Beschluss des BVerwG 3. Senat vom 18.07.2022, AZ 3 B 39/21

BVerwG 3. Senat, Beschluss vom 18.07.2022, AZ 3 B 39/21, ECLI:DE:BVerwG:2022:180722B3B39.21.0

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 20. Mai 2021, Az: 3 LB 7/15, Urteil
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, 30. September 2014, Az: 1 A 234/11, Urteil

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 11 150,76 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin wendet sich in verschiedenen Verfahren gegen die Höhe der vom beklagten Kreis Nordfriesland festgesetzten Gebühren für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen und begehrt deren Herabsetzung auf die nach EU-Recht vorgesehenen Mindestgebühren. Das vorliegende Verfahren betrifft den Zeitraum der 20. bis 23. KW 2011.

2

Die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen in der Zeit vom 16. Mai bis 10. Juni 2011 (für insgesamt 7 588 Rinder und 2 872 Schafe) setzte der Beklagte ursprünglich mit 4 jeweils auf eine Kalenderwoche bezogenen Bescheiden (vom 23. Mai 2011, 30. Mai 2011, 6. Juni 2011 und 14. Juni 2011) fest. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies er mit Widerspruchsbescheiden vom 27. Juni 2011 (bezogen auf die 20. bis 22. KW 2011) und 29. Juni 2011 (für die 23. KW 2011) zurück.

3

Durch gesonderte, ebenfalls jeweils auf eine Kalenderwoche bezogene Bescheide setzte der Beklagte darüber hinaus die Gebühren für die BSE-Probeentnahmen und BSE-Untersuchungen fest. Hiergegen eingelegte Rechtsmittel nahm die Klägerin später zurück. Mit jeweils monatsbezogenen Gebührenbescheiden setzte der Beklagte überdies die Gebühren für die Zerlegungsüberwachung fest.

4

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat die Gebühren- und Widerspruchsbescheide hinsichtlich der Festsetzung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühren durch Urteil vom 30. September 2014 aufgehoben, soweit darin ein höherer Betrag als 5,00 € pro Rind festgesetzt worden ist. Durch Berichtigungsbeschluss vom 17. Februar 2015 hat es die Urteilsformel dahin ergänzt, dass die Bescheide auch insoweit aufgehoben werden, als ein höherer Betrag als 0,25 € pro Schaf festgesetzt worden ist. Der Beklagte habe den ihm vom Landeslabor Schleswig-Holstein für die Rückstandsüberwachung in Rechnung gestellten Betrag zu Unrecht bei der Gebührenkalkulation angesetzt.

5

Im laufenden Berufungsverfahren hat der Beklagte die Gebührenbescheide für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, BSE-Probeentnahmen und BSE-Untersuchungen sowie Zerlegungsüberwachung für den Zeitraum vom 16. Mai bis 10. Juni (20. bis 23. KW) 2011 geändert und durch Änderungsbescheid vom 14. Mai 2021 eine einheitliche Gebühr von 72 052,63 € für diesen Zeitraum festgesetzt. Der Bescheid enthielt eine Aufstellung, in der die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, BSE-Probeentnahmen und BSE-Untersuchungen sowie die Zerlegungsüberwachung aufgelistet und zu einem Gesamtbetrag addiert sind. Der Bescheid war mit dem Hinweis versehen, dass eine erneute Zahlung des Betrages nicht erforderlich sei, da die Gebühren auf die ursprünglich gesondert erlassenen Bescheide bereits gezahlt worden seien. Schließlich ist ausgeführt, dass der Bescheid auf dem von der Klägerin im anhängigen Gerichtsverfahren verfolgten Anliegen beruhe, nur mit zeitabschnittsweise einheitlichen Gebührenbescheiden belastet zu werden. Da diesem Anliegen mit dem Bescheid entsprochen werde, sehe der Beklagte von einer vorherigen Anhörung ab.

