BSG 4. Senat, Beschluss vom 17.10.2020, AZ B 4 AS 188/20 B, ECLI:DE:BSG:2020:141020BB4AS18820B0
§ 153 SGG, § 202 SGG, § 526 ZPO, Art 101 GG
Verfahrensgang
vorgehend SG Frankfurt, 25. Mai 2018, Az: S 16 AS 1132/16, Gerichtsbescheid
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 17. Juni 2019, Az: L 7 AS 349/18, Urteil
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. Juni 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Der Kläger hat Berufung gegen einen klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG eingelegt, mit der er sich gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt wendet.
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Der Vorsitzende Richter des Berufungssenats, dessen eigenem Dezernat der Rechtsstreit zugeteilt worden ist, hat verfügt, die Beteiligten auf die Absicht des Senats hinzuweisen, die Berufung „dem Berichterstatter“ zu übertragen; die LSG-Akte enthält insofern einen auf den 29.11.2018 datierten Absendevermerk. Die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert. Das LSG hat die Berufung des Klägers sodann „dem Berichterstatter“ übertragen
(Beschluss vom 1.2.2019). Dieser Beschluss ist dem Kläger am 8.2.2019, die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 25.5.2019 zugestellt worden. Am 13.6.2019 hat ein Rechtsanwalt die Vertretung des bis dahin unvertretenen Klägers angezeigt und die Berufung (weiter) begründet. Das LSG hat durch den Vorsitzenden Richter und zwei ehrenamtliche Richter die Berufung des Klägers zurückgewiesen
(Urteil vom 17.6.2019).
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Der Senat hat den vom Kläger fristgerecht selbst gestellten Antrag auf PKH für eine noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt
(Beschluss vom 27.1.2020 – B 4 AS 5/20 BH – juris; dem Kläger zugestellt am 15.2.2020).
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Am 12.3.2020 hat der Kläger – nun durch seinen anwaltlichen Bevollmächtigten – Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Der Kläger rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf den gesetzlichen Richter. Die Übertragung des Rechtsstreites auf den Berichterstatter sei ohne Anhörung erfolgt, weil ihm nicht ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Übertragung gegeben worden sei. Außerdem hätte der Senat als Ganzes den Rechtsstreit nach Vorlage der anwaltlichen Berufungsbegründung wieder übernehmen müssen. Grundsätzliche Bedeutung werfe zudem die Rechtsfrage auf, ob dem Erfordernis eines Vorverfahrens iS des § 78 Abs 1 Satz 1 SGG auch dann Genüge getan ist, „wenn ein Widerspruch, ohne dass dieser inhaltlich überprüft wurde, zu Unrecht als unzulässig verworfen wird, und sind anderenfalls die Sozialgerichte an einer Sachentscheidung gehindert, sodass nur die Aufhebung des Widerspruchsbescheids in Betracht kommt“. Schließlich divergiere die Entscheidung des LSG von einem vom BSG aufgestellten Rechtssatz.
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II. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Dem Kläger war Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist des § 160a Abs 1 Satz 2 SGG zu gewähren, nachdem der Senat seinen PKH-Antrag abgelehnt hatte
(zu dieser Möglichkeit Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 160a RdNr 51). Der Kläger hat hinreichend dargelegt, dass er während des Laufs der Beschwerdefrist
(§ 160a Abs 1 Satz 1 SGG) aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse gehindert war, einen vor dem BSG postulationsfähigen Bevollmächtigten mit der Beschwerdeeinlegung zu beauftragen. Erfüllt ein Beteiligter – wie hier der Kläger – zum Zeitpunkt seines isolierten und fristgerechten PKH-Antrages und zum Zeitpunkt der Entscheidung über diesen PKH-Antrag die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die PKH-Bewilligung, ist regelmäßig und auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass er aufgrund des Vertretungszwanges vor dem BSG
(§ 73 Abs 4 SGG) gehindert war, fristgerecht Beschwerde durch einen vor dem BSG postulationsfähigen Bevollmächtigen einzulegen.
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2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Ein Revisionszulassungsgrund liegt nicht vor.
