzielung durchgeführt werden. Zwar ist belastungserhöhend zu berücksichtigen, dass die Veranstalterinnen und Veranstalter nur begrenzt steuern können, ob eine Gebühr erhoben wird, da das Ausmaß der Gefahrgeneigtheit der Veranstaltung teilweise außerhalb ihres Einflussbereichs liegt. Jedenfalls bezogen auf das räumliche Umfeld der Veranstaltung dürften die Veranstalterinnen und Veranstalter regelmäßig keine Sachherrschaft haben. Dennoch findet die Gebührenerhebung in dem Verhalten der Veranstalterinnen und Veranstalter ihren Anlass. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade besonders attraktive Spiele der Fußball-Bundesliga häufig Hochrisikospiele sind. Oft handelt es sich – wie auch die mündliche Verhandlung bestätigt hat – um Spiele rivalisierender Vereine mit Derby-Charakter, die viele Zuschauerinnen und Zuschauer sehen wollen, wovon wiederum die Veranstalterinnen und Veranstalter wirtschaftlich profitieren. Belastungserhöhend tritt allerdings hinzu, dass die Höhe der Gebühr in keiner Relation zum erzielten Gewinn steht und daher jedenfalls theoretisch den mit einer Veranstaltung erwirtschafteten Gewinn übersteigen kann. Das Gewicht einer berufsbezogenen Geldleistungspflicht wiederum begrenzend wirken bei einer Gebühr ihr genereller Gegenseitigkeitscharakter und hier die Einbettung in das allgemeine Gebührenrecht mit der Möglichkeit der Billigkeitsmaßnahmen nach § 25 Abs. 1 BremGebBeitrG.

84

(2) Dem gegenüber steht der Zweck, die wirtschaftlichen Nutznießerinnen und Nutznießer beziehungsweise Veranlasserinnen und Veranlasser an den Kosten für den Polizeieinsatz zu beteiligen. Hierbei handelt es sich um das bedeutsame Gemeinwohlinteresse, nicht die Allgemeinheit mit den von den Veranstalterinnen und Veranstaltern veranlassten Mehrkosten eines umfangreichen Polizeieinsatzes bei Hochrisikospielen der Fußball-Bundesliga zu belasten, sondern diese Mehrkosten, die über die Polizeikosten bei „normalen“ Fußball-Bundesliga Spielen hinausgehen, denjenigen aufzuerlegen, die gerade mit der gefahrgeneigten Veranstaltung Gewinne erzielen. Eine gerechte Kostenverteilung ist für ein Gemeinwesen und für den sozialen Frieden von erheblicher Bedeutung.

85

Je nach Art der Veranstaltung kann aber das Gewicht des öffentlichen Interesses, die Allgemeinheit nicht mit dem polizeilichen Mehraufwand zu belasten, durch ein gegenläufiges Gemeinwohlinteresse an der Durchführung der Veranstaltung gemindert sein. So besteht etwa ein hohes Gemeinwohlinteresse an der Durchführung bestimmter, von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erfasster Veranstaltungen, insbesondere von Fußballspielen. Das Gemeinwohlinteresse kann von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (vgl. BVerfGE 148, 267 <283 f. Rn. 41 f.>) bis zu der teilweise erheblichen Integrationsleistung des Fußballs reichen. Wird die Wirtschaftlichkeit der Durchführung solcher dem Gemeinwohl in besonderer Weise dienender Veranstaltungen durch die Gebührenerhebung ernsthaft in Frage gestellt, kann das öffentliche Interesse an der Beibehaltung dieser Veranstaltungen das öffentliche Interesse, welches an einer Entlastung der Allgemeinheit von den sich aus dem Gewaltpotenzial dieser Veranstaltungen folgenden Mehrkosten durch Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte besteht, in erheblichem Maße aufwiegen. Dafür gibt es allerdings bezogen auf die hier allein in Rede stehenden Hochrisikospiele der Fußball-Bundesliga keine Anhaltspunkte.

86

(3) Das Ziel der Veranstaltungsgebühr, die Allgemeinheit nicht mit den überdurchschnittlichen Kosten des Einsatzes von Polizeikräften bei gefahrträchtigen, auf die Erzielung von Gewinn ausgerichteten Veranstaltungen zu belasten, steht nicht außer Verhältnis zu der damit verbundenen Beeinträchtigung der nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit der gebührenpflichtigen Veranstalterinnen und Veranstalter. Weder ist die Auferlegung einer Gebühr wegen des Fehlens eines materiellen Gegenleistungscharakters (a) noch ihre Ausgestaltung (b) unzumutbar.