6

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 20. Mai 2021 zurückgewiesen. Die angefochtenen Ausgangsbescheide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. und 29. Juni 2011 seien rechtswidrig, weil entgegen Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht für alle gleichzeitig durchgeführten amtlichen Kontrollen eine einzige Gebühr in Rechnung gestellt worden sei. Der unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht ergangene Änderungsbescheid des Beklagten habe diesen Mangel nicht beseitigt. Er sei vielmehr bereits formell rechtswidrig, weil er keine Begründung enthalte und dies weder nachgeholt worden noch unbeachtlich sei. Die festgesetzte Schlachttier- und Untersuchungsgebühr erweise sich auch in materieller Hinsicht als fehlerhaft, weil Kosten in die Kalkulation eingeflossen seien, die nicht untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbunden seien.

II

7

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten hat weder den in Anspruch genommenen Zulassungsgrund der Divergenz (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch denjenigen einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtssache dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

8

In dem der Auseinandersetzung zugrundeliegende Leitverfahren – BVerwG 3 B 37.21 – für den Zeitraum vom 25. bis 29. Mai 2009 hat der erkennende Senat ausgeführt:

„1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.

a) Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht. Das Revisionszulassungsrecht kennt – anders als die Vorschriften zur Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) – den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2019 – 3 B 28.18 – juris Rn. 6 m. w. N.).

b) Die von der Beschwerde behauptete Divergenz zu den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 – 3 C 20.11 – (Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 31) und vom 3. September 2020 – 3 C 4.20 – (Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 37) liegt nicht vor.

In dem bezeichneten Urteil vom 26. April 2012 – 3 C 20.11 – findet sich nicht nur die von der Beschwerde zitierte Aussage, dass allgemeine Verwaltungskosten bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden können; vielmehr ist dort auch mehrfach klargestellt, dass nur solche allgemeinen Verwaltungskosten ansatzfähig sind, ‚die durch die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstanden‘ sind (BVerwG a. a. O. Rn. 19). Tragende Erwägung der Entscheidung war, dass ‚es für die Anrechenbarkeit von Kostenpositionen keinen Unterschied machen [kann], ob die verwaltungsmäßigen Tätigkeiten, die neben der Inspektion und Untersuchung der Schlachttiere und des Frischfleisches anfallen, von dem Untersuchungspersonal selbst wahrgenommen werden oder aber auf Verwaltungspersonal übertragen und gegebenenfalls auch als Querschnittsaufgabe zentralisiert werden‘ (BVerwG a. a. O. Rn. 21). Ausgangspunkt der Einbeziehung von allgemeinen Verwaltungskosten war deshalb stets, dass nur solche Kosten berücksichtigt werden, ‚die bei der zuständigen Behörde im Zusammenhang mit den amtlichen Kontrollen anfallen‘ (BVerwG a. a. O. Rn. 21). Aus dem Urteil vom 3. September 2020 – 3 C 4.20 – ergibt sich nichts anderes.

Hiervon weicht das Berufungsurteil weder generell in der Obersatzbildung noch konkret bei der Rechtsanwendung ab.

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann. Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11. August 2020 – 3 BN 1.19 – Buchholz 451.44 HeimG Nr. 13 Rn. 6). Bedarf die Rechtsfrage auch im Falle der Durchführung eines Revisionsverfahrens keiner Entscheidung, hat die Rechtssache demnach keine grundsätzliche Bedeutung. Sie kann zur Klärung der Grundsatzfrage nichts beitragen, weil es auf sie zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

Ist eine Berufungsentscheidung selbständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, kann die Revision daher nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2016 – 3 B 10.15 – juris Rn. 9). Ist nur hinsichtlich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, kann diese Erwägung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (BVerwG, Beschluss vom 2. März 2016 – 2 B 66.15 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 62 Rn. 6 m. w. N.).

b) Ausgehend hiervon hat der Beklagte keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt.

