Beschluss des BVerwG 1. Wehrdienstsenat vom 15.06.2022, AZ 1 WB 48/21

BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 15.06.2022, AZ 1 WB 48/21, ECLI:DE:BVerwG:2022:150622B1WB48.21.0

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt seine Verwendung beim X in T. in Frankreich.

2

Der 1990 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit und Offizier des Truppendienstes. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem … 2024 enden. Am … 2020 wurde er zum Kapitänleutnant befördert und zum 1. Januar 2020 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Er gehört der … an.

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In einem Personalentwicklungsgespräch am 19. Juli 2019 bekundete er Interesse an einer Verwendung als Luftfahrzeugtechnischer Offizier, insbesondere bei den französischen Streitkräften in …, sowie der schnellstmöglichen Ausbildung hierfür. In einem Vermerk vom 24. Juli 2019 über das Gespräch heißt es zu den Planungen der Abteilung III des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr:

„2.3.3. Einer positiven Entscheidung des Abteilungsleiters vorausgesetzt, wird … in Rücksprache mit dem Kdr TGrp des … nach N. versetzt, um in den Verwendungsbereich Luftfahrzeugtechnik eingesteuert zu werden und die Ausbildung zeitnah zu beginnen. Der Soldat wird anschließend in Abstimmung mit … und … eine individuelle Ausbildungsplanung erhalten.

2.3.4. Eine Besetzung des Dienstpostens in Frankreich beim … wird vor dem Hintergrund der französischen Sprachkenntnisse des Soldaten als zielführend bewertet. Dies kommt jedoch erst nach Abschluss der Ausbildung zum Technischen Offizier und Zuerkennung der ATN in Betracht.“

4

In der Folge wurde der Antragsteller zum Y in W. versetzt und absolvierte die Ausbildung zum Technischen Offizier.

5

Mit Vororientierung vom 23. Januar 2020 wurde dem Antragsteller die Versetzung an die Z in B. – der Betreuungsdienststelle für die Auslandsverwendung in Frankreich – in Aussicht gestellt. Mitgeteilt wurde zudem, dass für die künftige Verwendung eine Regierungsbescheinigung erforderlich sei; die Wiederholungsprüfung der Sicherheitsstufe Ü 2 sei hierfür zu veranlassen.

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Mit Verfügung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 23. Januar 2020 (Nr. …) wurde der Antragsteller zur Z. versetzt. Mit weiterer Verfügung vom selben Tage (Nr. …) wurde er von der Z. für den Zeitraum 1. April 2020 bis 31. März 2023 zur Dienstleistung zum X. in T. (Frankreich) kommandiert.

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1. Nachdem sich im Hinblick auf die Überprüfung sicherheitserheblicher Erkenntnisse im Rahmen der Wiederholungsprüfung nach dem SÜG für den Antragsteller die Ausstellung der für die Auslandsverwendung erforderlichen Regierungsbescheinigung verzögerte, wurden am 23. März 2020 die Versetzung zur Z. und am 24. März 2020 die Kommandierung nach T. aufgehoben. Beide Aufhebungsverfügungen wurden dem Antragsteller am 14. April 2020 eröffnet.

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Ebenfalls am 14. April 2020 eröffnet wurde dem Antragsteller die Verfügung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 24. März 2020 (Nr. …), mit der er ab dem 1. April 2020 auf den Dienstposten eines … (DP-ID …) zum Y. in W. versetzt wurde.

9

Nachdem die erweiterte Sicherheitsüberprüfung des Antragstellers ohne Feststellung eines Sicherheitsrisikos abgeschlossen war, beantragte er unter dem 16. Februar 2021 seine Kommandierung zum X. in T. (Frankreich). Durch die Planung und seine Kommandierung zum 1. April 2020 sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, an den er sich bezüglich seiner Familienplanung und seiner weiteren Entwicklung bei den Streitkräften gebunden habe. Die Umsetzung auf seinen aktuellen Dienstposten habe nur der Überbrückung gedient, solange die Durchführbarkeit der Versetzung während der Pandemie und die Erteilung der Regierungsbescheinigung geprüft werde. Nachdem alle Formalien seit Dezember 2020 erledigt seien, sei die Planung ohne Verzug umzusetzen.

10

Der Staffelchef unterstützte den Antrag mit der Maßgabe einer schnellstmöglichen Ersatzgestellung, während der Kommandeur Y. ihn unter Hinweis darauf widersprach, dass die im Rahmen der Auslandsverwendung des Antragstellers gewonnenen Erkenntnisse wegen seines nahen Dienstzeitendes für die … nicht mehr gewinnbringend abgeschöpft werden könnten. In der … bestünden personelle Vakanzen im Bereich der Technischen Offiziere. Darüber hinaus zeichne sich ein zusätzlicher Bedarf ab. Vor diesem Hintergrund empfehle er, die Bedarfsdeckung im Inland höher zu priorisieren als eine Verwendung auf einem „PEP“ Dienstposten im Ausland.

11

Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22. März 2021, dem Antragsteller eröffnet am 26. März 2021, ab. Für die gewünschte Versetzung gebe es derzeit kein dienstliches Bedürfnis. Sie könne wegen der aktuellen Besetzungssituation im gesamten Werdegang … nicht genehmigt werden. Die Bedenken des Kommandeurs Y. würden geteilt. Es sei beabsichtigt, den Antragsteller ab dem 1. Oktober 2021 auf dem Dienstposten ID 30097127 zu verwenden.

