Beschluss des BPatG München 26. Senat vom 28.02.2022, AZ 26 W (pat) 574/20

BPatG München 26. Senat, Beschluss vom 28.02.2022, AZ 26 W (pat) 574/20, ECLI:DE:BPatG:2022:280222B26Wpat574.20.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 020 681.5

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. Februar 2022 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie des Richters Dr. von Hartz und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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Brandenberg

3

ist am 4. September 2019 unter der Nummer 30 2019 020 681.5 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Dienstleistungen der

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Klasse 37: Bauwesen; Bergbauarbeiten; Steinbrucharbeiten;

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Klasse 39: Energieversorgung, nämlich Lieferung und Verteilung von elektrischer Energie [Strom]; Verteilung von Elektrizität zur Stromversorgung; Lieferung und Verteilung von Energie; Lieferung und Verteilung von Energie an Privathaushalte, Gewerbebetriebe und öffentliche Einrichtungen; Verteilung von Energie zum Heizen und Kühlen von Gebäuden; Speicherung von Energie; Speicherung von Elektrizität;

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Klasse 40: Erzeugung von Energie; Erzeugung von Elektrizität; Erzeugung von elektrischem Strom; Abfallverarbeitung und -verwertung; Abfallrecycling; Abfallaufbereitung [Rückgewinnung]; Aufwertung wiederverwerteter Abfallprodukte [Upcycling];

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Klasse 44: Aufforstung; Aufforstungsdienste; Pflanzen von Bäumen; Pflanzen von Bäumen als CO2-Ausgleich.

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Mit Beschluss vom 7. Mai 2020 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 39 des DPMA die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen wirke wie eine geographische Herkunfts- und/oder Bestimmungsangabe, weil es die Bezeichnung einer Gemeinde im Bundesland Tirol der Republik Österreich sei. Die beanspruchten Dienstleistungen könnten in Brandenberg erbracht oder angeboten oder für Brandenberg bestimmt sein. Es handele sich daher um eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftsweisenden Gehalt.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Ansicht, die österreichische Gemeinde „Brandenberg“, die aus den Dörfern Brandenberg und Aschau mit lediglich 1.520 Einwohner bestehe und geringe wirtschaftliche Bedeutung habe, sei den inländischen Verkehrskreisen nicht bekannt. Das Anmeldezeichen werde vielmehr als Familiennamen verstanden. Dementsprechend sei eine Vielzahl von Marken mit der Endung „berg“ eingetragen worden, wie „Lorsenberg“ (30 2017 238 044), „Deegenberg“ (30 2018 006 438), „BENNBERG“ (30 2018 007 705), „Schmalenberg“ (30 2018 010 576), „Palmberg“ (30 2018 012 036), „GOOSEBERG“ (30 2018 019 777), „Häddelberg“ (30 2018 020 511), „Wunderberg“ (30 2018 025 949), „Sonnenberg“ (30 2018 030 052), „roterberg“ (30 2018 100 304), „Cadenberg“ (30 2018 209 561), „Stolzenberg“ (30 2018 222 353), „Mainberg“ (30 2018 232 495), „Remberg“ (30 2018 235 101), „schwarzberg“ (30 2018 235 923), „Walberg“ (30 2019 014 913), „Roßberg“ (30 2019 103 131), „Wallenberg“ (30 2019 201 233), „scharfenberg“ (30 2019 206 509), „Kammerberg“ (30 2019 209 850). Selbst wenn man aber davon ausginge, dass dem inländischen Verkehr der österreichische Ort „Brandenberg“ bekannt sei, fehle es aufgrund der geringen Größe und wirtschaftlichen Bedeutung an einer beschreibenden Verwendung dieser Ortsbezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen sowohl gegenwärtig als auch in der Zukunft.Der Anmelder beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des DPMA vom
7. Mai 2020 aufzuheben.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

13

1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „
Brandenberg“ als Marke für die beanspruchten Dienstleistungen steht das Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

