Die von der Unfallkasse zur Honorierung der Aufopferung eines Verstorbenen gewährte Mehrleistung ist keine Rente… (Urteil des BVerwG 2. Senat)

BVerwG 2. Senat, Urteil vom 11.04.2024, AZ 2 C 6/23, ECLI:DE:BVerwG:2024:110424U2C6.23.0

Leitsatz

Die von der Unfallkasse zur Honorierung der Aufopferung eines Verstorbenen gewährte Mehrleistung ist keine Rente im Sinne des Beamtenversorgungsrechts und bleibt von entsprechenden Anrechnungsvorschriften daher verschont.

Verfahrensgang

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 13. März 2023, Az: 3 B 22.690, Urteil
vorgehend VG Würzburg, 8. Dezember 2020, Az: W 1 K 20.770, Urteil

Tenor

Die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. März 2023 und des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. Dezember 2020 sowie Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 6. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2020 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Anrechnung der von einer Unfallkasse gewährten Mehrleistungen auf die Hinterbliebenenversorgung.

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Die Klägerin ist die Ehefrau eines verbeamteten Universitätsprofessors, der im Jahr 2013 bei einem Unfall auf dem Canale Grande in Venedig seine Frau und die drei minderjährigen Kinder retten konnte, dabei aber selbst ums Leben kam. Aufgrund des Todes ihres Ehemannes gewährt der beklagte Freistaat der Klägerin seit September 2013 Hinterbliebenenversorgung, die er mit Bescheid des Landesamts für Finanzen vom November 2013 erstmals festsetzte. Neben diesen Versorgungsbezügen gewährt die Unfallkasse Baden-Württemberg der Klägerin eine Witwenrente sowie Mehrleistungen nach den Bestimmungen des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs.

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Nach deren Bewilligung durch die Unfallkasse Baden-Württemberg mit Bescheid vom April 2018 setzte das Landesamt für Finanzen die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin – zunächst nur unter Anrechnung der ihr gewährten Witwenrente – mit Bescheid vom 6. September 2018 neu fest.

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Mit Bescheid vom 6. September 2019 nahm das Landesamt für Finanzen den Bescheid vom 6. September 2018 zurück (Nr. 1) und reduzierte aufgrund der ergänzenden Anrechnung der der Klägerin gewährten Mehrleistungen die Höhe der Hinterbliebenenversorgung gegenüber dem bisherigen Umfang (Nr. 2). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt für Finanzen zurück.

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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der zurückgenommene Bescheid sei rechtswidrig gewesen, weil die von der Unfallkasse gewährten Mehrleistungen nicht als Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung berücksichtigt worden seien. Auch Mehrleistungen komme primär eine Lohn- oder Unterhaltsersatzfunktion zu, sodass sie im Rahmen der Ruhensvorschriften berücksichtigt werden müssten.

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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, die Mehrleistungen honorierten die Aufopferung des Verstorbenen und müssten im Ergebnis sichtbar bleiben.

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Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. März 2023 und des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. Dezember 2020 sowie Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 6. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2020 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sowie § 191 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) angenommen, die von der Unfallkasse zur Honorierung der Aufopferung eines Verstorbenen gewährte Mehrleistung stelle eine Rente im Sinne des Beamtenversorgungsrechts dar und müsse daher im Rahmen der beamtenversorgungsrechtlichen Anrechnungsvorschriften berücksichtigt werden. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), sodass der Änderungsbescheid des Landesamts für Finanzen vom 6. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2020 sowohl hinsichtlich der Rücknahme des Festsetzungsbescheids vom 6. September 2018 (1.) als auch in Bezug auf die Neufestsetzung der Versorgungsbezüge (2.) aufzuheben ist.

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1. Die angefochtene Rücknahme des Versorgungsfestsetzungsbescheids vom 6. September 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die von der Unfallkasse Baden-Württemberg nach § 94 SGB VII gewährten Mehrleistungen nicht zu einem Ruhen der Versorgungsbezüge der Klägerin führen.

