Der Herausgabeanspruch gemäß § 667 Alt. 1 BGB wird bei zweckwidriger Verwendung von zur Anlage bei einer Bank überlassenen… (Urteil des BGH 3. Zivilsenat)

BGH 3. Zivilsenat, Urteil vom 01.08.2024, AZ III ZR 144/23, ECLI:DE:BGH:2024:010824UIIIZR144.23.0

§ 199 Abs 1 Nr 1 BGB, § 667 Alt 1 BGB

Leitsatz

Der Herausgabeanspruch gemäß § 667 Alt. 1 BGB wird bei zweckwidriger Verwendung von zur Anlage bei einer Bank überlassenen Geldmitteln durch den Beauftragten erst fällig, wenn im Verhältnis zwischen den Parteien feststeht, dass das Geld nicht auftragsgemäß angelegt worden ist und der Beauftragte infolge der zweckwidrigen Verwendung der Mittel hierzu auch nicht mehr in der Lage ist (Anschluss an OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. März 2016 – 9 U 93/14, NJW-RR 2016, 1328).

Verfahrensgang

vorgehend KG Berlin, 15. Mai 2023, Az: 20 U 154/22
vorgehend LG Berlin, 12. Oktober 2022, Az: 22 O 217/21

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Kammergerichts – 20. Zivilsenat – vom 15. Mai 2023 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin – Zivilkammer 22 – vom 12. Oktober 2022 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihr als Erbin die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass des am 30. April 2021 verstorbenen G.    M.      vorbehalten wird.Dieser Vorbehalt betrifft nicht die Kostenentscheidung.

Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt als Alleinerbe seiner im Jahr 2013 verstorbenen Ehefrau E.   F.    von der Beklagten als Alleinerbin ihres im April 2021 verstorbenen Ehemannes G.   M.      die Herausgabe diesem zu Anlagezwecken überlassenen Geldes.

2

Die Ehepaare F.    und M.       waren miteinander befreundet. G.     M.        war Steuerberater und erledigte auch die steuerlichen Angelegenheiten der Eheleute F.   .

3

Mit zwei Telefaxschreiben vom 21. und 26. Februar 2007 (Anlagen K 1 und K 2) unterbreitete G.   M.       der Ehefrau des Klägers ein „Superangebot“ der W.    bank                in Berlin: eine Baranlagemöglichkeit mit einem Mindestbetrag von 20.000 € ab dem 28. Februar 2007 mit einer Laufzeit von 14 Monaten und einem Zinssatz von 5,5 %. Wörtlich führte er aus:

„Um den Zinssatz über 5,5 % p.a. zu erhalten muss der Einzahlungsbetrag über meine Person laufen.

Mit dem Auszahlungstermin wird das Geld direkt auf das Konto von E.   [F.    ] überwiesen sofern keine andere Weisungen von E.   kommen, wie z.B. Verlängerung etc.

Extrem hoher Zinssatz.

Ich lege das Geld am 28.02.07 an (Verauslagung meinerseits) so dass die Überweisung ruhig auch 1 bis 2 Tage später meinem Konto gutgeschrieben werden kann.“

4

Dem Telefaxschreiben vom 21. Februar 2007 (Anlage K 1) war als Seite 2 ein totalgefälschtes Schreiben der W.   bank vom 19. Februar 2007 an „G.     M.      “ mit dem Stempelaufdruck „Eingang 20. FEB. 2007 Dipl. Finanzwirt G. M.     “ beigefügt:

„Sehr geehrter Herr M.     ,

Ihre Geldanlage wird am 28.02.2007 fällig.

Mit Zustimmung des Vorstandes der H.  N.      AG bieten wir Ihnen erneut eine Baranlagemöglichkeit wie folgt an:

Laufzeit: 14 Monate

Zinssatz: 5,5 %

Wir weisen darauf hin, dass es sich bei der Höhe des Zinssatzes um eine Ausnahmeregelung handelt und im engen Zusammenhang mit Ihrer früheren Vorstandstätigkeit bei der B.   steht.“

5

Die Vorinstanzen haben offengelassen, ob G.    M.       als Verfasser dieses und weiterer gefälschter Schreiben der W.    bank (siehe Anlagen K 4, K 5, K 8, K 9, K 13, K 14, CSP 5, CSP 7) in Betracht kommt.

