Beschluss des BVerwG 6. Senat vom 08.09.2022, AZ 6 B 6/22

BVerwG 6. Senat, Beschluss vom 08.09.2022, AZ 6 B 6/22, ECLI:DE:BVerwG:2022:080922B6B6.22.0

Verfahrensgang

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 9. Dezember 2021, Az: 1 S 3255/21, Beschluss
vorgehend VG Freiburg (Breisgau), 20. August 2021, Az: 4 K 3597/19, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. Dezember 2021 wird verworfen.

Die Antragsteller tragen jeweils 1/3 der Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Antragsteller begehren die Überprüfung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. Dezember 2021, mit dem ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. August 2021 zurückgewiesen worden ist. Die Antragstellerin zu 1 ist die A. der B. C., eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und Gliedkörperschaft der B. Die Antragsteller zu 2 und 3 sind Studierende dieser B. und gehörten bis zum Jahr 2018 dem Vorstand der Antragstellerin zu 1 an.

2

Im Rahmen eines Vereinsverbotsverfahrens wurde im August 2017 auf Anordnung des Verwaltungsgerichts Freiburg die Wohnung eines Dritten durchsucht und hierbei unter anderem eine im Eigentum der Antragstellerin zu 1 stehende Festplatte von der Polizeibehörde in Besitz genommen. Sie wurde dieser im September 2017 zurückgegeben, nachdem eine Kopie des Festplatteninhalts erstellt worden war. Eine inhaltliche Auswertung dieser Kopie war wegen der Verschlüsselung der Daten zu diesem Zeitpunkt nicht vorgenommen worden.

3

Gegen die Öffnung und Auswertung der kopierten Dateien wandten sich die Antragsteller zunächst erfolglos im Rahmen eines Eilverfahrens. Am 27. August 2019 haben sie zudem Klage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, die sie sowohl gegen den Antragsgegner als auch gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet haben. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland mit Beschluss vom 9. September 2019 abgetrennt, die Beteiligten führen es seither parallel (- 6 B 7.22 -).

4

Nach Abweisung der von anderen Personen erhobenen Klagen gegen das Vereinsverbot durch das Bundesverwaltungsgericht mit mehreren Urteilen vom 29. Januar 2020 – 6 A 1.19 bis 5.19 – teilte der Antragsgegner mit, er habe die Maßnahmen zur Entschlüsselung eingestellt und die Datenkopien rückstandslos gelöscht. Zudem erklärte er vorab den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Antragsteller forderten hierauf die Vorlage entsprechender Erklärungen der an der Öffnung und Auswertung beteiligten Sicherheitsbehörden des Antragsgegners. Anschließend könne der Rechtsstreit auch von ihrer Seite für erledigt erklärt werden. Daraufhin legte der Antragsgegner derartige Erklärungen vor, die allerdings Teilschwärzungen u. a. der Namen der jeweiligen Sachbearbeiter der Behörden enthielten. Die Antragsteller beanstandeten diese Schwärzungen und führten aus: „Wenn das Gericht allerdings erklärt, das sei alles so in Ordnung, erklärt auch der Bevollmächtigte der Kläger vorab die Erledigung des Verfahrens und 
beantragt , die Kosten des Verfahrens dem Bekl. aufzuerlegen“ (Hervorhebung im Original). Nach Mitteilung des Verwaltungsgerichts, dass diese Erklärung die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt haben könne und keine Bedenken gegen die Verbindlichkeit der Behördenerklärungen bestünden, stritten die Beteiligten über die Wirksamkeit der Erledigungserklärung der Antragsteller. Die Antragsteller haben geltend gemacht, sie nicht unter einer innerprozessualen Bedingung gestellt, sondern nur angekündigt zu haben.

