Ablehnungsgesuch im Hinblick auf die Entscheidung des 1. Wehrdienstsenats im Verfahren 1 WB 2/22, 1 WB 5/22 (Beschluss des BVerwG 1. Wehrdienstsenat)

BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 12.10.2022, AZ 1 WB 61/22, 1 W-VR 21/22, 1 WB 61/22, 1 W-VR 21/22, ECLI:DE:BVerwG:2022:121022B1WB61.22.0

Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 17a Abs 4 SG, § 23a Abs 1 S 1 WBO, § 23a Abs 3 WBO

Tenor

Das gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht B und den Richter am Bundesverwaltungsgericht C gerichtete Ablehnungsgesuch des Soldaten wird zurückgewiesen.

Tatbestand

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1. Mit Schriftsatz vom 29. August 2022 hat der Soldat geltend gemacht, die an den Entscheidungen in den Verfahren BVerwG 1 WB 5.22 sowie BVerwG 1 WB 2.22 (nachfolgend: Parallelverfahren) beteiligten berufsrichterlichen Mitglieder des 1. Wehrdienstsenats seien in den von ihm anhängig gemachten wehrbeschwerderechtlichen Antragsverfahren befangen. In diesen bislang ruhenden Verfahren beantragt er, die Anweisung der Bundesverteidigungsministerin zur Aufnahme der COVID-19-Impfung in das Basisschema der Bundeswehr und die damit einhergehenden Tagesbefehle der Bundesverteidigungsministerin und des Generalinspekteurs der Bundeswehr aufzuheben und einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren.

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2. Die Besorgnis der Befangenheit dieser Richter folge daraus, dass die Entscheidungen in den Parallelverfahren unter Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs ergangen seien, eine willkürliche Befassung mit dem Vortrag der dortigen Beschwerdeführer und den Ergebnissen der Beweisaufnahme offenbart hätten und sie im vorliegenden Verfahren „genauso faktenresistent und hochbefangen“ agieren würden. Deren Botschaft in den Parallelverfahren sei wohl gewesen, dass Richter auch dort, wo Behörden – wie in § 17a Abs. 4 Satz 2 SG – gesetzlich kein Ermessen eingeräumt worden sei, mit irgendwelchen, vom Inhalt der jeweiligen Norm total gelösten abstrakten Überlegungen zu Ermessen und Verhältnismäßigkeit das geltende Recht suspendieren könnten. Vielleicht komme ein Einsehen der Justiz, wenn erst einmal auch die noch ungeimpften Soldaten geimpft oder aus dem Dienst ausgeschieden seien. Auch wenn diese Injektionen, wie längst allgemein bekannt, keinen Nutzen hätten, nichts verhinderten und nichts abmilderten, müsse das „gentechnische Experiment“ wohl erst mal weitergehen, bis die Umstände, welche auch immer das sein mögen, sich verändert hätten.

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Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei evident verletzt, da entscheidungserheblicher Vortrag und selbst eindeutige Ergebnisse der Beweisaufnahme, die den Vortrag der Beschwerdeführer in den Parallelverfahren eindrucksvoll bestätigt hätten, vollständig ignoriert worden seien. „Was die Gründe für diese Ignoranz waren, das mag der liebe Gott am Tag des jüngsten Gerichts erhellen“. Die Tage der Bundesregierung wären gezählt gewesen, wenn das Bundesverwaltungsgericht seine Pflicht erfüllt und der Weltöffentlichkeit die Wahrheit verkündet hätte, wonach COVID-19-Injektionen mit allergrößten Gefahren für Leben und Gesundheit verbunden und deshalb eindeutig unzumutbar seien. Zudem wären die Aktienkurse aller großen Pharma-Unternehmen, die COVID-19-Injektionen hergestellt und vertrieben hätten, mit Sicherheit sofort ins Bodenlose gestürzt. Hinzu komme, dass die in den Parallelverfahren verkündete Entscheidung schon Stunden zuvor von Focus-Online veröffentlicht worden sei, was den Eindruck der Befangenheit unterstütze.