6

E.  F.   überwies sodann am 28. Februar 2007 durch zwei Einzelüberweisungen insgesamt 30.000 € auf das Konto Nummer        des G.     M.      bei der D.       B.    , wobei sie als Verwendungszweck „Geldanlage W.   bank“ angab. Mit Telefax vom 5. März 2007 (Anlage K 4) wurde unter der Faxgerät-Kennung des G.    M.       ein wiederum totalgefälschtes Schreiben der W.  bank (mit Eingangsstempel „G. M.       “ vom 3. März 2007) an E.  F.   versandt, in dem die W.   bank gegenüber G.     M.       (angeblich) den Eingang eines Festgeldanlagebetrags von 50.000 € zum 28. Februar 2007 bestätigte. Der Gesamtbetrag (einschließlich Zinsen) sei am 1. Mai 2008 fällig und werde wie folgt überwiesen: 30.000 € plus Zinsen an E.   F.   , 20.000 € plus Zinsen an G.    M.       , „sofern keine anderweitige Weisungen vorliegen“. In einem weiteren gefälschten Schreiben der W.   bank an G.     M.       vom 18. Juni 2008 (mit Eingangsstempel „G.   M.        “ vom 19. Juni 2008), das ebenfalls die Faxgerät-Kennung des G.       M.      aufweist, wurde angeboten, die zum 30. Juni 2008 fällige Gesamtanlage von 50.000 € für ein Jahr bis zum 30. Juni 2009 zu verlängern (Anlage K 5).

7

E.   F.   überwies am 8. Juli 2008 weitere 20.000 € auf das Konto Nummer       des G.    M.       unter Angabe des Verwendungszwecks „Geldanlage W.   bank E.   F.   KDNR.         „. Bei der angegebenen Kundennummer handelte es sich um ihre Kontonummer bei der D.      B.   .

8

Am 2. Juni 2009 wurde ein Betrag von 30.000 € von dem Konto Nummer      auf ein anderes Konto des G.     M.       bei der D.      B.   übertragen. Am 23. September 2009 erfolgte eine weitere Umbuchung in Höhe von 20.000 €. Danach wies das Konto einen Negativsaldo von 27.218,03 € auf.

9

Mit Schreiben vom 11. November 2021 teilte die W.   bank dem Kläger mit, dass es sich bei den vorgelegten, vermeintlich auf ihrem Briefpapier angefertigten Schreiben um offensichtliche Fälschungen handele, deren Inhalt vollständig unzutreffend sei.

10

Der Kläger hat geltend gemacht, er gehe davon aus, dass G.   M.   –     die Schreiben der W.    bank gefälscht und den an ihn überwiesenen Geldbetrag veruntreut habe. Er beziehungsweise seine Ehefrau hätten über G.    M.       im Verlauf der Jahre gefälschte Schreiben sowie Zinsbestätigungen der W.   bank erhalten, aus denen sich ergebe, dass die Gelder zunächst angelegt und dann stehen gelassen worden seien (insbesondere Anlagen K 8, K 9, K 13 und K 14 sowie CSP 5 und CSP 7). G.   M.      habe bei einer Besprechung am 18. März 2019 mündlich zugesagt, der Kläger werde sein Geld spätestens nach dem beabsichtigten Verkauf einer Immobilie erhalten. Zahlungen seien jedoch nicht erfolgt.

11

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat außerdem die Einrede der Verjährung erhoben. Bei einem Besuch kurz vor dem Tod ihres Ehemannes habe sie der Kläger darauf angesprochen, dass seine verstorbene Ehefrau noch Geld bekomme. Sie habe deswegen bei ihrem Mann nachgefragt und zur Antwort bekommen, Frau F.   habe alles erhalten. Danach sei davon auszugehen, dass E.   F.   50.000 € im Jahr 2009 zurückerhalten habe.