87

(a) Eine Gebühr ist nur dann angemessen, wenn sie auch tatsächlich als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Leistung erhoben wird (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>; vgl. auch BVerfGK 8, 285 <292 f.>; 12, 354 <358 f.> – zu Art. 8 GG; in diese Richtung auch BVerfGE 80, 103 <106 f.>; BVerfGK 13, 551 <554>). Denn für die Rechtmäßigkeit einer Abgabe ist nicht deren Bezeichnung, sondern deren materieller Gehalt entscheidend (vgl. BVerfGE 55, 274 <305>; 67, 256 <276>; 92, 91 <114>; Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, 1975, S. 57). Deshalb muss die normative Anknüpfung des Gebührentatbestandes einen Rückhalt in der Wirklichkeit finden (vgl. Vogel/Waldhoff, Grundlagen des Finanzverfassungsrechts, 1999, Rn. 415; a.A. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88). Der Gebührengesetzgeber hat zwar einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen will (vgl. BVerfGE 50, 217 <226 f.>; 91, 207 <223>; 97, 332 <345>; BVerfGK 2, 70 <73>; 13, 551 <554>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Januar 1997 – 1 BvR 424/94 -, Rn. 14; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. April 2012 – 1 BvR 1951/11 -, Rn. 24; in Bezug auf Abgaben BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. April 2020 – 1 BvR 173/16 -, Rn. 37). Dieser Spielraum ist aber dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorzug und dem Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist (vgl. BVerfGE 137, 1 <23 Rn. 54>; 149, 222 <255 f. Rn. 68>). Erforderlich ist daher, dass die Gebühr nach § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG sowohl dem Grunde (aa) als auch der Höhe (bb) nach auf einer individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung beruht. Beides ist hier der Fall.

88

(aa) Die Kriterien der individuellen Zurechenbarkeit (α) sind im vorliegenden Fall erfüllt (β). Von Verfassungs wegen ist insbesondere im Polizeirecht eine Gebührenerhebung nicht nur bei gleichzeitiger polizeirechtlicher Verantwortlichkeit zulässig (γ). Sind Dritte polizeirechtlich verantwortlich, schließt dies eine gebührenrechtliche Verantwortlichkeit des oder der polizeirechtlich Nichtverantwortlichen wiederum nicht aus (δ).

89

(α) Als Zurechnungsgrund kommt nicht jeder Gesichtspunkt in Betracht. Vielmehr muss die gebührenpflichtige Leistung an eine besondere Verantwortlichkeit der in Anspruch genommenen Personen anknüpfen; diese Verantwortlichkeit muss aus der Sache selbst ableitbar sein (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>; vgl. auch zum Beitrag BVerfGE 137, 1 <22 Rn. 52>). Es muss eine besondere Nähebeziehung der Gebührenpflichtigen zur öffentlichen Leistung bestehen, die es rechtfertigt, von diesen hierfür – auch ohne vertragliche Grundlage und somit gegebenenfalls gegen ihren Willen – eine finanzielle Gegenleistung zu verlangen. Das Erfordernis der individuellen Zurechenbarkeit verlangt dabei nicht, dass die Begünstigten zahlenmäßig begrenzt sind (vgl. zum Beitrag BVerfGE 149, 222 <255 Rn. 67>). Die individuell-konkrete Zurechenbarkeit kann insbesondere gegeben sein, wenn die öffentliche Leistung mit konkreten Vorteilen, etwa vermittelt über die tatsächliche Sachherrschaft, verbunden ist (vgl. BVerfGE 91, 207 <223 f.>; 137, 1 <22 Rn. 52>; 149, 222 <255 Rn. 67>) oder individuell veranlasst wurde (vgl. BVerfGE 108, 1 <13>), insbesondere bei einer das übliche Maß überschreitenden „Sondernutzung“ öffentlicher Sachen mit einer besonderen Inanspruchnahme begrenzter staatlicher Ressourcen.

90

Im gebührenrechtlichen Fachrecht verwendete Zurechnungskriterien können Anhaltspunkte für eine verfassungsrechtlich zulässige gebührentatbestandliche Zurechnung sein (vgl. BVerfGK 8, 285 <293>), wobei der Gesetzgeber auf ein Kriterium oder auf mehrere Kriterien abstellen kann. Solche fachrechtlichen Zurechnungskriterien knüpfen vor allem an die „Veranlassung“ (vgl. BVerfGE 108, 1 <13>) und die „Begünstigung“ (vgl. BVerfGE 91, 207 <223 f.>; 137, 1 <22 Rn. 52>; 149, 222 <255 Rn. 67>) an (vgl. Schönenbroicher/Pommer, in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, 2. Aufl. 2022, D Rn. 646). Während die Veranlassung die Zurechnung über den Grund der staatlichen Leistung herstellt – die Schuldnerinnen und Schuldner haben diese in besonderer Weise verursacht -, bezieht sich die Zurechnung bei der Begünstigung auf deren Ergebnis – die staatliche Leistung kommt den Schuldnerinnen und Schuldnern in besonderer Weise zugute. Der Kern des Veranlasserprinzips liegt in der Ursächlichkeit der Schuldnerinnen und Schuldner für die Durchführung der öffentlichen Leistung und somit für die Entstehung der Kosten (vgl. zu § 465 StPO BVerfGK 8, 285 <293>). Bei der „Begünstigung“ ist der „Vorteil“ nicht erst bei einem messbaren finanziellen Vermögenszuwachs oder bei messbaren ersparten Aufwendungen gegeben. Auch die bloße Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis kann eine Abgabepflicht auslösen (vgl. BVerfGE 134, 1 <14 Rn. 39>).

91

Die individuelle Zurechenbarkeit setzt nicht zwingend voraus, dass die Leistung den Gebührenschuldnerinnen und -schuldnern einen Vorteil verschafft. Auch ist es verfassungsrechtlich nicht erforderlich, dass die gebührenpflichtige Leistung von den Schuldnerinnen und Schuldnern beantragt wurde oder sonst erwünscht ist. Es genügt die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung (vgl. BVerfGE 108, 1 <26>), wie auch die Kostentragungspflicht des Verurteilten im Strafverfahren zeigt (vgl. BVerfGE 18, 302 <304>; 31, 137 <139>). Ebenso können Kosten für eine öffentliche Leistung demjenigen, der sie individuell veranlasst hat, auch dann auferlegt werden, wenn ihn selbst kein Verschulden trifft (vgl. zu § 465 StPO BVerfGK 8, 285 <293 f.>).

