BAG 8. Senat, Urteil vom 25.08.2022, AZ 8 AZR 14/22, ECLI:DE:BAG:2022:250822.U.8AZR14.22.0
§ 850a Nr 3 ZPO, § 850 Abs 1 ZPO, § 850 Abs 2 ZPO, § 850 Abs 4 ZPO, § 36 Abs 1 S 1 InsO
Leitsatz
Zahlt ein Arbeitgeber, der nicht dem Pflegebereich angehört, freiwillig an seine Beschäftigten eine Corona-Prämie, ist diese Leistung als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar, wenn ihr Zweck in der Kompensation einer coronabedingten, im Einzelfall tatsächlich gegebenen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt, soweit die Prämie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt.
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Braunschweig, 10. März 2021, Az: 4 Ca 515/20, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 25. November 2021, Az: 6 Sa 216/21, Urteil
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 25. November 2021 – 6 Sa 216/21 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Pfändbarkeit einer vom Beklagten an die Arbeitnehmerin M (im Folgenden Schuldnerin) gezahlten Corona-Prämie.
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Durch Beschluss des Amtsgerichts G vom 18. August 2015 war über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt worden.
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Die Schuldnerin war vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 bei dem Beklagten, der in G das „B“ betreibt, als Küchenhilfe und – jedenfalls im September 2020 – auch als Thekenkraft im Gastbereich zu einer Bruttomonatsvergütung iHv. 1.350,00 Euro beschäftigt.
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Der Beklagte zahlte an die Schuldnerin im September 2020 neben dem Monatslohn iHv. 1.350,00 Euro brutto und Sonntagszuschlägen iHv. 66,80 Euro brutto eine „Corona-Unterstützung“ iHv. 400,00 Euro. Ausgehend von einem pfändungsrelevanten Nettoverdienst iHv. 1.440,47 Euro (Monatslohn zzgl. „Corona-Unterstützung“, ohne Sonntagszuschläge) errechnete die Klägerin für den Monat September 2020 einen pfändbaren Betrag iHv. 182,99 Euro netto. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2020 forderte die Klägerin den Beklagten auf, diesen Betrag bis spätestens zum 5. November 2020 an sie zu zahlen.
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Der Beklagte lehnte diese Forderung mit E-Mail vom 29. Oktober 2020 mit der Begründung ab, die Corona-Prämie sei unpfändbar. Im Januar 2021 erteilte er der Schuldnerin eine neue Lohnabrechnung für den Monat September 2020, in der er die geleistete „Corona-Unterstützung“ iHv. 400,00 Euro in Abzug brachte.
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Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr auf Zahlung des nach ihrer Auffassung pfändbaren Betrags iHv. 182,99 Euro gerichtetes Begehren weiter. Sie hat den Standpunkt vertreten, die vom Beklagten an die Schuldnerin gezahlte Corona-Prämie sei grundsätzlich pfändbar. Der Gesetzgeber habe die Unpfändbarkeit einer Corona-Prämie in § 150a Abs. 8 Satz 4 SGB XI nur für den Pflegebereich geregelt. Für alle anderen Bereiche habe er für Corona-Prämien keine Unpfändbarkeit, sondern nur bestimmt, dass diese bis zu einer Höhe von 1.500,00 Euro steuer- und abgabenfrei seien. Die vom Beklagten gezahlte „Corona-Unterstützung“ könne auch nicht als Erschwerniszulage iSv. § 850a Nr. 3 ZPO qualifiziert werden. Allein die Beschäftigung in der Gastronomie rechtfertige eine solche Qualifizierung nicht. An eine besondere Erschwernis bei der Arbeitserbringung werde nicht angeknüpft. Jedenfalls übersteige die geleistete Zahlung der Höhe nach den Rahmen des Üblichen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO. Etwas anderes folge nicht aus § 3b EStG, der sich nur auf Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge beziehe.
