BVerwG 4. Senat, Beschluss vom 23.05.2024, AZ 4 BN 30/23, ECLI:DE:BVerwG:2024:230524B4BN30.23.0
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 20. Juli 2023, Az: 1 C 10232/22, Urteil
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2023 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
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Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 – 4 B 27.19 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4).
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1. Die von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
ob ein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlicher Mangel bei der Ermittlung des Abwägungsmaterials gemäß § 2 Abs. 3 BauGB vorliegt, wenn die Plangeberin im Rahmen der Beteiligungsverfahren eingegangene Stellungnahmen, die sich pauschal und ohne Verweis auf eine (andere) fachspezifische Methode gegen das im Rahmen des Aufstellungsverfahrens von ihr eingeholte Verkehrsgutachten richten, nicht zum Anlass weiterer Ermittlungen nimmt,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie geht mit der Formulierung „pauschal und ohne Verweis auf eine (andere) fachspezifische Methode“ von einem Sachverhalt aus, den – wie die Beschwerde nicht verkennt – das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Bedenken des Landesbetriebs M. im Gegenteil als erheblich qualifiziert (UA S. 29) und die Einwände damit als substantiiert betrachtet. Dass die Beschwerde diese Einschätzung nicht teilt, verleiht der Sache keine grundsätzliche Bedeutung.
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Wird die Frage auf ihren entscheidungserheblichen Gehalt nach dem Umfang der Ermittlungspflichten aus § 2 Abs. 3 BauGB zurückgeführt, ist ein grundsätzlicher Klärungsbedarf nicht dargelegt. Die Gemeinde hat das Abwägungsmaterial so genau und vollständig zu ermitteln, dass eine sachgerechte Planungsentscheidung möglich ist (BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 4 BN 18.04 – juris Rn. 10). Der Umfang und die Tiefe der Sachermittlungspflicht sind von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig. Dafür kann auch von Bedeutung sein, dass Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange den Planentwurf unbeanstandet gelassen und potentiell Betroffene hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben haben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. August 1989 – 4 NB 24.88 – Buchholz 406.11 § 11 BBauG/BauGB Nr. 5 S. 4 und vom 22. April 2021 – 4 BN 59.20 – juris Rn. 6 f.). Ob eine Gemeinde im Anschluss an substantiierte Anregungen zu einem Gutachten gehalten ist, weitere Ermittlungen anzustellen und etwa ein ergänzendes Gutachten einzuholen, beurteilt sich ebenfalls nach den konkreten Umständen in der jeweiligen Planungssituation und ist einer verallgemeinerungsfähigen Klärung nicht zugänglich (BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 4 BN 18.04 – juris Rn. 7). Gleiches gilt für die hier inmitten stehende Frage, ob die Antragsgegnerin die Einwände einer Fachbehörde und eines privaten Gutachters, die Datenbasis des Verkehrsgutachtens sei unvollständig und die für einen Verkehrsknotenpunkt ermittelte Qualitätsstufe daher nicht nachvollziehbar, zum Anlass für weitere Ermittlungen hätte nehmen müssen.
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2. Auch die Frage,
ob der aus einer – durch das Gericht angenommenen – nicht zutreffenden Ermittlung von Abwägungsbelangen folgende Mangel bereits dann offensichtlich i. S. v. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist, wenn die Plangeberin auf Stellungnahmen hin, welche die ausreichende Tatsachenermittlung des im Rahmen der Planung eingeholten Verkehrsgutachtens anzweifeln, in der Abwägung darauf verweist, dass dieses Gutachten aus ihrer Sicht eine hinreichende Untersuchungstiefe aufweist und unter Verweis hierauf keine weiteren Ermittlungen anstellt,
führt nicht zur Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Fehler und Irrtümer, welche die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und die sich etwa aus Akten, Protokollen, aus der Entwurfs- oder Planbegründung oder aus sonstigen Unterlagen ergeben, offensichtlich im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB sind. Sie betreffen die „äußere“ Seite des Abwägungsvorgangs und sind objektiv feststellbar (stRspr; vgl. BVerwG, Urteile vom 22. März 2007 – 4 CN 2.06 – BVerwGE 128, 238 Rn. 24 m. w. N. und vom 13. Dezember 2012 – 4 CN 1.11 – BVerwGE 145, 231 Rn. 16). Weitergehenden grundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Ob die „äußere“ Seite des Abwägungsvorgangs betroffen ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Nach der Tatsachenwürdigung des Oberverwaltungsgerichts kann die unzureichende Ermittlung des Abwägungsmaterials unmittelbar dem Aufstellungsvorgang entnommen werden. Das Verkehrsgutachten und die Abwägungstabelle enthielten keine nachvollziehbare Begründung dafür, weshalb die Auswirkungen des nördlich des Verkehrsknotenpunktes E 1 gelegenen Knotenpunktes nicht vollumfänglich in die Begutachtung einbezogen worden seien und die Antragsgegnerin darüber hinaus von Umbau- oder technischen Ergänzungsmaßnahmen abgesehen habe (UA S. 31 ff.).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.