92

(β) Zwischen dem Mehraufwand im Sinne von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG und den Veranstalterinnen und Veranstaltern der von dieser Norm erfassten Veranstaltungen besteht ein hinreichendes Näheverhältnis, das eine besondere Finanzierungsverantwortung für diesen Mehraufwand begründet. Veranstalterinnen und Veranstalter einer von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erfassten Großveranstaltung stehen den durch diese verursachten Mehrkosten näher als die staatliche Gemeinschaft. Die Zurechenbarkeit rechtfertigt sich dabei aus einer Gesamtschau mehrerer Gesichtspunkte, die überwiegend dem Veranlasserprinzip zuzuordnen sind.

93

Im Falle eines Hochrisikospiels der Fußball-Bundesliga wird der Mehraufwand des Polizeieinsatzes durch die Veranstalterinnen und Veranstalter ausgelöst. Zudem steht der verursachte Mehraufwand gerade mit der besonderen Gefahrträchtigkeit der Veranstaltung in Verbindung (Aspekte der Veranlassung und der Sondernutzung) (αα). Die Veranstalterinnen und Veranstalter sind auch wirtschaftliche Nutznießerinnen und Nutznießer des Mehraufwandes, weil die Veranstaltung ohne diesen Mehraufwand nicht in der geplanten Form durchführbar wäre (Aspekt des Vorteils) (ββ).

94

(αα) Indem sie eine Veranstaltung durchführen, bei der erfahrungsgemäß Gewalthandlungen in erheblichem Maße zu erwarten sind (Hochrisikoveranstaltung), veranlassen die Veranstalterinnen und Veranstalter, ohne im gefahrenabwehrrechtlichen Sinne Zweckveranlasser sein zu müssen (vgl. Bremische Bürgerschaft, Drucks 18/1501, S. 9 f.), eine deutlich gesteigerte staatliche Sicherheitsvorsorge, nehmen damit begrenzte öffentliche Ressourcen in deutlich übermäßigem Umfang in Anspruch und begründen so ein Näheverhältnis zu der erbrachten staatlichen Leistung. Diese staatliche Leistung, namentlich die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte, wäre ohne die Hochrisikoveranstaltung nicht notwendig. Diese ist also für die Mehrkosten des Polizeieinsatzes kausal, denn ohne die Veranstaltung fehlte es an dem Anlass, aus dem tausende Menschen einschließlich der gewaltgeneigten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursachen (könnten), an den Austragungsort des Spiels anreisen und dort zusammentreffen. Die Tatsache, dass es sich auch bei einer Hochrisikoveranstaltung nicht um eine rechtswidrige Tätigkeit handelt und die Veranstalterinnen und Veranstalter die Bereitstellung der Polizeikräfte eventuell selbst nicht begehren, lässt die Kausalität weder entfallen, noch unterbricht sie diese. Die Verursachung beschränkt sich dabei nicht auf Gefahren innerhalb des Stadions, sondern erfasst alle Gefahren, die durch das Zusammentreffen von Zuschauerinnen und Zuschauern sowie sonstigen Personen, die sich in der Nähe des Stadions und auf den Zugangswegen aufhalten, geschaffen werden.

95

Bei einer Veranstaltung mit erhöhtem Gewaltpotenzial steigt der logistische Aufwand, den die Polizeikräfte zu bewältigen haben. Um mögliche Gewalthandlungen zu unterbinden, ist eine verstärkte Polizeipräsenz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit notwendig. Es steht nicht im Belieben des Staates, den Polizeieinsatz schlicht zu unterlassen. Ließe der Staat eine solche Situation unvorbereitet auf sich zukommen, müsste er kurzfristig andere, weitreichende Gefahrenabwehrmaßnahmen treffen und griffe dann gegebenenfalls unverhältnismäßig in Grundrechte ein. So müsste die Polizei möglicherweise entscheiden, ganze Gruppen nicht zum Veranstaltungsort gelangen zu lassen, die Veranstaltung insgesamt zu untersagen (Maßnahme gegen Nichtverantwortliche), die Veranstaltung ohne Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchführen zu lassen oder in sonstiger Weise die Durchführung einer Hochrisikoveranstaltung aus Sicherheitsgründen erheblich einzuschränken.

96

Zwischen dem Aufwand und der Verursachung besteht dabei auch bei wertender Betrachtung ein Näheverhältnis. Das Merkmal der individuellen Zurechenbarkeit verlöre seine Begrenzungsfunktion, wenn jede Art von Kausalität ausreichen würde (vgl. ausdrücklich im Bereich des Art. 8 GG BVerfGK 12, 354 <360>; vgl. im Zusammenhang mit dem Veranlasserprinzip BVerfGK 8, 285 <294>). Die Nähe zum gebührenpflichtigen Mehraufwand wird im vorliegenden Fall auch durch den besonderen Umfang des Aufwands begründet, der in abgrenzbarer Weise durch die Veranstaltung und gerade nicht durch die Allgemeinheit verursacht wird. Die Gefahrenträchtigkeit und die mit der Veranstaltung erzielten Gewinne sind überdies auch in der den Veranstalterinnen und Veranstaltern bekannten und von ihnen gewollten Attraktivität der durchgeführten Veranstaltung miteinander verknüpft.