12

Mit am 22. April 2021 beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Schreiben vom 31. März 2021 beschwerte sich der Antragsteller gegen den Bescheid vom 22. März 2021, gegen die Aufhebung seiner Kommandierung nach T. und gegen seine Versetzung auf seinen (damals) aktuellen Dienstposten in W. Er habe wegen einer Ermessensreduktion auf Null einen Anspruch auf die Verwendung in Frankreich, jedenfalls aber sei die Ablehnung ermessensfehlerhaft. Ihm sei am 29. Januar 2020 durch den Planungsbescheid diese Verwendung zugesichert worden. An dieser Planung habe der Dienstherr ihm gegenüber telefonisch stets festgehalten, solange das Sicherheitsüberprüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Damit sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Deswegen habe er eine Wohnungsbesichtigungsreise unternommen, ein Wohnobjekt besichtigt und ein Umzugsunternehmen beauftragt. Die Familienplanung und die Berufstätigkeit seiner Ehefrau seien auf seine Verwendungsplanung eingerichtet worden. Wegen der nur vorübergehend geplanten Verwendung in N. habe er nicht eine günstigere langfristig zu mietende Wohnung in S., sondern dort ein jederzeit kündbares Objekt gemietet. Der Vertrauenstatbestand sei nicht durch die Aufhebung der Kommandierung beseitigt worden. Der Widerruf sei nach Maßgabe von § 49 Abs. 2 VwVfG rechtswidrig. Ihn und seine Versetzung nach N. könne er trotz Verstreichen der Monatsfrist anfechten, da notwendige Rechtsbehelfsbelehrungen fehlten. Für die Aufhebung der ursprünglichen Planung wäre ein Korrekturbescheid erforderlich gewesen, der auch konkludent nicht erfolgt sei. Die gegen seine Verwendung in Frankreich vorgebrachten Gründe, insbesondere dass es an hinreichend langer Restdienstzeit zur Abschöpfung seiner in Frankreich erworbenen Kenntnisse fehlen würde, seien sachfremd. Das Bedürfnis, eine Vakanz in N. zu besetzen, könne die für seine geplante Verwendung sprechenden Gründe nicht überwiegen. Der Dienstherr habe bereits nicht dargelegt, wieso plötzlich ein Bedarf entstanden sei und dass er alles Zumutbare für dessen anderweitige Deckung unternommen habe. Nicht dargelegt sei ferner, dass es kein dienstliches Bedürfnis für die Besetzung des Dienstpostens in Frankreich gebe. Nicht berücksichtigt worden sei zudem, dass er durch seinen fünfjährigen Aufenthalt in Frankreich die Voraussetzungen für die bestmögliche Besetzung des Dienstpostens geschaffen habe. Der Ablehnungsbescheid sei auch formell fehlerhaft, da es an einer Anhörung und einer Begründung fehle.

13

Mit Bescheid vom 27. September 2021, dem Antragsteller eröffnet am 18. Oktober 2021, wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde vom 31. März 2021 zurück. Die Beschwerde gegen die Aufhebung der Kommandierung nach T. und gegen die Versetzung nach W. zum 1. April 2022 sei verfristet. Beide Entscheidungen seien dem Antragsteller am 14. April 2020 bekannt gegeben worden. Die Beschwerde sei aber erst am 22. April 2021 beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangen. Als truppendienstliche Erstmaßnahmen bedürften beide Maßnahmen keiner Rechtsbehelfsbelehrung. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Kommandierung nach T. Es gebe ein dienstliches Bedürfnis, den Antragsteller auf dem Dienstposten „…“ (DP-ID …) beim Y. in W. zu verwenden. Dieser sei vakant. Der Antragsteller verfüge über die notwendige Qualifikation. Die Personallage im Werdegang … habe sich 2020 verschlechtert. Nur noch 78 % der Dienstposten seien besetzt. Der Werdegang werde daher in der aktuellen Mangelverwendungsliste geführt. Eine Vakanz des Dienstpostens „…“ (DP-ID …) beim Y. in W. sei zur Sicherstellung des militärischen Auftrages nicht hinnehmbar. Dagegen gebe es kein dienstliches Interesse für die Kommandierung des Antragstellers nach T., da dies die angespannte Personallage im Y. verschärfen und den Dienstbetrieb dort erheblich beeinträchtigen würde. Schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Nr. 206 und Nr. 207 ZDv A-1420/37 seien nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich. Auch sonstige persönliche Gründe im Sinne von Nr. 208 ZDv A-1420/37 gebe es nicht. Der Antragsteller habe keinen Anspruch aus einer Zusicherung. Eine solche sei weder schriftlich noch mündlich erteilt worden. Der Vermerk über das Planungsgespräch vom 24. Juli 2019 und die Vororientierung vom 23. Januar 2020 zeigten nur eine Planung auf und enthielten keine verbindliche Zusage über die weitere Verwendung. Diese ergebe sich auch nicht aus vom Antragsteller vorgelegten elektronischen Schreiben. Auf Zusicherungen in Telefonaten komme es nicht an. Wirksam seien nur schriftliche Zusicherungen. Ein Vertrauenstatbestand liege nicht vor.

14

2. Mit dem Antragsteller am 21. April 2021 eröffneter Verfügung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 23. März 2021 (Nr. …) wurde der Antragsteller zum 1. Oktober 2021 auf den Dienstposten „…“ (DP-ID …) beim Y. in W. versetzt.

15

Mit am 12. Mai 2021 beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Schreiben vom 5. Mai 2021 beschwerte sich der Antragsteller gegen diese Versetzung. Die Verwendung in Frankreich sei ihm durch die Vororientierung und die Kommandierungs- und Versetzungsverfügungen vom 23. Januar 2020 schriftlich und damit verbindlich zugesichert worden.

16

Mit Bescheid vom 28. September 2021, dem Antragsteller zugestellt am 8. Oktober 2021, wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde vom 5. Mai 2021 zurück. Die Versetzung sei rechtmäßig. Die Anhörung sei ebenso wie die Anhörung der Vertrauensperson im Beschwerdeverfahren nachgeholt worden. Für die Versetzung bestehe ein dienstliches Bedürfnis. Der Dienstposten sei vakant und der Antragsteller für ihn geeignet. 2020 habe sich die Personallage im Werdegang … verschlechtert. Eine Vakanz des Dienstpostens sei zur Sicherstellung des militärischen Auftrages nicht hinnehmbar. Schwerwiegende persönliche oder anderweitige Gründe stünden der Versetzung nicht entgegen. Von ihr sei auch nicht wegen einer Zusicherung abzusehen. Eine solche sei dem Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch vom 24. Juli 2019, der Vororientierung vom 23. Januar 2020 und den vorgelegten E-Mails vom 19. März 2020 und vom 12. Mai 2020 nicht zu entnehmen. Wegen des Schriftformerfordernisses komme es auf Telefonate nicht an. Als truppendienstliche Erstmaßnahme bedürfe die Versetzung keiner Rechtsbehelfsbelehrung.

17

3. Unter dem 20. August 2021 hat der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 16. November 2021 dem Senat vorgelegt.

18

Der Antragsteller wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus den Beschwerdeverfahren. Insbesondere macht er geltend, wegen einer verbindlichen Zusicherung Anspruch auf die begehrte Auslandsverwendung zu haben. Die Vororientierung genüge dem Schriftformerfordernis des § 38 Abs. 1 VwVfG. Eine Selbstverpflichtung des Dienstherrn ergebe sich aus den zur Ausbildung für diese Verwendung erforderlichen Kommandierungen und der Versetzung zum Y. zu Ausbildungszwecken. Sie sei auch dem Vermerk vom 24. Juli 2019 über das Personalgespräch zu entnehmen. Mit der Bekanntgabe der Versetzung zur Z. und der Abordnung nach Frankreich, jedenfalls aber sobald die Voraussetzungen für die Erteilung einer Regierungsbescheinigung vorgelegen hätten, sei die Zusicherung bindend geworden. Sie sei nicht wirksam zurückgenommen oder widerrufen worden. Der Dienstposten in Frankreich sei vakant. Die französische Marine habe Besetzungsbedarf. Daher sei die zugesicherte Kommandierung möglich. Ihm könnten die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung der Kommandierungsdauer und sein Dienstzeitende nicht entgegengehalten werden. Von der Verpflichtung zur Vornahme der zugesicherten Kommandierung könne sich der Dienstherr nicht nach § 38 Abs. 3 VwVfG lösen. Diese Norm verdränge die allgemeinen Regeln der §§ 48, 49 VwVfG. Daher sei die Bindungswirkung nicht durch die Aufhebungsverfügungen vom 23. März 2021 entfallen, die zudem nicht die Zusicherung in Gestalt der Vororientierung aufgehoben hätten. § 38 Abs. 3 VwVfG verlange nach dem allgemeinen Rechtsgedanken, der in § 313 BGB spezialgesetzlich ausgeformt sei, kumulativ ein reales, ein hypothetisches und ein normatives Element. An diesen Elementen fehle es hier aber. Der Beschwerdebescheid, für den das Bundesministerium der Verteidigung wegen des Devolutiveffektes nicht mehr zuständig gewesen sei, und seine Stellungnahme seien methodisch zu beanstanden. Für die Besetzung seines aktuellen Dienstpostens hätten Alternativen geprüft werden müssen, etwa die Verlängerung des früheren Inhabers. Er sei auch nicht der einzige Soldat, der für die Besetzung infrage komme. Aus dem Bedürfnis, den inländischen Dienstposten zu besetzen, folge nicht, dass eine Zusicherung für den ausländischen Dienstposten nicht erteilt sei. Die Personallage habe sich nicht drastisch verschlechtert. Im Vergleich mit einer echten Mangelverwendung sei die Besetzungsquote herausragend. Auch durch die Besetzung des ausländischen Dienstpostens werde im Übrigen ein Bedarf im Werdegang … gedeckt. Seinem Beschwerdevorbringen sei zu entnehmen, dass er sich auch gegen die Aufhebung der Versetzung zur Z. habe wehren wollen. Die Beschwerden gegen die Aufhebungsverfügungen seien nicht verfristet, weil Rechtsbehelfsbelehrungen fehlten. Diese seien erforderlich, weil er Nachfolgeverfügungen und damit keine Erstmaßnahmen angegriffen habe. Seine Beschwerde gegen den Bescheid vom „3. Mai 2021“ richte sich gegen den Bescheid vom 22. März 2021, was durch Nachfrage hätte geklärt werden können. Verfahrensentscheidende Unterlagen seien nicht vorgelegt worden. Die lange Verfahrensdauer verletze rechtsstaatliche Vorgaben. Die Versetzung auf seinen aktuellen Dienstposten beruhe auf sachfremden Erwägungen, die durch das widersprüchliche Vorbringen des Bundesministeriums der Verteidigung im gerichtlichen Verfahren deutlich würden. Seinen Vortrag bekräftige das vom Bundesministerium der Verteidigung in Bezug genommene Gespräch zwischen Fregattenkapitän S. und Kapitänleutnant St. vom 17. Dezember 2020. Erster blockiere seine Versetzung nach Frankreich und wolle ihn wegen seiner Leistungsstärke in N. behalten. Sollte die Hauptsache erledigt sein, werde hilfsweise analog § 113 Abs. 4 VwGO die Feststellung begehrt, dass die Versagung der beantragten Kommandierung rechtswidrig gewesen sei. Er habe ein Rehabilitationsinteresse, nicht als Querulant zu gelten. Sein Wiederholungsinteresse ergebe sich daraus, ein Entwerten von Zusicherungen zu verhindern. Zudem seien seine Grundrechte schwer verletzt. Er werde außerdem wegen seiner Mehraufwendungen zur Vorbereitung eines Umzuges nach Frankreich und entgangener Auslandsdienstbezüge einen Amtshaftungsprozess führen.