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a) Der Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Richter
(Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) ist nicht verletzt. Der Vorsitzende Richter am LSG war als Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gesetzlicher Richter.
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Gemäß § 153 Abs 5 SGG kann der Senat des Landessozialgerichts in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1 SGG, also wenn – wie hier – das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat, durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Dies ist hier durch den Beschluss des LSG vom 1.2.2019 geschehen. Wenn ein Berichterstatter bestellt ist, kann zwar die Berufung nicht auf den Vorsitzenden Richter übertragen werden. Ist aber kein Berichterstatter bestellt, nimmt dessen Aufgaben der Vorsitzende Richter wahr
(Umkehrschluss aus § 155 Abs 1, 4 SGG). Daher ist Berichterstatter iS des § 153 Abs 5 SGG, wenn kein Berichterstatter bestellt ist, der Vorsitzende Richter; die Anwendung des § 153 Abs 5 SGG ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Vorsitzende Richter ein eigenes Dezernat innehat. Dass die Zuteilung des Rechtsstreites in das Dezernat des Vorsitzenden Richters von diesem nicht unterzeichnet worden ist, ist unschädlich. Da es nicht im Ermessen des Vorsitzenden Richters steht, ob und wer zum Berichterstatter bestellt wird, sondern sich dies zwingend aus der senatsinternen Geschäftsverteilung ergeben muss, wenn es hierauf für die Besetzung der Sitzgruppe ankommt oder die Möglichkeit der Übertragung auf den Berichterstatter besteht
(vgl zuletzt BVerfG [K] vom 15.9.2020 – 1 BvR 2435/18 ua – juris, RdNr 24 mwN), ist eine entsprechende Verfügung des Vorsitzenden nur deklaratorischer Natur.
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aa) Der Rechtsstreit war auch nicht in der Folgezeit auf den gesamten Senat zurückzuübertragen. Der grundrechtsgleiche Anspruch auf den gesetzlichen Richter erfordert für Wechsel in der richterlichen Zuständigkeit eine gesetzliche Grundlage
(vgl BVerfG vom 8.4.1997 – 1 PBvU 1/95 – BVerfGE 95, 322 <329>). Art 101 Abs 1 Satz 2 GG verlangt hinreichende klare Regelungen, aus der sich der im Einzelfall zur Entscheidung berufene Richter möglichst eindeutig ablesen lässt
(BVerfG vom 8.4.1997 – 1 PBvU 1/95 – BVerfGE 95, 322 <329 f>; 118, 212 <239>). Die Zuständigkeitsregelung muss bestimmt und eindeutig sein
(BVerfG vom 8.4.1997 – 1 PBvU 1/95 – BVerfGE 95, 322 <329 f>; BVerfG vom 14.6.2007 – 2 BvR 1447/05 ua – BVerfGE 118, 212 <239>). Art 101 Abs 1 Satz 2 GG steht einem wiederholten Wechsel der zuständigen Richter (hier durch Übertragung auf den Berichterstatter und dann Rückübernahme durch den Senat bzw Rückübertragung auf den Senat) ohne hinreichende gesetzliche Grundlage entgegen.