97

Die sicherheitsrechtliche Lage in einer Stadt, in der eine Hochrisikoveranstaltung durchgeführt wird, unterscheidet sich von einer Normallage in einer Weise, die bei wertender Betrachtung die Einschätzung des Gesetzgebers, hier liege eine quantitative Sondernutzung der Sicherheitsgewährleistung vor, hinreichend trägt. Dies gilt zunächst im Verhältnis zu einer Großveranstaltung, der die besondere Gefahrgeneigtheit, die § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG voraussetzt, fehlt. Es gilt aber auch im Verhältnis zu sonstigen polizeilichen Maßnahmen. So wurde bei dem Hochrisikospiel, das dem vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren zugrunde liegt, ein Vielfaches an Polizeikräften im Vergleich zu „Nicht-Hochrisikospielen“ eingesetzt.

98

Die besondere Nähe zu der kostenverursachenden zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften ist weiter auch deshalb gegeben, weil die Durchführung einer Hochrisikoveranstaltung eine besondere Gefahrträchtigkeit in sich birgt und dadurch übermäßig die begrenzten öffentlichen Ressourcen bindet. Diese außergewöhnliche Gefahrenlage, die durch die Veranstaltung verursacht wird, folgt dabei zum Teil gerade aus der Art der Veranstaltung. Insbesondere bei Hochrisikofußballspielen ist die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte wegen der besonderen Gefahrträchtigkeit plausibel und wird durch langjährige Erfahrungen gestützt (vgl. Siegel, DÖV 2014, S. 867 <869>; Heise, NVwZ 2015, S. 262 <266>). Die Veranstaltung ist von einem – gesellschaftlich akzeptierten – Wettkampfcharakter mit zwei gegnerischen Lagern – Heim- und Gastmannschaft – geprägt. Der Wettkampf ist eingebunden in eine Liga, die die konkrete Veranstaltung in einen größeren Zusammenhang stellt und den Wettkampfcharakter noch erhöht. Weiter sind die Veranstaltungen gesellschaftlich mit ausgelassenem Feiern und oft auch mit Alkoholkonsum verbunden, was zu einer Absenkung der Hemmschwelle für gefährdende Handlungen führen kann. Zudem bestehen organisierte Fanstrukturen und traditionelle Rivalitäten, die zu potenziellen Gewalthandlungen zwischen den rivalisierenden Fangruppen führen können. Die Ausrichtung solcher Spiele, die als Hochrisikospiele der Fußball-Bundesliga qualifiziert werden, führt daher erfahrungsgemäß zu Schäden an Rechtsgütern und Rechten der Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer und dritter Personen, die ohne das Fußballspiel nicht einträten.

99

(ββ) Die von § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG erfassten staatlichen Maßnahmen besitzen weiter deshalb einen spezifischen Bezug zu den in der Vorschrift genannten Veranstaltungen, weil sie gerade deren Durchführung ermöglichen. Die Veranstalterinnen und Veranstalter sind zugleich objektiv, ohne es beantragt oder ausdrücklich erwünscht zu haben, Nutznießerinnen und Nutznießer dieser Bereitstellung von Polizeikräften. Die hierdurch ermöglichte Risikominimierung kommt ihnen zugute, weil sie ohne diese ihre Veranstaltung nicht oder zumindest nicht in der gewählten Form ausrichten könnten. Die Veranstalterinnen und Veranstalter führen keine isolierte Veranstaltung durch; diese ist vielmehr in eine Vielzahl von weiteren, über das Jahr verteilten Veranstaltungen eingebettet, deren Ergebnisse regelgeleitet zu einer Rangfolge in einer Tabelle führen. Die Veranstalterinnen und Veranstalter sind im Rahmen der Fußball-Bundesliga aufgrund der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen, insbesondere im Bereich der Einräumung von Übertragungsrechten, in besonderer Weise auf die Durchführung aller zum Spielbetrieb gehörender Spiele angewiesen, unabhängig von deren jeweiliger Gefahrgeneigtheit.

100

Die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte trägt dazu bei, dass die zahlenden Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmer unversehrt zum Stadion und auch wieder zurück gelangen. Der Verkehr wird geordnet zum Stadion und nach dem Ende des Spiels wieder davon weggelenkt. Die Ordnung der Verkehrsströme und der Zuschauermassen, die Bereitstellung von Ansprechpartnern und andere Maßnahmen kommen den Veranstalterinnen und Veranstaltern zugute, weil sie ermöglichen, dass Personenmassen, die in dieser Größenordnung den normalen Verkehr überforderten, ihr Ziel erreichen und dass weitere auftretende Gefahren reduziert werden. Durch die Polizeikräfte wird die Großveranstaltung in Gänze ermöglicht und das Risiko reduziert, dass ihre Durchführung in chaotische Zustände verfällt. Ohne eine Gefahreneinhegung könnten die Spiele wegen Ausmaß und Schwere der drohenden Schäden gegebenenfalls nicht zugelassen werden.