Das Berufungsgericht hat die angegriffenen Bescheide u. a. mit der eigenständig tragenden Begründung aufgehoben, dass die Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühr fehlerhaft kalkuliert worden sei. In die Berechnung seien Kosten eingeflossen, die nicht untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbunden seien.

Die von der Beschwerde hierzu bezeichnete Frage,

‚Steht Art. 27 Abs. 4 lit. a) i. V. m. Anhang VI der VO (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (ABl. L 165, S. 1 ff.) der Berücksichtigung von Verwaltungsgemeinkosten in Form von Kosten für Steuerungsdienste (Kreistag, Landrat, Kreispräsident, Politische Gremien, zentrale Steuerungsunterstützung) und für Zentrale Dienste (Haupt- und Kämmereiamt) bei der Kalkulation von Gebühren für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen entgegen?‘

zeigt keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf.

aa) Die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung kann indes nicht bereits deshalb verneint werden, weil die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 191 S. 1) in der für die Gebührenfestsetzung für die 22. KW 2009 maßgeblichen Fassung vom 20. Oktober 2008 (ABl. L 278 S. 6) mit Wirkung vom 14. Dezember 2019 aufgehoben wurde (Art. 146 Abs. 1 der Verordnung <EU> 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel <ABl. L 95 S. 1>).

Zwar haben Rechtsfragen, die die Auslegung außer Kraft getretener Rechtsvorschriften betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil eine für die Zukunft richtungweisende Klärung der Rechtslage nicht mehr erforderlich ist. Anderes gilt aber dann, wenn die Rechtsvorschrift, etwa aufgrund einer Übergangsregelung, für einen nicht überschaubaren Personenkreis weiterhin Bedeutung hat oder die Nachfolgeregelung dieselben Rechtsfragen aufwirft (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2020 – 3 B 34.19 – Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 54 Rn. 43 m. w. N.).

Ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme dieser Ausnahmevoraussetzung sind hier gegeben, weil nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten (Beschwerdebegründung vom 6. Dezember 2021 S. 18) bei drei Kreisen des Landes Schleswig-Holstein noch mehrere, z. T. bis in das Jahr 2008 zurückreichende, Verfahren anhängig sind.

Es kann daher offenbleiben, ob der grundsätzliche Ausschluss des Zulassungsgrunds aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO für auslaufendes oder ausgelaufenes Recht auch bei Normen des Unionsrechts Anwendung finden kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2019 – 3 B 2.19 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 36 Rn. 13 m. w. N.).

Die Vorschriften des Unionsrechts gelten im gesamten Bundesgebiet einheitlich und sind daher auch revisibles Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 12. Juni 1970 – 7 C 35.69 – BVerwGE 35, 277 <278>).

bb) Die Frage kann aber, soweit sie vorliegend entscheidungserheblich und einer generellen Antwort zugänglich ist, auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens hinreichend sicher beantwortet werden.

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass gemäß Art. 27 Abs. 4 Buchst. a) i. V. m. Anhang VI Nr. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 bei der Gebührenberechnung und -erhebung nicht nur die Personalkosten der amtlichen Tierärzte und Fachassistenten berücksichtigt werden dürfen. Auch die Tätigkeit von Verwaltungs- und Hilfspersonal entlastet die Kontrolleure von der Logistik ihrer Inspektionstätigkeit und trägt so zur Durchführung der amtlichen Kontrollen bei. Kosten, die der zuständigen Behörde durch die verwaltungsmäßige Erfassung und Abwicklung der amtlichen Kontrolle einschließlich der Gebührenberechnung und -erhebung entstehen, dürfen daher berücksichtigt werden (BVerwG, Urteil vom 3. September 2020 – 3 C 4.20 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 37 Rn. 23).