12

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 50.000 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil.

I.

14

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

15

Hinsichtlich der am 28. Februar 2007 überwiesenen 30.000 € sei durch den Kläger ein (Treuhand-)Auftrag der E.   F.   durch Vorlage der Schreiben des G.    M.        aus Februar 2007 (Anlagen K 1 und K 2) dargelegt. Unerklärlich sei allerdings, warum E.   F.   auf Grund des unstreitig gefälschten Schreibens der W.  bank vom 18. Juni 2008 (Anlage K 5) weitere 20.000 € an G.    M.       überwiesen haben solle. Jedenfalls habe E.   F.    einen unmittelbaren Auszahlungsanspruch gegen die Bank erlangen sollen. Weitere die – lediglich angenommene – Vertragserweiterung nochmals verändernde Abreden habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

16

Ein etwaiger Anspruch der E.  F.   auf Zahlung von 50.000 € sei verjährt. So verhalte es sich sowohl für Schadensersatzansprüche als auch für einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.

17

Da nach dem Vortrag des Klägers G.    M.        dem Auftrag von E.   F.    , die ihm am 28. Februar 2007 und 8. Juli 2008 insgesamt überwiesenen 50.000 € bei der W.   bank anzulegen, nicht nachgekommen sei, sei ein vertraglicher Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 1922 Abs. 1 BGB spätestens in den Jahren 2017 beziehungsweise 2018 gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB verjährt. Dasselbe gelte für einen deliktischen Schadensersatzanspruch wegen Betrugs oder Veruntreuung. Für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch folge die Verjährung aus § 199 Abs. 4 BGB.

18

Den Verjährungslauf hemmende Umstände seien nicht erkennbar. Auch habe die Verjährung nicht gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu begonnen. Der Vortrag des Klägers betreffend ein Gespräch mit G.    M.      am 18. März 2019, in dem dieser gesagt habe, der Kläger erhalte das Geld spätestens nach dem Verkauf eines Hauses und er, M.     , werde sich darum kümmern, sei schon angesichts der völligen Unbestimmtheit des Gesprächsgegenstandes ungeeignet, ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis zu begründen. Zudem sei zu diesem Zeitpunkt die zehnjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen.

19

Ein Anspruch nach § 852 BGB scheide aus, weil der Kläger nicht darlegen und beweisen könne, dass G.     M.       die Bankschreiben entweder selbst gefälscht oder zumindest gewusst habe, dass diese gefälscht seien. Allein aus der Tatsache, dass E.   F.    ihm insgesamt 50.000 € überwiesen habe, die bei der W.   bank nie angekommen seien, könne kein Vorsatz hergeleitet werden. Es sei nicht nur eine theoretische Möglichkeit, dass G.     M.      seinerseits (durch Dritte) getäuscht worden sei. Andere Anspruchsgrundlagen, die nicht der Verjährung unterfielen, seien nicht vorhanden.

II.

20

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

21

Das Landgericht hat zu Recht einen Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 50.000 € bejaht. Dieser beruht auf § 1922 Abs. 1 i.V.m. § 667 Alt. 1 BGB, wonach der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags erhaltenes Geld herausgeben muss, wenn er es nicht in Erledigung des Auftrags verbraucht hat. Da die hierfür beweisbelastete Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass die im Februar 2007 und Juli 2008 überwiesenen Geldbeträge bestimmungsgemäß verwendet wurden, ist sie zu deren Herausgabe als Alleinerbin ihres Ehemannes G.    M.      verpflichtet (§§ 1922 Abs. 1, § 1967 BGB). Die Forderung des Klägers ist auch nicht verjährt.