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a) Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Versorgungsfestsetzungsbescheids ist – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat – Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.

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Stellt sich heraus, dass eine Festsetzung im Versorgungsfestsetzungsbescheid von Anfang an oder nachträglich rechtswidrig (geworden) ist, richtet sich das weitere Vorgehen nach den Regeln über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte, im vorliegenden Fall nach Art. 48 BayVwVfG (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juni 2012 – 2 C 13.11 – BVerwGE 143, 230 Rn. 13 und vom 25. Oktober 2012 – 2 C 59.11 – BVerwGE 145, 14 Rn. 9). Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

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b) Die Voraussetzungen der Rücknahme lagen aber nicht vor, weil der Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 6. September 2018 rechtmäßig war. Die von der Unfallkasse Baden-Württemberg nach § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VII i. V. m. § 19 der Satzung der Unfallkasse Baden-Württemberg vom 8. Juli 2003 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Anhangs zu § 19 dieser Satzung (Mehrleistungsbestimmungen vom 8. Juli 2003) gewährte Mehrleistung ist keine „Rente“ i. S. d. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 5. August 2010 (GVBl. S. 410, 528, 764), zuletzt geändert durch § 5 des Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 7. Juli 2023 (GVBl. S. 313).

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aa) Hierfür spricht bereits der Wortlaut des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Halbs. 1 BayBeamtVG, der ausdrücklich nur „Renten“ aus der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst.

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Mehrleistungen nach § 94 SGB VII werden zwar verfahrenstechnisch im Zusammenhang mit einer Rentenleistung gewährt. Sie sind indes bereits begrifflich von der „Rente“ selbst unterschieden und im Vierten Abschnitt des SGB VII als eigenständiger Titel ausgewiesen. Dementsprechend führt die Mehrleistung nicht zur Erhöhung einer Rente, sondern zur Gewährung einer zusätzlichen und eigenständigen Leistung, die an von der Rentenzahlung unabhängige Voraussetzungen geknüpft ist.

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Für diese Differenzierung spricht im Übrigen auch die Systematik der Norm, denn während Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Halbs. 1 BayBeamtVG ausdrücklich nur „Renten“ aus der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst, erstreckt Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG die Anrechnung aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen auch auf „Leistungen“.

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Schließlich wird auch im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem deutlich, dass die Mehrleistung gerade nicht verrechnet werden soll (vgl. § 94 Abs. 3 SGB VII).

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bb) Unabhängig davon, ob Mehrleistungen i. S. d. § 94 SGV VII nach sozialrechtlichen Begrifflichkeiten eine Rente darstellen, sind sie jedenfalls keine Renten im Sinne der beamtenversorgungsrechtlichen Anrechnungs- und Ruhensregelungen.

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Unbestimmte Rechtsbegriffe – wie derjenige der „Rente“ – haben keinen allgemeingültigen, in jedem Kontext gültigen Inhalt. Sie können vielmehr in unterschiedlichen Gesetzen nach der dort jeweils zugrunde liegenden Interessenlage und Zweckbestimmung eine unterschiedliche Bedeutung und Funktion haben. Der materielle Sinngehalt eines Begriffs und seine besondere Bedeutung ergeben sich daher erst aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 21.03 – BVerwGE 120, 382 <384> m. w. N.; hierzu auch Beschluss vom 9. April 2014 – 2 B 107.13 – NVwZ 2014, 1174 Rn. 4).

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Nimmt das Beamtenversorgungsrecht auf Begrifflichkeiten aus dem Regelungsbereich des Sozialversicherungsrechts Bezug, ist zwar grundsätzlich von dem Begriffsverständnis auszugehen, das sich aus diesem Rechtsgebiet ergibt (BVerwG, Urteil vom 6. April 2000 – 2 C 25.99 – BVerwGE 111, 93 <95> m. w. N.; vgl. zum abweichenden Verständnis von Besoldungs- und Versorgungsrecht einerseits und Steuerrecht andererseits aber etwa BVerwG, Urteile vom 29. November 1972 – 6 C 6.70 – BVerwGE 41, 207 <211 f.> und vom 11. Juni 1985 – 2 C 34.83 – BVerwGE 71, 336 <339>). Denn das beamtenrechtliche Versorgungssystem und die gesetzliche Rentenversicherung sind grundsätzlich auf dasselbe Ziel gerichtet – die Alterssicherung der Beschäftigten. Die jeweiligen Alterssicherungssysteme sind aber von erheblichen Abweichungen und Systemunterschieden gekennzeichnet. Dies muss auch bei der Auslegung sozialrechtlich geprägter Begrifflichkeiten im Beamtenversorgungsrecht berücksichtigt werden. Abweichungen sind daher jedenfalls dann geboten, wenn sich dies aus Strukturprinzipien des Versorgungsrechts ergibt (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2021 – 2 C 22.19 – NVwZ 2021, 1306 Rn. 16).

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Derartiges gilt in besonderer Weise für das den Anrechnungsregelungen zugrunde liegende – und die Ausnahme vom Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit sonstiger Einkünfte auf die Alimentation rechtfertigende (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. Dezember 2007 – 2 BvR 797/04 – ZBR 2008, 91 = juris Rn. 23) – Anliegen der Vermeidung einer Doppelalimentation. Dessen Zweckbestimmung muss bei der Auslegung berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 – 2 C 39.09 – BVerwGE 139, 357 Rn. 18). Eine Doppelalimentation ist aber nur zu befürchten – und durch entsprechende Regelungen des Beamtenversorgungsrechts zu vermeiden -, wenn der ggf. zusätzlichen sozialversicherungsrechtlichen Leistung eine Arbeitsleistung zugrunde liegt. Geht es dagegen um andere Versicherungsleistungen, besteht im Hinblick auf die beabsichtigte Vermeidung einer Doppelversorgung kein Grund – und auch keine Rechtfertigung – für eine Anrechnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 <297 f., 334>).

22

cc) Die in Rede stehenden Mehrleistungen sind nicht nur begrifflich von den Renten gesondert, sondern stellen auch in der Sache ein „aliud“ dar. Sie knüpfen nicht an eine Arbeitsleistung an und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Zweckbestimmung grundlegend von einer „Rente“, weil sie zur Honorierung einer Aufopferung des Verstorbenen gewährt werden.

23

Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 <297 f.> und vom 23. Mai 2017 – 2 BvL 10/11 – BVerfGE 145, 249 Rn. 82, Nichtannahmebeschluss vom 16. März 2009 – 2 BvR 1003/08 – ZBR 2009, 381 = juris Rn. 7; BVerwG, Urteile vom 17. November 2017 – 2 C 9.16 – Buchholz 239.1 § 54 BeamtVG Nr. 7 Rn. 18 und vom 7. Oktober 2020 – 2 C 1.19 – BVerwGE 169, 336 Rn. 39; Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 B 109.09 – juris Rn. 8). Der Beamte soll insgesamt von der öffentlichen Hand (nur) eine angemessene Versorgung erhalten (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 2015 – 2 C 22.14 – Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 6 Rn. 23 und vom 15. November 2016 – 2 C 9.15 – Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 30 Rn. 17; Beschluss vom 6. September 2022 – 2 B 44.21 – Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 32 Rn. 12).