5

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht das Rubrum geändert und das erstinstanzliche Verfahren nicht mehr als Klage-, sondern als vereinsrechtliches Antragsverfahren fortgeführt. Mit Beschluss vom 20. August 2021 hat es sodann festgestellt, dass das Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten beendet worden ist und den Antragstellern die Kosten des Verfahrens auferlegt. Das Verfahren sei als Antragsverfahren nach § 4 Abs. 2 VereinsG statthaft, über das der Vorsitzende allein entscheide. Das als „Klage“ bezeichnete Rechtsschutzbegehren der Antragsteller sei in entsprechende Anträge umzudeuten. Die Erledigungserklärungen seien wirksam. Die Antragsteller hätten ihre Erklärung zulässigerweise an eine innerprozessuale Bedingung geknüpft, die eingetreten sei.

6

Seither wenden sich die Antragsteller vorrangig gegen die Feststellung, das Verfahren habe sich durch entsprechende Prozesserklärungen erledigt. Ihre gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 9. Dezember 2021 zurückgewiesen und auf dessen Unanfechtbarkeit hingewiesen. Das erstinstanzliche Verfahren sei durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten beendet worden. Die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge der Antragsteller hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 10. Januar 2022 zurückgewiesen.

7

Die Antragsteller haben am 10. Januar 2022 beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 2021 eingelegt. In ihrer Beschwerdebegründung vom 14. Februar 2022 vertiefen sie ihr Vorbringen, keine wirksame Erledigungserklärung abgegeben zu haben, und rügen die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs sowie ihrer Rechte auf ein faires Verfahren, effektiven Rechtsschutz und den gesetzlichen Richter.

8

Außerdem beantragen die Antragsteller die Verbindung ihrer beiden Beschwerdeverfahren – 6 B 6.22 und 6 B 7.22 – aus Gründen der Sachdienlichkeit. Die Trennung führe zu einer prohibitiven Verdoppelung der außergerichtlichen und der gerichtlichen Kosten zu ihren Lasten. Über diesen auch in der Vorinstanz schon gestellten Antrag habe der Verwaltungsgerichtshof nicht entschieden. Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und hält die Beschwerde für unstatthaft.

II

9

1. Der als Antrag auf Verbindung der Beschwerdeverfahren – 6 B 6.22 und 6 B 7.22 – formulierten Anregung der Antragsteller, den Trennungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 9. September 2019 aufzuheben, folgt der Senat nicht.

10

Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 150 Satz 1 ZPO kann das Gericht eine von ihm erlassene, u. a. eine Trennung betreffende Anordnung von Amts wegen oder auf Anregung der Beteiligten wieder aufheben. Nach Einlegung eines Rechtsmittels in der Hauptsache steht diese Befugnis dem Rechtsmittelgericht zu, wenn – wie hier – alle Verfahren dort anhängig sind (vgl. VGH München, Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 14 ZB 10.1396 u. a. – juris Rn. 1; Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 93 Rn. 8). Über die Aufhebung einer Trennung entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen und hat sich dabei – ebenso wie bei der vorangehenden Entscheidung über die Trennung – am Maßstab der Ordnung des Prozessstoffs im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit auszurichten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 1998 – 8 B 2.98 – Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 17 S. 20 sowie vom 17. September 2012 – 7 A 22.11 – juris Rn. 1).

11

Ausgehend hiervon erscheint es sachgerecht, Ansprüche, die – wie diejenigen der Antragsteller – in einfacher passiver Streitgenossenschaft gemäß § 64 VwGO i. V. m. §§ 59, 60 ZPO gegen zwei verschiedene Gebietskörperschaften in einem gemeinsamen Verfahren geltend gemacht werden, auf verschiedene Verfahren aufzuteilen und diese Trennung auch im Rechtsmittelverfahren beizubehalten (vgl. demgegenüber zur notwendigen passiven Streitgenossenschaft: BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 8 C 4.11 – NVwZ 2013, 209 Rn. 30 – insoweit in BVerwGE 143, 335 nicht abgedruckt). Die so geschaffene Klarheit dient der Ordnung des Prozessstoffs, da jede Einzelklage gesondert auf ihre Zulässigkeit hin geprüft werden und nicht zwingend eine einheitliche Entscheidung in der Sache ergehen muss (vgl. Czybulka/Siegel, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 64 Rn. 30 ff.). Hinzu kommt, dass sich dadurch Missverständnisse bei der Aktenführung vermeiden lassen (zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Beschluss vom 17. September 2012 – 7 A 22.11 – juris Rn. 1). Das Interesse der Antragsteller an der Vermeidung höherer Prozesskosten tritt demgegenüber zurück. Die Verfahrensbeteiligten können auch im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten effektiven Rechtsschutz nicht verlangen, dass das Kostenrisiko möglichst gering gehalten wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. März 1980 – 2 BvR 316/80 – BVerfGE 54, 39 <41>; BVerwG, Beschluss vom 17. September 2012 – 7 A 22.11 – juris Rn. 2).

