Gebührenfestsetzung für gleichzeitig durchgeführte amtliche Kontrollen (Beschluss des BVerwG 3. Senat)

BVerwG 3. Senat, Beschluss vom 18.07.2022, AZ 3 B 37/21, ECLI:DE:BVerwG:2022:180722B3B37.21.0

Art 2 S 2 Nr 1 EGV 882/2004, Art 27 Abs 4 EGV 882/2004, Art 27 Abs 7 EGV 882/2004, Anh VI EGV 882/2004, § 133 Abs 6 VwGO

Leitsatz

1. Das Bundesverwaltungsgericht kann im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 133 Abs. 6 VwGO von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits absehen und ein prozessrechtlich zwingendes Verfahrensergebnis selbst herstellen.

2. Bei der Berechnung der Gebühren für amtliche Kontrollen nach Art. 27 Abs. 4 Buchst. a) i. V. m. Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 darf nur die Arbeitszeit von Verwaltungspersonal berücksichtigt werden, die für untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbundene Tätigkeit erforderlich ist.

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 20. Mai 2021, Az: 3 LB 17/14, Urteil
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, 30. September 2014, Az: 1 A 112/09, Urteil

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten werden die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30. September 2014 und des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2021 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 3 098,48 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin wendet sich in verschiedenen Verfahren gegen die Höhe der vom beklagten Kreis Nordfriesland festgesetzten Gebühren für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen und begehrt deren Herabsetzung auf die nach EU-Recht vorgesehenen Mindestgebühren. Das vorliegende Verfahren betrifft den Zeitraum vom 25. bis 29. Mai (22. KW) 2009.

2

Die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen in der 22. KW 2009 (für 1 634 Rinder und 906 Schafe) setzte der Beklagte ursprünglich mit Bescheid vom 2. Juni 2009 auf 11 494,98 € fest. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er durch Widerspruchsbescheid vom 5. November 2009 mangels nachgewiesener Vertretungsmacht der für die Klägerin tätig gewordenen Prozessbevollmächtigten als unzulässig zurück. Trotz eines Hinweises, dass die vorgelegten Vollmachten nicht auf das gegenständliche Widerspruchsverfahren bezogen werden könnten, sei innerhalb der hierfür gesetzten Frist keine Vollmacht vorgelegt worden.

3

Durch gesonderte Bescheide setzte der Beklagte darüber hinaus die Gebühren für die BSE-Probenahmen und die BSE-Untersuchungen in der 22. KW 2009 sowie die Gebühren für die Zerlegungsüberwachung im Mai 2009 fest. Hiergegen eingelegte Rechtsmittel nahm die Klägerin später zurück.

4

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat den Gebührenbescheid vom 2. Juni 2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 5. November 2011 zur Festsetzung der Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühr für die 22. KW 2009 durch Urteil vom 30. September 2014 aufgehoben, soweit darin höhere Gebühren als 8 396,50 € festgesetzt worden sind. Die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig sei rechtswidrig, weil der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, von den als Bevollmächtigte auftretenden Rechtsanwälten eine schriftliche Vollmacht anzufordern. Auch der Gebührenbescheid vom 2. Juni 2009 sei rechtswidrig. Der Beklagte habe den ihm vom Landeslabor Schleswig-Holstein für die Rückstandsüberwachung in Rechnung gestellten Betrag zu Unrecht bei der Gebührenkalkulation angesetzt.

5

Im laufenden Berufungsverfahren hat der Beklagte die Gebührenbescheide für die 22. KW 2009 geändert und durch Änderungsbescheid vom 11. Mai 2021 eine einheitliche Gebühr von 16 813,77 € für diesen Zeitraum festgesetzt. Der Bescheid enthielt eine Aufstellung, in der die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, BSE-Probeentnahmen und BSE-Untersuchungen sowie die Zerlegungsüberwachung für die einzelnen Tage aufgelistet und zu einem Gesamtbetrag addiert sind. Der Bescheid war mit dem Hinweis versehen, dass eine erneute Zahlung des Betrages nicht erforderlich sei, da die Gebühren auf die ursprünglich gesondert erlassenen Bescheide bereits gezahlt worden seien. Schließlich ist ausgeführt, dass der Bescheid auf dem von der Klägerin im anhängigen Gerichtsverfahren verfolgten Anliegen beruhe, nur mit zeitabschnittsweise einheitlichen Gebührenbescheiden belastet zu werden. Da diesem Anliegen mit dem Bescheid entsprochen werde, sehe der Beklagte von einer vorherigen Anhörung ab.