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Mithin darf der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums durch Anrechnungs- und Ruhensvorschriften das Ziel verfolgen, die Doppel- oder Überversorgung eines Beamten zu vermeiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 – 2 BvL 10/11 u. a. – BVerfGE 145, 249 Rn. 82). Es ist demzufolge nicht sachwidrig, wenn der Gesetzgeber bei Rente beziehenden Versorgungsempfängern eine Kürzung der Versorgungsbezüge anordnet, um eine Erhöhung der Gesamtversorgung zu beseitigen, die nicht durch eine Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern dadurch entstanden ist, dass Rentenrecht und Beamtenversorgungsrecht nicht hinreichend aufeinander abgestimmt sind (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16. März 2009 – 2 BvR 1003/08 – ZBR 2009, 381 = juris Rn. 8; BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 B 109.09 – ZBR 2011, 164 = juris Rn. 8; s. a. BVerwG, Urteil vom 15. November 2022 – 2 C 23.21 – Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 33 Rn. 15). Zu einer Doppelversorgung kommt es allerdings nur, wenn neben dem Anspruch auf Versorgungsbezüge zusätzlich Ansprüche auf Leistungen nach dem Sozialversicherungsrecht mit Lohn- oder Unterhaltsersatzfunktion bestehen.

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dd) Dies zugrunde gelegt, werden die der Klägerin nach § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VII gewährten Mehrleistungen nicht von der Ruhensregelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Halbs. 1 BayBeamtVG erfasst. Anders als die der Klägerin von der Unfallkasse Baden-Württemberg gewährte Hinterbliebenenleistung in Gestalt einer Witwenrente nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 65 SGB VII, der Unterhaltsersatzfunktion zukommt und deren versorgungsrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit – wie im Bescheid vom 6. September 2018 erfolgt – auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen wird, haben Mehrleistungen nicht primär diese Funktion.

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Mehrleistungen i. S. d. § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VII sind für „Tätigkeiten“ außerhalb versicherter Arbeitsverhältnisse vorgesehen (vgl. Fiebert, ZTR 2007, 421 zu Nr. 4.3.5). Sie finden keine Entsprechung im Arbeitsentgelt des Verstorbenen, der sein gesamtes Berufsleben im Beamtenverhältnis verbracht hat, wenngleich sich die Höhe der Mehrleistungen ausgehend vom (Höchst-)Jahresarbeitsverdienst (vgl. § 81 ff. SGB VII) bestimmt. Denn Mehrleistungen sollen nur Personen erhalten, die sich im Interesse des Gemeinwohls betätigt haben und dabei durch Unfall oder Krankheit zu Schaden gekommen sind (vgl. BT-Drs. IV/938 [neu] S. 25 – noch zu § 765 RVO; BT-Drs. 13/2204 S. 98; BR-Drs. 263/95 S. 279). Sie werden in erster Linie zur Honorierung einer Aufopferung gewährt. Dem entspricht es, dass Mehrleistungen im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem gerade nicht verrechnet werden sollen (vgl. § 94 Abs. 3 SGB VII); Mehrleistungen sollen in jedem Fall dem Berechtigten zugutekommen (vgl. BT-Drs. IV/938 [neu] S. 25 noch zu § 765 Abs. 3 RVO). Aufgrund dieser gesetzgeberischen Wertung tritt der Charakter einer Unterhaltsersatzleistung zurück und kann Mehrleistungen keine originär existenzsichernde Funktion beigemessen werden.

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2. Damit ist auch die Neufestsetzung der Versorgungsbezüge in Nr. 2 des Bescheids vom 6. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2020 aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Da die Aufhebung des Versorgungsfestsetzungsbescheids vom 6. September 2018 in Nr. 1 des Bescheids vom 6. September 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2020 rechtswidrig und aufzuheben ist, bleibt der Bescheid vom 6. September 2018 wirksam (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Er steht der geringeren (Neu-)Festsetzung der Versorgungsbezüge in Nr. 2 des Bescheids vom 6. September 2019 damit entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2012 – 6 C 3.11 – BVerwGE 143, 87 Rn. 15; Sachs, in: Stelkens/​Bonk/​Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 43 Rn. 43; Leisner-Egensperger, in: Mann/​Sennekamp/​Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 43 Rn. 16) und führt zu deren Rechtswidrigkeit.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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