BPatG München 25. Senat, Beschluss vom 13.10.2020, AZ 25 W (pat) 531/19, ECLI:DE:BPatG:2020:131020B25Wpat531.19.0
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2018 101 236.1
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Oktober 2020 unter Mitwirkung der Richterin Kriener, des Richters Schödel und des Richters Dr. Nielsen beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Bezeichnung
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e-visit
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ist am 2. Februar 2018 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
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Klasse 9:
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Kontrollapparate; Kontrollinstrumente; CDs; DVDs; digitale Aufzeichnungsträger; Hardware für die Datenverarbeitung; Computer; Computersoftware; aufgezeichnete Daten; elektronische Datenbanken; Sicherheitssoftware; Software für die Gebäudesicherheit; Software zur Kontrolle und Steuerung von Zugangs- und Sicherheitssystemen; Computerhardware; Elektronische Zugangskontrollsysteme für Gebäude; Elektrische und elektronische Zugangskontrollgeräte und -anlagen; automatische Zugangskontrollsysteme; Überwachungskameras; elektrische und elektronische Überwachungsgeräte; elektrische und elektronische Überwachungsapparate; Überwachungsinstrumente; Überwachungsapparate; Netzwerkkameras für Überwachungszwecke;
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Klasse 36:
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Immobilienwesen; Immobilienverwaltung; Dienstleistungen im Bereich Immobilienwesen; Beratungsdienstleistungen für Unternehmen in Immobilienangelegenheiten;
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Klasse 37:
9
Installation von Zugangskontrollsystemen; Installation von Sicherheitssystemen; Installation von Alarmanlagen; Installation von Telekommunikationsvorrichtungen und Netzwerken; Wartung, Reparatur und technische Überprüfung der vorgenannten Systeme, Anlagen und Vorrichtungen; Renovierung von Immobilien;
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Klasse 42:
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Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen sowie Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; Industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Technische Überwachung und Inspektion; Technische Beratung von Systemen für die Gebäudesicherheit und zur Zugangskontrolle; Technische Planung von Systemen für die Gebäudesicherheit und zur Zugangskontrolle; IT-Sicherheitsdienste; IT-Schutzdienste; IT–Instandsetzungsdienste; Beratungsleistungen zu Sicherheitssoftware und zu Software für die Gebäudesicherheit und zur Kontrolle und Steuerung von Zugangs- und Sicherheitssystemen; Installation von Computersoftware; Entwurf und Entwicklung von Netzwerken; Dienstleistungen eines Anwendungsdienstanbieters, nämlich Hosting von Computersoftwareanwendungen für Dritte; Software as a Service [SaaS]; Entwurfsdienstleistungen in Bezug auf Immobilien; Planung von Gebäudeimmobilien;
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Klasse 45:
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Elektronische Überwachungsdienstleistungen für Sicherheitszwecke; Sicherheitsdienste zum physischen Schutz von Sachgütern oder Personen; Sicherheitswachdienste; Sicherheitsüberprüfungsdienste; Überwachungsdienste [Sicherheitsdienste]; Sicherheitsdienste für Gebäude; Beratung im Bereich der Personensicherheit; Beratung im Bereich der Gebäudesicherheit.
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Mit Beschluss vom 11. Oktober 2018 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die unter der Nummer 30 2018 101 236.1 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.
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Das angemeldete Zeichen „e-visit“ habe mit dem Buchstaben „e“, der auf „elektronisch“ hinweise, und dem englischen Begriff „visit“ für „Besuch, Kontrolle, Kundenbesuch“ insgesamt die Bedeutung von „elektronischer Besuch, elektronische Kontrolle, elektronischer Kundenbesuch“. Bei einem entsprechenden Sachbezug und einer entsprechenden Verwendung könne die Anmeldung auch im Sinn von „elektronische Ansicht“ oder „elektronisch in Ansicht nehmen“ verstanden werden. Damit beschreibe die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 9, der beanspruchten Kontrollapparate, Kontrollinstrumente sowie sämtlicher weiterer Instrumente und Geräte dieser Klasse, die „elektrisch“ oder „elektronisch“ arbeiten und funktionieren könnten, deren Funktions- und Arbeitsweise sowie deren Bestimmung als solche, die einen elektronischen Besuch, eine elektronische Kontrolle oder eine elektronische Einsicht ermöglichten. Die Dienstleistungen der Klasse 36 „Immobilienwesen, Immobilienverwaltung“ könnten unter zu Hilfenahme einer elektronischen Kontrolle erbracht werden. Auch könnten mit Unterstützung einer Online-Einsicht Immobilien weltweit elektronisch eingesehen, vermittelt, gelistet oder kontrolliert werden. Die Dienstleistungen der „Installation von Zugangskontrollsystemen, Sicherheitssystemen, von Alarmanlagen“ und die weiteren Dienste der Klasse 37 könnten zum Zweck der elektronischen Einsicht, Kontrolle oder Durchsicht erfolgen, insoweit handele es sich im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen um einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis. Die Dienstleistungen der Klasse 42 könnten mit dem Ziel und Zweck der Kontrolle und Überwachung der beanspruchten Dienstleistungen in den Bereichen der Forschung, Technik und Ingenieurskunst erfolgen. Insoweit eigne sich die angemeldete Bezeichnung „e-visit“ zur Bezeichnung der Art und Bestimmung dieser Dienstleistungen. Im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klasse 45 eigne sich „e-visit“ als Hinweis auf die Sicherheits-, Prüf- und Überwachungsdienste als Anschauungs-, Ansichts- und Kontrolldienste, die elektronisch erbracht würden. Daher würde ein entscheidungserheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Bezeichnung einen Sachhinweis erkennen und demzufolge der Bezeichnung keinen betrieblich kennzeichnenden Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb oder auf die Anmelderin entnehmen.
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Gegen die Zurückweisung der Anmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig, denn zum einen habe die Markenstelle den erforderlichen Maßstab für die Unterscheidungskraft zu restriktiv bemessen. In der konkret angemeldeten Gesamtheit sei das Zeichen durchaus geeignet, die Herkunftsfunktion zu erfüllen. Es werde zudem bestritten, dass die angemeldete Bezeichnung von den angesprochenen Verkehrskreisen im Sinn einer „elektronischen Kontrolle“ verstanden werde, denn diese Bedeutung des englischen Wortes „visit“ sei eher unüblich und nicht gebräuchlich, so dass sie dem englischen Grundwortschatz nicht zugeordnet werden könne. Aber auch mit der etwaigen Bedeutung von „elektronischer Besuch“ handle es sich um kein gebräuchliches Wort bzw. um keine gebräuchliche Wortfolge der deutschen Sprache. In der Bedeutung von „Besuch“ ergebe die Bezeichnung für eine Vielzahl der angemeldeten Waren und Dienstleistungen keinen Sinn, so beispielsweise für die Dienstleistungen der Immobilienverwaltung oder die Dienstleistungen der Klasse 42. Außerdem müsse, um das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bejahen zu können, ein etwaiger Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar sei. Die Bedeutung des Begriffs des „e-visit“ sei aber zu unbestimmt und nicht offensichtlich oder unmittelbar verständlich. Diese Unbestimmtheit zeige sich auch bereits darin, dass die Markenstelle verschiedene Bedeutungen des Wortes „visit“ aufgezeigt habe.
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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Oktober 2018 aufzuheben.
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Auf den Ladungszusatz des Senats vom 15. Juli 2020 hin hat die Anmelderin ihren ursprünglich gestellten Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 19. August 2020 zurückgenommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, den Ladungszusatz nebst Anlagen vom 15. Juli 2020 und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
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Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „e-visit“ als Marke steht im Zusammenhang mit sämtlichen beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 36, 37, 42 und 45 jedenfalls das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 –Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57 – Flugbörse).
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Hiervon ausgehend besitzen Bezeichnungen keine Unterscheidungskraft, denen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 –TOOOR!).
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Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Bezeichnung für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.
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Die angemeldete Wortzusammensetzung „e-visit“ ist für die angesprochenen gewerblichen Verkehrskreise sowie die zum Teil gleichermaßen angesprochenen Endverbraucherkreise ohne weiteres erkennbar aus den mit einem Bindestrich verbundenen Zeichenbestandteilen „e“ und „visit“ zusammengesetzt. Dabei ist die angemeldete Bezeichnung den inländischen Verkehrskreisen problemlos verständlich im Sinn eines „elektronischen Besuchs“. Denn das ursprünglich aus der englischen Sprache entstammende Wort „visit“ hat einmal bereits als im Bereich der EDV verwendetes Wort „für die einzelne Nutzung eines Angebots im Internet“ Eingang in die deutsche Sprache gefunden (vgl. DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 24. Aufl., Dudenverlag). Zum anderen bestehen an einem landläufigen Verständnis des Wortes im Sinn von „Kontrolle, Besuch“ schon deshalb keine ernsthaften Zweifel, weil das nahezu identische Wort „Visite“ als Bezeichnung für den Krankenbesuch des Arztes im Krankenhaus ausgesprochen gebräuchlich ist (vgl. DUDEN, a.a.O. „Visite“). Der dem Wort „visit“ vorangestellte Buchstabe „e“ ist die gängige Abkürzung für „elektronisch“ im Sinn von einem Austausch (auch von Daten) in elektronischer Form, was den angesprochenen Verkehrskreisen durch die Verwendung des Einzelbuchstabens in den Begriffen wie Email, E-Learning, E-Banking, e-Commerce problemlos geläufig ist (vgl. hierzu auch die Ausführungen in den Beschlüssen des Bundespatentgerichts zu „e.control“, „e media“, „e-care“ und die Auszüge aus der Datenbank PAVIS PROMA, die der Anmelderin mit dem Beanstandungsbescheid vom 4. April 2018 übersandt worden sind; der Volltext der Entscheidungen ist über die Homepage des Gerichts öffentlich zugänglich). Die Bezeichnung „e-visit“ ist sprachüblich gebildet und bedeutet mithin „elektronischer Besuch“ auch im Sinn einer „elektronischen Kontrolle“ als Gegensatz zu einem „in Person stattfindenden Besuch“. Selbst wenn der Begriff „e-visit“ noch nicht weithin gebräuchlich sein mag, ist das allgemeine Verständnis, dass damit ein elektronischer oder digitaler Besuch bzw. eine Kontrolle oder Visite bezeichnet werden soll, überaus naheliegend und erfordert keine mehrstufige gedankliche Analyse oder auch nur ein komplexeres Nachdenken. Im Bereich der Medizin ist die Bezeichnung „e-visit“ für den über das Internet stattfindenden elektronischen (virtuellen) Arztbesuch im Übrigen bereits weithin gebräuchlich (vgl. dazu die als Anlage 1 mit der Ladung der Anmelderin am 15. Juli 2020 übersandten Unterlagen).
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Vor diesem Hintergrund eignet sich die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang mit den Waren „Computersoftware, elektronische Datenbanken und Computerhardware“ der Klasse 9 sowie den damit eng verbundenen Dienstleistungen der „Entwicklung von Software“ sowie „Entwurf und Entwicklung von Netzwerken; Dienstleistungen eines Anwendungsdienstanbieters, nämlich Hosting von Computersoftwareanwendungen für Dritte; Software as a Service [SaaS]“ der Klasse 42 zur Beschreibung der Bestimmung, des Gegenstands und Zwecks der Waren oder Dienstleistungen als solche, die einen (insbesondere medizinischen) „e-visit“ ermöglichen, indem sie die technischen Voraussetzungen dafür schaffen bzw. die dazu erforderlichen Geräte zur Verfügung stellen. Es kann sich beispielsweise um ein spezielles (zu entwickelndes) Softwareprogramm (Sicherheitssoftware) handeln, das den sicheren elektronischen Austausch zwischen einem Arzt oder anderem medizinischem Personal mit dem Patienten ermöglicht und gewährleistet. Im Zusammenhang damit sind auch diverse und spezifische Zugangskontrollsysteme und Sicherheitssysteme vorstellbar, die eingesetzt werden, um die Privatsphäre oder die Datensicherheit in diesem sensiblen Bereich der Gesundheit zu schützen und zu gewährleisten sowie um Zugangsmanipulationen zu verhindern.
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Bei den mit „e-visit“ gekennzeichneten „digitalen Aufzeichnungsträgern, CDs, DVDs“ bzw. den „aufgezeichneten Daten“ (Klasse 9) kann es sich um solche handeln, die Protokolle oder Abläufe eines elektronischen Besuchs, eines „e-visits“, aufzeichnen oder solche, die den Ablauf oder Anleitungen zum Ablauf enthalten oder darstellen. Bei den elektronischen Datenbanken (Klasse 9) kann es ich um solche handeln, mit deren Hilfe „Online-Besuche“ von Personen oder Besuche in Gebäuden oder Gebäudeteilen wie beispielsweise Kellerräumen, IT-Räumen, Labore etc. zum Zweck der Überwachung, Instandhaltung oder Wartung nach bestimmten Vorgaben in bestimmter Art und Weise erfasst, verwaltet und (regelmäßig) gemanagt werden.
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Soweit die Waren „Kontrollapparate; Kontrollinstrumente; Software für die Gebäudesicherheit; Software zur Kontrolle und Steuerung von Zugangs- und Sicherheitssystemen; Elektronische Zugangskontrollsysteme für Gebäude; Elektrische und elektronische Zugangskontrollgeräte und -anlagen; automatische Zugangskontrollsysteme; Überwachungskameras; elektrische und elektronische Überwachungsgeräte; elektrische und elektronische Überwachungsapparate; Überwachungsinstrumente; Überwachungsapparate; Netzwerkkameras für Überwachungszwecke“ der Klasse 9 beansprucht sind, kann das angemeldete Markenwort „e-visit“ naheliegend und verständlich auf die Art und Weise, wie die Überwachung erfolgt, hinweisen, nämlich dahingehend, dass die jeweilige Kontrolle, Steuerung und Überwachung im Wege eines „elektronischen Besuchs“ erfolgt bzw. diese Produkte selbst dazu dienen, einen „elektronischen Besuch“ (technisch) möglich zu machen.
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In Bezug auf die Dienstleistungen der „Installation von Zugangskontrollsystemen; Installation von Sicherheitssystemen; Installation von Alarmanlagen; Installation von Telekommunikationsvorrichtungen und Netzwerken“ der Klasse 37 benennt „e-visit“ mit dem Hinweis auf einen „elektronischen Besuch“ schlagwortartig ein Merkmal bzw. die Art, Eigenschaft und Modalität der zu installierenden Systeme und Anlagen selbst, sodass jedenfalls ein enger sachlicher Zusammenhang zu den darauf bezogenen Dienstleistungen besteht.
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Im Zusammenhang mit den weiteren Dienstleistungen der Klasse 37 der „Wartung, Reparatur und technische Überprüfung der vorgenannten Systeme, Anlagen und Vorrichtungen“ können die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Überwachung von Maschinen, Anlagen und Systemen dahingehend verstehen, dass die Dienste jedenfalls auch im Wege eines elektronischen Besuches als e-visit erbracht werden können.
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Auch die Dienstleistungen der „Renovierung von Immobilien“ können insoweit einen jedenfalls engen sachlichen Zusammenhang zu der angemeldeten Bezeichnung aufweisen, als damit eng zusammenhängende Feststellungen und Bestandsaufnahmen hinsichtlich Umfang, Notwendigkeit und Bedarf der Renovierung im Wege eines „e-visit“ erfolgen können. Insoweit ist aus Sicht des Senats ein ausreichend enger Bezug zu den Renovierungsdienstleistungen gegeben.