19

Der Antragsteller beantragt,

die Aufhebungsverfügung BAPersBw Nr. … vom 23. März 2020, die Aufhebungsverfügung BAPersBw Nr. … vom 24. März 2020, den Bescheid BAPersBw Abt. III 3.3 vom 3. Mai 2021 und die Versetzungsverfügung BAPersBw Nr. … vom 23. März 2021 aufzuheben,

das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr Abteilung III zu verpflichten, den Antragsteller auf den Dienstposten ID … bis mindestens 31. März 2023 zu kommandieren,

hilfsweise hierüber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats ermessensfehlerfrei zu entscheiden,

hilfsweise festzustellen, dass das Unterlassen der Kommandierung auf den Dienstposten ID … rechtswidrig war.

20

Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

21

Für die Aufhebung des Aufhebungsbescheides zur Versetzung zur Z. gebe es kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller habe hiergegen keine Beschwerde eingelegt. Einen Bescheid vom 3. Mai 2021 gebe es nicht, sodass es auch für dessen Aufhebung kein Rechtsschutzbedürfnis gebe. Dem zweiten Hilfsantrag fehle das Feststellungsinteresse. Aus den in den Beschwerdebescheiden erläuterten Gründen habe der Antragsteller keinen Anspruch auf die beantragte Kommandierung nach Frankreich. Dieser folge insbesondere nicht aus einer Zusicherung oder Vertrauensschutz. Die Beschwerde gegen die Aufhebung der Kommandierung dorthin sei verfristet. Aus den im Beschwerdebescheid erläuterten Gründen sei die Versetzung rechtmäßig. Ihr stünden insbesondere weder eine Zusicherung noch Vertrauensschutz entgegen.

22

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

23

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

24

1. Der Antragsteller hat konkrete Anträge formuliert. Diese sind im Lichte seines Sachvortrages so auszulegen, dass seinem Begehren nach einer gerichtlichen Prüfung in der Sache möglichst umfangreich Rechnung getragen werden kann (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO).

25

Hiernach verfolgt er seinen Antrag vom 16. Februar 2021, zum frühestmöglichen Zeitpunkt bis Ende März 2023 zum X. in T. kommandiert zu werden, weiter. Um diese Verwendung erreichen zu können, ist – wie sich aus den aufgehobenen Verfügungen vom 23. Januar 2020 ergibt – eine Versetzung zur Z. als inländische Betreuungsdienststelle und die Kommandierung nach Frankreich erforderlich. Dieses Ziel kann er sowohl durch eine Aufhebung der entsprechenden Aufhebungsverfügungen als auch durch eine Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung zum Neuerlass der aufgehobenen Versetzungs- und Kommandierungsverfügungen bzw. zu einer ermessensfehlerfreien Neubescheidung seines Antrages erreichen. Daher ist sein Antrag alternativ auf die Aufhebung der Aufhebungsverfügungen und auf die Verpflichtung zu antragsgemäßer Kommandierung nach Frankreich (und Versetzung zur Z.), hilfsweise zur Neubescheidung eines entsprechenden Antrages gerichtet zu verstehen. Weiter hilfsweise für den Fall einer Erledigung begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass er einen Anspruch auf Kommandierung nach Frankreich (und Versetzung zur Z.) gehabt habe.

26

Zusätzlich wendet sich der Antragsteller gegen seine – anstelle der angestrebten Verwendung in Frankreich angeordnete – Verwendung beim Y. in W. und ficht sowohl die Versetzung dorthin zum 1. April 2020 als auch die Versetzung auf seinen aktuellen Dienstposten zum 1. Oktober 2021 an.

27

2. Soweit der Antrag sich gegen die Aufhebungsverfügungen vom 23. März 2020 und vom 24. März 2020 wendet, steht seinem Erfolg die Bestandskraft der entsprechenden Verfügungen entgegen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Antragsteller gegen die Aufhebungsverfügung vom 23. März 2020 überhaupt Beschwerde eingelegt hat, was das Bundesministerium der Verteidigung bestreitet. Der Antragsteller trägt vor, dass seine Beschwerde vom 31. März 2021 sich ihrem Inhalt nach auch gegen diese Aufhebungsverfügung richtet. Selbst wenn dies zutrifft, ist die Beschwerde aber in Bezug auf beide Aufhebungsverfügungen verfristet.