6

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 20. Mai 2021 zurückgewiesen. Der Widerspruch der Klägerin sei nicht unzulässig gewesen, insoweit werde gemäß § 130b Satz 2 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen. Auch der Ausgangsbescheid vom 2. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2009 sei rechtswidrig, weil entgegen Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht für alle gleichzeitig durchgeführten amtlichen Kontrollen eine einzige Gebühr in Rechnung gestellt worden sei. Der unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht ergangene Änderungsbescheid des Beklagten habe diesen Mangel nicht beseitigt. Er sei vielmehr bereits formell rechtswidrig, weil er keine Begründung enthalte und dies weder nachgeholt worden noch unbeachtlich sei. Die festgesetzte Schlachttier- und Untersuchungsgebühr erweise sich auch in materieller Hinsicht als fehlerhaft, weil Kosten in die Kalkulation eingeflossen seien, die nicht untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbunden seien.

II

7

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten hat weder den in Anspruch genommenen Zulassungsgrund der Divergenz (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch denjenigen einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtssache dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Das angegriffene Berufungsurteil beruht aber auf einem Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), sodass die Entscheidung aufzuheben ist (§ 133 Abs. 6 VwGO). Einer Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht bedarf es nicht. Die Klage ist abzuweisen, weil sie unzulässig ist.

8

1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.

9

a) Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht. Das Revisionszulassungsrecht kennt – anders als die Vorschriften zur Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) – den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2019 – 3 B 28.18 – juris Rn. 6 m. w. N.).

10

b) Die von der Beschwerde behauptete Divergenz zu den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 – 3 C 20.11 – (Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 31) und vom 3. September 2020 – 3 C 4.20 – (Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 37) liegt nicht vor.

11

In dem bezeichneten Urteil vom 26. April 2012 – 3 C 20.11 – findet sich nicht nur die von der Beschwerde zitierte Aussage, dass allgemeine Verwaltungskosten bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden können; vielmehr ist dort auch mehrfach klargestellt, dass nur solche allgemeinen Verwaltungskosten ansatzfähig sind, „die durch die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstanden“ sind (BVerwG a. a. O. Rn. 19). Tragende Erwägung der Entscheidung war, dass „es für die Anrechenbarkeit von Kostenpositionen keinen Unterschied machen [kann], ob die verwaltungsmäßigen Tätigkeiten, die neben der Inspektion und Untersuchung der Schlachttiere und des Frischfleisches anfallen, von dem Untersuchungspersonal selbst wahrgenommen werden oder aber auf Verwaltungspersonal übertragen und gegebenenfalls auch als Querschnittsaufgabe zentralisiert werden“ (BVerwG a. a. O. Rn. 21). Ausgangspunkt der Einbeziehung von allgemeinen Verwaltungskosten war deshalb stets, dass nur solche Kosten berücksichtigt werden, „die bei der zuständigen Behörde im Zusammenhang mit den amtlichen Kontrollen anfallen“ (BVerwG a. a. O. Rn. 21). Aus dem Urteil vom 3. September 2020 – 3 C 4.20 – ergibt sich nichts anderes.

12

Hiervon weicht das Berufungsurteil weder generell in der Obersatzbildung noch konkret bei der Rechtsanwendung ab.

13

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

14

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann. Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 11. August 2020 – 3 BN 1.19 – Buchholz 451.44 HeimG Nr. 13 Rn. 6). Bedarf die Rechtsfrage auch im Falle der Durchführung eines Revisionsverfahrens keiner Entscheidung, hat die Rechtssache demnach keine grundsätzliche Bedeutung. Sie kann zur Klärung der Grundsatzfrage nichts beitragen, weil es auf sie zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

15

Ist eine Berufungsentscheidung selbständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, kann die Revision daher nur zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2016 – 3 B 10.15 – juris Rn. 9). Ist nur hinsichtlich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, kann diese Erwägung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (BVerwG, Beschluss vom 2. März 2016 – 2 B 66.15 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 62 Rn. 6 m. w. N.).

16

b) Ausgehend hiervon hat der Beklagte keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt.

17

Das Berufungsgericht hat die angegriffenen Bescheide u. a. mit der eigenständig tragenden Begründung aufgehoben, dass die Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühr fehlerhaft kalkuliert worden sei. In die Berechnung seien Kosten eingeflossen, die nicht untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbunden seien.

