Fortschreibung eines Luftreinhalteplans (Beschluss des BVerwG 7. Senat)

BVerwG 7. Senat, Beschluss vom 18.09.2024, AZ 7 B 22/24, ECLI:DE:BVerwG:2024:180924B7B22.24.0

Leitsatz

Verletzt die zuständige Behörde mit ihrer Luftreinhalteplanung die Ergebnisverpflichtung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, kann das Gericht sie zur Fortschreibung der Luftreinhalteplanung verurteilen und ihr eine bestimmte Maßnahme aufgeben, wenn es sich bei dieser um die einzig geeignete und verhältnismäßige Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO
2-Grenzwerte handelt.

Verfahrensgang

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 21. März 2024, Az: 22 A 23.40047, Urteil

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. März 2024 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Kläger, zwei deutschlandweit tätige und nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigungen, wenden sich gegen die Anpassung der am 11. Januar 2023 in Kraft getretenen 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans der Beklagten.

2

Der Luftreinhalteplan in der Fassung der 8. Fortschreibung sah zur Einhaltung des Jahresmittelgrenzwertes für NO
2-Immissionen ein mehrstufiges zonales Verkehrsverbot vor (Stufe 1: zonales Fahrverbot für Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 4/IV und schlechter ab 1. Februar 2023; Stufe 2: Ausweitung auf Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 5/V ab 1. Oktober 2023; Stufe 3: Wegfall allgemeiner Ausnahmen für Anwohner- und Lieferverkehr ab 1. April 2024). Aufgrund der Entwicklung der NO
2-Emissionen beschloss die Beklagte, im Wege der Anpassung der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans mit Wirkung vom 29. September 2023, die Stufe 2 vorläufig auszusetzen und eine Entscheidung über die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der auf dieser Stufe vorgesehenen Maßnahme auf der Basis aktualisierter Werte voraussichtlich im Mai 2024 zu treffen sowie die Stufe 3 endgültig aufzuheben.

3

Gegen diese Anpassung haben die Kläger Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof erhoben mit dem Ziel, die Anpassung für unwirksam zu erklären, hilfsweise die Anpassung hinsichtlich der Aussetzung der Stufe 2 für unwirksam zu erklären sowie weiter hilfsweise die Beklagte zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beklagte zu Letzterem verurteilt und im Übrigen die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, angesichts der festgestellten und prognostizierten Überschreitungen des Jahresmittelgrenzwerts für Stickstoffdioxid an zwei Messstellen seien die vorgesehenen Maßnahmen nicht im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG geeignet, den Zeitraum der Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich zu halten. Die Beklagte verletze damit ihre Ergebnisverpflichtung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG und sei gehalten, den Plan um weitere Maßnahmen zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung zu ergänzen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die auf sämtliche Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Beklagten.

II

5

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist nicht wegen der in der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, zuzulassen.

6

1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2023 – 7 B 10.23 – juris Rn. 7). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

7

Die von der Beklagten als grundsätzlich bedeutsam erachteten Fragen,

„ob aus §§ 40, 47 BImSchG eine Verpflichtung zum Erlass einer bestimmten Maßnahme, nämlich eines Dieselfahrverbots abgeleitet werden kann“

sowie

„ob die Vorgabe einer bestimmten Maßnahme wie eines Fahrverbots die gerichtliche Beurteilungskompetenz im Hinblick auf die planerische Einschätzungsprärogative und den planerischen Gestaltungsspielraum des Plangebers des Luftreinhalteplans überschreitet“,

sind nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beklagte zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt. In den Entscheidungsgründen hat er es der Abwägung der Beklagten überlassen, ob sie in dem fortzuschreibenden Luftreinhalteplan auf der Grundlage der Prognosen, die in dem von der Beklagten vorgelegten Bericht Müller-BBM vom 15. März 2024 enthalten sind, ein streckenbezogenes oder ein zonales Fahrverbot auch für Dieselkraftfahrzeuge der Schadstoffklasse 5/V sowie allgemeine Ausnahmen davon für Anwohner und Anlieger vorsieht (UA Rn. 89 f.). Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil verschiedene weitere in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte hervorgehoben (UA Rn. 91 ff.). Er hat hiernach nicht – wie die Beklagte in der Beschwerdebegründung rügt – eine Reduzierung des Planungsermessens auf „Null“ angenommen und zum Erlass einer konkreten Einzelmaßnahme verpflichtet, sondern einen fortbestehenden – im konkreten Fall allerdings eingeschränkten – Spielraum der Beklagten weiterhin für gegeben erachtet.