28

a) Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (BVerwG, Beschluss vom 27. November 2014 – 1 WB 61.13 – Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn. 32 m. w. N.). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt nur, wenn für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 – 1 WB 43.12 – Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 30).

29

b) Kenntnis vom Beschwerdeanlass hatte der Antragsteller durch die Eröffnung der Aufhebungsbescheide am 14. April 2020. Die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde lief damit am 15. April 2020 an und endete gemäß § 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB (ebenso über § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB) mit Ablauf des 14. Mai 2020 (Donnerstag). Die Frist ist mit dem am 31. März 2021 abgefassten und am 22. April 2021 beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangenen Rechtsbehelf nicht gewahrt.

30

c) Der Fristablauf wurde nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 WBO als unabwendbarer Zufall zu werten sind.

31

Es liegt kein Fall des § 7 Abs. 2 WBO vor. Die Bescheide bedurften als truppendienstliche Erstmaßnahmen, gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Regelungen über die Beschwerdeeinlegung als jedem Soldaten bekannt vorausgesetzt werden können (BVerwG, Beschlüsse vom 6. Oktober 2015 – 1 WDS-VR 1.15 – Buchholz 449 § 3 SG Nr. 80 Rn. 39 m. w. N., vom 1. März 2018 – 1 WB 27.17 – Buchholz 11 Art. 6 GG Nr. 189 Rn. 22 und vom 21. November 2019 – 1 WB 16.19 – juris Rn. 22). Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers handelt es sich auch bei Aufhebungsbescheiden um truppendienstliche Erstmaßnahmen in diesem Sinne. Es kommt nicht darauf an, ob die Ausgangsbehörde das erste Mal in der Sache entscheidet. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist dann nicht erforderlich, wenn sie nicht von einer Rechtsvorschrift gefordert ist (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 4 WBO) und die Beschwerde – wie hier – der statthafte Rechtsbehelf ist.

32

Ein Fristmangel ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil die Beschwerdestelle dessen ungeachtet in der Sache entschieden hätte (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2019 – 1 WB 40.18 – juris Rn. 12). Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Beschwerde insofern als unzulässig zurückgewiesen und damit keine Sachentscheidung getroffen.

33

3. Soweit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung seinen Anspruch auf eine Verwendung beim X. in Frankreich betrifft, ist er zulässig, aber unbegründet.

34

Der Antragsteller kann nicht verlangen, zur Z. in B. als inländische Betreuungsdienststelle versetzt und von dort aus nach Frankreich kommandiert zu werden. Der Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 22. März 2021 und der Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 27. September 2021 lehnen seinen entsprechenden Antrag im Ergebnis rechtsfehlerfrei ab und verletzen die Rechte des Antragstellers daher nicht. Das Bundesministerium der Verteidigung ist auch nicht verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag auf eine Verwendung in Frankreich zu entscheiden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).

35

a) Ein Anspruch des Antragstellers folgt nicht aus einer Zusicherung im Sinne von § 38 VwVfG oder aus sonstigen Vertrauensschutzaspekten.

36

aa) Eine bindende Zusicherung liegt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann vor, wenn eine zur Überzeugung des Gerichts feststehende eindeutige und auf ein bestimmtes Verhalten gerichtete Erklärung mit Bindungswillen von einem Vorgesetzten abgegeben worden ist oder wird, der zu dieser Erklärung aufgrund der Handlungszuständigkeit seiner Dienststelle und seiner eigenen Stellung in dieser Dienststelle rechtlich befugt ist. Die Zusicherung muss entweder von einer Dienststelle der Bundeswehr oder von einem bestimmten (militärischen) Vorgesetzten erklärt werden, der bzw. dem auch die Entscheidungskompetenz in der Sache zugewiesen ist (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom 22. März 1995 – 1 WB 81.94 – BVerwGE 103, 219 <220>, vom 30. September 2008 – 1 WB 31.08 – Rn. 36 m. w. N., vom 1. März 2018 – 1 WB 38.17 – Buchholz 316 § 38 VwVfG Nr. 23 Rn. 29 und vom 21. März 2019 – 1 WB 21.18 – juris Rn. 25 m. w. N.).

Zusicherungen, die sich auf truppendienstliche Verwendungs- und Personalmaßnahmen der Bundeswehr beziehen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nach § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG der Schriftform (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 2018 – 1 WB 38.17 – Buchholz 316 § 38 VwVfG Nr. 23 Rn. 34 f.). Im Übrigen entfaltet die Mitteilung einer bloßen Planungsabsicht keine rechtliche Bindungswirkung. Äußerungen dieser Art unterscheiden sich von rechtsverbindlichen Zusagen gerade dadurch, dass ihnen erkennbar kein Selbstbindungswille zugrunde liegt (BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2002 – 1 WB 19.02 – Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 28 S. 18).

37

bb) Hiernach liegt weder im Vermerk vom 24. Juli 2019 über das Personalgespräch vom 19. Juli 2019 noch in der Vororientierung vom 23. Januar 2020 eine verbindliche Zusicherung. Es kommt daher auch nicht darauf an, unter welchen Voraussetzungen eine Zusicherung zurückgenommen werden kann und ob die entsprechenden Voraussetzungen vorgelegen haben.