18

Die von der Beschwerde hierzu bezeichnete Frage,

„Steht Art. 27 Abs. 4 lit. a) i. V. m. Anhang VI der VO (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (ABl. L 165, S. 1 ff.) der Berücksichtigung von Verwaltungsgemeinkosten in Form von Kosten für Steuerungsdienste (Kreistag, Landrat, Kreispräsident, Politische Gremien, zentrale Steuerungsunterstützung) und für Zentrale Dienste (Haupt- und Kämmereiamt) bei der Kalkulation von Gebühren für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen entgegen?“

zeigt keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf.

19

aa) Die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung kann indes nicht bereits deshalb verneint werden, weil die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 191 S. 1) in der für die Gebührenfestsetzung für die 22. KW 2009 maßgeblichen Fassung vom 20. Oktober 2008 (ABl. L 278 S. 6) mit Wirkung vom 14. Dezember 2019 aufgehoben wurde (Art. 146 Abs. 1 der Verordnung <EU> 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel <ABl. L 95 S. 1>).

20

Zwar haben Rechtsfragen, die die Auslegung außer Kraft getretener Rechtsvorschriften betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil eine für die Zukunft richtungweisende Klärung der Rechtslage nicht mehr erforderlich ist. Anderes gilt aber dann, wenn die Rechtsvorschrift, etwa aufgrund einer Übergangsregelung, für einen nicht überschaubaren Personenkreis weiterhin Bedeutung hat oder die Nachfolgeregelung dieselben Rechtsfragen aufwirft (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2020 – 3 B 34.19 – Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 54 Rn. 43 m. w. N.).

21

Ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme dieser Ausnahmevoraussetzung sind hier gegeben, weil nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten (Beschwerdebegründung vom 6. Dezember 2021 S. 18) bei drei Kreisen des Landes Schleswig-Holstein noch mehrere, z. T. bis in das Jahr 2008 zurückreichende, Verfahren anhängig sind.

22

Es kann daher offenbleiben, ob der grundsätzliche Ausschluss des Zulassungsgrunds aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO für auslaufendes oder ausgelaufenes Recht auch bei Normen des Unionsrechts Anwendung finden kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2019 – 3 B 2.19 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 36 Rn. 13 m. w. N.).

23

Die Vorschriften des Unionsrechts gelten im gesamten Bundesgebiet einheitlich und sind daher auch revisibles Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 12. Juni 1970 – 7 C 35.69 – BVerwGE 35, 277 <278>).

24

bb) Die Frage kann aber, soweit sie vorliegend entscheidungserheblich und einer generellen Antwort zugänglich ist, auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens hinreichend sicher beantwortet werden.

25

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass gemäß Art. 27 Abs. 4 Buchst. a) i. V. m. Anhang VI Nr. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 bei der Gebührenberechnung und -erhebung nicht nur die Personalkosten der amtlichen Tierärzte und Fachassistenten berücksichtigt werden dürfen. Auch die Tätigkeit von Verwaltungs- und Hilfspersonal entlastet die Kontrolleure von der Logistik ihrer Inspektionstätigkeit und trägt so zur Durchführung der amtlichen Kontrollen bei. Kosten, die der zuständigen Behörde durch die verwaltungsmäßige Erfassung und Abwicklung der amtlichen Kontrolle einschließlich der Gebührenberechnung und -erhebung entstehen, dürfen daher berücksichtigt werden (BVerwG, Urteil vom 3. September 2020 – 3 C 4.20 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 37 Rn. 23).

26

Die ansatzfähigen Personalkosten sind damit nicht auf diejenigen Personen begrenzt, die unmittelbar die amtliche Untersuchung durchführen. Bei der Berechnung der Gebühren darf aber nur die Arbeitszeit von Verwaltungs- oder Hilfspersonal berücksichtigt werden, die für untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbundene Tätigkeit erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 – C-477/18 u. a. [ECLI:EU:C:2019:1126] – Rn. 66). Dieses Kausalitätskriterium bewirkt, dass Kosten, die der zuständigen Behörde nicht „zwingend“ aufgrund der Durchführung einer tatsächlichen amtlichen Kontrolle entstanden sind, nicht in Ansatz gebracht werden dürfen (Schlussanträge des Generalanwalts vom 18. September 2019 – C-477/18 u. a. – Rn. 73 und 81). Soweit die Kosten der zuständigen Behörde nicht im Zusammenhang mit den amtlichen Kontrollen entstehen – wie etwa die Aufwendungen für die Grundausbildung des Verwaltungspersonals –, sind sie auch nicht ansatzfähig.