101

(γ) Die individuelle Zurechnung setzt auch nicht die polizeiliche Verantwortlichkeit der Veranstalterinnen und Veranstalter voraus. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Böhm, NJW 2015, S. 3000 <3002>; dies., Gewaltprävention im Umfeld von Fußballspielen, 2022, S. 160 f.; Brüning, VerwArch 2015, S. 417 <423 f., 426 ff.>; Leines, Die Kostentragung für Polizeieinsätze anlässlich von Fußballspielen, 2017, S. 168; Mayer, Polizeikosten im Profifußball, 2018, S. 188 ff.; Müller-Eiselt, SpuRt 2018, S. 95 <96>; P. Kirchhof/G. Kirchhof, Recht auf unentgeltliche Sicherheit, 2020, S. 63 f., 93) kennt das Grundgesetz keinen Grundsatz, der es geböte, Polizeikosten nur Störerinnen und Störern oder solchen Personen aufzuerlegen, die nach den Vorschriften des Polizeigesetzes anstelle der Störerinnen und Störer in Anspruch genommen werden können oder die sich rechtswidrig verhalten (so schon VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juni 1979 – I 47/79 -, juris, Rn. 27; siehe auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1998 – 1 BvR 1270/94 -, Rn. 19 ff. sowie Siegel, DÖV 2014, S. 867 <868>; Wienbracke, DVBl. 2019, S. 344 <346 f.>; Schönenbroicher, NWVBl 2020, S. 494 <495 f.>). Die individuelle Zurechenbarkeit einer Leistung, etwa wegen einer konkreten Veranlassung, setzt nicht die Rechtswidrigkeit der Veranlassung voraus. Die Polizeipflichtigkeit beziehungsweise Rechtmäßigkeit eines Verhaltens einerseits und die Kostenpflichtigkeit eines Verhaltens andererseits betreffen unterschiedliche Fragestellungen. Der fehlende Zwang eines Gleichlaufs von polizeirechtlicher Verantwortlichkeit (oder Verhaltensgeboten und -verboten) und gebührenrechtlicher Lastenpflicht folgt schon aus den unterschiedlichen Zwecken, die mit dem jeweiligen Instrument verfolgt werden, sowie aus den unterschiedlichen Belastungen für die Betroffenen, die unterschiedliche grundrechtliche Abwägungsentscheidungen nach sich ziehen.

102

(δ) Liegt eine gebührenrechtliche Zurechenbarkeit des Mehraufwandes zu den Veranstalterinnen und Veranstaltern vor, wird diese nicht durch den Umstand unterbrochen, dass der Mehraufwand je nach den Umständen auf einem freiverantwortlichen Handeln Dritter beruht, das gegebenenfalls rechtswidrig ist. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage (vgl. Rn. 45), inwieweit in die Veranstaltungsgebühr Störerkosten einbezogen werden können, führt ein vorsätzliches Dazwischentreten Dritter jedenfalls dann nicht zwingend zu einer Unterbrechung der Zurechnung des Mehraufwandes, wenn die Veranstaltung in Kenntnis ihrer Gefahrträchtigkeit durchgeführt wird. Die durch eine gefahrträchtige Großveranstaltung veranlasste erhöhte Sicherheitsvorsorge bleibt den Veranstalterinnen und Veranstaltern zurechenbar, auch wenn die Realisierung der Gefahr von einem Verhalten Dritter abhängt. Abgesehen davon, dass die Gefahren, die im Zusammenhang mit Hochrisikoveranstaltungen entstehen, nicht zwingend Dritten rechtlich zurechenbar sein müssen, ändert sich nichts daran, dass die staatliche Leistung in Form der Bereitstellung von Polizeikräften gerade auch dazu dient, die Hochrisikoveranstaltung durchzuführen.

103

(bb) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verlässt auch bezogen auf die Gebührenbemessung nicht den durch die Notwendigkeit individueller Zurechenbarkeit gesteckten Rahmen.

104

Die mögliche Höhe einer Gebühr als Vorzugslast wird durch die verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen an den mit der Gebührenpflicht verbundenen Grundrechtseingriff begrenzt (vgl. BVerfGE 85, 337 <346>; 97, 332 <345>; BVerfGK 3, 310 <312 f.>). Die durch die Gebührenhöhe bewirkte Belastung muss ihrerseits den Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung genügen. Die Belastung muss nach Maßgabe des durch die öffentlich-rechtliche Leistung vermittelten Vorzugs erfolgen, der mit der Gebühr finanziell ausgeglichen beziehungsweise dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll (vgl. BVerfGE 137, 1 <21 f. Rn. 51 f.>; 149, 222 <254 f. Rn. 66>). Die tatbestandliche Bindung der Kosten an den Mehraufwand und dessen Erforderlichkeit in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG sichert die Begrenzung auf den veranlassten und einen Vorteil vermittelnden Aufwand ab.

105

Der Gesetzgeber muss entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch keinen Abschlag für das Allgemeininteressevorsehen, da der relevante Mehraufwand ausschließlich auf der Veranlassung durch die – trotz der zu erwartenden Gewalthandlungen durchgeführte – gewinnorientierte Veranstaltung beruht (vgl. dazu bereits das Bundesverwaltungsgericht in seinem hier angegriffenen Urteil vom 29. März 2019 – BVerwGE 165, 138 <157 ff. Rn. 76 ff.>). Zudem werden in dem vom Bremer Gesetzgeber gewählten Modell die polizeilichen Basiskosten von der Allgemeinheit aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert. Das allgemeine Teilhabeinteresse an einem Fußballspiel der Bundesliga wird daher durch die öffentliche Hand finanziert.

106

(b) Die Bremer Veranstaltungsgebühr beeinträchtigt die Berufsfreiheit der Veranstalterinnen und Veranstalter auch in einer Gesamtschau nicht unangemessen.