38

(1) Der „Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch“ ist zwar schriftlich niedergelegt und dem Antragsteller bekannt gegeben worden. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers handelt es sich aber lediglich um die Mitteilung von Planungsabsichten und nicht bereits um eine Zusicherung bestimmter künftiger Verwendungen. Eine Verwendung des Antragstellers in Frankreich wird in dem Vermerk unter der Überschrift „Planungen BAPersBw III“ erörtert. Bereits diese Überschrift spricht gegen die Bekanntgabe einer rechtsverbindlichen Zusage. Unter dem Punkt 2.3.4. ist zudem nur die Rede davon, dass eine Besetzung des fraglichen Dienstpostens durch den Antragsteller als zielführend bewertet wird. Hingewiesen wird zudem darauf, dass die Weiterverfolgung der geäußerten Planungsabsicht vom Erfolg einer zum Zeitpunkt des Vermerks ebenfalls noch im Planungsstadium befindlichen Ausbildung abhängig ist. Aus der (positiven) Bewertung einer künftig möglichen Verwendung und dem Hinweis auf zuvor noch zu erreichende Ausbildungserfolge ist nicht zu entnehmen, dass sich die Planungsabsichten bereits in diesem frühen Stadium zu einer verbindlichen Zusage verdichtet haben könnten.

39

(2) Nichts anderes gilt für die Vororientierung vom 23. Januar 2021. Aus dieser kann der Antragsteller keinen Anspruch auf eine entsprechende Versetzung ableiten, weil es sich bei einem entsprechenden Schreiben typischerweise lediglich um die informatorische Mitteilung einer Planungsabsicht handelt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. März 2019 – 1 WB 37.18 – Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 105 Rn. 14 m. w. N.). Da die Vororientierung keine dienstliche Maßnahme darstellt, unterliegt ihre Änderung nicht den Schranken der §§ 48 ff. VwVfG (BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 2020 – 1 WDS-VR 15.20 – Buchholz 449 § 3 SG Nr. 110 Rn. 28). Dass es sich lediglich um eine Planungsabsicht handelt, ist dem Wortlaut des Schreibens ebenso deutlich wie dem Vermerk über das Personalgespräch zu entnehmen, weist der Betreff doch bereits auf „eine geplante personelle Veränderung hin“. Die Mitteilung wird mit den Worten „Es ist beabsichtigt, (…)“ eingeleitet. Die Vororientierung ist ein häufig verwendetes Personalführungsinstrument, das in der bloßen Information über Planungen besteht.

40

(3) Unerheblich ist, dass unter dem 23. Januar 202o die Versetzung zur Z. und die Kommandierung nach Frankreich bereits verbindlich ausgesprochen wurden. Diese Verfügungen wurden unter dem 23. März 2020 und dem 24. März 2020 bestandskräftig wieder aufgehoben und haben damit keine Wirksamkeit mehr. Wie ausgeführt, hat der Antragsteller die Aufhebungsverfügungen nicht fristgerecht angefochten.

41

(4) Eine Zusicherung der erstrebten Auslandsverwendung ergibt sich auch nicht aus den vom Antragsteller mit der Beschwerde in Bezug genommenen E-Mails des Marinekommandos vom 19. März 2020 und vom 12. Mai 2020. Unabhängig von der fehlenden Schriftform ist den Ausführungen nicht zu entnehmen, dass dem Antragsteller eine konkrete Auslandsverwendung zugesagt werden soll.

42

b) Über die Verwendung des Antragstellers beim X. in T. ist durch den Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 22. März 2021 und den Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 27. September 2021 ermessensfehlerfrei entschieden. Der Antragsteller hat daher keinen Anspruch auf Aufhebung dieser Bescheide und Neubescheidung seines Antrages nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats.

43

Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2002 – 1 WB 30.02 – Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m. w. N. und vom 14. Dezember 2017 – 1 WB 42.16 – juris Rn. 32). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind, wie sie sich hier insbesondere aus der seit 15. Juni 2020 geltenden Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1420/37 ergeben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2003 – 1 WB 57.02 – BVerwGE 118, 25 <27> und vom 14. Dezember 2017 – 1 WB 42.16 – juris Rn. 32).

44

c) Der Antragsteller hat hiernach keinen Anspruch auf die begehrte Verwendung. Diese ist vielmehr ermessensfehlerfrei abgelehnt worden.

45

aa) Nr. 204 Buchst. b ZDv A-1420/37 sieht vor, dass Soldaten versetzt werden können, wenn die Versetzung von ihnen beantragt wird und diese mit dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen ist. Nach Nr. 206 ZDv A-1420/37 können Soldaten auf ihren Antrag hin versetzt werden, wenn schwerwiegende persönliche Gründe vorliegen und vorrangige dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Gemäß Nr. 207 Buchst. a ZDv A-1420/37 können schwerwiegende persönliche Gründe unter anderem darin liegen, dass eine Versetzung aufgrund eines militärärztlichen Gutachtens wegen des Gesundheitszustands eines mit dem Soldaten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Angehörigen notwendig wird. Nr. 208 ZDv A-1420/37 erlaubt die Versetzung von Soldaten auf deren Antrag hin, wenn andere Gründe vorliegen, die der Person des Soldaten oder seinen privaten Lebensumständen zugerechnet werden müssen und die Versetzung mit den dienstlichen Belangen in Einklang gebracht werden kann.

46

bb) Hiernach ist der Antrag mit Recht abgelehnt worden, weil das dienstliche Interesse an der inländischen Verwendung des Antragstellers beim Y. rechtsfehlerfrei als seinem Interesse an der Verwendung in Frankreich entgegenstehender dienstlicher Belang gewertet worden ist.