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Zudem sei insbesondere bei dem Vorsitzenden Richter B allgemein aufgefallen, dass er darum bemüht gewesen sei, die Befragung der Vertreter des Robert Koch- und des Paul-Ehrlich-Instituts zu behindern. Ein Prozessbeobachter wolle sogar beobachtet haben, dass der Vorsitzende während der Befragung des Vertreters des Robert Koch-Instituts von diesem mit Handzeichen darum gebeten worden sei, einzugreifen und ihm beizustehen. Dies sei auch geschehen, weil der Vorsitzende das Wort ergriffen und erklärt habe, die Fragen seien nun beantwortet.

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Zur Begründung werde im Übrigen auf die schriftsätzlichen Darlegungen in den Parallelverfahren sowie zu den dort erhobenen Anhörungsrügen verwiesen, in denen die dortigen Beschwerdeführer auf ca. 1 000 Seiten (nebst Anlagen) die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahmen nachgewiesen hätten.

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Die dienstlichen Äußerungen der für befangen erachteten Richter wirkten wie ein „Spottgesang“. Wenn sie – wie insbesondere vom Vorsitzenden Richter behauptet – über alle relevanten Sach- und Rechtsfragen beraten hätten, hätten sie der Sach- und Rechtslage gemäß den Beschwerden in den Parallelverfahren stattgeben müssen. Auch die dortige schriftliche Entscheidungsbegründung werde nicht verdecken können, dass die Entscheidung ein einziger Justizskandal sei, „durch den die Interessen der Soldaten und Soldatinnen regelrecht verraten und verkauft worden“ seien. Das Bundesverfassungsgericht, auf das in einer richterlichen Äußerung hingewiesen werde, könne zudem von keinem kritischen Juristen mehr ernstgenommen werden, seitdem dort der neue Präsident im Amt sei. Bezeichnend sei auch, dass die für befangen erachteten Richter in ihren dienstlichen Stellungnahmen nicht auf die konkreten Vorhaltungen im Ablehnungsgesuch eingegangen seien. Dies bekräftige die Besorgnis ihrer Befangenheit. In Wahrheit hätten sie nur noch „das politische Interesse, das seit März 2020 offenbar nur noch Ausdruck der Interessen der Pharmaindustrie und ihre Anteilseigner“ sei, berücksichtigt und sich dafür eine mündliche Begründung „zusammengebastelt“.

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3. Zu dem Ablehnungsgesuch haben sich die Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht B und der Richter am Bundesverwaltungsgericht C dienstlich geäußert und ihre Befangenheit verneint.

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4. Die Entscheidungsgründe in den Parallelverfahren liegen noch nicht schriftlich vor.

Entscheidungsgründe

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1. Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch gegen alle abgelehnten regulären Richter des 1. Wehrdienstsenates, ohne dass diese daran mitwirken (§ 23a Abs. 2 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO). Denn das Ablehnungsgesuch stellt sich weder als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts dar (BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 2014 – 7 C 13.13 – Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5 und vom 28. Februar 2022 – 9 A 12.21 – NVwZ 2022, 884 Rn. 8; ThürVerfGH, Beschluss vom 2. November 2016 – VerfGH 8/14 – juris Rn. 30 ff.; G. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Kommentar, 34. Aufl. 2022, § 44 Rn. 12; vgl. auch § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO), noch ist es etwa deshalb offensichtlich unzulässig, weil es sich gegen einen nicht zur Mitwirkung in den Verfahren berufenen Richter richtet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Januar 2022 – 1 BvR 2604/21 – juris Rn. 2; BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – 1 WB 48.22 <1 WB 2.22> – Rn. 28).

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2. Da der 1. Wehrdienstsenat dadurch in Gänze nicht mehr beschlussfähig ist, haben über das Ablehnungsgesuch gemäß C. III. 1. Satz 2 des Geschäftsverteilungsplanes des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2022 (Geschäftsverteilungsplan) die Richter des 2. Wehrdienstsenats – B, Dr. Henke sowie Prof. Dr. Burmeister – zu befinden, wobei B als Vorsitzender auch des 2. Wehrdienstsenats wegen des Ablehnungsgesuchs von der Mitwirkung erneut ausgeschlossen ist. An seine Stelle tritt gemäß C. III. 4. des Geschäftsverteilungsplans Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden, nachdem zuvor Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung an der Sache 1 WB 48.22 mitgewirkt hat. Der Mitwirkung ehrenamtlicher Richter bedarf es nicht, weil im Ablehnungsverfahren keine abschließende Entscheidung zur Sache getroffen wird (BVerwG, Beschlüsse vom 17. Januar 2006 – 1 WB 3.05 – juris Rn. 33 und vom 26. April 2011 – 2 WDB 2.11 – Buchholz 450.2 § 42 WDO 2002 Nr. 4 Rn. 5).