12

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihr fehlt es bereits an der Statthaftigkeit. Denn das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde ist lediglich dann gegeben, wenn die Zulassung der Revision gegen eine grundsätzlich revisionsfähige Entscheidung erstrebt wird. Der Revision unterliegen gemäß § 132 Abs. 1 VwGO nur Urteile und urteilsvertretende Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts beziehungsweise Verwaltungsgerichtshofs. Um einen derartigen Beschluss handelt es sich bei dem hier angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Mit ihm wird die Beschwerde der Antragsteller gegen den in einem auf § 4 Abs. 2 VereinsG gestützten vereinsrechtlichen Antragsverfahren ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. August 2021 zurückgewiesen. Entscheidungen über Beschwerden des Verwaltungsgerichtshofs nach § 146 Abs. 1 VwGO sind – worauf der Beschluss zu Recht hinweist – von Gesetzes wegen unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO).

13

Offenbleiben kann, ob die Nichtzulassungsbeschwerde nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung ausnahmsweise als statthaft anzusehen wäre. Dieses prozessrechtliche Prinzip betrifft vor allem die Wahl der falschen Entscheidungsform durch das Gericht und besagt, dass gerichtliche Fehler nicht zu Lasten der Beteiligten gehen dürfen. Hat das Gericht eine der Form nach unrichtige Entscheidung getroffen, steht den Beteiligten ein Wahlrecht zu, ob sie das eigentlich zulässige oder das der ergangenen Entscheidung entsprechende Rechtsmittel einlegen (BVerwG, Urteile vom 25. Januar 1967 – 5 C 61.66 – BVerwGE 26, 58 <61> und vom 13. April 2011 – 9 C 1.10 – BVerwGE 139, 296 Rn. 11). Ihnen darf durch eine falsche Behandlung der Sache durch das Gericht nicht der Instanzenzug abgeschnitten werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. April 1964 – 8 C 375.63 – BVerwGE 18, 193 <195>, vom 5. September 1991 – 3 C 26.89 – BVerwGE 89, 27 <29> und Beschluss vom 2. September 1997 – 3 C 32.97 – Buchholz 310 § 132 Abs. 1 VwGO Nr. 2 S. 2). Andererseits führt dieser Grundsatz auch nicht zu einer bei korrekter Verfahrensweise nicht gegebenen Erweiterung des Instanzenzuges (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 60.81 – Buchholz 310, § 168 VwGO Nr. 1 S. 2; BGH, Beschluss vom 28. Februar 2018 – XII ZR 87/17 – NJW-RR 2018, 451 Rn. 14 – jeweils m. w. N.).

14

Die Antragsteller meinen, der Meistbegünstigungsgrundsatz sei hier anzuwenden, weil der Verwaltungsgerichtshof – ebenso wie schon zuvor das Verwaltungsgericht – durch Beschluss und nicht durch Urteil entschieden hat. Die Frage, in welcher Form eine Entscheidung zu ergehen hat, wird maßgeblich vom Entscheidungsgegenstand und -inhalt bestimmt (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 60.81 – Buchholz 310, § 168 VwGO Nr. 1 S. 1). Hier betrifft das sinngemäße Begehren der Antragsteller, festzustellen, dass die versuchte Durchsicht eines Datenbestandes auf einem zur Beweissicherung bei einer anderen Person sichergestellten Datenträger rechtswidrig gewesen sei, die Art und Weise einer auf der Grundlage eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses stattgefundenen Durchsuchung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 und 4 VereinsG i. V. m. § 110 StPO. Denn die Entschlüsselung und Auswertung dient der Klärung und Entscheidung, ob die sichergestellten Papiere, wozu auch elektronische Unterlagen gehören, zurückzugeben sind oder ob eine richterliche Beschlagnahme zu erwirken ist; sie gehört zur Durchsuchung (BVerfG, Beschluss vom 12. März 2019 – 1 BvR 95/19 – juris Rn. 6 m. w. N.).

15

Ob Drittbetroffene eines vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens vor der Einführung des § 110 Abs. 4 StPO durch Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2099) zum 1. Juli 2021 Rechtsschutz gegen die Art und Weise einer richterlich angeordneten Durchsuchung in einem verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog durch einen Beschluss erlangen konnten oder dieser – mangels einer Regelungslücke – mit dem Rechtsschutzsystem der Verwaltungsprozessordnung, d. h. mit einer (Fortsetzungs-)Feststellungsklage durch Urteil gewährt wurde, kann hier dahingestellt bleiben (für die Heranziehung des § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog wohl über § 4 Abs. 5 Satz 2 VereinsG: Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, VereinsG § 4 Rn. 52, 54 f.; gegen eine Analogie zu § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO und für die Anwendung des Rechtsschutzsystems der VwGO: VGH Mannheim, Beschlüsse vom 2. April 2019 – 1 S 982/18 – NVwZ-RR 2019, 901 <902> im Eilverfahren der Antragsteller sowie vom 12. Oktober 2020 – 1 S 2679/19 – VBlBW 2021, 127 <129 f.> und wohl auch OVG Münster, Beschluss vom 30. Januar 2009 – 5 E 1492/08 – juris Rn. 11 ff. m. w. N.; vgl. zur parallelen Frage des Rechtsschutzes gegen die Art und Weise behördlicherseits wegen Gefahr in Verzug angeordneter Durchsuchungen: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. September 2010 – 1 L 83/10 – juris Rn. 1; OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 11 OB 417/08 – juris Rn. 3; Albrecht, in: Albrecht/Roggenkamp, VereinsG, 2014, § 4 Rn. 81 f.; Groh, VereinsG, 1. Aufl. 2012, § 4 Rn. 15; siehe demgegenüber zum Rechtsschutz gegen strafprozessuale Durchsuchungsmaßnahmen: BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1999 – StB 7, 8/99 – NJW 2000, 84 <86> m. w. N.). Auch kommt es nicht darauf an, ob sich daraus Besonderheiten für die gerichtliche Entscheidungsform ergeben, dass die Beteiligten inzwischen vorrangig über die Frage des Vorliegens wirksamer übereinstimmender Erledigungserklärungen streiten (vgl. § 92 Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO analog).

16

Denn die Nichtzulassungsbeschwerde wäre selbst bei unterstellter Statthaftigkeit als unzulässig zu verwerfen, weil die Antragsteller innerhalb der für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde geltenden Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht wenigstens in groben Zügen dargelegt haben, welcher der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Gründe für eine Zulassung der Revision mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht wird (vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 15. August 2017 – 5 PKH 1.17 D – ZOV 2017, 155 <155> m. w. N.).

17

Ihr mit Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 10. Januar 2022 erhobener Vorwurf eines Verfahrensverstoßes ist auf die Wahl der vermeintlich fehlerhaften Entscheidungsform durch den Verwaltungsgerichtshof bezogen. Er zielt damit allein auf die Heranziehung des Meistbegünstigungsgrundsatzes im Rahmen der Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, nicht auf deren Begründetheit. In der fristgerecht eingereichten Beschwerdebegründung vom 14. Februar 2022 schildern die Antragsteller lediglich den Verfahrenshergang und begründen ihre vom Verwaltungsgerichtshof abweichende Würdigung der Wirksamkeit ihrer eigenen Erledigungserklärung, ohne Zulassungsgründe i. S. d. § 132 Abs. 2 VwGO darzulegen.

18

Vor allem wenden sich die Antragsteller darin maßgeblich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Januar 2022 über ihre Anhörungsrüge. Deren Zurückweisung verletze in mehrfacher Hinsicht ihre Verfahrensrechte. Auf die Gründe, aus denen nach § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen ist, gehen die anwaltlich vertretenen Antragsteller hingegen an keiner Stelle ein. Dass sie sich in dem Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 2021 äußern, scheint vorübergehend aus dem Blick geraten zu sein (wörtlich Schriftsatz vom 14. Februar 2022, dort S. 1 f.: „In der Sache wird zur Begründung des Überprüfungsantrages ausgeführt: Es liegt in der Zurückweisung der Anhörungsrüge gegen die Entscheidung des Senats vom 09.12.2021 ein Verstoß gegen mehrfache Verfahrensrechte … vor“ und S. 4: „Die angegriffenen Entscheidungen vom 10.01.2022 lässt (sic) genau diesen wesentlichen Zusammenhang erneut völlig unerörtert und vermeidet ihn geradezu“).

19

Selbst wenn man hierin zugleich die Anbringung einer Verfahrensrüge gegen den der Anhörungsrüge vorausgehenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 2021 sehen würde, führte dies die Antragsteller nicht zum Erfolg. Denn die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO substantiierten Tatsachen- und Rechtsvortrag (BVerwG, Beschluss vom 10. November 1992 – 3 B 52.92 – Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5 S. 2). Der verletzte prozessuale Rechtssatz muss dargelegt, die verletzte Rechtsnorm sollte genau genannt werden. Darüber hinaus muss die Beschwerde begründen, dass und aus welchen Gründen die angegriffene Entscheidung auf dem bezeichneten Verfahrensfehler beruhen kann. Es muss ersichtlich werden, dass diese Entscheidung bei Vermeidung des Fehlers möglicherweise anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. Oktober 2014 – 10 B 52.14 – juris Rn. 3 und vom 12. Mai 2020 – 6 B 53.19 – juris Rn. 2).

20

Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen im Schriftsatz vom 14. Februar 2022 nicht. Die Antragsteller benennen zwar eingangs mehrere (durch die Zurückweisung der Anhörungsrüge vermeintlich verletzte) grundlegende Verfahrensrechte – die Rechte auf ein faires Verfahren, auf Gewährung rechtlichen Gehörs, auf effektiven Rechtsschutz sowie auf den gesetzlichen Richter. Sie beschränken sich aber in ihrer weiteren Begründung darauf, die inhaltliche Richtigkeit der Auslegung ihrer sich zur Erledigung verhaltenden Prozesserklärung durch den Verwaltungsgerichtshof zu rügen. Sie kritisieren die Annahme einer Erledigungserklärung unter einer zulässigen innerprozessualen Bedingung, die eingetreten sei, und verweisen erneut darauf, eine Erledigungserklärung nur angekündigt zu haben. Der hierin liegende Vorwurf, mit seiner Auslegung habe der Verwaltungsgerichtshof seine Pflicht zur sachgemäßen Auslegung von Anträgen und Prozesserklärungen (§ 88 VwGO) verletzt, könnte zwar eine Gehörsverletzung begründen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 2020 – 6 B 53.19 – juris Rn. 2). Er ist hier jedoch weder hinreichend substantiiert worden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) noch trifft er zu. Allein der Umstand, dass die Antragsteller ihrer Prozesserklärung einen anderen Sinn als der Verwaltungsgerichtshof beimessen, führt nicht auf eine Gehörsverletzung. Dessen am Wortlaut, den Begleitumständen und der Interessenlage ausgerichtete Auslegung dieser Erklärung ist nicht zu beanstanden.

21

Soweit die Antragsteller sinngemäß auch rügen, der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit ihrem Begehren, den Trennungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. September 2019 aufzuheben, nicht befasst, dringen sie gleichfalls nicht durch. Ersichtlich haftet der getroffenen Sachentscheidung des Gerichts allein infolge dieser unterlassenen Befassung kein Fehler an (vgl. demgegenüber zu einem anders gelagerten Fall: BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1972 – 8 C 84.70 – BVerwGE 39, 319 <323 f.>).

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.