47

Ein schwerwiegender persönlicher Grund im Sinne von Nr. 206, 207 ZDv A-1420/37 liegt im privaten Interesse des Antragstellers, den ausländischen Dienstposten auszufüllen, der im Rahmen seiner Verwendungsplanung angestrebt und für den er auch ausgebildet wurde, nicht. Gleichwohl ist sein Vertrauen auf die Beständigkeit der entsprechenden Planung seiner personalführenden Stelle und sein nachvollziehbares Interesse, sich auf dem seine Fähigkeiten in besonderer Weise fordernden Dienstposten beweisen zu können, als sonstiger Belang in seiner Person im Sinne von Nr. 208 ZDv A-1420/37 schützenswert und vom Dienstherrn bei der Entscheidung über seinen Antrag zu berücksichtigen. Jedenfalls der Beschwerdebescheid weist aus, dass dies auch geschehen ist. Der Dienstherr durfte das dienstliche Interesse an seiner inländischen Verwendung höher gewichten als das private Interesse des Antragstellers an der beantragten Auslandsverwendung und den Versetzungsantrag daher wegen der Bedarfssituation im Bereich … ablehnen.

48

Bei der Annahme des dienstlichen Interesses kommt es im Ausgangspunkt auf die Einschätzung des Dienstherrn, nicht auf die des Antragstellers an (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2017 – 1 WDS-VR 8.16 – juris Rn. 28 und vom 7. Juni 2018 – 1 WB 32.17 – Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 100 Rn. 28). Ebenso wenig ist das Gericht befugt, sich über die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle hinaus an die Stelle der Personalführung zu setzen (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2020 – 1 WB 7.20 – juris Rn. 20 und vom 6. Mai 2021 – 1 WB 31.20 – juris Rn. 37).

49

Seinen Einschätzungsspielraum bei Erwägungen militärfachlicher Zweckmäßigkeit hat der Dienstherr vorliegend nicht überschritten. Vielmehr ist das dienstliche Interesse an der inländischen Verwendung des Antragstellers sachlich und nachvollziehbar begründet. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr hat sich die Einschätzung des Kommandeurs Y. zu eigen gemacht, dass sich in seinem Bereich personelle Vakanzen im Bereich Technischer Offiziere und zusätzlicher Bedarf abzeichneten und ist daher seiner Empfehlung gefolgt, die Bedarfsdeckung im Inland höher zu priorisieren als die Besetzung ausländischer Dienstposten. Das Bundesministerium der Verteidigung hat unter Vorlage der Stellungnahme des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 29. April 2021 erläutert, dass Grund für die Verwendung des Antragstellers in W. und nicht in Frankreich die sich verschlechternde Besetzungslage im Bereich der … und ein sich abzeichnendes Defizit an Technischen Offizieren dieser Ausbildung ist. Dass eine Vakanz gerade des in Rede stehenden Dienstpostens in einer Mangelverwendung nicht hingenommen werden kann, ist eine in den Einschätzungsspielraum des Dienstherrn fallende Frage militärischer Zweckmäßigkeit. Die Überschreitung dieses Spielraumes hat der Antragsteller nicht dadurch aufgezeigt, dass er auf die Zugehörigkeit des von ihm angestrebten Auslandsdienstpostens zum Bereich der … verweist. Ob die französischen Streitkräfte Bedarf an Technischen Offizieren haben, ist für die Verwendungsentscheidung nicht ausschlaggebend. Denn der deutsche Dienstherr muss den Personalbedarf verbündeter Streitkräfte nicht über die Deckung des eigenen Bedarfs stellen. Das dienstliche Interesse des Dienstherrn an der Auslandsverwendung des Antragstellers besteht in den durch den Antragsteller dort zu erwerbenden Kenntnissen und Kontakten, die für die Kooperation mit den verbündeten Streitkräften nutzbar sind. Dieses Interesse konnte im Hinblick auf die beschränkte Restdienstzeit des Antragstellers ermessensfehlerfrei hinter dem Interesse an der Deckung inländischen Bedarfs an Technischen Offizieren zurückgestellt werden. Auch die Frage, welche Besetzung mehrerer vakanter Dienstposten derselben Mangelverwendung Priorität hat, ist eine Frage militärischer Zweckmäßigkeit. Ob eine Vakanz des Inlands- oder des Auslandsdienstpostens aus militärfachlicher Sicht vorzuziehen ist, unterliegt der Einschätzung des Dienstherrn und nicht des Senats oder des Antragstellers.

50

Der Dienstherr entscheidet auch im Rahmen seines weiten personalwirtschaftlichen Ermessens darüber, welcher von mehreren geeigneten Soldaten den Dienstposten besetzt. Den auch hier bestehenden militärfachlichen Einschätzungsspielraum verkennt der Einwand des Antragstellers, der Dienstherr habe nicht geprüft, ob nicht andere Soldaten auf dem inländischen Dienstposten eingesetzt werden können. Das dienstliche Interesse an einer inländischen Verwendung des Antragstellers entfällt nicht dadurch, dass auch andere Soldaten einen konkreten Dienstposten besetzen können. Der Dienstherr darf den Antrag auf die begehrte Auslandsverwendung nicht erst dann ablehnen, wenn er aufzeigt, dass keine andere Besetzung des inländischen Dienstpostens möglich ist.

51

Die Ablehnung der beantragten Auslandsverwendung war entgegen der Einschätzung des Antragstellers auch nicht deshalb sachwidrig, weil damit der Einschätzung von Fregattenkapitän S., die Fähigkeiten des Antragstellers könnten in der inländischen Verwendung gewinnbringender genutzt werden, Rechnung getragen wurde. Der Dienstherr entscheidet im Rahmen seines hier nicht überschrittenen personalwirtschaftlichen Ermessens, wo er die durch die Ausbildung vermittelten Fähigkeiten eines Soldaten optimal verwendet sieht.

52

4. Der hilfsweise formulierte Feststellungsantrag ist unzulässig. Es fehlt bereits an der Erledigung des Verpflichtungsbegehrens als Voraussetzung für die Umstellung des Antrages in einen Feststellungsantrag.

53

5. Soweit sich der Antrag gegen die Versetzungen zum Y. in W. richtet, ist er zum Teil unzulässig und zum Teil unbegründet.

54

a) Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich auf die Versetzung zum 1. April 2020 bezieht.

55

Aus den oben zu den Aufhebungsverfügungen angeführten Gründen steht einem Erfolg des Antrages auf gerichtliche Entscheidung bereits die Bestandskraft dieser Versetzungsverfügung entgegen. Sie ist dem Antragsteller am 14. April 2020 eröffnet worden, sodass auch insoweit die Monatsfrist für eine Beschwerde mit dem 15. Mai 2020 endete und durch die Beschwerde vom 31. März 2021 nicht gewahrt ist. Wie ausgeführt liegt kein Fall des § 7 Abs. 2 WBO vor. Die Versetzung bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme, gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Regelungen über die Beschwerdeeinlegung als jedem Soldaten bekannt vorausgesetzt werden können.

56

b) Soweit sich der Anfechtungsantrag gegen die Versetzung zum 1. Oktober 2021 richtet, ist er zulässig, aber unbegründet. Die Versetzungsverfügung vom 23. März 2021 und der – hier zu berücksichtigende (vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 31. Januar 2018 – 1 WB 42.17 und 1 WB 43.17 – juris Rn. 29 und vom 21. März 2019 – 1 WB 21.18 – juris Rn. 19) – Beschwerdebescheid vom 28. September 2021 sind rechtlich nicht zu beanstanden und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

57

aa) Die Versetzungsverfügung ist nicht aus formellen Gründen aufzuheben.

58

(1) Die unstreitig zunächst unterbliebene Anhörung wurde im Beschwerdeverfahren wirksam nachgeholt, in dem sich der Antragsteller zu den seiner Auffassung nach der Versetzung entgegenstehenden Gründen äußern konnte (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG). Im Beschwerdebescheid wurde auch die Begründung für die Versetzung nachträglich erteilt (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 VwVfG).

59

(2) Die ebenfalls unterbliebene Anhörung der Vertrauensperson zu der Versetzung des Antragstellers wurde, was grundsätzlich zulässig ist (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2005 – 1 WB 60.04 – Buchholz 252 § 20 SBG Nr. 1 S. 3 f. und vom 11. Januar 2007 – 1 WDS-VR 7.06 – Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 4 Rn. 27), am 5. Juli 2021 nachgeholt. Die Stellungnahme der Vertrauensperson wurde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens bei der Prüfung der in Rede stehenden Personalentscheidung berücksichtigt (§§ 21, 24 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 SBG).

60

bb) Die Versetzungsverfügung ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

61

(1) Nach Nr. 204 Buchst. a ZDv A-1420/37 können Soldaten versetzt werden, wenn ein dienstliches Erfordernis besteht. Ein dienstliches Erfordernis für eine Versetzung kann sich daraus ergeben, dass ein freier Dienstposten zu besetzen ist (Nr. 205 Buchst. a ZDv A-1420/37). Wie oben ausgeführt kommt es für die Annahme eines dienstlichen Interesses auf die Einschätzung des Dienstherrn an.

62

(2) Hiernach ist die Annahme eines dienstlichen Erfordernisses für die angefochtene Versetzung nicht zu beanstanden. Der in Rede stehende Dienstposten war frei. Seine Dotierung nach der Besoldungsgruppe A 9g – A 11 entspricht Dienstgrad und Planstelleneinweisung des Antragstellers. Dieser ist nach seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten auch unstreitig für den Dienstposten geeignet.

63

(3) Die angegriffene Versetzung ist ermessensfehlerfrei. Insbesondere ist das private Interesse des Antragstellers an einer Verwendung in Frankreich und der Schutz seines Vertrauens auf entsprechende Planungen des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr in die Entscheidung einbezogen aber – wie ausgeführt – ohne Überschreitung des Ermessensspielraumes des Dienstherrn hinter dem dienstlichen Interesse an der Besetzung des freien Dienstpostens beim Y. zurückgestellt worden. Entgegen der Einschätzung des Antragstellers beruht dies wie oben erläutert nicht auf sachwidrigen Erwägungen. Wie ebenfalls oben ausgeführt steht eine verbindliche Zusicherung oder der Schutz des Vertrauens des Antragstellers auf den Fortbestand entsprechender Verwendungsplanungen der Versetzung nicht entgegen. Die Versetzung des Antragstellers auf den in Rede stehenden Dienstposten ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil auch ein anderer Soldat diesen Dienstposten hätte ausfüllen können. Der Dienstherr entscheidet im Rahmen seines weiten und hier nicht überschrittenen personalwirtschaftlichen Einschätzungsspielraumes, mit welchem von mehreren geeigneten Soldaten er einen offenen Dienstposten durch Querversetzung besetzen will.