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Die Klägerin hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an sie 182,99 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. November 2020 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, bei der von ihm geleisteten Corona-Prämie handele es sich um eine im Rahmen des Üblichen liegende Erschwerniszulage iSv. § 850a Nr. 3 ZPO. Er habe mit der Sonderzahlung das aufgrund der Covid-19-Pandemie für die Schuldnerin bei deren Tätigkeit im Kontakt mit der Kundschaft im Gastraum bestehende höhere Risiko einer Ansteckung abgelten wollen. Die Schuldnerin sei bei ihm nicht ausschließlich als Küchenhilfe beschäftigt worden, sondern vielmehr auch als Thekenkraft mit unmittelbarem Kontakt zur Kundschaft, was unstreitig ist. Bei dem von ihm, dem Beklagten, betriebenen B in G handele es sich um einen touristischen Hotspot in bester Lage, der auch im September 2020 eine hohe Besucherzahl verzeichnet habe, was ebenfalls unstreitig ist. Die Erschwerniszulage habe sich auch im Rahmen des Üblichen gehalten. Insoweit wirke sich aus, dass der Gesetzgeber eine Corona-Prämie bis zu einem Betrag iHv. 1.500,00 Euro nach § 3 Nr. 11a EStG steuerfrei gestellt habe.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zulässige Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 182,99 Euro nebst Zinsen. Zahlt – wie hier – ein Arbeitgeber, der nicht dem Pflegebereich angehört, freiwillig an seine Beschäftigten eine Corona-Prämie, ist diese Leistung als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar, wenn ihr Zweck – wie hier – in der Kompensation einer coronabedingten tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt, soweit – wie hier – die Prämie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt.
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I. Zwar war über das Vermögen der Schuldnerin durch Beschluss des Amtsgerichts G vom 18. August 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt worden. Die Schuldnerin hatte gegen den Beklagten im September 2020 auch unstreitig einen Anspruch auf Leistung einer Corona-Sonderzahlung iHv. 400,00 Euro und damit auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen iSv. § 850 Abs. 1, 2 und 4 ZPO erworben. Soweit der Beklagte der Schuldnerin im Januar 2021 eine neue Lohnabrechnung für September 2020 erteilte, in der er die „Corona-Unterstützung“ iHv. 400,00 Euro wieder in Abzug brachte, konnte er sich hierdurch nicht nachträglich einseitig von der vorbehaltlos zugesagten Leistung lösen.
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II. Die Forderung der Schuldnerin gegen den Beklagten auf Zahlung der „Corona-Unterstützung“ gelangte jedoch wegen Unpfändbarkeit nicht in die Insolvenzmasse der Schuldnerin. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse, wobei nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850k, 851c und 851d ZPO entsprechend gelten. Die vom Beklagten an die Schuldnerin geleistete „Corona-Unterstützung“ ist als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar.
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1. Nach § 850 Abs. 1 ZPO kann Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO gepfändet werden.
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2. Die vom Beklagten an die Schuldnerin gezahlte „Corona-Unterstützung“ ist zwar nicht nach § 850a Nr. 2 ZPO unpfändbar.
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a) Nach § 850a Nr. 2 ZPO unpfändbar sind die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treu(e)gelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
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b) Der Beklagte hat die „Corona-Unterstützung“ weder als zusätzliche Leistung für die Dauer eines Urlaubs der Schuldnerin iSv. § 850a Nr. 2 ZPO noch als Zuwendung aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses iSv. § 850a Nr. 2 ZPO erbracht. Unter den Begriff der Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses fallen Sonderleistungen, die der Arbeitgeber nicht regelmäßig, sondern aus einem bestimmten, besonderen Anlass, zB einem Betriebsjubiläum oder einem ganz außergewöhnlichen Erfolg des Betriebes gewährt
(BAG 30. Juli 2008 – 10 AZR 459/07 – Rn. 30 mwN). Die vom Beklagten erbrachte Leistung hatte indes keinen Bezug zu einem (Betriebs)Ereignis im Betrieb des Beklagten.
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c) Bei der vom Beklagten gezahlten „Corona-Unterstützung“ handelt es sich auch nicht um ein Treu(e)geld iSv. § 850a Nr. 2 ZPO. Treu(e)gelder sind die einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aus Anlass langjähriger Betriebszugehörigkeit gewährten Zuwendungen, insbesondere Zahlungen anlässlich eines Jubiläums
(BAG 30. Juli 2008 – 10 AZR 459/07 – Rn. 23). Danach stellt die Leistung des Beklagten an die – im Übrigen nur für die Dauer eines halben Jahres bei ihm beschäftigte – Schuldnerin kein Treu(e)geld iSv. § 850a Nr. 2 ZPO dar.
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3. Die von dem Beklagten an die Schuldnerin im September 2020 gezahlte „Corona-Unterstützung“ iHv. 400,00 Euro ist jedoch als Erschwerniszulage nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar. Ihr Zweck liegt in der Kompensation einer coronabedingten tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung. Die Zahlung übersteigt auch nicht den Rahmen des Üblichen.
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a) Nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar sind Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
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b) Danach kann eine vom Arbeitgeber freiwillig gezahlte Corona-Prämie im Einzelfall eine Erschwerniszulage iSv. § 850a Nr. 3 ZPO sein. Dies ist der Fall, wenn der Zweck der Leistung in der Kompensation einer coronabedingten tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt.