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3. Über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen ist in den vom Soldaten betriebenen Antragsverfahren nach den gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 54 VwGO i. V. m. §§ 41 bis 49 ZPO zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 11. März 2021 – 1 WB 27.20 – juris Rn. 3).

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4. Bei den für befangen erachteten Richtern sind weder gesetzliche Ausschließungsgründe nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 41 ZPO, § 54 Abs. 2 VwGO oder § 77 WDO (BVerwG, Beschlüsse vom 30. Januar 2018 – 1 WB 12.17 – juris Rn. 5 und vom 11. März 2021 – 1 WB 27. 20 – juris Rn. 5) geltend gemacht worden noch ersichtlich; ebenso wenig ist deren Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt. Einen Ausschluss aus sonstigen Gründen verbietet der Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerwG, Beschluss vom 11. März 2021 – 1 WB 27.20 – juris Rn. 4).

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a) Nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht hingegen, dass dieser tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln, mithin bereits der „böse Schein“ besteht (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – 2 BvR 1750/12 – MDR 2013, 294 <295>; BVerwG, Beschluss vom 11. März 2021 – 1 WB 27.20 – juris Rn. 6). Eine ausschließlich subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht indes nicht aus. Der Standpunkt dessen, der die Parteilichkeit geltend macht, ist rechtlich wichtig, aber nicht ausschlaggebend; entscheidend ist vielmehr, ob seine Befürchtung auch objektiv berechtigt ist (EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 – 1128/17 – NJW 2021, 2947 –; Rn. 46; BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – 1 WB 48.22 <1 WB 2.22> – Rn. 31).

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b) Dabei dient das Ablehnungsverfahren nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2022 – 1 BvR 124/22 – juris Rn. 8) oder einem Verfahrensbeteiligten eine Handhabe zu geben, einen seinem Anliegen gewogenen Richter auszuwählen (BVerwG, Beschluss vom 15. März 2017 – 2 WD 13.16 – NZWehrr 2017, 128 <129>; OVG Bautzen, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 3 C 43/21 – juris Rn. 12). Es soll Verfahrensbeteiligte ausschließlich vor einer persönlichen Voreingenommenheit des Richters, nicht aber vor einer richterlichen Rechtsanwendung schützen. Richterliche Äußerungen zu Ablehnungsgesuchen, wie sie vorliegend eingeholt wurden, brauchen sich deshalb auch nicht zu vermeintlichen Verstößen gegen materielles Recht bei der richterlichen Entscheidungsfindung und zu vermeintlichem Fehlverhalten bei der Sachverhaltsbeurteilung zu verhalten (BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2007 – 9 A 50.07, 9 VR 19.07, 9 VR 21.07 – Buchholz 303 § 43 ZPO Nr. 1 Rn. 2). Dem entspricht des Weiteren, dass allein aus der richterlichen Vorbefassung mit einer auch im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage regelmäßig keine Besorgnis der Befangenheit abgeleitet werden kann (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2022 – 1 BvR 124/22 – juris Rn. 8; zu § 41 Nr. 6 ZPO: BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – IX ZB 65/13 – NJW-RR 2015, 444 Rn. 8; EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 – 1128/17 – NJW 2021, 2947 –; Rn. 48; OLG Oldenburg, Beschluss vom 10. Juni 2022 – 1 Ws 203/22, 1 Ws 204/22 – NJW 2022, 2631 –; Rn. 10).

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Tatsächliche oder vermeintliche Verfahrens- oder Rechtsanwendungsfehler sind für sich genommen nicht geeignet, einen Ablehnungsgrund darzutun, sofern die von den abgelehnten Richtern getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich nicht als rechtlich willkürlich erweist, mithin offensichtlich unhaltbar ist. Ist Letzteres nicht gegeben, müssen vielmehr konkrete Umstände vorgetragen werden, die darauf hindeuten, dass die gerügten Mängel nicht nur auf einer fehlerhaften Rechtsauffassung, sondern auf einer persönlichen Voreingenommenheit des Richters oder auf Willkür beruhen (BVerwG, Beschlüsse vom 14. November 2012 – 2 KSt 1.11 – NVwZ 2013, 225 Rn. 4, vom 12. August 2020 – 8 B 40.20, 8 PKH 5.20 – juris Rn. 2 f. m. w. N. und vom 28. Februar 2022 – 9 A 12.21 – NVwZ 2022, 884 Rn. 35).