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a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Bestimmung verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die ein Merkmal oder mehrere Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2011, 1035 Rdnr. 37 – Agencja Wydawnicza Technopol/HABM [1000]; BGH WRP 2021, 1166 Rdnr. 13 f. – Black Friday; GRUR 2017, 186 Rdnr. 38 – Stadtwerke Bremen). Ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt nicht voraus, dass die Zeichen und Angaben nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehenden Verkehrsverständnis bereits tatsächlich für die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibend verwendet werden. Wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, genügt es, dass die Zeichen oder Angaben diesem Zweck dienen können. Ein Freihaltebedürfnis liegt deshalb auch vor, wenn die Benutzung der angemeldeten Marke als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 2010, 534 Rdnr. 52 – Prana Haus/HABM [PRANAHAUS]; GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – HABM/Wrigley [Doublemint]; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – Campina Melkunie [BIOMILD]; BGH a. a. O. – Black Friday; a. a. O. Rdnr. 42 – Stadtwerke Bremen).

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aa) Ob ein Zeichen oder eine Angabe beschreibend ist, bestimmt sich nach dem Verständnis der Verkehrskreise, die als Abnehmer oder Interessenten der betroffenen Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 14 – Black Friday; GRUR 2009, 669 Rdnr. 16 – POST II). Dabei ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 23 – 25 – Bostongurka; a. a. O. – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 19 – Black Friday; a. a. O. – Stadtwerke Bremen).

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bb) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet die Eintragung einer geographischen Bezeichnung als Marke nicht nur, wenn die geographische Angabe einen bestimmten Ort bezeichnet, der für die betroffene Warengruppe bereits bekannt ist, sondern auch dann, wenn die geographische Angabe einen Ort bezeichnet, der von den beteiligten Verkehrskreisen gegenwärtig mit der betreffenden Warengruppe in Verbindung gebracht wird oder wenn dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 29, 31 f. und 37 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; GRUR 2004, 674 Rdnr. 56 – Postkantoor; EuGH a. a. O. Rdnr. 53 – Prana Haus/HABM [PRANAHAUS]; BGH a. a. O. Rdnr. 43 – Stadtwerke Bremen, GRUR 2009, 994 Rdnr. 14 – Vierlinden; GRUR 2003, 343, 344 – Buchstabe Z; GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein). Die damit verbundene Prognoseentscheidung darf nicht nur auf theoretischen Erwägungen beruhen, sondern muss anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Entwicklung realitätsbezogen erfolgen (BGH a. a. O. – Stadtwerke Bremen; a. a. O. Rdnr. 15
– Vierlinden; a. a. O. – Lichtenstein). Für die Frage der Schutzfähigkeit geographischer Herkunftsangaben ist daher insbesondere maßgeblich, ob angesichts der objektiven Gesamtumstände, insbesondere der wirtschaftlichen Bedeutung des Ortes und der Infrastruktur der umliegenden Region, die Möglichkeit der Eröffnung von Betrieben zur Produktion der beanspruchten Waren oder zur Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 26 ff. – PRANAHAUS; a. a. O. Rdnr. 31-34 – Chiemsee). Auch wenn es sich für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses nicht um eine bekannte geographische Herkunftsangabe handeln muss, muss der angesprochene Verkehr in dem Zeichen aber zumindest eine Ortsangabe erkennen (vgl. BPatG 26 W (pat) 520/10 – Salva).

17

b) Nach diesen Maßstäben hat sich das Anmeldezeichen „
Brandenberg“ zum Anmeldezeitpunkt, dem 4. September 2019, als geographische Herkunftsangabe geeignet, weil es nur den Angebots-, Erbringungs- oder Bestimmungsort der beanspruchten Dienstleistungen angibt.

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aa) Von den beanspruchten Diensten der Klassen 37, 39, 40 und 44 werden in erster Linie private und staatliche Unternehmensinhaber sowie Angehörige der unternehmerischen Führungsebene angesprochen, während sich die Bau-, Baumpflanz- und Energieversorgungsdienstleistungen auch an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher richten.

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bb) Das Anmeldezeichen „Brandenberg“ ist für den angesprochenen Verkehr als geographische Angabe ohne weiteres erkennbar. Denn es weist aufgrund der Endsilbe „berg“ entweder auf einen bestimmten Berg bzw. eine bestimmte größere Erhebung im Gelände oder auf den Namen einer Stadt oder eines Ortes hin. Insoweit handelt es sich um eine typische Endung eines geographischen Namens, wie die u. a. bundesweit bekannten Städtenamen „Heinsberg, Arnsberg, Nürnberg, Amberg, Bad Camberg, Dannenberg, Friedberg, Landsberg, Leonberg, Pinneberg, Winterberg, Wittenberg, Bamberg“ oder „Heidelberg“ verdeutlichen (vgl. auch BPatG 30 W (pat) 37/20 – Lindberg; Kastner, Von Aachen bis Zypern – Geografische Namen und ihre Herkunft, 2007, S. 483, Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis (im Folgenden genannte Anlagen beziehen sich auf den gerichtlichen Hinweis); https://de.wikipedia.org/wiki/Ortsname, Anlage 2).

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cc) „Brandenberg“ ist aber auch tatsächlich eine im Brandenberger Tal gelegene österreichische Gemeinde mit über 1.500 Einwohnern, die zum Bezirk Kufstein in Tirol gehört und wirtschaftliche Bedeutung in den Bereichen Tourismus sowie Jagd- und Forstwirtschaft besitzt (https://de.wikipedia.org/wiki/Brandenberg_(Tirol), Anlage 3; DUDEN, Wörterbuch geographischer Namen, 1966, S. 86, Anlage 4). Tirol ist eines der beliebtesten Gebiete deutscher Urlauber. 2019/2020 wurden dort fast 21 Mio. Übernachtungen deutscher Touristen registriert (https://www.welt.de/reise/nah/ article13004728/Warum-der-Tirol-Urlaub-immer-deutscher-wird.html vom 30.03.2011, Anlage 5; https://www.ttr.tirol/maerkte-und-themen/herkunftsmaerkte-im-tiroler-tourismus/quellmarkt-deutschland, Anlage 6). Die Gemeinde liegt unweit der deutschen Grenze und gehört zur Bergregion der „Brandenberger Alpen“. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Ort einem relevanten Teil des inländischen Verkehrs bekannt ist.

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dd) Brandenberg ist aber auch der Name von deutschen Gemeindeortsteilen, die dem Verkehr weniger geläufig sind:

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– Brandenberg, Ortsteil der Gemeinde Frasdorf im Landkreis Rosenheim in Bayern;

23

– Brandenberg, Ortsteil der Gemeinde Hürtgenwald im Kreis Düren in Nordrhein-Westfalen;

24

– Brandenberg, Ortsteil der Gemeinde Moorenweis im Landkreis Fürstenfeldbruck in Bayern;

25

– Brandenberg (Schwarzwald), Ortsteil der Gemeinde Todtnau im Landkreis Lörrach in Baden-Württemberg;

26

– Brandenberg, Ortsteil der Gemeinde Seeshaupt im Landkreis Weilheim-Schongau in Bayern (https://de.wikipedia.org/wiki/Brandenberg, Anlage 7; Müllers großes deutsches Ortsbuch 2010, 32. Aufl., Band 1, S. 183, Anlage 8).

27

ee) Die weiten Teilen der inländischen Verkehrskreise bekannte österreichische Gemeine „Brandenberg“ wird von ihnen daher als geographische Angabe des Angebots-, Erbringungs- oder Bestimmungsorts der beanspruchten Dienstleistungen aufgefasst.

28

aaa) Aufgrund des Waldreichtums des Brandenberger Tales und seiner Seitentäler wurde dort seit dem 15. Jahrhundert Holzwirtschaft betrieben (Anlagenkonvolut 9). Das Anmeldezeichen gibt daher für die in Klasse 44 beanspruchten Dienstleistungen „
Aufforstung; Aufforstungsdienste; Pflanzen von Bäumen; Pflanzen von Bäumen als CO2-Ausgleich“ nur den Ort an, an dem sie erbracht werden.