27

Zusätzlichen oder weiteren allgemeinen Klärungsbedarf hierzu zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie bemängelt in der Sache vielmehr, dass das Berufungsgericht die Tätigkeit der Steuerungsdienste und der Zentralen Dienste nicht als mit den amtlichen Kontrollen verbunden angesehen hat. Dies betrifft die Würdigung der konkreten, in der Gebührenkalkulation berücksichtigten Tätigkeiten dieser Dienste und damit die Umstände des Einzelfalls. Um welche konkreten Tätigkeiten der Dienste es im Einzelnen geht, zeigt die Beschwerde im Übrigen nicht auf.

28

Schließlich dürfte die von der Beschwerde bezeichnete Frage auch nicht entscheidungserheblich sein. Denn soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertreten hat, die Kosten für Steuerungsdienste (Kreistag, Landrat, Kreispräsident, politische Gremien, zentrale Steuerungsunterstützung), Personalrat und Arbeitsmedizinischen Dienst sowie die Kosten für Zentrale Dienste (Haupt- und Kämmereiamt, z. B. Organisation, Personalwesen, Finanzen/Investition, Buchhaltung/Kasse, Kommunikation/Post, Fuhrpark, Druckerei, Rechtsabteilung, Gebäudemanagement, Hochbau) seien für die Gebührenkalkulation nicht berücksichtigungsfähig, beruht dies auf der Feststellung, dass die berücksichtigten Tätigkeiten (überwiegend) nicht mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbunden seien (UA S. 17). Verfahrensrügen hiergegen hat der Beklagte nicht erhoben, sodass hiervon auch in einem Revisionsverfahren auszugehen wäre (§ 137 Abs. 2 VwGO). Wenn und soweit die Arbeitszeit des benannten allgemeinen Verwaltungspersonals aber nicht für untrennbar mit der Durchführung der amtlichen Kontrollen verbundene Tätigkeit erforderlich ist, kann sie bei der Gebührenerhebung nach Art. 27 Abs. 4 Buchst. a) i. V. m. Anhang VI Nr. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch nicht berücksichtigt werden.

29

c) Auf die weiteren, vom Beklagten als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfragen kommt es damit nicht an. Grundsätzlichen Klärungsbedarf hat die Beschwerde indes auch insoweit nicht aufgezeigt.

30

aa) Die vom Beklagten bezeichnete Frage, ob § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH so auszulegen ist, „dass bei einem Änderungsbescheid, der frühere Gebührenbescheide additiv zusammenfasst, ohne sie im Übrigen zu ändern, eine Begründung entbehrlich ist“, rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Die Vorschrift unterliegt zwar revisionsgerichtlicher Überprüfung, Rechtsfragen grundsätzlicher Art legt die Beschwerde aber nicht dar.

31

Nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist auch die Verletzung einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt, revisibel. Die Vorschrift bezweckt, die Rechtseinheit auf dem Gebiet des Verwaltungsverfahrensrechts zu wahren (vgl. BT-Drs. 7/4798 S. 3). Maßgeblich ist deshalb, ob die zur Entscheidung herangezogene Bestimmung des Landesrechts mit der Parallelvorschrift im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt; nur bei gleichlautenden Regelungen gibt es eine Rechtseinheit, die durch die Rechtsprechung erhalten werden kann. Eine Identität der Normkomplexe in ihrer Gesamtheit ist dagegen nicht erforderlich (BVerwG, Beschluss vom 13. November 1995 – 4 B 236.95 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 5 Rn. 4).

32

Die Vorschrift verlangt ausdrücklich eine wörtliche Übereinstimmung, lässt also eine nur inhaltliche Übereinstimmung nicht genügen (BVerwG, Beschluss vom 30. August 2006 – 10 B 38.06 – juris Rn. 5). Lediglich sprachlich abweichende, inhaltlich aber völlig übereinstimmende Bezeichnungen stehen der Revisibilität nicht entgegen (vgl. etwa Eichberger/Buchheister, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 137 Rn. 62; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 137 Rn. 32; Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 137 Rn. 88).