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aa) Aus Sinn und Zweck der Pfändungsschutzvorschriften ergibt sich, dass eine Erschwernis iSv. § 850a Nr. 3 ZPO eine besondere Belastung bei der bzw. durch die Erbringung der Arbeitsleistung voraussetzt
(vgl. BAG 23. August 2017 – 10 AZR 859/16 – Rn. 24, 37 ff., BAGE 160, 57; in diesem Sinne auch BGH 29. Juni 2016 – VII ZB 4/15 – Rn. 13, BGHZ 211, 46). Es muss sich dabei um eine im Einzelfall tatsächlich gegebene Erschwernis handeln. Entgegen der Auffassung der Klägerin muss diese weder berufsspezifisch noch dauerhaft mit der Erbringung der Arbeitsleistung verbunden sein. Der Begriff der Erschwerniszulage spricht für ein weites, nicht auf die der Ausübung der Arbeit innewohnenden Belastungen begrenztes Verständnis
(BAG 23. August 2017 – 10 AZR 859/16 – Rn. 23, aaO) und dafür, dass es ausreicht, wenn die Tätigkeit im Einzelfall nur vorübergehend mit Erschwernissen verbunden ist.
22
bb) Die Regelung in § 150a SGB XI, der durch Gesetz vom 19. Mai 2020 mit Wirkung zum 23. Mai 2020 in das SGB XI eingefügt
(BGBl. I S. 1018) wurde, steht der Qualifizierung der vom Beklagten gezahlten „Corona-Unterstützung“ als Erschwerniszulage iSv. § 850a Nr. 3 ZPO nicht entgegen. Diese Bestimmung schließt eine Anwendung von § 850a ZPO nicht aus.
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(1) Nach § 150a Abs. 1 SGB XI sind die zugelassenen Pflegeeinrichtungen sowie die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer bei solchen Einrichtungen im Wege der Arbeitnehmerüberlassung oder eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags einsetzen, verpflichtet, ihren Beschäftigten im Jahr 2020 zum Zweck der Wertschätzung für die besonderen Anforderungen während der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie eine für jeden Beschäftigten einmalige Sonderleistung nach Maßgabe von § 150a Abs. 2 bis 6 und Abs. 8 SGB XI zu zahlen (Corona-Prämie). Nach § 150a Abs. 8 Satz 4 SGB XI ist die Corona-Prämie unpfändbar.
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(2) Die in § 150a SGB XI getroffene Bestimmung steht der Qualifizierung der vom Beklagten an die Schuldnerin gezahlten „Corona-Unterstützung“ als Erschwerniszulage iSv. § 850a Nr. 3 ZPO nicht entgegen. Bei § 150a SGB XI handelt es sich um eine spezialgesetzliche Regelung, die ausschließlich für die Beschäftigten in zugelassenen Pflegeeinrichtungen gilt und die diesem Personenkreis zum Zweck der Wertschätzung für die besonderen Anforderungen während der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie – und insoweit auch teilweise unabhängig von einer besonderen Belastung bei der bzw. durch die Erbringung der Arbeitsleistung – einen öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch einräumt, § 150a Abs. 1 SGB XI
(vgl. BAG 1. März 2022 – 9 AZB 25/21 – Rn. 15 ff.). Mit der ausdrücklichen Festlegung der Unpfändbarkeit dieser öffentlich-rechtlichen Forderung in § 150a Abs. 8 Satz 4 SGB XI hat der Gesetzgeber keine Aussagen getroffen im Hinblick auf eine etwaige Pfändbarkeit von Corona-Prämien, die vom Arbeitgeber freiwillig an Beschäftigte außerhalb des Anwendungsbereichs des § 150a SGB XI gezahlt werden.
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cc) Auch aus dem Umstand, dass aufgrund der Corona-Krise erbrachte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag iHv. 1.500,00 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei waren, ergibt sich nichts anderes.
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(1) Das Bundesministerium der Finanzen hat durch Schreiben vom 9. April 2020 – IV C 5 – S 2342/20/10009 :001
(BStBl. I S. 503) im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder für Beihilfen und Unterstützungen während der Corona-Krise mitgeteilt, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500,00 Euro nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren können, soweit diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Nachfolgend wurde § 3 EStG durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19. Juni 2020
(BGBl. I S. 1385) dahin geändert, dass in diese Bestimmung Nr. 11a eingefügt wurde. Danach waren vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag iHv. 1.500,00 Euro steuerfrei. Ausweislich der Gesetzesbegründung wurde damit im Interesse einer umfassenden Rechtssicherheit nachträglich eine gesetzliche Rechtsgrundlage für die Steuerfreiheit der Corona-Sonderleistungen geschaffen
(BT-Drs. 19/19601 S. 33). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) in der vom 1. Januar 2018 bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung war die steuerfreie Corona-Prämie nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen.