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Im Zusammenhang mit den weiteren Dienstleistungen im Bereich des Immobilienwesens in der Klasse 36, nämlich „Immobilienwesen; Immobilienverwaltung; Dienstleistungen im Bereich Immobilienwesen; Beratungsdienstleistungen für Unternehmen in Immobilienangelegenheiten“ ist ohne weiteres vorstellbar, dass die mit „e-visit“ gekennzeichneten Dienste – anders als die Anmelderin meint, auch solche im Zusammenhang mit der Verwaltung von Immobilien – von der Ferne aus, elektronisch und unkörperlich erbracht werden, sei es, dass Wohnungen und Häuser per „e-visit“ besichtigt werden können oder auch die mit Immobilien zusammenhängenden Verwaltungsdienste, beispielsweise auch Eigentümerversammlungen, Belegprüfungen, Rechenschaftsberichte etc. per „e-visit“ abgewickelt und erledigt werden. Hinsichtlich der Beratungsdienste für Unternehmen in Immobilienangelegenheiten eignet sich die angemeldete Marke gleichermaßen zur Bezeichnung der Art und Weise, wie die Beratung erbracht werden bzw. erfolgen kann.
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Auch die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 45 weisen jedenfalls einen engen sachlichen Zusammenhang zu der angemeldeten Bezeichnung auf. Denn insoweit können mit „e-visit“ schlagwortartig die Modalitäten der Erbringung und Abwicklung dergestalt bezeichnet werden, dass die Überwachungs-, Sicherheits-, und Beratungsdienste zum Thema Sicherheit vor allem bezüglich Sachgütern, Personen oder Gebäuden per „e-visit“, also im Rahmen eines elektronischen Besuchs, auf elektronische Art und Weise erbracht werden. Ebenso können sich diese Dienste inhaltlich auf einen „e-visit“ beziehen und insoweit zur Sicherung/Überwachung eines solchen dienen.
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In entsprechender Weise gilt dies auch für die weiteren Dienstleistungen der Klasse 42. Soweit es sich insoweit um Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Thema der Sicherheit handelt, also um die Dienstleistungen „technische Überwachung und Inspektion; technische Beratung von Systemen für die Gebäudesicherheit und zur Zugangskontrolle; technische Planung von Systemen für die Gebäudesicherheit und zur Zugangskontrolle; IT-Sicherheitsdienste; IT-Schutzdienste; IT–Instandsetzungsdienste; Beratungsleistungen zu Sicherheitssoftware und zu Software für die Gebäudesicherheit und zur Kontrolle und Steuerung von Zugangs- und Sicherheitssystemen; Planung von Gebäudeimmobilien“ eignet sich die angemeldete Bezeichnung „e-visit“ als sprachlich verknappter schlagwortartiger Hinweis auf den Gegenstand und Inhalt der Dienste insoweit, als es um den Aufbau, die Planung und Entwicklung „elektronischer Besuche“ gehen kann.
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Auch hinsichtlich der übrigen Dienstleistungen der Klasse 42, nämlich wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen sowie Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; Industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen, besteht jedenfalls ein ausreichend enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem angemeldeten Markenwort und den Dienstleistungen insoweit als „e-visit“ das Thema und den Schwerpunkt der Dienste schlagwortartig als solche umreißt, die sich mit „elektronischen Besuchen“, also über das Internet oder über sonstige moderne Kommunikationswege abzuwickelnde Visits ohne persönliche Kontakte beschäftigen.
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Insoweit eignet sich die angemeldete Marke nicht als Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen, so dass die angemeldete Wortmarke „e-visit“ im Zusammenhang mit sämtlichen beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfügt.
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Soweit nach der Auffassung der Anmelderin jede noch so geringe Unterscheidungskraft zur Überwindung des Schutzhindernisses ausreiche, ist unter Bezugnahme auf die insoweit maßgebliche Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs anzumerken, dass auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen ist, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren. Die Prüfung der Markenanmeldung muss daher streng und vollständig sein, um ungerechtfertigte Eintragungen zu vermeiden (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 28 – #darferdas; GRUR 2003, 604 Rn. 57, 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 178, 179).
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2. Inwieweit der angemeldeten Bezeichnung „e-visit“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und einem Teil der Dienstleistungen als unmittelbar beschreibende Sachaussage auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen dahingestellt bleiben.