33

Dass § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH mit der Formulierung „derjenigen Person, für die der Verwaltungsakt bestimmt ist oder die von ihm betroffen wird“ vom Wortlaut „demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird“ in § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG abweicht, ist für die Revisibilität daher ohne Belang. Die Regelungen verwenden unterschiedliche sprachliche Fassungen zur Bezeichnung desselben Regelungsgegenstands. Auch § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG des Bundes gilt unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Person.

34

In der Sache ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass sich Inhalt und Umfang der notwendigen Begründung eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des einzelnen Falles richten (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1986 – 5 C 33.84 – BVerwGE 74, 196 <205> m. w. N.). Von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles hängt es auch ab, ob und inwieweit es gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG des Bundes – und damit auch § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH – einer Begründung nicht bedarf, weil dem Adressaten oder Betroffenen eines Verwaltungsakts die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 1987 – 4 B 101.87 – Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 13 Rn. 7 m. w. N.). Entscheidend ist, dass der Adressat auch ohne eigenständige Begründung des Verwaltungsakts in die Lage versetzt wird, seine Rechte sachgemäß zu verteidigen (BVerwG, Urteile vom 15. Mai 1986 – 5 C 33.84 – BVerwGE 74, 196 <205> und vom 29. Mai 2019 – 6 C 8.18 – BVerwGE 165, 251 Rn. 14).

35

Der Umstand, dass die Behörde in einem Änderungsbescheid, der selbst keine Begründung aufweist, frühere Gebührenbescheide, die mit einer Begründung versehen waren, zusammenfasst, kann die Voraussetzungen des § 109 Abs. 3 Nr. 2 LVwG SH erfüllen (vgl. zur Berücksichtigung der Vorgeschichte des Bescheids BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2019 – 6 C 8.18 – BVerwGE 165, 251 Rn. 14 sowie Stuhlfauth, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 39 Rn. 53 m. w. N.). Dies liegt vorliegend insbesondere deshalb nahe, weil der Beklagte mit dieser Verfahrensweise gerade den von der Klägerin im Rechtsmittelverfahren erhobenen Bedenken Rechnung getragen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 7 C 5.14 – BVerwGE 153, 367 Rn. 22). Der Klägerin waren damit die Daten und Umstände bekannt, anhand derer sie die Richtigkeit der vom Beklagten angesetzten Gebühren überprüfen konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1986 – 5 C 33.84 – juris Rn. 32, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 74, 196; Beschluss vom 25. November 1988 – 5 B 164.88 – Buchholz 424.01 § 4 FlurbG Nr. 10 Rn. 4).

36

Ob die dem Änderungsbescheid zugrunde liegende Sach- und Rechtslage damit für die Klägerin bereits bekannt oder ohne weiteres erkennbar war, betrifft indes die Würdigung der Gegebenheiten des Einzelfalls und ist einer grundsätzlichen Klärung nicht weiter zugänglich. Dass hierfür weiterer verallgemeinerungsfähiger, von den konkreten Einzelfallumständen unabhängiger Klärungsbedarf bestehen könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

37

Keine Frage grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine Würdigung des Einzelfalls, ist überdies die Beurteilung, ob der im Änderungsbescheid vom 11. Mai 2021 enthaltene Hinweis darauf, dass mit der Änderung dem von der Klägerin verfolgten Anliegen, für einen Zeitabschnitt jeweils nur einen Gebührenbescheid zu erhalten, sowie die Klarstellung, dass die Forderung mit den bereits bezahlten Beträgen identisch ist, möglicherweise als Begründung ausreicht.

38

bb) Mit der Rechtsfrage, ob nach Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch dann der Erlass eines einzigen Gebührenbescheides gefordert wird, wenn Gebühren „für unterschiedliche sich überschneidende amtliche Kontrollen erhoben werden“, zeigt die Beschwerde ebenfalls keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf.

39

Die Beschwerde verweist darauf, dass die Regelung nicht ausdrücklich den Erlass nur eines Gebührenbescheides fordere. Es könne daher auch gemeint sein, „dass durch die Erhebung einer Gebühr sichergestellt wird, dass nicht infolge der Erhebung mehrerer Gebühren der Gebührenschuldner letztlich mehrfach und damit überhöht an den Kosten der Kontrolluntersuchung beteiligt wird“ (Beschwerdebegründung vom 6. Dezember 2021 S. 16).