Die ansatzfähigen Personalkosten sind damit nicht auf diejenigen Personen begrenzt, die unmittelbar die amtliche Untersuchung durchführen. Bei der Berechnung der Gebühren darf aber nur die Arbeitszeit von Verwaltungs- oder Hilfspersonal berücksichtigt werden, die für untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbundene Tätigkeit erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 – C-477/18 u. a. [ECLI:EU:C:2019:1126] – Rn. 66). Dieses Kausalitätskriterium bewirkt, dass Kosten, die der zuständigen Behörde nicht ‚zwingend‘ aufgrund der Durchführung einer tatsächlichen amtlichen Kontrolle entstanden sind, nicht in Ansatz gebracht werden dürfen (Schlussanträge des Generalanwalts vom 18. September 2019 – C-477/18 u. a. – Rn. 73 und 81). Soweit die Kosten der zuständigen Behörde nicht im Zusammenhang mit den amtlichen Kontrollen entstehen – wie etwa die Aufwendungen für die Grundausbildung des Verwaltungspersonals –, sind sie auch nicht ansatzfähig.

Zusätzlichen oder weiteren allgemeinen Klärungsbedarf hierzu zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie bemängelt in der Sache vielmehr, dass das Berufungsgericht die Tätigkeit der Steuerungsdienste und der Zentralen Dienste nicht als mit den amtlichen Kontrollen verbunden angesehen hat. Dies betrifft die Würdigung der konkreten, in der Gebührenkalkulation berücksichtigten Tätigkeiten dieser Dienste und damit die Umstände des Einzelfalls. Um welche konkreten Tätigkeiten der Dienste es im Einzelnen geht, zeigt die Beschwerde im Übrigen nicht auf.

Schließlich dürfte die von der Beschwerde bezeichnete Frage auch nicht entscheidungserheblich sein. Denn soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertreten hat, die Kosten für Steuerungsdienste (Kreistag, Landrat, Kreispräsident, politische Gremien, zentrale Steuerungsunterstützung), Personalrat und Arbeitsmedizinischen Dienst sowie die Kosten für Zentrale Dienste (Haupt- und Kämmereiamt, z. B. Organisation, Personalwesen, Finanzen/Investition, Buchhaltung/Kasse, Kommunikation/Post, Fuhrpark, Druckerei, Rechtsabteilung, Gebäudemanagement, Hochbau) seien für die Gebührenkalkulation nicht berücksichtigungsfähig, beruht dies auf der Feststellung, dass die berücksichtigten Tätigkeiten (überwiegend) nicht mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbunden seien (UA S. 17). Verfahrensrügen hiergegen hat der Beklagte nicht erhoben, sodass hiervon auch in einem Revisionsverfahren auszugehen wäre (§ 137 Abs. 2 VwGO). Wenn und soweit die Arbeitszeit des benannten allgemeinen Verwaltungspersonals aber nicht für untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbundene Tätigkeit erforderlich ist, kann sie bei der Gebührenerhebung nach Art. 27 Abs. 4 Buchst. a) i. V. m. Anhang VI Nr. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch nicht berücksichtigt werden.

c) Auf die weiteren, vom Beklagten als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfragen kommt es damit nicht an. Grundsätzlichen Klärungsbedarf hat die Beschwerde indes auch insoweit nicht aufgezeigt.

aa) Die vom Beklagten bezeichnete Frage, ob § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH so auszulegen ist, ‚dass bei einem Änderungsbescheid, der frühere Gebührenbescheide additiv zusammenfasst, ohne sie im Übrigen zu ändern, eine Begründung entbehrlich ist‘, rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Die Vorschrift unterliegt zwar revisionsgerichtlicher Überprüfung, Rechtsfragen grundsätzlicher Art legt die Beschwerde aber nicht dar.

Nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist auch die Verletzung einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt, revisibel. Die Vorschrift bezweckt, die Rechtseinheit auf dem Gebiet des Verwaltungsverfahrensrechts zu wahren (vgl. BT-Drs. 7/4798 S. 3). Maßgeblich ist deshalb, ob die zur Entscheidung herangezogene Bestimmung des Landesrechts mit der Parallelvorschrift im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt; nur bei gleichlautenden Regelungen gibt es eine Rechtseinheit, die durch die Rechtsprechung erhalten werden kann. Eine Identität der Normkomplexe in ihrer Gesamtheit ist dagegen nicht erforderlich (BVerwG, Beschluss vom 13. November 1995 – 4 B 236.95 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 5 Rn. 4).