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Es ist schon fraglich, ob eine diesen Anforderungen genügende gesetzliche Grundlage für eine Rückübernahme vorliegt. § 153 Abs 5 SGG selbst enthält für eine Rückübernahme bzw Rückübertragung – anders als § 6 Abs 3 FGO, § 6 Abs 3 Satz 1 VwGO und § 526 Abs 2 ZPO – keine Regelung. § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO dürfte auch nicht über § 202 Satz 1 SGG entsprechend anwendbar sein
(ebenso Harks, jurisPR-SozR 8/2019, Anm 2; Hintz in Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 153 RdNr 42; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 153 RdNr 25a [anders jetzt ders, aaO, 13. Aufl 2020, § 153 RdNr 25c]; Söhngen in Hennig, SGG, § 202 RdNr 45, Stand Februar 2016; aA BSG vom 6.12.2018 – B 8 SO 53/18 B – juris RdNr 5; ferner BSG vom 21.9.2017 – B 8 SO 3/16 R – SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 17; BSG vom 18.6.2018 – B 9 V 1/18 B – juris RdNr 27; BSG vom 4.2.2019 – B 8 SO 21/18 BH – juris RdNr 7; BSG vom 27.6.2019 – B 11 AL 8/18 R – SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 14). § 202 Satz 1 SGG setzt für die entsprechende Anwendung einer Norm des GVG oder der ZPO unter anderem eine Regelungslücke voraus
(vgl Lowe in Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 202 RdNr 3; Vogl in Roos/Wahrendorf, BeckOGK SGG, Stand 1.9.2019, § 202 RdNr 9); bei abschließender Regelung im SGG können die Vorschriften der ZPO nicht herangezogen werden
(Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 202 RdNr 2). Es besteht bereits kein Anhaltspunkt dafür, dass § 153 Abs 5 SGG keine abschließende Regelung darstellen soll. Der Vergleich zu den bereits seit dem 1.3.1993 geltenden § 6 Abs 3 Satz 1 FGO und § 6 Abs 3 Satz 1 VwGO, wo der Gesetzgeber einschlägige Regelungen getroffen hat, streitet für den abschließenden Charakter des erst am 1.4.2008 in Kraft getretenen § 153 Abs 5 SGG, wo der Gesetzgeber hiervon gerade abgesehen hat
(ebenso Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 153 RdNr 25a; anders jetzt ders, aaO, 13. Aufl 2020, § 153 RdNr 25c). Abgesehen davon ist zweifelhaft, ob die bloße entsprechende Anwendung einer Norm dem gesetzlichen Bestimmtheitserfordernis, das Art 101 Abs 1 Satz 2 GG etabliert, genügt. Wenn man § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar erachtet, ist es zudem nicht konsequent, dann § 526 Abs 3 ZPO, wonach unter anderem auf eine unterlassene Vorlage (des Einzelrichters) oder Rückübernahme des Rechtsstreites (durch das vollständig besetzte Berufungsgericht) ein Rechtsmittel nicht gestützt werden kann, nicht anzuwenden
(zutreffend Harks, jurisPR-SozR 8/2019, Anm 2).
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Abgesehen davon dürfte der Anwendung des § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO entgegenstehen, dass die dort geregelte Rückübertragung den Wegfall von Voraussetzungen erfordert, die für eine Übertragung des Rechtsstreites nach § 153 Abs 5 SGG gar nicht vorliegen müssen. Es besteht daher weder Anlass noch Raum für eine entsprechende Anwendung des § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren. § 202 Satz 1 SGG setzt neben einer Regelungslücke auch eine Ähnlichkeit der Rechtslage voraus
(Lowe in Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 202 RdNr 8; Söhngen in Hennig, SGG, § 202 RdNr 3, Stand Februar 2016); daran fehlt es hier. Nach § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO legt der Einzelrichter den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung für eine Übernahme vor, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben. Diese Regelung existiert vor dem Hintergrund, dass § 526 Abs 1 Nr 2 und 3 ZPO – neben weiteren Voraussetzungen – die Übertragung des Rechtsstreites auf den Einzelrichter (kumulativ) davon abhängig macht, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Solche oder vergleichbare Anforderungen stellt § 153 Abs 5 SGG gerade nicht auf, wie schon aus dem normtextlichen Unterschied deutlich wird. § 153 Abs 5 SGG verlangt nur, dass das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat
, nicht dagegen, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids vorgelegen haben
(BSG vom 21.9.2017 – B 8 SO 3/16 R – SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 13; BSG vom 27.6.2019 – B 11 AL 8/18 R – SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 12; BSG vom 27.1.2020 – B 4 AS 5/20 BH – juris RdNr 6). Anders als die vergleichbaren Regelungen des § 6 Abs 1 FGO, des § 6 Abs 1 VwGO, des § 348a Abs 1 ZPO und des § 526 Abs 1 ZPO enthält § 153 Abs 5 SGG keine besonderen Anforderungen an den Umfang oder den Schwierigkeitsgrad des für eine Übertragung geeigneten Verfahrens, sondern überantwortet diese Entscheidung dem Berufungssenat als berufsrichterlichem Kollegium
(BSG vom 9.3.2016 – B 14 AS 20/15 R – BSGE 121, 55 = SozR 4-4200 § 43 Nr 1, RdNr 13; BSG vom 21.9.2017 – B 8 SO 3/16 R – SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 13; BSG vom 27.6.2019 – B 11 AL 8/18 R – SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 12; BSG vom 27.1.2020 – B 4 AS 5/20 BH – juris RdNr 6). Eine Übertragung zur Entscheidung durch den Berichterstatter unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter ist daher auch in Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung nicht von vornherein ausgeschlossen
(BSG vom 21.9.2017 – B 8 SO 3/16 R – SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 14; BSG vom 27.6.2019 – B 11 AL 8/18 R – SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 12 mwN). Gleiches gilt für Berufungsverfahren, die besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen
(BSG vom 21.9.2017 – B 8 SO 3/16 R – SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 14). Während § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO also eine Regelung für den Wegfall der Voraussetzungen des § 526 Abs 1 Nr 2 und 3 ZPO für die Übertragung des Rechtsstreites auf den Berichterstatter enthält, bedarf es im sozialgerichtlichen Verfahren einer solchen Regelung nicht, weil diese Voraussetzungen dort für eine Übertragung gar nicht vorliegen müssen.
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Hierauf kommt es aber letztlich nicht an. Denn im vorliegenden Fall sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 526 Abs 2 Satz 1 Nr 1 ZPO nicht erfüllt, da der Rechtsstreit weder aufgrund einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufgewiesen noch grundsätzliche Bedeutung erlangt hat. Eine solche wesentliche Änderung der Prozesslage besteht insbesondere nicht darin, dass hier nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung ein Rechtsanwalt die Vertretung des Klägers angezeigt und dessen bisherigen eigenen Vortrag ergänzt hat. Hinzu kommt, dass eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nur bei einer Verletzung des Willkürverbots
(Art 3 Abs 1 GG) oder bei einer Verkennung der Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des gesetzlichen Richters vorliegt
(stRspr; siehe aus jüngerer Zeit etwa BVerfG <K> vom 18.2.2020 – 1 BvR 1750/19 – juris RdNr 11 mwN; BSG vom 14.1.2020 – B 14 AS 98/19 B – juris RdNr 9; vgl zu § 153 Abs 5 BSG vom 27.6.2019 – B 11 AL 8/18 R – SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 13 mwN); hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich.
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bb) Die Rüge des Klägers, vor Erlass des Übertragungsbeschlusses nicht angehört worden zu sein, ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger geht allerdings zu Recht davon aus, dass das Berufungsgericht vor einem Übertragungsbeschluss den Beteiligten rechtliches Gehör
(Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG) zu gewähren hat
(BSG vom 21.9.2017 – B 8 SO 3/16 R – SozR 4-1500 § 153 Nr 16 RdNr 16; BSG vom 4.2.2019 – B 8 SO 21/18 BH – juris RdNr 7; BSG vom 27.6.2019 – B 11 AL 8/18 R – SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 14). Das Recht auf Äußerung besteht nicht nur mit Blick auf die Entscheidung in der Hauptsache selbst, sondern auch bezüglich gerichtlicher Entscheidungen während des laufenden Verfahrens, wenn diesen für den Prozessverlauf eigenständige Qualität zukommt.