107

Gebührentatbestände dürfen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne den Freiheitsgebrauch nicht unzumutbar beeinträchtigen. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Gebühr von dem Gebrauch der grundrechtlich geschützten Freiheit abschrecken, diese unzumutbar erschweren würde oder in sonstiger Weise erdrosselnde Wirkung hätte (vgl. für Gerichtsgebühren und die Justizgewährungspflicht BVerfGE 85, 337 <347>; für den Teilhabeanspruch aus Art. 12 GG BVerfGE 134, 1 <17 Rn. 48>; zu Art. 8 GG BVerfGK 12, 354 <360>), unabhängig davon, ob eine Zurechenbarkeit der Gebühr und deren Höhe zu den Gebührenschuldnerinnen und -schuldnern gegeben ist oder nicht.

108

§ 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist insoweit nicht unangemessen. Grundsätzlich steht das Ziel der Gebühr, nicht die Allgemeinheit mit dem der Polizei entstandenen Mehraufwand bei Hochrisikoveranstaltungen zu belasten, sondern deren Veranstalterinnen und Veranstalter, die den Mehraufwand veranlassen und mit der Veranstaltung einen Gewinn erzielen wollen, nicht außer Verhältnis zu der aus der Gebührenpflicht folgenden Beeinträchtigung beruflicher Freiheit. Insbesondere ist eine unangemessene Belastung oder eine erdrosselnde Wirkung durch § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass die Durchführung von kommerziellen Großveranstaltungen, wie insbesondere der Betrieb der Fußball-Bundesliga oder die Durchführung von Fußballspielen, die als Hochrisikospiele eingestuft werden, infolge der Gebührenerhebung nicht mehr möglich wäre oder auch nur verändert werden müsste. Bezogen auf die finanzielle Belastungswirkung ist auch zu berücksichtigen, dass § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG nur einen kleinen Teil von kommerziellen Veranstaltungen betrifft. Dass die Beschwerdeführerin ihre Kosten bislang offenbar an den betreffenden Fußballverein (hier: SV Werder Bremen) weitergereicht hat, ist unerheblich. Insbesondere ist es Sache der Verantwortlichen, die auf diese Weise entstandene Zusatzbelastung fair zwischen den jeweils Betroffenen zu verteilen. Letztlich sichert die Verhältnismäßigkeit der Gebühr im Einzelfall auch ihre Einbettung in das allgemeine Gebührenrecht mit der Folge, dass bei atypischen Einzelfällen Billigkeitsmaßnahmen nach § 25 Abs. 1 BremGebBeitrG ergriffen werden können.

109

e) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genügt zudem dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit.

110

aa) Gebührentatbestände müssen auch dem Grundsatz der Bestimmtheit und Normenklarheit, der aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip folgt, genügen. Dieser Grundsatz gebietet einerseits eine wirksame Begrenzung der Befugnisse der Verwaltung, eine Handlungsanleitung für die Verwaltung sowie die Ermöglichung einer effektiven Kontrolle durch die Gerichte (Bestimmtheit) und andererseits die Vorhersehbarkeit von Eingriffen für Bürgerinnen und Bürger (Normenklarheit). Der Gesetzgeber ist gehalten, Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfGE 145, 20 <69 f. Rn. 125>; 149, 293 <323 Rn. 77>; stRspr). Welcher Grad an Bestimmtheit geboten ist, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt von der Eigenart des Regelungsgegenstandes und dem Zweck der betreffenden Norm ab (vgl. BVerfGE 103, 111 <135>; 131, 316 <343>; jeweils m.w.N.). Grundsätzlich fehlt es an der notwendigen Bestimmtheit und Klarheit nicht schon deshalb, weil eine Norm auslegungsbedürftig ist (vgl. BVerfGE 134, 141 <184 f. Rn. 127>; 149, 160 <203 Rn. 120>; 149, 293 <324 Rn. 78>; stRspr). Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn von der Norm aufgeworfene Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl. BVerfGE 134, 141 <184 f. Rn. 127>; 149, 293 <324 Rn. 78>; stRspr).

111

Für öffentlich-rechtliche Abgaben gelten keine einheitlichen, abstrakt-generell formulierbaren Anforderungen an die Bestimmtheit des Gesetzes. Auch hier kommt es auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs und auf das Betroffensein von Grundrechten an (vgl. BVerfGE 108, 186 <235> m.w.N.). Handelt es sich bei Abgaben nur um geringfügige Belastungen wie etwa bei „Bagatellsteuern“, sind an die Regelungsdichte der Rechtsgrundlagen keine überzogenen Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 48, 210 <222>; 56, 1 <13>; 161, 1 <32 Rn. 63>). Allerdings gilt für alle Abgabentatbestände als allgemeiner Grundsatz, dass sie so bestimmt sein müssen, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabe – in gewissem Umfang (vgl. BVerfGE 13, 153 <160>) – vorausberechnen kann (vgl. für Sonderabgaben BVerfGE 34, 348 <365>; für Gebühren BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2018 – 1 BvR 45/15 -, juris, Rn. 16 f.). Der Abgabenschuldner muss also die Höhe der zu erwartenden Abgabenlast anhand der normativen Festlegungen im Wesentlichen abschätzen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2018 – 1 BvR 45/15 -, juris, Rn. 18).