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c) Gemäß § 23a Abs. 2 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 44 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO ist der Ablehnungsgrund individuell bezogen auf den oder die an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter glaubhaft darzulegen (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 – 9 A 12.21 – NVwZ 2022, 884 Rn. 20). Glaubhaft zu machen sind nach § 294 ZPO dabei tatsächliche Angaben, aus denen sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Besorgnis der Befangenheit ableitet (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 – IX ZB 60/06 <KG> – NJW-RR 2007, 776 Rn. 11; Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 44 Rn. 8 f.). Führt die Würdigung der glaubhaft gemachten Tatsachen dazu, dass sich das über das Befangenheitsgesuch entscheidende Gericht weder zur Bejahung noch zur Verneinung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit in der Lage sieht (non liquet), hat dies nicht die Glaubhaftmachung der die Besorgnis der Befangenheit begründenden Behauptung zur Folge. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Gericht den widerstreitenden Mitteln der Glaubhaftmachung den gleichen Beweiswert beimisst (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – V ZB 210/09 – NJW-RR 2011, 136 –; Rn. 10 f. m. w. N.). Die Unparteilichkeit eines Richters wird vielmehr bis zum Beweis seines Gegenteils vermutet (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 – 1128/17 – NJW 2021, 2947 –; Rn. 45; BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – 1 WB 48.22 <1 WB 2.22> – Rn. 32).

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5. Nach Maßgabe dessen liegen bei keinem der abgelehnten Richter Gründe vor, die eine Besorgnis ihrer Befangenheit begründen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es bei dem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nicht schon deshalb am Rechtsschutzbedürfnis für ein Ablehnungsgesuch fehlt, weil der Soldat jenes Verfahren (unter dem 25. Mai 2022) einseitig für erledigt erklärt hat.

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a) Der Soldat stützt seine Besorgnis in der Sache auf die nach seiner Einschätzung materiell-rechtlich unrichtige Entscheidung, an der die Richter unter Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs und auf der Grundlage einer unzutreffenden Beweiswürdigung in nicht von ihm betriebenen Verfahren mitgewirkt haben sollen. Damit leitet er deren Befangenheit aus Umständen ab, die nach der dargelegten Rechtsprechung für sich allein keinen Ablehnungsgrund bilden.

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Ungeachtet dessen und die Entscheidung selbstständig tragend tritt hinzu, dass die aus einem Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs abgeleitete Sorge der Befangenheit schon deshalb nicht glaubhaft dargelegt werden konnte, weil die schriftlichen Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen, sodass der Soldat allein aus dem Ergebnis der Parallelverfahren zum einen mutmaßt, die Richter hätten den – dortigen – Vortrag unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Mai 2022 – 2 BvR 1982/20 – juris Rn. 41) nicht gewürdigt und würden zum anderen dazu auch in seinem Verfahren nicht bereit sein. Damit verkennt er, dass Art. 103 Abs. 1 GG nicht das Recht eines Verfahrensbeteiligten gegenüber Richtern enthält, sich mit seinem Vorbringen in einer Weise auseinanderzusetzen, die er selbst für richtig hält (BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 1989 – 1 BvR 1460/85, 1239/87 – BVerfGE 80, 269 <286>). Die Norm garantiert keinen „Erfolg in der Sache“ (Remmert, in: Dürig/Herzog/Scholz, Stand November 2021, <;GG&gt; Art. 103 Abs. 1 Rn. 95) und verlangt für die Entscheidungsbegründung auch nur, dass ausschließlich die für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe angegeben werden (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und auf den Vortrag eines Verfahrensbeteiligten nur dann vertieft eingegangen wird, wenn dies den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags darstellt, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133 <146> m. w. N. sowie Kammerbeschluss vom 20. Mai 2022 – 2 BvR 1982/20 – juris Rn. 41).

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b) Die unter Mitwirkung der abgelehnten Richter im Rahmen einer nach den gesetzlichen Vorgaben ausdrücklich freien Beweiswürdigung (§ 23a Abs. 1 WBO i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO, § 261 StPO) getroffene Entscheidung und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung erweisen sich auch nicht als rechtlich willkürlich. Dies belegen sowohl rechtswissenschaftliche Positionierungen zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht (vgl. Richter, NVwZ 2022, 204 <204 ff.>; Gerhardt, ARP 2021, 149) als auch einer sektoralen Impfobliegenheit. Namentlich das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass sich der Staat trotz der Unwägbarkeiten der wissenschaftlichen Erkenntnislage an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung der ihm verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten orientieren und er Konflikte zwischen hoch- und höchstrangigen Interessen auch bei ungewisser Lage entscheiden darf (BVerfG, Beschluss vom 27. April 2022 – 1 BvR 2649/21 – NVwZ 2022, 950 Rn. 152; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2022 – 1 BvR 469/20 u. a. – juris Rn. 117 ff. sowie EGMR, Urteil vom 8. April 2021 – 47621/13 u. a. – NJW 2021, 1657 Rn. 274 ff.). Eine gerichtliche Entscheidung, die tragende Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts aufgreift, kann rechtlich nicht – insbesondere weil unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juli 2022 – 2 BvR 1154/21 – WM 2022, 1691 Rn. 26) – willkürlich sein. Die Auffassung des Bevollmächtigten des Soldaten, impfbezogene Judikate des Bundesverfassungsgerichts würden seit dem Amtsantritt des dortigen Präsidenten von keinem kritischen Juristen mehr ernstgenommen, entbehrt als rechtspolitische Einschätzung jeglichen juristischen Gehalts und bedarf daher keiner weiteren Erörterung (BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – 1 WB 48.22 <1 WB 2.22> – Rn. 36). Der Beschluss des Vorsitzenden Richters der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 29. September 2022 – S 5 BLc 11/22 – führt ebenfalls nicht dazu, dass die Entscheidung des 1. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts unvertretbar würde. Zum einen handelt es sich um die Einzelrichterentscheidung eines Instanzgerichts in einem Rechtsschutzverfahren vorläufigen Charakters ohne Beweiserhebung; zum anderen erschöpft sich die Annahme von sich objektiv aufdrängenden Gefahrenaspekten in der Behauptung, dies ergäbe sich aus „Fakten und inzwischen auch wissenschaftlichen Studien“; insbesondere durch Tatsachen unterlegte Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitsgrad der mit einer COVID-19-Impfung verbundenen Risiken fehlen.

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Dass die vom 1. Wehrdienstsenat vorgenommene Beweiswürdigung und die darauf gestützte rechtliche Würdigung umstritten ist und insbesondere vom Soldaten nicht geteilt wird, führt nicht zu ihrer Unvertretbarkeit. Charakteristikum rechtsprechender Tätigkeit ist typischerweise die letztverbindliche Klärung der Rechtslage in einem Streitfall im Rahmen besonders geregelter Verfahren (BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 1 BvR 3106/09 – BVerfGE 138, 33 Rn. 18). Dabei ist ohne Belang, ob die Entscheidung jenseits der Verfahrensbeteiligten – etwa bei den Zuhörern einer gerichtlichen Verhandlung – allgemeine Akzeptanz gefunden hat. Die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) beansprucht nicht nur dem Staat, sondern auch der Zivilgesellschaft gegenüber Geltung.

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c) Es wurden auch keine konkreten Umstände substantiiert und glaubhaft dargelegt, welche dafür sprechen, dass die Rechtsauffassung der Richter auf einer persönlichen Voreingenommenheit beruht, die darüber hinaus auch in den vom Soldaten betriebenen Verfahren durchschlüge.