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Eine solche Anhörung ist hier durch das Schreiben des LSG vom 28.11.2018 erfolgt, dessen Zugang der Kläger nicht mehr bestreitet. In diesem Schreiben wurde nicht lediglich auf die abstrakte Möglichkeit einer Übertragung des Rechtsstreites auf den Berichterstatter hingewiesen, sondern auf eine entsprechende konkrete Absicht des Berufungssenats. Dass in diesem Schreiben nicht ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Äußerung hingewiesen und entsprechend auch keine Äußerungsfrist gesetzt worden ist, ist unschädlich. Entscheidend ist, dass der Kläger nach Zugang dieser Mitteilung ausreichend Gelegenheit gehabt hat, sich zu äußern. Die Setzung einer Äußerungsfrist ist zweckmäßig, aber nicht zwingend
(BSG vom 29.8.2006 – B 13 R 37/06 B – SozR 4-1500 Nr 5 RdNr 6 zur Anhörung nach § 153 Abs 4 SGG; vgl allgemein auch BVerfG [K] vom 22.1.2019 – 2 BvR 93/19 – juris RdNr 5). Allerdings muss das Gericht, wenn es keine Frist setzt, ausreichend Zeit verstreichen lassen, bis es den angekündigten Beschluss fasst. Dies ist hier der Fall, unabhängig ob man ein Abwarten von drei Wochen, vier Wochen oder einem Monat für ausreichend erachtet
(siehe zum Streitstand bei der Anhörung nach § 153 Abs 4 SGG Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 153 RdNr 20 mwN): Die Anhörungsmitteilung datiert auf den 28.11.2018, während der Übertragungsbeschluss erst am 1.2.2019 gefasst wurde. Nicht nachvollziehbar ist schließlich das Vorbringen des Klägers zu der Terminsladung des LSG vom 29.11.2018; diese betraf nicht den vorliegenden Rechtsstreit, sondern das Berufungsverfahren L 7 AS 580/17.
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b) Auch die vom Kläger behauptete Divergenz liegt nicht vor.
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Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die – behauptete – Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen
(stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 – B 7 AL 142/02 B – SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 160 RdNr 119). Diese Anforderungen sind nicht erfüllt.
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Der Kläger entnimmt dem Urteil des BSG vom 6.12.2007
(B 14/7b AS 50/06 R – SozR 4-4200 § 59 Nr 1 RdNr 22) den Rechtssatz, dass in Bezug auf eingliederungsbedingte Fahrkosten auch innerorts für einen Leistungsberechtigten nach dem SGB II die vollständige Übernahme regelmäßig geboten sei, jedenfalls sofern diese nicht ganz geringfügig seien. Das LSG habe hingegen den Rechtssatz aufgestellt, dass es nicht ermessensfehlerhaft sei, bei eingliederungsbedingten Fahrkosten eine Kostenerstattung nicht im vollen Umfang zu gewähren, sondern diese zu beschränken bzw in Gänze auszuschließen, wenn es um innerorts anfallende Kosten gehe.
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Eine Divergenz liegt indes nicht vor. Das vom Kläger angeführte Urteil des BSG vom 6.12.2007 betraf nur die Ermessensentscheidung über den Antrag auf Erstattung von Reisekosten zu Meldeterminen beim Leistungsträger selbst, weder aber die Erstattung von Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen bei potenziellen Arbeitgebern noch die im vorliegenden Fall maßgebliche Frage, wie eine diesbezügliche Regelung im Eingliederungsverwaltungsakt ausgestaltet sein muss.
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c) Der Rechtsstreit wirft schließlich auch nicht die vom Kläger benannte Rechtsfrage im Sinne grundsätzlicher Bedeutung auf. Zwar wird die Frage, ob die Gerichte auch in der Sache entscheiden dürfen, wenn die Behörde den Widerspruch als unzulässig verworfen hat, oder ob in diesem Fall nur der Widerspruchsbescheid aufzuheben ist, in der auch vom Kläger angeführten instanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur diskutiert
(SG Duisburg vom 26.4.2018 – S 49 AS 857/17 – juris RdNr 24 ff mwN; SG Kassel vom 27.2.2019 – S 7 AS 29/19 – juris RdNr 22). Angesichts der jüngeren Rechtsprechung des BSG
(BSG vom 9.6.2017 – B 11 AL 6/16 R – BSGE 123, 216 = SozR 4-4300 § 326 Nr 1, RdNr 21; BSG vom 17.9.2020 – B 4 AS 5/20 R – zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) besteht für die vom Kläger aufgeworfene Frage aber derzeit mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.