40

Diese Sichtweise trägt indes bereits dem Wortlaut des Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht ausreichend Rechnung. Denn wenn die zuständige Behörde die in ein und demselben Betrieb gleichzeitig durchgeführten verschiedenen amtlichen Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen „als eine einzige Maßnahme“ zu betrachten und „eine einzige Gebühr in Rechnung“ zu stellen hat, kann dies schon begrifflich nicht in mehreren Bescheiden geschehen. Jedenfalls entspräche die Aufspaltung „einer einzigen Maßnahme“ in mehrere Gebührenbescheide nicht dem erkennbaren Regelungszweck der Norm.

41

Demgemäß hat der erkennende Senat bereits ausgeführt, dass in Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch die „Verpflichtung zum Erlass eines einzigen Bescheids für alle in dem Betrieb durchgeführten amtlichen Lebensmittelkontrollen“ enthalten ist (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2019 – 3 B 2.19 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 36 Rn. 16). Neuen oder weiteren Klärungsbedarf hierzu zeigt die Beschwerde nicht auf. Er folgt insbesondere nicht aus dem zitierten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2014 – 17 A 1266/13 -. Auch dieses kam vielmehr zu dem Ergebnis, dass Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 eine verwaltungstechnische Regelung sei, die eine einheitliche Gebührenheranziehung vorgebe, und dass dies nicht zweifelhaft sei (OVG Münster a. a. O. Rn. 66).

42

cc) Die schließlich bezeichnete Frage, ob Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 auch Gebühren für BSE-Untersuchungen umfasst, ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich.

43

Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen sind, hat der Beklagte die gleichzeitig durchgeführten Kontrollen für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen einerseits und diejenigen für die Zerlegungsüberwachung andererseits mit jeweils eigenständigen Gebührenbescheiden in Rechnung gestellt (vgl. zu diesen Kontrollen bereits BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2015 – 3 B 51.14 – StoffR 2015, 221 Rn. 5). Der streitgegenständliche Gebührenbescheid für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen in der 22. KW 2009, der die Gebühren für die Zerlegungsüberwachung in demselben Zeitraum nicht enthielt, verstieß daher gegen Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Ausgehend hiervon kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob ein weiterer Verstoß gegen diese Vorschrift darin liegt, dass auch die Gebühren für die gleichzeitig durchgeführten BSE-Untersuchungen (vgl. hierzu BVerwG, Teilurteil vom 25. September 2008 – 3 C 8.07 – Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 28 Rn. 14 sowie EuGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – C-562/08 [ECLI:EU:C:2010:93] – NVwZ 2010, 629 Rn. 39) gesondert in Rechnung gestellt worden sind.

44

3. Die Beschwerde hat aber einen Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem das angegriffene Berufungsurteil beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Gericht hat die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig zu Unrecht beanstandet und die Klage daher als zulässig angesehen.

45

a) Das Verwaltungsgericht hat die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig für rechtswidrig gehalten, weil der Beklagte nicht gemäß § 79 Abs. 1 Satz 3 LVwG SH berechtigt gewesen sei, eine schriftliche Vollmacht der als Bevollmächtigte auftretenden Rechtsanwälte zu fordern. Ein hinreichender Anlass, der zur Rechtfertigung der Anforderung einer schriftlichen Vollmacht erforderlich sei, habe nicht vorgelegen (VG-Urteil S. 19 f.). Das Oberverwaltungsgericht hat hierauf „in entsprechender Anwendung von § 130b Satz 2, § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen“ und keine weiteren Ausführungen gemacht (OVG-Urteil S. 8).

46

Diese Erwägungen gehen an der vorliegenden Fallgestaltung vorbei. Schriftliche Vollmachten hatten die als Bevollmächtigte der Klägerin auftretenden Rechtsanwälte vorgelegt. Um die Frage, ob die Behörde auch ohne vernünftige Zweifel am Bestehen einer Vertretungsmacht die Vorlage der schriftlichen Vollmacht eines Rechtsanwalts fordern darf, ging es daher nicht. Fraglich war vielmehr, ob die vorgelegten schriftlichen Vollmachten auch zur Vornahme der in Rede stehenden Verfahrenshandlungen ermächtigten.