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(2) Weder aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. April 2020 noch aus § 3 Nr. 11a EStG oder § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV lässt sich etwas dafür herleiten, dass eine vom Arbeitgeber freiwillig an seine Beschäftigten gezahlte Corona-Prämie nicht als Erschwerniszulage iSv. § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar sein könnte. Es gibt schon keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich das Bundesministerium der Finanzen und/oder der Gesetzgeber mit der Frage nach der Pfändbarkeit einer Corona-Sonderzahlung überhaupt befasst hätten.
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c) Die Erschwerniszulage ist nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt. Zur Ermittlung dieses Rahmens kann auf die in § 3 Nr. 11a EStG enthaltene Wertung zurückgegriffen werden
(vgl. BAG 23. August 2017 – 10 AZR 859/16 – Rn. 52, BAGE 160, 57; vgl. BGH 20. September 2018 – IX ZB 41/16 – Rn. 6; 29. Juni 2016 – VII ZB 4/15 – Rn. 13 f., BGHZ 211, 46).
29
d) Danach handelt es sich bei der hier streitgegenständlichen, vom Beklagten an die Schuldnerin gezahlten „Corona-Unterstützung“ um eine Erschwerniszulage iSv. § 850a Nr. 3 ZPO, die den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt und demgemäß nicht zum pfändbaren Einkommen der Schuldnerin gehört.
30
aa) Der Zweck der vom Beklagten der Schuldnerin gezahlten „Corona-Unterstützung“ liegt in der Kompensation einer tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung.
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Die Schuldnerin war bei Ausübung ihrer Tätigkeit für den Beklagten im September 2020 einer coronabedingten tatsächlichen Erschwernis ausgesetzt. Sie war in dieser Zeit in dem vom Beklagten betriebenen B in G mit – auch im September 2020 – hoher Besucherzahl nicht nur als Küchenhilfe, sondern vielmehr – unstreitig – auch als Thekenkraft mit unmittelbarem Kontakt zur Kundschaft tätig. Wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, bestand infolge des unmittelbaren Kundenkontakts im September 2020 für die Schuldnerin tatsächlich eine konkrete höhere Gefahr, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, als wenn sie die Tätigkeit im Betrieb des Beklagten nicht verrichtet hätte, zumal die Kunden zum Verzehr von Getränken und Speisen ihre Masken – jedenfalls vorübergehend – ablegen mussten. Zudem war die Schuldnerin bei der Erbringung der Arbeitsleistung einer besonderen psychischen Belastung ausgesetzt, da es zum damaligen Zeitpunkt kein wirksames Medikament gegen diese Erkrankung gab und auch keine Möglichkeit bestand, sich impfen zu lassen. Die Tätigkeit der Schuldnerin bei dem Beklagten als Thekenkraft mit unmittelbarem Kundenkontakt war für die Schuldnerin demzufolge mit einer coronabedingten besonderen Belastung verbunden. Soweit die Klägerin demgegenüber anführt, die Schuldnerin sei bei ihrer Arbeit einem allgemeinen pandemiebedingten Risiko ausgesetzt gewesen, welches ua. auch in öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Einkauf im Einzelhandel bestehe, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Die Schuldnerin hatte bei ihrer Arbeit als Thekenkraft mit unmittelbarem Kundenkontakt – wenn sie ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzen wollte – nicht die Möglichkeit, sich den coronabedingten Risiken und besonderen Belastungen zu entziehen bzw. diese Risiken zu minimieren. Demgegenüber waren alle Menschen, was beispielsweise die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und den Einkauf im Einzelhandel anbelangt, grundsätzlich frei in der Entscheidung, in welcher Intensität sie sich den damit verbundenen Risiken einer Infektion aussetzen wollten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Abständen. Dass der Beklagte – wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat – mit der an die Schuldnerin gezahlten „Corona-Unterstützung“ die bei der Arbeitsleistung der Schuldnerin tatsächlich gegebene coronabedingte besondere Erschwernis kompensieren wollte, hat die Klägerin in der Revision nicht in Abrede gestellt.
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bb) Die „Corona-Unterstützung“ des Beklagten iHv. 400,00 Euro überstieg auch nicht den Rahmen des Üblichen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO, der sich unter Rückgriff auf die in § 3 Nr. 11a EStG enthaltene Wertung bestimmt. § 3 Nr. 11a EStG sieht insoweit einen Betrag iHv. 1.500,00 Euro vor.
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