22

1. Auf der Grundlage seiner Telefax-Schreiben vom 21. und 26. Februar 2007 (Anlagen K 1 und K 2) war G.    M.     im Verhältnis zu E.   F.    vertraglich verpflichtet, die an ihn am 28. Februar 2007 überwiesenen 30.000 € (zunächst) für 14 Monate bei der W.   bank als Festgeld zu dem vereinbarten Zinssatz anzulegen. Er übernahm damit eine Geschäftsbesorgung im Sinne des § 662 BGB, wobei es für den Anspruch aus § 667 BGB nicht darauf ankommt, ob G.   M.     für einen Festgeldvertrag zwischen E.   F.    und der W.    bank sorgen sollte oder ob er einen solchen Festgeldvertrag treuhänderisch (für E.   F.   ) selbst mit der Bank abschließen konnte (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2016, 1328 Rn. 29).

23

Dieser Auftrag ist sodann durch die Überweisung weiterer 20.000 € am 8. Juli 2008 auf insgesamt 50.000 € erweitert worden. Dies folgt bereits aus dem angegebenen Überweisungszweck „Geldanlage W.  bank“ unter Angabe der Kundennummer       . Damit hat E.   F.    zum Ausdruck gebracht, dass sie die bereits überwiesenen 30.000 € nach Fälligkeit des Erstanlagezeitraums nicht zurückforderte, sondern vielmehr eine weitere Anlage des Gesamtbetrags bei der W.    bank durch G.     M.       wünschte, ohne einen konkreten Anlagezeitraum – zum Beispiel durch Bezugnahme auf das (gefälschte) Schreiben der W.   bank vom 18. Juni 2008 (Anlage K 5) – anzugeben. G.   M.      hat durch die Vereinnahmung des Gesamtbetrags von 50.000 € in Kenntnis des angegebenen Verwendungszwecks die Auftragserweiterung – jedenfalls konkludent – akzeptiert und war daher verpflichtet, für einen Festgeldvertrag mit der W.   bank zugunsten von E.   F.   zu sorgen und die erhaltenen Gelder dort einzuzahlen.

24

2. Aus der übernommenen Geschäftsbesorgung folgt der Herausgabeanspruch des Klägers gemäß § 667 Alt. 1 BGB. Die Beklagte hat als Alleinerbin sämtliche Geldbeträge herauszugeben, welche der verstorbene G.    M.      zur Herbeiführung einer Geldanlage bei der W.   bank erhalten hat.

25

a) Gemäß § 667 Alt. 1 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält, herauszugeben. Von dieser Pflicht wird er außer durch Erfüllung auch dann frei, wenn er das zur Ausführung Erhaltene bestimmungsgemäß verwendet, insbesondere entsprechend einer getroffenen Vereinbarung, einer Weisung oder sonst berechtigt verbraucht oder weitergegeben hat. Dabei trägt der Beauftragte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein ihm zur Ausführung des Auftrags zugewendeter Geldbetrag bestimmungsgemäß verwendet worden ist (Senat, Urteil vom 10. Oktober 1996 – III ZR 205/95, NJW 1997, 47, 48; BGH, Urteil vom 4. November 2002 – II ZR 210/00, NZG 2003, 215; OLG Karlsruhe aaO Rn. 32; BeckOK BGB/Detlev Fischer, § 667 Rn. 14, 22 [70. Edition, Stand: 1. Mai 2024]; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 667 Rn. 6, 10; MüKoBGB/F. Schäfer, 9. Aufl., § 667 Rn. 34, 48).

26

Da die Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass die überlassenen Geldbeträge vereinbarungsgemäß bei der W.   bank angelegt beziehungsweise vollständig an den Kläger oder dessen Ehefrau zurückgezahlt wurden, ist sie zur Zahlung verpflichtet. Weder wurde ein Festgeldvertrag zugunsten von E.   F.   mit der W.   bank vereinbart noch das überlassene Geld dort eingezahlt. Bei den eine entsprechende Geldanlage bestätigenden angeblichen Schreiben der W.   bank (Anlagen K 4, K 5, K 8, K 9, K 13 und K 14 sowie CSP 5 und CSP 7) handelt es sich unstreitig um Fälschungen. Aus der schriftlichen Auskunft der W.   bank vom 11. November 2021 ergibt sich zudem, dass der Inhalt der vom Kläger zur Prüfung vorgelegten Schreiben „vollständig unzutreffend“ ist.

27

Dass es für die Behauptung der Beklagten, die überwiesenen Gelder seien im Jahr 2009 an E.   F.    zurückgeflossen, keine Anhaltspunkte gibt, hat bereits das Landgericht rechtsfehlerfrei und überdies überzeugend begründet. Darauf wird Bezug genommen (LGU 8 f). Aus den von der Beklagten vorgelegten Kontounterlagen ergibt sich lediglich, dass G.    M.      am 2. Juni 2009 30.000 € und am 23. September 2009 20.000 € von seinem Konto mit der Nummer          auf ein anderes von ihm gehaltenes Konto bei der D.      B.   transferiert hat. Nachweise dafür, dass das Geld zu einem späteren Zeitpunkt auf ein Konto der Eheleute F.    überwiesen oder an diese in bar übergeben wurde, fehlen. Das Landgericht hat daher zutreffend angenommen, dass die behauptete Rückzahlung der Anlagebeträge nicht stattgefunden hat.

28

b) Darauf, ob die streitigen Geldbeträge im Vermögen der Beklagten noch vorhanden sind, kommt es nicht an. Zu den Gegenständen, die der Beauftragte nach § 667 Alt. 1 BGB herauszugeben hat, gehören nicht nur solche, die von vornherein dafür vorgesehen sind, in Natur zurückgegeben zu werden, sondern auch diejenigen Mittel, insbesondere Geldmittel, die dafür bestimmt waren, in Ausführung des Auftrags verbraucht zu werden. Erlangte Geldmittel müssen auch dann herausgegeben werden, wenn sie beim Beauftragten zwar nicht mehr vorhanden sind, aber nicht – wie im vorliegenden Fall – zu dem vorgesehenen Zweck verwendet wurden (Senat, Urteil vom 10. Oktober 1996 aaO und BGH, Urteil vom 4. November 2002 aaO; OLG Karlsruhe aaO Rn. 31; BeckOK BGB/Detlev Fischer aaO Rn. 8; MüKoBGB/F. Schäfer aaO).

29

3. Der Herausgabeanspruch des Klägers aus § 667 Alt. 1 i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB ist nicht verjährt. Der Anspruch unterliegt der Regelverjährung gemäß § 195 BGB (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 – IX ZR 243/19, NJW 2020, 3725 Rn. 13). Die Verjährungsfrist von drei Jahren ist nicht abgelaufen. Der Auftrag wurde erst durch den Tod des G.    M.     im April 2021 gemäß § 673 Satz 1 BGB beendet, so dass die Verjährung durch die am 7. Januar 2022 zugestellte Klage rechtzeitig gehemmt wurde (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Dies gilt auch dann, wenn auf der Grundlage des Vortrags des Klägers, er habe G.   M.       im März 2019 auf die Rückzahlung des Geldes angesprochen, von einer Beendigung des Auftrags zu diesem (früheren) Zeitpunkt durch Widerruf (§ 671 Abs. 1 BGB) ausgegangen würde. Die Verjährung wäre in diesem Fall ebenfalls durch die Klagezustellung rechtzeitig gehemmt worden.

30

a) Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit haben muss (Nr. 2). Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Anspruch fällig ist, weil die Entstehung des Anspruchs im verjährungsrechtlichen Sinne erfordert, dass er vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann (BGH, Urteile vom 15. Oktober 2020 aaO und vom 16. Dezember 2021 – IX ZR 81/21, NJW 2022, 1020 Rn. 10; Grüneberg/Ellenberger aaO § 199 Rn. 3).