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aa) Bezogen auf den Richter B ist mit der Behauptung, insbesondere bei ihm sei allgemein aufgefallen, dass er darum bemüht gewesen sei, die Befragung der Vertreter des Robert Koch- und des Paul-Ehrlich-Instituts zu behindern, kein Befangenheitsgrund glaubhaft dargelegt worden. Die Behauptung ist abstrakt („allgemein aufgefallen“) und bewegt sich auf der Bewertungsebene („behindern“), ohne konkrete Tatsachen zu beschreiben, die die Verfahrensführung als rechtswidrig ausweisen könnten. Ungeachtet dessen haben selbst die Verfahrensbeteiligten in den dortigen Verfahren keinen Anlass gesehen, die Prozessführung des Vorsitzenden zu beanstanden (§ 104 Abs. 2 Satz 2 VwGO) oder ein Ablehnungsgesuch gegen ihn anzubringen. Auch dies spricht dagegen, dass ein objektiver Betrachter den Eindruck hätte gewinnen müssen, der Richter werde nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt (BVerwG, Beschluss vom 11. März 2021 – 1 WB 27.20 – juris Rn. 6). Dabei sind etwaige prozesstaktische Erwägungen, aus denen ein Beteiligter kein Ablehnungsgesuch stellt, ohne Belang (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 – 1 WB 48.22 <1 WB 2.22> – Rn. 48).

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bb) Der Vortrag, ein Prozessbeobachter wolle sogar beobachtet haben, dass der Vorsitzende in der Verhandlung während der Befragung des Vertreters des Robert Koch-Instituts von diesem mit Handzeichen darum gebeten worden sei, einzugreifen und ihm beizustehen, was auch geschehen sei, legt ebenso wenig einen Ablehnungsgrund glaubhaft dar. Die Behauptung bezieht sich zum einen auf die Wahrnehmung einer anderen, nicht benannten Person; zum anderen finden sich keine Darlegungen dazu, warum die Intervention des Vorsitzenden und dessen (angeblich unzutreffende) Einschätzung, die Fragen seien ausreichend beantwortet, nicht mehr von der Befugnis des Vorsitzenden zur Verhandlungsführung erfasst gewesen sein sollten. Auch insoweit haben bereits die Beteiligten in den dortigen Verfahren keinen Anlass gesehen, ein Ablehnungsgesuch anzubringen.

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cc) Der Besorgnis des Soldaten, die Beweiswürdigung durch die Richter und deren Rechtsauffassung in den entschiedenen Parallelverfahren würden auch in den von ihm betriebenen Verfahren durchschlagen, steht vernünftigerweise zudem die dortige mündliche Begründung entgegen, wie sie in der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 44/2022 vom 7. Juli 2022 dokumentiert ist. Zwar wurden die vorliegenden Verfahren (mit Beschluss vom 1. Juni 2022) ruhend gestellt, weil die in den Parallelverfahren entschiedenen Sachen als Musterverfahren angesehen wurden. In dem Ruhensbeschluss heißt es jedoch ausdrücklich, durch die Entscheidung der Musterverfahren würden thematisch gleich gelagerte Verfahren nur strukturiert. Dem entspricht, dass sich der 1. Wehrdienstsenat – ausweislich der Pressemitteilung – an seiner Einschätzung, der positive Effekt der Impfung überwiege das mit ihr verbundene Risiko deutlich, nicht im Sinne einer auch zukünftige Verfahren präjudizierenden Grundsatzentscheidung gebunden sieht. Denn er betont zugleich, eine Daueranordnung wie sie in Gestalt der Verpflichtung zur COVID-19-Impfung vorliege, könne bei veränderten Umständen unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft werden. Da die Entscheidung in den vom Soldaten betriebenen Verfahren noch ansteht, kann folglich auf der Grundlage des dann aktuellen Erkenntnisstandes eine erneute Würdigung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen erfolgen. Dass der Soldat dies in Abrede stellt, ändert an der Feststellung des Gerichts nichts.

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dd) Soweit es die Umstände im Zusammenhang mit der Verkündung der Parallelentscheidungen betrifft, legt der Vortrag ebenfalls nicht dar, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Besorgnis der Befangenheit besteht. Der Senat hat dazu mit Beschluss vom 5. Oktober 2022 im Verfahren 1 WB 48.22, in dem dem hiesigen und dortigen Prozess(unter)bevollmächtigten die entsprechenden richterlichen Äußerungen bereits zur Kenntnis gebracht worden sind, befunden (vgl. Rn. 52 ff.):