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bbb) Gleiches gilt für die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 37 „
Bauwesen; Bergbauarbeiten; Steinbrucharbeiten“. Denn in der Gemeinde Brandenberg kann Bautätigkeit entfaltet werden. Ferner existierte dort ein Steinbruch (Anlage 10), so dass in der Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, dass dort wieder Steinbrucharbeiten vorgenommen werden. Auch Bergbau hat in Tirol eine lange Tradition. Dort wurden bis Ende des 20. Jahrhunderts Salz, Braunkohle und Magnesit abgebaut (Anlagenkonvolut 11), so dass Bergbauarbeiten in Brandenberg ebenfalls nicht unwahrscheinlich sind.

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ccc) Da die Dienstleistungen der Energieversorgung der Klasse 39

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Energieversorgung, nämlich Lieferung und Verteilung von elektrischer Energie [Strom]; Verteilung von Elektrizität zur Stromversorgung; Lieferung und Verteilung von Energie; Lieferung und Verteilung von Energie an Privathaushalte, Gewerbebetriebe und öffentliche Einrichtungen; Verteilung von Energie zum Heizen und Kühlen von Gebäuden; Speicherung von Energie; Speicherung von Elektrizität)“

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und die Dienstleistungen der Energieerzeugung sowie der Abfallverwertung der Klasse 40

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Erzeugung von Energie; Erzeugung von Elektrizität; Erzeugung von elektrischem Strom; Abfallverarbeitung und -verwertung; Abfallrecycling; Abfallaufbereitung [Rückgewinnung]; Aufwertung wiederverwerteter Abfallprodukte [Upcycling]

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keine besonderen geographischen oder klimatischen Bedingungen voraussetzen, können sie praktisch an jedem Ort, also auch in Brandenberg oder für Brandenberg erbracht werden (vgl. BPatG 26 W (pat) 563/11 – Gagny; 32 W (pat) 102/07 – JAVA: Anbaugebiet für Kakao; GRUR 2000, 149, 150 – WALLIS: Anbaugebiet für Inhaltsstoffe von Kosmetika; 30 W (pat) 37/20 – Lindberg: Anbaugebiet von Rohstoffen für Molkereiprodukte). In Brandenberg werden bereits Dienstleistungen rund um die Strom- und Gasversorgung angeboten (Anlage 12).

35

Dass sich in Brandenberg (bisher) kein Unternehmen der Abfallwirtschaft angesiedelt hat, steht der Annahme eines Freihaltebedürfnisses nicht entgegen. Zwar können Indizien für ein Freihaltebedürfnis bestehen, wenn bereits Unternehmen, die einen Bezug zu den in Rede stehenden Dienstleistungen aufweisen, einen Sitz in dem Ort haben und es sich um einen bekannten Ortsnamen handelt. Voraussetzung sind diese Tatsachen für die Annahme eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aber nicht (BGH GRUR 2003, 882 Juris-Tz. 17 – Lichtenstein).

36

ff) Der Umstand, dass der Name „Brandenberg“ verschiedene geographische Angaben bezeichnet, steht der Freihaltebedürftigkeit ebenfalls nicht entgegen. Die Einmaligkeit des Ortsnamens ist nicht Voraussetzung für die Annahme, dass die Bezeichnung in Zukunft als geographische Herkunftsangabe Verwendung finden kann. Dass ein Name mehrfach zur Bezeichnung eines – insbesondere kleineren – Ortes oder Ortsteils Verwendung findet, ist ebenso wenig ungewöhnlich wie der Umstand, dass der Name zudem als Eigenname feststellbar ist (BGH a. a. O. Juris-Tz. 15
– Lichtenstein; BPatGE 43, 52, 55 – Cloppenburg; BPatG 24 W (pat) 508/14
– Schwalm).

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gg) Darüber hinaus eignet sich die angemeldete Bezeichnung „Brandenberg“ auch als geographische Herkunftsangabe im Sinne des Bundeslandes „Brandenburg“. Zwar enthält „Brandenburg“ in der Endsilbe ein „u“ und kein „e“, aber das ist der einzige Unterschied in einem Wort mit 11 Buchstaben. Der Unterschied liegt zudem im drittletzten Schriftzeichen, so dass die Wortidentität am Wortanfang, dem regelmäßig ein größeres Gewicht beigemessen wird, gegeben ist. Deshalb ergibt sich auch aus der nahezu phonetischen und schriftbildlichen Übereinstimmung mit dem Namen dieses Bundeslandes ein Freihaltebedürfnis, weil der Verkehr die Abweichung regelmäßig oder zumindest sehr häufig nicht bemerken wird (vgl. BGH GRUR a. a. O. Juris-Tz. 18 – Lichtenstein; BPatG 27 W (pat) 552/11 – Laz Vegas), zumal die Endsilbe „burg“ genauso wie das Suffix „berg“ geographische Angaben darstellen.

38

aaa) Eine zur Bezeichnung des Bundeslandes Brandenburg geeignete Angabe kommt ohne weiteres auch als geographische Herkunftsangabe für die fraglichen Dienstleistungen in Betracht.

39

(1) Brandenburgs Waldfläche nimmt 37 Prozent der Gesamtfläche ein. Damit ist Brandenburg eines der waldreichsten Bundesländer Deutschlands. Zwei Drittel des Waldes gehört privaten Besitzern und zu einem Viertel dem Land Brandenburg. Dort wird daher bereits Forstwirtschaft betrieben (Anlagenkonvolut 13), so dass sämtliche Dienstleistungen der Klasse 44 dort erbracht werden bzw. können.

40

(2) Dort befinden sich auch Steinbrüche (Anlagenkonvolut 14), so dass dort Steinbrucharbeiten vorgenommen werden können. In Brandenburg ist auch umfangreich Bergbau betrieben worden (Anlagenkonvolut 15). In diesem Bundesland wird zudem rege Bautätigkeit entfaltet, so dass die fraglichen Dienste der Klasse 37 dort angeboten und/oder erbracht oder dafür bestimmt sein können.

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(3) Das Bundesland Brandenburg hat in den Jahren 2008, 2010 und 2012 in seiner Vorreiterrolle den Leitstern für den Ausbau erneuerbarer Energien erhalten. Zwei Drittel des Stromverbrauchs in Brandenburg werden rechnerisch mittlerweile aus erneuerbaren Energien gedeckt. Mit aktuell rund 3.700 Windenergieanlagen, 35.000 Photovoltaikanlagen sowie über 500 Biomasseanlagen kann Brandenburg im bundesweiten Vergleich die höchste installierte elektrische Leistung aus erneuerbaren Energien pro Einwohner vorweisen. Darüber hinaus befinden sich in Brandenburg insgesamt rund 41.000 Wärmepumpen, über 23.000 solarthermische Systeme, über 30 große Heizkraftwerke und Heizwerke (https://mwae.brandenburg.de/de/erneuerbare-energien/bb1.c.478388.de, Anlage 16). Deshalb ist in Brandenburg auch die künftige Erbringung der in den Klassen 39 und 40 beanspruchten Dienstleistungen der Energieversorgung und -erzeugung zu erwarten. Da dort auch schon Abfallverwertungsunternehmen angesiedelt sind (Anlagenkonvolut 17), gilt das auch für die beanspruchten Müllverarbeitungsdienste der Klasse 40.

42

2. Wegen seines unmittelbar beschreibenden Charakters fehlt dem Anmeldezeichen darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 1 MarkenG die erforderliche Unterscheidungskraft für die in Rede stehenden Dienstleistungen.

43

3. Schließlich führen auch die vom Anmelder genannten Voreintragungen mit dem Endbestandteil „berg“ zu keiner anderen Einschätzung. Wegen der Einzelheiten wird auf den ausführlichen gerichtlichen Hinweis vom 24. November 2021 Bezug genommen.

44

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.