31

b) Die Fälligkeit eines Anspruchs aus § 667 BGB richtet sich nach den getroffenen Vereinbarungen, hilfsweise nach den Umständen des jeweiligen Falles (§ 271 Abs. 1 BGB). Der Anspruch auf Herausgabe dessen, was der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags erhalten hat, wird in der Regel erst fällig (im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wenn der Zweck der Überlassung erreicht oder endgültig verfehlt wurde, spätestens jedoch mit Beendigung des Auftragsverhältnisses, die durch die Besorgung des Geschäfts, den Widerruf beziehungsweise die Kündigung des Auftrags (§ 671 BGB) oder – im Zweifel – durch den Tod des Beauftragten (§ 673 Satz 1 BGB) eintritt (Senat, Urteil vom 3. November 2011 – III ZR 105/11, NJW 2012, 58 Rn. 28; BGH, Urteile vom 23. Juni 2005 – IX ZR 139/04, NZI 2005, 681 und vom 15. Oktober 2020 aaO Rn. 14; OLG Karlsruhe aaO Rn. 35; MüKoBGB/F. Schäfer aaO Rn. 27).

32

c) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Anspruch des Klägers aus § 667 BGB nicht vor dem Tod des G.    M.       im April 2021 fällig geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt stand im Verhältnis zwischen den Parteien noch nicht fest, dass der Auftragszweck nicht mehr zu erreichen war. Denn G.    M.       hatte dem Kläger oder dessen Ehefrau gegenüber zu keinem Zeitpunkt offengelegt, keine Festgeldanlage bei der W.bank getätigt zu haben und wegen zweckwidriger Verwendung des Geldes dazu auch nicht mehr in der Lage zu sein (vgl. OLG Karlsruhe aaO Rn. 37).

33

Der verhältnismäßig lange Zeitraum von der Überweisung der Gelder im Februar 2007 beziehungsweise Juli 2008 bis zum Tod des G.  M.       im April 2021 führt nicht zu einer aus Umständen im Sinne des § 271 Abs. 1 Alt. 2 BGB sich ergebenden Fälligkeit in rechtsverjährter Zeit. Denn sowohl E.   F.   als auch der Kläger als Erbe gingen davon aus, dass G.    M.        die Gelder bestimmungsgemäß angelegt hatte und hatten deshalb keinen Anlass, einen Herausgabeanspruch nach § 667 Alt. 1 BGB geltend zu machen, zumal sie mit G.   M.      weiterhin freundschaftlich verbunden waren, dieser für sie als Steuerberater tätig war und bereits bei der Erstanlage höhere Zinsen für den Fall in Aussicht gestellt hatte, dass diese erst mit der Fälligkeit des Anlagebetrags auszuzahlen waren (siehe Anlage K 1). Allein der Umstand, dass der Beauftragte die überlassenen Geldmittel zweckwidrig verwendet, führt noch nicht die Fälligkeit des Anspruchs aus § 667 Alt. 1 BGB herbei. Ein endgültiges Verfehlen des Auftragszwecks ist in Fallkonstellationen wie der vorliegenden vielmehr erst dann anzunehmen, wenn zwischen den Parteien feststeht, dass die Gelder verloren sind und der Auftragnehmer zur Erledigung des Auftrags nicht mehr in der Lage ist (vgl. OLG Karlsruhe aaO Rn. 38; MüKoBGB/F. Schäfer aaO Rn. 27). Für den Kläger stand diese Konsequenz vor dem Tod des G.     M.       im April 2021 nicht fest, da er erstmals durch das (echte) Schreiben der W.  bank vom 11. November 2021 erfuhr, dass es sich bei den ihm vorliegenden (vermeintlichen) Schreiben der W.    bank um Fälschungen handelte, deren Inhalt, also die angebliche Geldanlage, „vollständig unzutreffend“ war.

34

Entsprechendes gilt im Falle der Annahme, der Auftrag sei bereits im März 2019 durch Widerruf beendet worden (siehe oben Einleitung von Nummer 3).

III.

35

Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO), wobei der von ihr in der Berufungsinstanz geltend gemachte Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung (§ 780 Abs. 1 ZPO) in den Urteilstenor aufzunehmen war (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1983 – IVa ZR 211/81, NJW 1983, 2378, 2379; Zöller/Geimer, ZPO, 35. Aufl., § 780 Rn. 17 ff).

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