47

Zweifel hieran bestanden einerseits deshalb, weil die vorgelegten Vollmachten ausdrücklich „für“ das Jahr 2008 ausgestellt waren und den fraglichen Zeitraum der Bescheide im Mai 2009 daher nicht erfassten. Insbesondere aber hatte die Klägerin auch andere Rechtsanwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt, sodass Unsicherheit bestand, welche Rechtsanwälte für welche Verfahren bevollmächtigt sind. Auf beide Gesichtspunkte hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. September 2009 hingewiesen und um Stellungnahme „sei es durch Sie oder durch Prof. E.“ gebeten. Diese Umstände hat der Beklagte auch im Berufungsverfahren betont (Schriftsatz vom 12. Februar 2015 S. 10 f.); die Klägerin ist dem in der Sache nicht entgegengetreten (Schriftsatz vom 8. Mai 2015 S. 2). Bei dieser Sachlage bestand ausreichend Anlass für den Beklagten, den Umfang der Vollmacht der als Bevollmächtigte der Klägerin auftretenden Rechtsanwälte zu klären und die Vorlage einer auf das Widerspruchsverfahren bezogenen schriftlichen Vollmacht anzufordern.

48

Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren auf die weitere Korrespondenz zwischen den Beteiligten verweist, folgt hieraus nichts anderes. In keinem der vorgelegten Schriftstücke wird auf die Frage der ordnungsgemäßen Vollmacht für das vorliegende Verfahren Bezug genommen. Aus den bezeichneten Unterlagen ergibt sich daher weder, dass der Beklagte von der Vorlageaufforderung Abstand genommen hätte, noch dass die Bevollmächtigten der Klägerin darauf hätten vertrauen dürfen, alles ihrerseits Erforderliche getan zu haben. Vielmehr ist auch im Schreiben des Beklagten vom 22. September 2009, das auf eine telefonische Besprechung vom 18. September 2009 folgte, an keiner Stelle die Rede davon, dass an der Aufforderung zur Vorlage eines schriftlichen Nachweises der Vollmacht nicht mehr festgehalten werde. Schließlich ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Beklagte den als Bevollmächtigten der Klägerin auftretenden Rechtsanwälten den Widerspruch zugestellt hat, kein anderes Bild. Diese Adressierung erklärt sich bereits daraus, dass den Rechtsanwälten selbst, als vollmachtlose Vertreter, die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden sind.

49

Der Aufforderung zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht für das streitgegenständliche Widerspruchsverfahren sind die als Bevollmächtigte der Klägerin auftretenden Rechtsanwälte weder innerhalb der vom Beklagten gesetzten Frist noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids nachgekommen. Eine ordnungsgemäße Vollmacht ist vielmehr erst im Klageverfahren und nach wiederholter Aufforderung des Gerichts mit Schriftsatz vom 4. Februar 2010 vorgelegt worden.

50

Hat die Widerspruchsbehörde den Widerspruch – wie hier – als unzulässig zurückgewiesen, weil der Bevollmächtigte die von ihm geforderte schriftliche Vollmacht trotz Fristsetzung bis zur Entscheidung über den Widerspruch nicht vorgelegt hat, kann die Vorlage einer Prozessvollmacht im gerichtlichen Verfahren den fehlenden Nachweis der Bevollmächtigung im Widerspruchsverfahren nicht mehr heilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2011 – 7 A 9.09 – Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 12 Rn. 22 für das Klageverfahren). Mit der Befugnis der Behörde, von einem Bevollmächtigten einen schriftlichen Nachweis der Vollmacht zu verlangen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 VwVfG, § 79 Abs. 1 Satz 3 LVwG SH), verfolgt das Gesetz die Absicht, eine durch den fehlenden Nachweis der Vollmacht und das Fehlen der Genehmigung des Vertretenen eingetretene Unklarheit zu einem bestimmten Zeitpunkt enden zu lassen (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17. April 1984 – GmS-OGB 2/83 – BVerwGE 69, 380 <382> – juris Rn. 15). Dieses Ziel würde nicht erreicht, könnte der Bevollmächtigte den mangelnden Nachweis seiner Vollmacht im Widerspruchsverfahren auch noch nach Zurückweisung seines Widerspruchs als unzulässig durch Vorlage einer Prozessvollmacht rückwirkend heilen.

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b) Die vom Beklagten bezeichnete Frage, ob § 79 Abs. 1 Satz 3 LVwG SH so auszulegen ist, dass die Widerspruchsbehörde die Vorlage einer Vollmacht eines Rechtsanwalts nur dann verlangen kann, wenn besondere Umstände dazu Anlass geben, eine Bevollmächtigung des Rechtsanwalts in Zweifel zu ziehen, ist nicht entscheidungserheblich. Hier waren – wie dargelegt – derartige Umstände gegeben.