8

Unabhängig davon lässt sich die aufgeworfene Frage anhand der gesetzlichen Regelungen und der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens bejahen. Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Diese Maßnahmen müssen nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten. Die letztgenannte Regelung normiert in Übereinstimmung mit Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 S. 1; nachfolgend RL 2008/50/EG) eine zeitliche Vorgabe für die Erreichung des in § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG festgelegten Ziels der Einhaltung der Grenzwerte. Hieran muss sich die Entscheidung der Behörde ausrichten; die Zielvorgabe ist zugleich rechtlicher Maßstab für die angesichts der Gestaltungsspielräume der Behörde eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. Das Gebot, die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte möglichst schnell zu beenden, fordert eine Bewertung der zur Emissionsminderung geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen gerade im Hinblick auf eine zeitnahe Verwirklichung der Luftqualitätsziele. Daraus kann sich eine Einschränkung des planerischen Ermessens ergeben, wenn allein die Wahl einer bestimmten Maßnahme eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 – BVerwGE 147, 312 Rn. 59). Mithin verfügen zwar die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen über einen gewissen Spielraum. Dessen ungeachtet müssen es die festgelegten Maßnahmen aber jedenfalls ermöglichen, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird. Unter diesen Umständen ist in einer einzelfallbezogenen Untersuchung zu prüfen, ob die von dem betroffenen Mitgliedstaat erstellten Pläne im Einklang mit Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 2008/50/EG stehen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu betrachten, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält. Soweit sich etwa (beschränkte) Verkehrsverbote für (bestimmte) Dieselfahrzeuge als die einzig geeigneten Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO
2-Grenzwerte erweisen, sind derartige Maßnahmen mithin aus unionsrechtlichen Gründen zu ergreifen. Kommt die Luftreinhalteplanung den Verpflichtungen nach der Richtlinie 2008/50/EG nicht nach, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörde den nach der Richtlinie 2008/50/EG erforderlichen Plan gemäß den dort vorgesehenen Bedingungen erstellt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018 – 7 C 26.16 – Buchholz 406.25 § 47 BImSchG Nr. 6 Rn. 31 ff. und – 7 C 30.17 – BVerwGE 161, 201 Rn. 34 ff.). Verletzt die zuständige Behörde mit ihrer Luftreinhalteplanung die Ergebnisverpflichtung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, kann das Gericht sie zur Fortschreibung der Luftreinhalteplanung verurteilen und ihr eine bestimmte Maßnahme aufgeben, wenn es sich bei dieser um die einzig geeignete und verhältnismäßige Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO
2-Grenzwerte handelt.

9

Der Umstand, dass der Beurteilung der Einhaltung der Ergebnisverpflichtung Prognosen zugrunde zu legen sind, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2020 – 7 C 3.19 – BVerwGE 168, 20 Rn. 42 und vom 28. Mai 2021 – 7 C 4.20 – BVerwGE 172, 383 Rn. 37), rechtfertigt keine andere Beurteilung der von der Beklagten aufgeworfenen Fragen. Der einer für die Luftreinhalteplanung zuständigen Behörde zustehende Prognosespielraum betreffend die Entwicklung der Immissionswerte ist von dem Spielraum über die in der Luftreinhalteplanung vorzusehenden Maßnahmen abzugrenzen. Beruht die Luftreinhalteplanung auf einer ordnungsgemäßen – im vorliegenden Fall von dem Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandeten – Prognose, kommt es für die Rechtmäßigkeit der Luftreinhalteplanung entscheidend darauf an, ob die Behörde ihren Spielraum bei der Abwägung am Maßstab der Ergebnisverpflichtung des § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtmäßig ausgeübt hat.

10

2. Nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung unter anderem des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die Abweichung setzt einen Widerspruch in einem abstrakten Rechtssatz voraus, also einen prinzipiellen Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes (BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2022 – 7 B 19.21 – NVwZ-RR 2023, 95 Rn. 13). Der Beschwerde obliegt es nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einen tragenden, abstrakten Rechtssatz zu einer revisiblen Rechtsvorschrift zu benennen und darzulegen, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abweichenden abstrakten Rechtssatz zu derselben Rechtsvorschrift beruht. Anhand dieses Maßstabes lässt sich dem Beschwerdevorbringen keine Divergenz entnehmen.

11

Die Beklagte beruft sich auf die sogenannte Geringfügigkeitsrechtsprechung, mit der das Bundesverwaltungsgericht die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten entwickelt habe. Sie macht geltend, die Vorinstanz habe nur die erste, nicht aber die zweite Stufe dieser Geringfügigkeitsrechtsprechung geprüft, sondern stattdessen lediglich Einzelfallerwägungen angestellt.

12

Dieses Vorbringen vermag schon deshalb nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu begründen, weil das Bundesverwaltungsgericht kein derartiges Stufenverhältnis in seiner Rechtsprechung zur Geltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch bei der Frage, ob ein Verkehrsverbot anzuordnen ist, zum Ausdruck gebracht hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat vielmehr die insoweit anzustellende Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne anhand verschiedener Fallkonstellationen konkretisiert und ausgeführt, dass bei einer prognostizierten Überschreitung des NO
2-Jahresgrenzwerts um nur noch 1 µg/m³ im Folgejahr nach Inkrafttreten des Luftreinhalteplans und gleichzeitig prognostizierter (deutlicher) Unterschreitung des Grenzwerts im übernächsten Jahr die Anordnung von (zonalen oder streckenbezogenen) Verkehrsverboten regelmäßig nicht geboten ist; bewegt sich die Überschreitung des Grenzwerts in einem Bereich von nur 1 µg/cbm und ist mit einem kontinuierlichen Rückgang der Belastung sowie der alsbaldigen Einhaltung bzw. deutlichen Unterschreitung des Grenzwerts sicher zu rechnen, ist ein Verkehrsverbot daher regelmäßig auch dann nicht geboten, wenn es die einzige geeignete Maßnahme ist, um das Ziel zu einem früheren Zeitpunkt zu erreichen. Bei höheren Grenzwertüberschreitungen – so das Bundesverwaltungsgericht – hängt die Verhältnismäßigkeit von Verkehrsverboten von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere davon ab, wie lang die prognostizierte Dauer der Überschreitung ist und mit welchem Maß an Sicherheit die Einhaltung des Grenzwerts erwartet werden kann. Je kürzer einerseits die Überschreitung andauert und je sicherer die baldige Einhaltung des Grenzwerts zu erwarten ist und je größer andererseits die Auswirkungen eines Verkehrsverbots für die betroffenen Verkehrsteilnehmer und Anwohner von Ausweichstrecken sind, umso eher sind auch höhere Überschreitungen hinnehmbar (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2020 – 7 C 3.19 – BVerwGE 168, 20 Rn. 37 ff. und vom 28. Mai 2021 – 7 C 2.20 – BVerwGE 172, 365 Rn. 32).

13

Ungeachtet dessen kann die Divergenzrüge der Beklagten keinen Erfolg haben, weil sich der Verwaltungsgerichtshof dieser Rechtsprechung, soweit der vorliegende Fall dazu Anlass gibt, in dem vorinstanzlichen Urteil ausdrücklich angeschlossen (UA Rn. 65) und auf der Grundlage der von der Beklagten vorgelegten Prognosen für den Messpunkt Landshuter Allee LÜB anhand dieser Maßstäbe grundsätzlich die Verhältnismäßigkeit der Anordnung eines zonalen oder streckenbezogenen Verkehrsverbots angenommen hat. In der Sache macht die Beschwerde danach allenfalls einen Rechtsanwendungsfehler, nicht aber eine abweichende Rechtsauffassung geltend.

14

3. Schließlich sind die gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachten Verfahrensfehler nicht gegeben. Weder liegen die Voraussetzungen der fehlenden Entscheidungsgründe im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO vor (unter a)) noch hat der Verwaltungsgerichtshof seine Aufklärungspflicht (unter b)) verletzt.

15

a) Nach § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen im Urteil die Gründe schriftlich niedergelegt werden, die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblich waren. Nicht mit Gründen versehen im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstands fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 21. April 2015 – 7 B 9.14 – Buchholz 451.222 § 3 BBodSchG Nr. 3 Rn. 25, vom 6. November 2019 – 4 B 52.18 – juris Rn. 9 und vom 15. März 2021 – 4 B 14.20 – juris Rn. 38).

16

Gemessen hieran ist das Urteil entgegen der Auffassung der Beklagten mit Gründen versehen. Der Streitgegenstand gab dem Verwaltungsgerichtshof lediglich Anlass zur Prüfung, ob der Inhalt der Anpassung der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans (vorläufige Aussetzung des Verkehrsverbots der Stufe 2 und endgültige Aufhebung der Stufe 3) rechtmäßig ist und die Zielvorgabe des § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG die Anordnung eines Verkehrsverbots fordert. Dem tragen die Entscheidungsgründe Rechnung. Angesichts dessen greifen die Rügen der Beklagten, es fehle an Entscheidungsgründen insbesondere in Bezug auf mögliche Alternativen zum Verkehrsverbot sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Luftreinhalteplans, nicht durch.

17

b) Eine Aufklärungsrüge kann – unter anderem – nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher konkreter Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Oktober 2022 – 7 B 19.21 – NVwZ-RR 2023, 95 Rn. 22 und vom 11. Mai 2023 – 7 B 13.22 – juris Rn. 34). Dem wird die Beschwerde nicht gerecht.

18

Die Beklagte räumt ein, alternative Maßnahmen weder zum Gegenstand der vorinstanzlichen Verhandlung gemacht noch entsprechende Beweisanträge gestellt zu haben. Sie beschränkt sich auf den Hinweis, dass der Stadtrat der Beklagten als Laiengremium ein Tempolimit als denkbare Maßnahme beschlossen habe und diese Maßnahme im Wege des Monitorings ausgewertet werde. Ob hiernach das Tempolimit für die Zielvorgabe ausreicht, legt die Beklagte selbst nicht ansatzweise dar. Es ist daher nicht ersichtlich, dass sich dem Verwaltungsgerichtshof eine Alternativenprüfung hätte aufdrängen müssen.

19

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Kategorien: Allgemein