112

Soweit es sich um Abgaben mit dem unmittelbaren Zweck einer Kostendeckung handelt, bedarf es nicht zwingend der tatbestandlichen Bestimmung eines Abgabensatzes. Hinreichende Bestimmtheit kann vielmehr auch dadurch hergestellt werden, dass die Bemessungsfaktoren für die die Abgabe begründenden Kosten normiert werden (vgl. BVerfGE 108, 186 <234 ff.>). Insoweit fordert das Bestimmtheitsgebot im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts eine dem jeweiligen Zusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt (vgl. BVerfGE 108, 186 <236>; 124, 348 <381 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2018 – 1 BvR 45/15 -, juris, Rn. 17).

113

bb) § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verletzt den Grundsatz der Bestimmtheit und Normenklarheit nicht. Die in der Verfassungsbeschwerde bezeichneten Merkmale auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite, insbesondere die Merkmale „Gewalthandlungen“, „erfahrungsgemäß“, „vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld“ und „Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird“ werfen keine Auslegungsprobleme auf, die nicht mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können. Wie auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidungen ersichtlich ist, bestehen keine Unsicherheiten dergestalt, dass die Norm nicht praktikabel wäre (vgl. dazu BVerfGE 25, 216 <226 f.>).

114

Auch der Umstand, dass die Gebührenhöhe von den Veranstalterinnen und Veranstaltern selbst im Voraus nicht genau berechnet werden konnte, ändert hieran nichts. Das Bestimmtheitsgebot verlangt nicht, dass sich aus den Regelungen zur Bemessung der Gebühr vorab deren exakte Höhe ermitteln lässt. § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist so gefasst, dass ein kleiner Kreis an Abgabepflichtigen die auf ihn entfallenden Abgaben zumindest in grobem Umfang vorhersehen kann, da ihnen nach § 4 Abs. 4 Satz 3 BremGebBeitrG die Höhe der prognostizierten Abgabenlast vorab mitgeteilt werden muss (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2018 – 1 BvR 45/15 -, juris, Rn. 18). Doch auch ungeachtet dessen sind den Veranstalterinnen und Veranstaltern mithilfe der konkretisierenden Kostenverordnung und aufgrund der Daten des tatsächlichen Einsatzes die Bemessungsfaktoren für die Vorabberechnung der auf Kostendeckung ausgerichteten Veranstaltungsgebühr des § 4 Abs. 4 Satz 2 BremGebBeitrG bekannt. Auf diese Weise ist hinsichtlich der Berechnung der Mehrkosten von Hochrisikospielen der Bundesliga eine angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt, erreicht. Damit ist den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots hinreichend Rechnung getragen.

115

Die Gebührenbemessung für die Kosten der Polizeikräfte anderer Länder beruht auf § 11 BremGebBeitrG, ohne dass es dazu eine untergesetzliche Präzisierung im Bremer Landesrecht gibt. Die Abrechnung erfolgt vielmehr nach der Verwaltungspraxis über die „Verwaltungsvereinbarung über vereinfachte Regelungen und einheitliche Pauschalen für die Abrechnung von Unterstützungseinsätzen“, die in der Freien Hansestadt Bremen weder auf Gesetzes- noch auf Verordnungsebene verankert ist. Der Rückgriff auf die Verwaltungsvereinbarung zum Zweck der Berechnung der Kosten der Polizeikräfte anderer Länder begegnet unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit keinen Bedenken. Die Abrechnung von Verwaltungskosten bei Amtshilfe ist primär ein verwaltungsinterner Vorgang, für den die Verwaltungsvereinbarung die zutreffende Handlungsform ist. Die Kostenbestimmung ist überwiegend durch tatsächliche Vorgaben geprägt und in geringem Umfang wertungsabhängig.

II.

116

§ 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.

117

1. Ein Gebührentatbestand hat den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes zu entsprechen. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für Belastungen und Begünstigungen gleichermaßen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 138, 136 <180 Rn. 121> m.w.N.; 148, 147 <183 f. Rn. 94>; 161, 63 <134 f. Rn. 166>; 167, 163 <235 f. Rn. 174>; stRspr). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind, oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 138, 136 <180 f. Rn. 122>; 149, 222 <253 f. Rn. 64>; 158, 282 <327 f. Rn. 111>; 161, 63 <134 f. Rn. 166>; stRspr).

118

2. Indem § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG die Gebührenlast für die zusätzliche Bereitstellung von Polizeikräften nicht allen Veranstalterinnen und Veranstaltern, sondern nur denjenigen auferlegt, die die in § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG genannten Kriterien erfüllen, differenziert die Norm zwischen verschiedenen Gruppen und muss sich insofern an dem Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen.

119

a) Eine Vergleichsgruppe besteht zunächst aus denjenigen Veranstalterinnen und Veranstaltern, deren Veranstaltung nicht das Tatbestandsmerkmal der „Gewinnorientierung“ erfüllt, die ansonsten aber eine Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen werden und bei der wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird.

120

b) Eine weitere Vergleichsgruppe bilden diejenigen Veranstalterinnen und Veranstalter, die eine Veranstaltung im Sinne des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG organisieren, an der allerdings voraussichtlich weniger als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen werden.

121

c) Die Ungleichbehandlung von Veranstalterinnen und Veranstaltern wie der Beschwerdeführerin gegenüber den beiden Vergleichsgruppen unterliegt hier jeweils einer gelockerten Verhältnismäßigkeitsprüfung.

122

Gebührentatbestände unterliegen aus Gleichheitsgesichtspunkten wegen des sie als Vorzugslast prägenden Ausgleichscharakters grundsätzlich keinen hohen Rechtfertigungsanforderungen. Eine Gebühr ist eine verfassungsrechtlich anerkannte Abgabe, die dann, wenn der Gegenseitigkeitscharakter gewahrt ist, schon von sich aus nur begrenzt belastend wirkt. So erlegt § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG im Rahmen eines gewinnorientierten Verhaltens für einen verursachten Aufwand eine gesetzliche Gebühr auf, die der Sache nach die geldwerte Heranziehung für eine Gegenleistung darstellt und daher eine Ähnlichkeit mit sonstigen, in der Regel dem Zivilrecht unterfallenden Kosten für wirtschaftliches Handeln aufweist. Die Belastung mit Geldforderungen im Bereich wirtschaftlichen Handelns, die an einen zurechenbar verursachten Aufwand anknüpft, begründet von der Sachmaterie her keine hohen Rechtfertigungsanforderungen. Weiter wird durch die Differenzierungen nicht an die Kriterien des Art. 3 Abs. 3 GG angeknüpft.

123

§ 4 Abs. 4 BremGebBeitrG ist dennoch nicht nur an dem allgemeinen Willkürverbot zu messen. Ist die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit berührt, führt dies zwar nicht ausnahmslos zu einer strengeren Prüfung der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 81, 156 <205>; BVerfGK 16, 162 <170 f.>; offenlassend BVerfGE 145, 20 <87 Rn. 173>; ohne ausdrückliche Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgebots BVerfGE 149, 126 <153 Rn. 69>). Dem Gesetzgeber sind aber umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung der Berufsausübungsfreiheit auswirken kann (vgl. BVerfGE 107, 133 <141>; 164, 347 <414 Rn. 184> – Körperschaftsteuererhöhungspotenzial).

124

Dies führt wegen des hier vorliegenden Eingriffsgewichts (siehe Rn. 83) für die hier relevanten Ungleichbehandlungen zu einer im Vergleich zum Willkürverbot strengeren Prüfung. Erforderlich ist nicht nur ein sachlicher Grund, vielmehr muss das Verhältnis des durch die Ungleichbehandlung beabsichtigten Gemeinwohlgewinns angemessen zu der damit verbundenen Ungleichheit sein (vgl. BVerfGE 162, 178 <182 Rn. 9> – Verwertungsschutz für Hausgrundstücke). Der sachliche Grund, der im Rahmen einer reinen Willkürprüfung zur Rechtfertigung ausreicht, muss hier demnach im Ziel der Differenzierung liegen und im angemessenen Verhältnis zur Belastung stehen, die durch die Differenzierung bewirkt wird.

125

d) Im Ergebnis genügen die Differenzierungen diesen Anforderungen.

126

aa) Die Differenzierungen dienen gerade dazu, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck zu realisieren (siehe Rn. 68 ff.). Es geht darum, denjenigen, die mit einer übermäßigen Inanspruchnahme der Sicherheitsgewährleistung Gewinne erzielen wollen, die Kosten des von ihnen hervorgerufenen Aufwands aufzuerlegen. Der Aufwand soll dorthin verlagert werden, wo die Gewinne hinfließen und wo sie typischerweise auch vorhanden sind. Indem an die Gewinnorientierung angeknüpft wird, wird die Belastung gerade auf den Bereich verlagert, in dem die Schuldnerinnen und Schuldner einen Vorteil erzielen. Auch wenn beide Gruppen die Bereitstellung der Polizeikräfte gleichermaßen veranlassen, ist der Unterschied im daraus erwachsenden Vorteil zwischen gewinnorientierten, einen monetären Vorteil ziehenden Veranstaltungen und nicht gewinnorientierten Veranstaltungen so groß, dass er die Nichteinbeziehung der nicht gewinnorientierten Veranstaltungen rechtfertigt.

127

bb) Die Beschränkung auf Veranstaltungen mit voraussichtlich mehr als 5.000 zeitgleich teilnehmenden Personen verfolgt das Ziel, nur diejenigen Veranstaltungen zu erfassen, die einen deutlichen polizeilichen Mehraufwand hervorrufen. Das Merkmal verfolgt daher partiell das gleiche Ziel wie das der besonderen Gefahrträchtigkeit. Es soll nur die Veranstaltung, die eine administrativ und finanziell erhebliche Sondernutzung der Gefahrenvorsorge bewirkt, erfasst werden. Darüber hinaus unterstützt die Konzentration auf die Größe der Veranstaltung auch das gleiche Ziel wie das Kriterium der Gewinnorientierung. Es ist anzunehmen, dass eine Veranstaltung umso gewinnbringender ist, je größer sie ist. Die Teilnehmerzahl von voraussichtlich mehr als 5.000 Personen bildet eine Erheblichkeitsschwelle, die sowohl für den polizeilichen Aufwand als auch für den unternehmerischen Ertrag Indizwirkung besitzt. Die Grenzziehung bei 5.000 Personen erscheint nicht sachwidrig. Diese Zahl sichert ab, dass nur Veranstaltungen erfasst werden, die einen polizeilichen Aufwand verursachen, der typischerweise mit der üblichen Grundausstattung nicht zu bewältigen ist, so dass der Gedanke einer quantitativen Sondersituation rechtlich gefasst wird. Die Differenzierung soll gerade das Ziel des Eingriffs ermöglichen und steht nicht außer Verhältnis zur bewirkten Belastung.

III.

128

Auch die Auslegung und Anwendung der Regelung des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG verstößt nicht gegen das Grundgesetz.