52

Unabhängig hiervon ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Vorlage der schriftlichen Vollmacht nach § 14 Abs. 1 Satz 3 VwVfG – und damit auch § 79 Abs. 1 Satz 3 LVwG SH – nicht Voraussetzung der Vertretungsbefugnis ist. Mit der Bestimmung ist vielmehr nur eine Nachweisregelung getroffen (BVerwG, Urteil vom 24. Juli 2014 – 3 C 23.13 – Buchholz 451.505 Einzelne Stützungsregelungen Nr. 7 – juris Rn. 26). Da damit auch Vertreter ohne Bevollmächtigung im Verwaltungsverfahren vorläufig zugelassen werden können, ist die Behörde aus Gründen der Rechtssicherheit berechtigt, vom Bevollmächtigten einen schriftlichen Nachweis seiner Vollmacht zu verlangen (vgl. Geis, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: August 2021, § 14 Rn. 18; Hönig, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 14 Rn. 35; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 14 Rn. 17; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 14 Rn. 14). Eine Einschränkung dieser Befugnis auf bestimmte Situationen oder einen Ausschluss für den Fall, dass es sich bei dem Bevollmächtigten um einen Rechtsanwalt handelt, sieht die Regelung nicht vor. Die Sonderregelung in § 67 Abs. 6 Satz 4 VwGO für Rechtsanwälte findet in § 14 Abs. 1 Satz 3 VwVfG des Bundes/§ 79 Abs. 1 Satz 3 LVwG SH keine Entsprechung.

53

Aus den von der Klägerin im Beschwerdeverfahren benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nicht anderes. Das Urteil vom 22. Januar 1985 – 9 C 105.84 – (BVerwGE 71, 20) betraf die Prozessvollmacht und damit gerade nicht die vorliegende Fallgestaltung. Zudem gaben hier – anders als im damaligen Fall – besondere Umstände Anlass, die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zu fordern. Auch dem Beschluss vom 20. Januar 2017 – 8 B 23.16 – (Buchholz 316 § 41 VwVfG Nr. 8) kann für die hier vorliegende Fragestellung keine Aussage entnommen werden.

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c) Mit der Rüge hat der Beklagte aber einen Verfahrensfehler geltend gemacht. Da der Mangel der Sache nach hinreichend substantiiert dargelegt ist, kommt es auf die fehlende Einordnung unter den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 2 B 68.13 – juris Rn. 8 m. w. N.).

55

Der Beklagte hat mit der Beschwerde vorgetragen, das Oberverwaltungsgericht habe die Anfechtungsklage zu Unrecht als zulässig und begründet angesehen. Wäre der Widerspruch unzulässig gewesen, hätte die Anfechtungsklage abgewiesen werden müssen (Beschwerdebegründung vom 6. Dezember 2021 S. 9). Dieser Verfahrensfehler liegt – wie bereits dargestellt – vor. Auf ihm beruht das angegriffene Urteil auch, weil die Berufung des Beklagten bei zutreffender Handhabung der Verfahrensvorschriften Erfolg hätte haben müssen. Mangels eines von der Klägerin zulässig erhobenen Widerspruchs hätte die Klage als unzulässig abgewiesen werden müssen (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1, § 69 VwGO).

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4. Der Senat nimmt den Verfahrensmangel zum Anlass, die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30. September 2014 und des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2021 nach § 133 Abs. 6 VwGO aufzuheben und die Klage abzuweisen. Zwar ermächtigt diese Norm das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich nur dazu, den Rechtsstreit nach Aufhebung des angefochtenen Urteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Eine solche Zurückverweisung verliert jedoch ihren Sinn, wenn – wie hier – eine korrekte Handhabung der Verfahrensvorschriften, deren Nichtbeachtung zur Aufhebung des angegriffenen Urteils geführt hat, zwangsläufig die Abweisung der Klage zur Folge haben muss. In derartigen Fällen entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das prozessrechtlich zwingende Verfahrensergebnis im Interesse der Verfahrensökonomie im Beschwerdeverfahren selbst herzustellen (BVerwG, Beschlüsse vom 2. April 1996 – 7 B 48.96 – Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 22 Rn. 13 und vom 2. November 2011 – 3 B 54.11 – Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 96 Rn. 7; hierzu auch Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 133 Rn. 39; Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 133 Rn. 88; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 133 Rn. 22 oder Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 133 Rn. 51).

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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG.