Beschluss des BPatG München 28. Senat vom 21.06.2022, AZ 28 W (pat) 521/21

BPatG München 28. Senat, Beschluss vom 21.06.2022, AZ 28 W (pat) 521/21, ECLI:DE:BPatG:2022:210622B28Wpat521.21.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2020 228 640.6

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Juni 2022 unter Mitwirkung des Richters Schödel sowie der Richterinnen Uhlmann und Berner beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Februar 2021 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Zeichen

2

Blocktrainer

3

ist am 21. Juli 2020 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register unter anderem für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 38: Ausstrahlung von Audio-, Video- und Multimedia-Inhalten im Internet und anderen Kommunikationsnetzen;

5

Klasse 41: Bereitstellung von elektronischen Publikationen; Bildung, Erziehung und sportliche Aktivitäten; Bereitstellung von Online-Publikationen [nicht herunterladbar]; Online-Bereitstellung von nicht herunterladbaren elektronischen Publikationen; Bereitstellung von Online-Videos, nicht herunterladbar; Produktion von Filmen für Unterrichtszwecke; Produktion von Filmen zu Unterhaltungszwecken; Produktion von Ton- und Videoaufzeichnungen für Bildungszwecke; Produktion von Trickfilmen; Online Publikation von Büchern und Zeitschriften; Publikation von Büchern und Zeitschriften; Publikation von Druckerzeugnissen; Ausbildungs- und Bildungsdienstleistungen.

6

Die Anmeldung wird beim DPMA unter der Nummer 30 2020 228 640.6 geführt.

7

Mit Beschluss vom 24. Februar 2021 hat die Markenstelle für Klasse 41 des DPMA durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise, nämlich für die oben genannten Dienstleistungen zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen enthalte für die versagten Dienstleistungen lediglich eine Sachinformation über deren Anbieter und deren thematischen Gegenstand. Das Anmeldezeichen weise lediglich auf irgendeine Person hin, die die Technik des „Blocktrainings“ beherrsche und vermittle. Darunter sei eine spezielle Trainingsform zu verstehen, die insbesondere im Leistungssport verwendet werde. Auch im Bereich Persönlichkeitsentwicklung sowie im Rahmen wirtschaftlicher Weiterbildungen werde Blocktraining als eine Art Kompetenztraining angewendet. Die versagten Dienstleistungen könnten von einem solchen Trainer durchgeführt bzw. erbracht werden. Ebenso könnten sie sich inhaltlich auf ein Blocktraining beziehen.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat das Dienstleistungsverzeichnis im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 16. Februar 2022 in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen wie folgt beschränkt, nachdem der Senat mit Schreiben vom 13. Dezember 2021 unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 – 2; Bl. 16 – 29 GA) darauf hingewiesen hat, dass er das Anmeldezeichen für nicht schutzfähig erachte:

9

Klasse 38: Ausstrahlung von Audio-, Video- und Multimedia-Inhalten im Internet und anderen Kommunikationsnetzen zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain;

10

Klasse 41: Bereitstellung von elektronischen Publikationen zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Bildung, Erziehung zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Bereitstellung von Online-Publikationen [nicht herunterladbar] zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Online-Bereitstellung von nicht herunterladbaren elektronischen Publikationen zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Bereitstellung von Online-Videos, nicht herunterladbar zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Produktion von Filmen für Unterrichtszwecke zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Produktion von Filmen zu Unterhaltungszwecken zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Produktion von Ton- und Videoaufzeichnungen für Bildungszwecke zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Produktion von Trickfilmen zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Online Publikation von Büchern und Zeitschriften zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Publikation von Büchern und Zeitschriften zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Publikation von Druckerzeugnissen zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain; Ausbildungs- und Bildungsdienstleistungen zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain.

11

Sie beantragt sinngemäß,

12

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 24. Februar 2021 aufzuheben.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

14

Die Beschwerde ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie nach der seitens der Beschwerdeführerin vorgenommenen zulässigen Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses in Bezug auf die nunmehr beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen begründet, da insoweit Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht festgestellt werden können.

15

1. Das Anmeldezeichen verfügt insbesondere über die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.

16

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198, Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932, Rdnr. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301, Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934, Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228, Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, Rdnr. 53 – Henkel; BGH, a. a. O., Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376, Rdnr. 11 – grill meister).

17

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH, a. a. O., Rdnr. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH, a. a. O. – #darferdas?; a. a. O., Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872, Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH, a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146, Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 18 – HOT).

18

b) Nach diesen Grundsätzen kann dem Wortzeichen „Blocktrainer“ auf der Grundlage der im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 16. Februar 2022 erfolgten Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen die notwendige Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden.

19

aa) Wie bereits die Markenstelle und der Senat in seinem Hinweis vom 13. Dezember 2021 ausgeführt haben, werden zumindest große Teile der angesprochenen breiten, allgemeinen Verkehrskreise der Verbraucher das angemeldete Zeichen „Blocktrainer“ als eine von dem Betriff „Blocktraining“ abgeleiteten Begriff auffassen. Das Blocktraining zielt darauf ab, einen Trainingsprozess in Zyklen und Perioden aufzuteilen und ist eine spezielle, insbesondere im Leistungssport genutzte Trainingsform. Sie werden daher das Anmeldezeichen als Bezeichnung für eine Person auffassen, die Blocktraining als Trainer anwendet oder anbietet.

20

bb) Die Beschwerdeführerin hat die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen durch Schriftsatz vom 16. Februar 2022 gemäß § 39 Abs. 1 MarkenG wirksam eingeschränkt, so dass dem Anmeldezeichen im Hinblick auf diese kein beschreibender Aussagegehalt mehr zukommt.

21

aaa) Die neue Fassung des Verzeichnisses der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen stellt sich zunächst weder als Aufnahme neuer Dienstleistungen, noch als Austausch von Dienstleistungen oder als Wegfall einschränkender Zusätze dar, so dass keine unzulässige Erweiterung mit der Folge einer Erweiterung des Schutzbereichs vorliegt (vgl. Miosga in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Auflage, § 39 Rdnr. 3).

22

bbb) Die genannte Einschränkung der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen entspricht dem Gebot der Rechtssicherheit (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 114ff. – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 778 Rdnr. 9 – Willkommen im Leben). Dieses gebietet, dass der Umfang des Markenschutzes für Dritte und insbesondere Konkurrenten aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis klar und eindeutig hervorgehen muss (EuGH GRUR 2012, 822 Rdnr. 46ff. – IP Translator). Dazu muss die Einschränkung die allgemeinen und objektiven Eigenschaften und Zweckbestimmungen der Waren und Dienstleistungen in einer wirtschaftlich nachvollziehbaren und damit rechtlich abgrenzbaren Weise betreffen, wobei es auf dauerhafte charakteristische Kriterien ankommt (BGH GRUR 2002, 340 Rdnr. 29 – Fabergé; GRUR 2013, 725 Rdnr. 33 – Duff Beer). Nicht zulässig ist es, sich darauf zu beschränken anzugeben, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen (BPatG 26 W (pat) 513/18 – Popcorn).

23

ccc) Die vorgenommenen Änderungen der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen im Bereich der Produktion und Verbreitung von (elektronischen) Medien dienen durchweg deren positiver thematischen Bestimmung. Der jeweilige Zusatz „zu den Themen Bitcoin, Kryptowährungen und Blockchain“ ist mit seiner Thematik Kryptowährungen und deren technischer Basis geeignet, eine objektive Eigenschaft der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen zu beschreiben und von solchen Dienstleistungen mit einer sportlichen Thematik, für die der Bezeichnung „Blocktrainer“ eine Sachangabe entnommen werden kann, rechtlich abzugrenzen. Sie wurden zudem in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise von der Beschwerdeführerin definiert (vgl. BGH GRUR 2015, 587 Rdnr. 21 – PINAR; BPatG 30 W (pat) 515/10 – nanoLine). Gegen eine derartige Beschränkung von medialen Dienstleistungsbegriffen auf bestimmte Themen und Inhalte bestehen keine Bedenken (vgl. EuGH a. a. O., – Postkantoor; BGH a. a. O. – Willkommen im Leben).

24

Der Senat konnte nicht feststellen, dass die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen von einem Blocktrainer oder mittels eines Blocktrainings erbracht werden. Das Anmeldezeichen wurde zwar vor dem Anmeldetag bereits umfangreich für eine Person, die Blocktraining als Trainer anwendet oder anbietet, verwendet. Allerdings lässt sich nur eine Verwendung im – nicht digitalen – Sportbereich in Form einer Trainerbezeichnung ermitteln. Daneben lässt sie sich vor dem Anmeldetag nur im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung nachweisen. Vor diesem Hintergrund sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, wonach sich das Anmeldezeichen als Benennung des Erbringers der noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen oder der Art und Weise ihrer Erbringung eignen könnte.

25

ddd) Ebenso wenig ist ersichtlich, dass durch das in Frage stehende Zeichen ein enger beschreibender Bezug zu den noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen hergestellt wird.

26

2. Aus den vorgenannten Gründen besteht das Anmeldezeichen auch nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen dienen können. Damit unterliegt die angemeldete Marke auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.