„Zwar ist nicht zu verkennen, dass die FOCUS-Online-Mitteilung zu Irritationen geführt hat, weil dadurch denkmöglich wurde, dass sich ein Richter des 1. Wehrdienstsenats bereits vor einer abschließenden Abstimmung mit Außenstehenden über den Fall und richterliches Abstimmungsverhalten unterhalten und sich dadurch – oder einen anderen Richter – damit Einflussnahmen ausgesetzt hat. Ob sich diese Denkmöglichkeit bereits nur im Denktheoretischen bewegt, kann offenbleiben; jedenfalls ist sie angesichts der Darlegungen des Soldaten nach Maßgabe der […] dargestellten [Darlegungs-]Anforderungen nicht glaubhaft gemacht worden. Bereits semantisch verdeutlicht sich der weitgehend hypothetische Gehalt des Vortrags exemplarisch an zahlreichen „Falls-„, „Wenn-“ und „Möglicherweise“-Formulierungen (vgl. etwa Seite 4 des Schriftsatzes vom 5. August 2022). Im Einzelnen:

(1) Die der Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber getätigte Aussage von FOCUS-Online, es sei unterlassen worden, die Uhrzeit bei der Ankündigung der Entscheidung der Uhrzeit über die Verkündung der Entscheidung anzupassen, ist plausibel. Selbst wenn es sich jedoch – wie vom Soldaten angenommen – um eine „Schutzbehauptung“ der FOCUS-Online-Redaktion handelte und ihr bereits vor der offiziellen Verkündung Informationen über das Entscheidungsergebnis zugetragen worden wären, würde dies nicht zwingend bedeuten, dass sie von den für befangen erachteten Richtern herrührten. Denn zum einen ist nicht auszuschließen, dass Gerichtsexterne aus rein taktischen Gründen ohne jeglichen tatsächlichen Anhalt eine solche Information an die Presse lanciert haben, um die Justiz zu diskreditieren; zum anderen ließen selbst Informationen aus der Gerichtssphäre keinen Rückschluss auf eine Voreingenommenheit der Richter zu, wenn die Informationen nicht unmittelbar gerade von den über die Anhörungsrüge zu entscheidenden Richtern oder auf deren Hinweis durch andere Gerichtsangehörige übermittelt worden wären. Den dienstlichen Äußerungen der hauptamtlichen Richter, an deren Glaubhaftigkeit zu zweifeln keine Anhaltspunkte bestehen, ist jedoch eindeutig zu entnehmen, dass durch sie keine entsprechenden Informationen übermittelt wurden.

(2) Die Erwägungen des Prozessvertreters des Soldaten zum Stimmverhalten der Richter sind zudem konstruiert, wenn er annimmt, „falls“ am 6. Juli 2022 um 18 Uhr eine Fallkonstellation bestanden hätte, wonach zwei der Richter für und zwei gegen den Erfolg der Wehrbeschwerde hätten stimmen wollen, hätte es ausgereicht, zumindest diesen fünften Richter nach 18 Uhr zu kontaktieren und zu korrumpieren, um das Abstimmungsverhalten im Senat zum Nachteil der Beschwerdeführer manipulieren zu können. Er folgert eine solche Pattsituation aus dem Umstand, dass schon am 6. Juli 2022 verkündet worden wäre, wenn eine Mehrheit für die Ablehnung seiner Beschwerde bestanden hätte. Dabei bringt er mit der relativierenden Formulierung „sicherlich“ zutreffend zum Ausdruck, dass die von ihm gezogene Schlussfolgerung keineswegs „offensichtlich“ zwingend, sondern auch mit anderen Gründen zu erklären ist. Mit der Behauptung „möglicherweise“ seien in der Nacht vom 6. Juli 2022 „ja auch gleich zwei Richter ‚gedreht‘ worden, damit die ‚Impf-Kampagne‘ der Bundesregierung und der Bundeswehr keinen irreparablen Schaden“ erleide, befeuert er unter anhaltsloser Kriminalisierung von Richtern (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Februar 2017 – 2 BvR 240/17 – juris Rn. 5 sowie vom 7. Mai 2020 – 1 BvR 275/20 – juris Rn. 8) zudem Verschwörungstheorien (über kollusives Zusammenwirken von Judikative und Exekutive), die wegen ihrer Realitätsferne die Behauptung gerade nicht glaubhaft werden lassen.“

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6. Der Beschluss ist unanfechtbar.