Beschluss des BGH 1. Strafsenat vom 20.03.2025, AZ 1 StR 83/25

BGH 1. Strafsenat, Beschluss vom 20.03.2025, AZ 1 StR 83/25, ECLI:DE:BGH:2025:200325B1STR83.25.0

Verfahrensgang

vorgehend LG Kempten, 16. Oktober 2024, Az: 2 KLs 160 Js 16291/23

Tenor

Der Antrag des Nebenklägers      M.      vom 3. März 2025, ihm anstelle von Rechtsanwältin       D.         aus K.             Rechtsanwalt        R.       aus A.        als Beistand zu bestellen, wird zurückgewiesen.

Gründe

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1. Mit Anklageschrift vom 12. Dezember 2023 hat die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten H.      und dem Mitangeklagten besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers          M.             zur Last gelegt. Mit Beschluss vom 18. Januar 2024 hat das Landgericht Kempten (Allgäu) den Anschluss des Nebenklägers        M.           gemäß § 395 Abs. 3, § 396 Abs. 2 Satz 3 StPO zugelassen und ihm gemäß § 397a Abs. 1 Nr. 3 StPO Rechtsanwältin D.            als Beistand bestellt. Mit Urteil vom 16. Oktober 2024 hat das Landgericht den Angeklagten H.      lediglich der Körperverletzung schuldig gesprochen und ihn deswegen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte H.      mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision vom selben Tag. Am 3. März 2025 hat der Nebenkläger beim Landgericht beantragt, die bisherige Nebenklägervertreterin zu entbinden und stattdessen Rechtsanwalt           R.       aus A.       beizuordnen.

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2. Über den Antrag auf Bestellung eines Rechtsanwalts sowie die Aufhebung der Bestellung entscheidet der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts (§ 397a Abs. 3 Satz 2 StPO), im Falle von dessen Verhinderung dessen Stellvertreter.

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Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die Beistandsbestellung durch das erstinstanzliche Gericht wirkt bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens fort und erstreckt sich somit auch auf die Revisionsinstanz. Ein Wechsel in der Person des Beistands durch Rücknahme der ursprünglichen Beiordnung und Bestellung eines neuen Beistands kommt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in entsprechender Anwendung des § 143a StPO in Betracht (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2025 – 2 StR 454/24 Rn. 2 mwN). Die Beiordnung eines neuen Beistands setzt aber voraus, dass die hierfür in § 397a Abs. 1 StPO vorgesehenen gesetzlichen Anforderungen (noch) erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 15. März 2001 – 3 StR 63/01 Rn. 2). Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 143a StPO durch das Gesetz zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2128) der Auswechslung des einem Nebenkläger gemäß § 397a Abs. 1 StPO bestellten Beistands dergestalt einen neuen gesetzlichen Rahmen verleihen wollte, dass nunmehr bei Antrag auf Aufhebung der alten Beiordnung und Bestellung eines neuen Beistands für den Nebenkläger die Voraussetzungen des § 397a Abs. 1 StPO nicht mehr erneut zu prüfen wären. Das Gesetz diente der Anpassung der deutschen Rechtslage an die Richtlinie (EU) 2016/1919 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls (ABl. L 297 vom 4. November 2016, S. 1; L 91 vom 5. April 2017, S. 40; vgl. BT-Drucks. 19/13829, S. 1) und die Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (ABl. L 132 vom 21. Mai 2016, S. 1).

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Die gesetzlichen Anforderungen des § 397a Abs. 1 StPO sind hier nicht mehr erfüllt. Dem Angeklagten H.      liegt nach dem Urteil des Landgerichts bereits keine der in § 397a Abs. 1 StPO aufgeführten Taten zur Last. Dieses hat auch lediglich der Angeklagte mit seiner Revision angegriffen.

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Der Antrag hätte auch als Antrag nach § 397a Abs. 2 StPO keinen Erfolg. Es fehlt insoweit bereits die Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Nebenklägers.

Fischer

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