Die Vorschrift verlangt ausdrücklich eine wörtliche Übereinstimmung, lässt also eine nur inhaltliche Übereinstimmung nicht genügen (BVerwG, Beschluss vom 30. August 2006 – 10 B 38.06 – juris Rn. 5). Lediglich sprachlich abweichende, inhaltlich aber völlig übereinstimmende Bezeichnungen stehen der Revisibilität nicht entgegen (vgl. etwa Eichberger/Buchheister, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 137 Rn. 62; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 137 Rn. 32; Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 137 Rn. 88).

Dass § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH mit der Formulierung ‚derjenigen Person, für die der Verwaltungsakt bestimmt ist oder die von ihm betroffen wird‘ vom Wortlaut ‚demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird‘ in § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG abweicht, ist für die Revisibilität daher ohne Belang. Die Regelungen verwenden unterschiedliche sprachliche Fassungen zur Bezeichnung desselben Regelungsgegenstands. Auch § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG des Bundes gilt unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Person.

In der Sache ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass sich Inhalt und Umfang der notwendigen Begründung eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des einzelnen Falles richten (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1986 – 5 C 33.84 – BVerwGE 74, 196 <205> m. w. N.). Von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles hängt es auch ab, ob und inwieweit es gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG des Bundes – und damit auch § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH – einer Begründung nicht bedarf, weil dem Adressaten oder Betroffenen eines Verwaltungsakts die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1987 – 4 B 101.87 – Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 13 Rn. 7 m. w. N.). Entscheidend ist, dass der Adressat auch ohne eigenständige Begründung des Verwaltungsakts in die Lage versetzt wird, seine Rechte sachgemäß zu verteidigen (BVerwG, Urteile vom 15. Mai 1986 – 5 C 33.84 – BVerwGE 74, 196 <205> und vom 29. Mai 2019 – 6 C 8.18 – BVerwGE 165, 251 Rn. 14).

Der Umstand, dass die Behörde in einem Änderungsbescheid, der selbst keine Begründung aufweist, frühere Gebührenbescheide, die mit einer Begründung versehen waren, zusammenfasst, kann die Voraussetzungen des § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH erfüllen (vgl. zur Berücksichtigung der Vorgeschichte des Bescheids BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2019 – 6 C 8.18 – BVerwGE 165, 251 Rn. 14 sowie Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 39 Rn. 53 m. w. N.). Dies liegt vorliegend insbesondere deshalb nahe, weil der Beklagte mit dieser Verfahrensweise gerade den von der Klägerin im Rechtsmittelverfahren erhobenen Bedenken Rechnung getragen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 7 C 5.14 – BVerwGE 153, 367 Rn. 22). Der Klägerin waren damit die Daten und Umstände bekannt, anhand derer sie die Richtigkeit der vom Beklagten angesetzten Gebühren überprüfen konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1986 – 5 C 33.84 – juris Rn. 32, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 74, 196; Beschluss vom 25. November 1988 – 5 B 164.88 – Buchholz 424.01 § 4 FlurbG Nr. 10 Rn. 4).

Ob die dem Änderungsbescheid zugrunde liegende Sach- und Rechtslage damit für die Klägerin bereits bekannt oder ohne weiteres erkennbar war, betrifft indes die Würdigung der Gegebenheiten des Einzelfalls und ist einer grundsätzlichen Klärung nicht weiter zugänglich. Dass hierfür weiterer verallgemeinerungsfähiger, von den konkreten Einzelfallumständen unabhängiger Klärungsbedarf bestehen könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

Keine Frage grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine Würdigung des Einzelfalls, ist überdies die Beurteilung, ob der im Änderungsbescheid vom 11. Mai 2021 enthaltene Hinweis darauf, dass mit der Änderung dem von der Klägerin verfolgten Anliegen, für einen Zeitabschnitt jeweils nur einen Gebührenbescheid zu erhalten, sowie die Klarstellung, dass die Forderung mit den bereits bezahlten Beträgen identisch ist, möglicherweise als Begründung ausreicht.

bb) Mit der Rechtsfrage, ob nach Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch dann der Erlass eines einzigen Gebührenbescheides gefordert wird, wenn Gebühren ‚für unterschiedliche sich überschneidende amtliche Kontrollen erhoben werden‘, zeigt die Beschwerde ebenfalls keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf.

Die Beschwerde verweist darauf, dass die Regelung nicht ausdrücklich den Erlass nur eines Gebührenbescheides fordere. Es könne daher auch gemeint sein, ‚dass durch die Erhebung einer Gebühr sichergestellt wird, dass nicht infolge der Erhebung mehrerer Gebühren der Gebührenschuldner letztlich mehrfach und damit überhöht an den Kosten der Kontrolluntersuchung beteiligt wird‘ (Beschwerdebegründung vom 6. Dezember 2021 S. 16).

Diese Sichtweise trägt indes bereits dem Wortlaut des Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht ausreichend Rechnung. Denn wenn die zuständige Behörde die in ein und demselben Betrieb gleichzeitig durchgeführten verschiedenen amtlichen Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen ‚als eine einzige Maßnahme‘ zu betrachten und ‚eine einzige Gebühr in Rechnung‘ zu stellen hat, kann dies schon begrifflich nicht in mehreren Bescheiden geschehen. Jedenfalls entspräche die Aufspaltung ‚einer einzigen Maßnahme‘ in mehrere Gebührenbescheide nicht dem erkennbaren Regelungszweck der Norm.

Demgemäß hat der erkennende Senat bereits ausgeführt, dass in Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch die ‚Verpflichtung zum Erlass eines einzigen Bescheids für alle in dem Betrieb durchgeführten amtlichen Lebensmittelkontrollen‘ enthalten ist (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2019 – 3 B 2.19 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 36 Rn. 16). Neuen oder weiteren Klärungsbedarf hierzu zeigt die Beschwerde nicht auf. Er folgt insbesondere nicht aus dem zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2014 – 17 A 1266/13 -. Auch dieses kam vielmehr zu dem Ergebnis, dass Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 eine verwaltungstechnische Regelung sei, die eine einheitliche Gebührenheranziehung vorgebe, und dass dies nicht zweifelhaft sei (OVG Münster a. a. O. Rn. 66).

cc) Die schließlich bezeichnete Frage, ob Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch Gebühren für BSE-Untersuchungen umfasst, ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich.

Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen sind, hat der Beklagte die gleichzeitig durchgeführten Kontrollen für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen einerseits und diejenigen für die Zerlegungsüberwachung andererseits mit jeweils eigenständigen Gebührenbescheiden in Rechnung gestellt (vgl. zu diesen Kontrollen bereits BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2015 – 3 B 51.14 – StoffR 2015, 221 Rn. 5). Der streitgegenständliche Gebührenbescheid für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen in der 22. KW 2009, der die Gebühren für die Zerlegungsüberwachung in demselben Zeitraum nicht enthielt, verstieß daher gegen Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Ausgehend hiervon kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob ein weiterer Verstoß gegen diese Vorschrift darin liegt, dass auch die Gebühren für die gleichzeitig durchgeführten BSE-Untersuchungen (vgl. hierzu BVerwG, Teilurteil vom 25. September 2008 – 3 C 8.07 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 28 Rn. 14 sowie EuGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – C-562/08 [ECLI:EU:C:2010:93] – NVwZ 2010, 629 Rn. 39) gesondert in Rechnung gestellt worden sind.“

9

Diese Erwägungen gelten auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren, das keine für die Beurteilung der weitgehend identischen Beschwerde relevanten Besonderheiten aufweist.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG.