Beschluss des BVerwG 1. Wehrdienstsenat vom 30.10.2024, AZ 1 WB 23/24

BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 30.10.2024, AZ 1 WB 23/24, ECLI:DE:BVerwG:2024:301024B1WB23.24.0

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Vorenthaltung ziviler Weiterbildungen auf dem Fachgebiet der Pathologie.

2

Der … geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem März … enden. Im Juni … wurde er zum Oberfeldarzt befördert und mit Wirkung vom 1. April … in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Der Antragsteller ist seit November 2017 Facharzt für Pathologie und wurde zum 1. April 2014 an das …krankenhaus A. versetzt, wo er auf unterschiedlichen Dienstposten – seit März 2021 als Leitender Oberarzt der Abteilung … – verwendet wurde.

3

Im April 2019 beantragte der Antragsteller unter Bezugnahme auf schon 2017 besprochene Fortbildungspläne mit der schriftlichen Unterstützung des Klinischen Direktors des Instituts für Pathologie des …krankenhauses A. die Bewilligung und Finanzierung eines von ihm in seiner Freizeit zu absolvierenden Zusatzstudiums „Master of Health Business Administration“. Die Fortbildungsmaßnahme selbst wurde zwar genehmigt. Sein Antrag auf Kostenübernahme wurde aber mit Bescheid vom 23. September 2019 abgelehnt. Gleichwohl absolvierte er den Lehrgang in seiner Freizeit und erwarb den entsprechenden Masterabschluss am 7. Oktober 2021.

4

In einem Personalentwicklungsgespräch am 2. Juli 2020 wurde mit ihm sein Ziel einer Verwendung auf einem A-16-Dienstposten im Fachgebiet Pathologie sowie die Planungen des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr hinsichtlich seiner weiteren Förderung erörtert; dabei wurde ihm die Mitbetrachtung für Dienstposten Leitender Oberärzte der Pathologie in A. und B. zugesagt. Im Rahmen eines weiteren Personalentwicklungsgesprächs am 8. Juli 2022 äußerte der Antragsteller das Ziel, sich binnen zwei Jahren habilitieren zu wollen und die Position des Klinischen Direktors der Klinik für Pathologie des …krankenhauses A. anzustreben. Nachdem das Habilitationsvorhaben durch die Personalführung unterstützt wurde, wurde der Antragsteller in Umsetzung entsprechender Planungen für die Zeiträume vom 4. Oktober 2022 bis zum 17. Dezember 2022 und vom 9. Januar 2023 bis zum 30. Dezember 2023 – jeweils mit Unterbrechungen – zu diesem Zweck an die Universität … kommandiert.

5

Mit Schreiben vom 18. Mai 2021 beschwerte er sich wegen Benachteiligungen im Rahmen von Fortbildungen auf dem Fachgebiet der Pathologie. Seit 2012 strebe er eine entsprechende zivile Weiterbildung an einer bundesdeutschen Universitätsklinik an. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr habe dies wegen Personalengpässen immer wieder abgelehnt. Nachdem er erfahren habe, dass ein Kollege vom …krankenhaus in B. eine als Zeitsoldat begonnene zivile Weiterbildung als Berufssoldat fortsetze, sehe er sich diesem gegenüber benachteiligt. Der genannte Kollege könne durch die zivile Weiterbildung an einer Universitätsklinik einen Zweitfacharzt und eine Habilitation erwerben und damit bei der 2024 anstehenden Besetzung einer A-16-Abteilungsleiterstelle in A. einen deutlichen Vorteil erwerben.

6

Mit Bescheid vom 25. August 2021, dem Antragsteller ausgehändigt am 20. September 2021, wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde zurück. Der Antragsteller habe im November 2017 den Facharzt für Pathologie erworben. Im September 2017 habe er eine Fortbildung an einem zivilen Institut für Pathologie und ein Personalentwicklungsgespräch beantragt. Sein Vorgesetzter im …krankenhaus habe die angestrebte Weiterbildung für grundsätzlich notwendig und sinnvoll gehalten, aber auf die bis auf Weiteres bestehende Unabkömmlichkeit des Antragstellers wegen der Erkrankung eines Kollegen verwiesen. In dem Personalentwicklungsgespräch vom 30. November 2017 habe der Antragsteller den Wunsch nach einem zivilen Zweitstudium zum „Master of Health Business Administration“ (MHBA) und einer Habilitation geäußert. Eine sechsmonatige zivile Weiterbildung sei ihm unter Voraussetzung der Übernahme zum Berufssoldaten und der dienstlichen Abkömmlichkeit angeboten worden. 2019 habe er das Zweitstudium MHBA beantragt. Nach Einholung von Stellungnahmen von Vorgesetzten und des Kommandos Sanitätsdienst wurde der Antrag auf Kostenübernahme für diese Weiterbildung aber abgelehnt. Gleichwohl habe der Kommandeur des …krankenhauses die Fortbildung MHBA angeordnet, die der Antragsteller dann auch aufnahm und erfolgreich abschloss. In einem weiteren Personalentwicklungsgespräch vom 2. Juli 2020 habe der Antragsteller angegeben, einen auf einen A-16-Dienstposten im Fachgebiet Pathologie zielenden Verwendungsaufbau und eine Habilitation anzustreben. Ihm sei die Mitbetrachtung für entsprechende Dienstposten und die grundsätzliche Unterstützung seiner Habilitierung zugesagt worden. Seit März 2021 werde er als Leitender Oberarzt und Facharzt für Pathologie verwendet. Dies sei Voraussetzung für die Weiterentwicklung zum Klinischen Direktor (A 16), während die Habilitation und der Zweitfacharzt Neuropathologie nicht zwingend, aber wünschenswert seien.

7

Die Beschwerde sei mangels hinreichender Konkretisierung unzulässig, soweit allgemein das Unterbleiben einer zivilen Weiterbildung im Fach Pathologie gerügt werde. Soweit eine Weiterbildung zum Facharzt für Neuropathologie begehrt werde, sei sie unbegründet. Dieser zusätzlichen Zweitausbildung stünden dienstliche Gründe entgegen. Von den vier Dienstposten für Fachärzte für Pathologie am …krankenhaus A. seien nur drei besetzt, wobei ein Dienstposten krankheitsbedingt nicht gänzlich ausgefüllt werde. Da am …krankenhaus B. alle vier Dienstposten für Fachärzte für Pathologie besetzt seien, werde der Antragsteller gegenüber dem Kollegen dort nicht rechtswidrig ungleich behandelt. Die Auswahl für zivile Weiterbildungen richte sich nicht nach Leistungsgrundsätzen, sondern nach militärischer Zweckmäßigkeit, insbesondere der Verfügbarkeit. Durch die aktuelle Verwendung des Antragstellers werde für diesen die Grundlage für eine Förderung nach A 16 geschaffen. Im Übrigen sei ihm ein ziviles Studium MHBA genehmigt worden und er sei insoweit nicht mehr beschwert. Andere Entscheidungen seien bestandskräftig.

8

Hiergegen beantragte der Antragsteller am 20. Oktober 2021 die gerichtliche Entscheidung. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit einer Stellungnahme vom 14. Mai 2024 dem Senat vorgelegt.

9

Der Antragsteller macht geltend, ihm würden rechtswidrig Umstände entgegengehalten, die das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr durch Führungsmängel geschaffen habe. Der Beschwerdebescheid referiere die Behandlung seiner Anträge auf zivile Weiterbildung in tatsächlicher Hinsicht falsch, sinnentstellend und unvollständig. Er baue auf unzutreffenden Tatsachenannahmen auf und verletze den Amtsermittlungsgrundsatz. So habe er nicht erst 2017, sondern schon 2013 eine zivile Zusatzweiterbildung, ggf. Neuropathologie, verlangt. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr habe ihm auch keine Weiterbildung angeboten, vielmehr diese von Anfang an wegen Unabkömmlichkeit auf unbestimmte Zeit verschoben, ohne den Personalmangel in A. zu beheben. Unzutreffend sei auch, dass ihm eine bundeswehreigene Fortbildung „Führung in der Medizin“ empfohlen oder er dafür vorgesehen worden sei. Zwar habe die Kommandeurin des …krankenhauses sich mit seiner MHBA-Ausbildung einverstanden erklärt, aber versäumt, Haushaltsmittel hierfür bereitzustellen. Er habe das Studium privat finanzieren müssen. 2020 habe die Kommandeurin des …krankenhauses sein Habilitationsvorhaben zum Scheitern gebracht. Sein Begehren sei hinreichend konkret. Er habe in Gesprächen mit dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr zivile Weiterbildungen im Fachgebiet Pathologie verlangt, die Kollegen vom …krankenhaus B. bewilligt worden seien. Er habe Anspruch auf gleichmäßige Ermessensausübung und Chancengleichheit. Die unterschiedliche Behandlung sei nicht mit einer seit einem Jahrzehnt bestehenden Vakanzlage am …krankenhaus zu rechtfertigen. Unklarheiten hätte man durch Nachfrage klären können. Zwar sei im Ansatz richtig, dass Verwendungsentscheidungen im Rahmen dienstlicher Notwendigkeiten und Möglichkeiten stünden. Diese Erwägungen stünden aber ihrerseits unter dem Vorbehalt des Leistungsgrundsatzes. Die fachärztliche Weiterbildung sei Bestandteil der Fürsorge und stehe nicht im freien Ermessen. Der Facharzt für Neuropathologie sei auch keine Zweitausbildung. Die Entscheidung dürfe sich nicht auf die unterschiedliche Stellenbesetzungssituation in A. und B. stützen. Die Schieflage werde seit langem absichtlich beibehalten. Ärztlich gebotene Weiterbildungen müssten durch geeignete Personalführungsmaßnahmen ermöglicht werden. B.er Kollegen würden teure Weiterbildungsmaßnahmen unter Missachtung des Leistungsgrundsatzes bewilligt. Die damit ermöglichten Zusatzqualifikationen seien für Besetzungsentscheidungen relevant. Der Leistungsgrundsatz werde verletzt, indem anderen Soldaten zu seinem Nachteil Eignungsvorsprünge verschafft würden. Die Teilnehmerauswahl für Fortbildungen unterliege der hier unterbliebenen Beteiligung der Personalvertretung. Seine Qualifikation zum „Master of Health Business Administration“ sei mehr als zehn Jahre lang wegen Unabkömmlichkeit torpediert und von ihm in seiner Freizeit und auf eigene Kosten erworben worden.

10

Er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr seine berufliche Weiterentwicklung ohne triftigen Grund behindert und untergraben habe. Sein Feststellungsinteresse folgt daraus, dass hiermit seine weitere Beförderung verhindert und ihm bei der Besetzung höherwertiger Stellen geringere Qualifikationen zugeschrieben werden würden. Wegen der Weiterbildung zum Neuropathologen erschließe sich nicht, dass diese an dem in dieser Fachrichtung nicht ausgelasteten Standort B. bewilligt, im stärker belasteten …krankenhaus A. aber nicht.

11

Er strebe nach wie vor die Verpflichtung zur Gewährung, hilfsweise zu einer Neubescheidung einer Weiterbildung zum Facharzt für Neuropathologie an. Weiter hilfsweise begehre er die Feststellung, dass die Versagung der beantragten Weiterbildung rechtswidrig gewesen sei. Das Bundesministerium der Verteidigung sei zu verpflichten, ihn im Rahmen anstehender Besetzungen von A-16-Dienstposten so zu stellen, wie wenn ihm die Weiterbildung ermöglicht worden wäre. Außerdem müsse sein Abschluss als „Master of Health Business Administration“ für Zwecke künftiger Verwendungsentscheidungen anerkannt werden. Ihm seien unter Verletzung der Chancengleichheit entgegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 GG Weiterbildungen verweigert worden, die Kollegen im …krankenhaus B. erhalten hätten und die für die Besetzung von A-16-Stellen Kernqualifikationen darstellen würden. Das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr habe es versäumt, einen Belastungsausgleich zwischen den unterschiedlich belasteten …krankenhäusern in A. und B. herzustellen. Wegen dieses Dauerzustandes könne seinen Weiterbildungsbemühungen nicht dauerhaft Unabkömmlichkeit entgegengehalten werden.

12

Er beanstande die Einstufung und Teilschwärzung von Teilen der Verwaltungsvorgänge. Diese wiesen jedenfalls sein aktives Bemühen um eine Weiterbildung nach. Diese seien torpediert worden, indem man ihm eine substanzlose Betrachtung für einen anderen Lehrgang in Aussicht gestellt habe. Dahinter stehe die Taktik, ihm unter Bezugnahme auf die hohe Auslastung seiner Klinik eine Weiterbildung, die in anderen Häusern gewährt werde, zu verweigern. Die Geheimhaltung der Personen, gegenüber denen er benachteiligt worden sei, sei nicht gerechtfertigt.

13

Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

14

Zur Begründung verweist es auf den Beschwerdebescheid. Dessen Sachdarstellung entspreche der Aktenlage. Der Antragsteller sei nach einem Personalentwicklungsgespräch am 8. Juli 2022 für den Zeitraum 9. Januar 2023 bis 30. Dezember 2023 zur Habilitation an die Universität … kommandiert worden. Die Mitbetrachtung bei der Nachbesetzung des A-16-Dienstpostens des Klinischen Direktors am …krankenhaus A. sei ihm zugesagt worden.

15

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

16

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

17

1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO). Sein Rechtsschutzziel hat er mit Schriftsätzen vom 19. Juni 2024 und vom 30. September 2024 hinreichend konkretisiert. Hiernach begehrt er die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Gewährung einer Weiterbildung zum Facharzt für Neuropathologie, hilfsweise die Neubescheidung. Weiter hilfsweise wird die Verpflichtung, ihn im Rahmen anstehender Auswahlverfahren für A-16-Dienstposten so zu stellen, als wären ihm die Weiterbildung ermöglicht worden. Außerdem werden hilfsweise verschiedene Feststellungen begehrt. So soll festgestellt werden, dass ihm die Bewilligung ziviler Weiterbildungsmaßnahmen im Fach Pathologie – insbesondere zur Erlangung der Qualifikation „Master of Health Business Administration“, für eine Habilitation und für den Facharzt für Neuropathologie – durch die personalbearbeitende Stelle seit 2013 ermessensfehlerhaft verweigert oder verzögert wird. Weiter soll die Relevanz des erworbenen MHBA – Abschlusses für Verwendungsentscheidungen festgestellt werden.

18

2. Der auf die Bewilligung zur Teilnahme an der Ausbildung zum Facharzt für Neuropathologie an einer – nicht näher bezeichneten – zivilen Universitätsklinik gerichtete Verpflichtungsantrag bleibt auch in der Form des Bescheidungsantrages ohne Erfolg. Es kann dahinstehen, ob der Antrag schon unzulässig ist, weil der Antragsteller keinen konkreten Antrag entsprechenden Inhalts bei der personalführenden Stelle gestellt hat. Er ist jedenfalls unbegründet, weil diese zusätzliche Fortbildung nach Maßgabe der Ausführungen des Beschwerdebescheides ermessensfehlerfrei aus dienstlichen Gründen verweigert wurde.

19

a) Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2002 – 1 WB 30.02 – juris Rn. 8 m. w. N. und vom 14. Dezember 2017 – 1 WB 42.16 – juris Rn. 32 m. w. N.). Das gilt nicht nur für die Versetzung auf einen anderen Dienstposten, sondern auch für die ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Bewilligung einer die dienstliche Verwendung fördernden Weiterbildung innerhalb der Bundeswehr oder an einer zivilen Bildungseinrichtung.

20

Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2003 – 1 WB 57.02 – BVerwGE 118, 25 <27> und vom 14. Dezember 2017 – 1 WB 42.16 – juris Rn. 32).

21

Der Dienstherr kann das – sowohl private als auch dienstliche – Interesse an einer verwendungsfördernden Fortbildung seiner Soldaten ermessensfehlerfrei mit dem dienstlichen Interesse an der Besetzung von Dienstposten abwägen und letzteres auch höher gewichten. Bei der Feststellung und Gewichtung des dienstlichen Interesses kommt es im Ausgangspunkt auf die Einschätzung des Dienstherrn, nicht auf die des Antragstellers an (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2017 – 1 WDS-VR 8.16 – juris Rn. 28 und vom 7. Juni 2018 – 1 WB 32.17 – juris Rn. 28). Der Dienstherr entscheidet im Rahmen seines organisatorischen und personalwirtschaftlichen Ermessens auch, welche vorübergehenden Dienstpostenvakanzen hinnehmbar sind und wie Soldaten am zweckmäßigsten verwendet werden. Auch das Gericht ist nicht befugt, sich über die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle hinaus an die Stelle der Personalführung zu setzen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2020 – 1 WB 7.20 – juris Rn. 20 und vom 6. Mai 2021 – 1 WB 31.20 – juris Rn. 37).

22

b) Hiernach stellt der Beschwerdebescheid rechtsfehlerfrei darauf ab, dass dem Antragsteller die Kommandierung zu der in Rede stehenden Facharztausbildung wegen der angespannten Personallage im …krankenhaus A. verweigert werden durfte. Das dienstliche Interesse an einer Erledigung der Aufgaben seines dortigen Dienstpostens durfte ermessensfehlerfrei höher gewertet werden als das dienstliche und private Interesse des Antragstellers am Erwerb eines zweiten Facharzttitels.

23

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand des Antragstellers, der Dienstherr dürfe nicht zu seinen – des Antragstellers – Lasten auf einem von ihm zu vertretenden Umstand abstellen. Es ist weder substantiiert dargetan noch erkennbar, dass die Vakanzen in der klinischen Pathologie des …krankenhauses A. auf unzureichenden Bemühungen der Personalführung, geeignetes Personal zu finden und dorthin zu versetzen, beruhen könnten. Zudem erfolgt Personalführung im öffentlichen Interesse an der Erfüllung der Aufgaben der Streitkräfte und dient nicht dem Schutz subjektiver Rechte anderer Soldaten auf Fortbildung.

24

In der unterschiedlichen Belastungssituation liegt ein Grund, der die Ungleichbehandlung im Vergleich mit Kollegen des …krankenhauses B. rechtfertigt. Hiernach liegt weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch eine Verletzung des aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruches auf eignungs- und leistungsgerechte Weiterbildung nach Maßgabe pflichtgemäßen Ermessens vor.

25

3. Ohne Erfolg bleibt auch der Antrag auf die Verpflichtung, den Antragsteller im Rahmen anstehender Auswahlverfahren für A-16-Dienstposten so zu stellen, als wäre ihm die beantragte Weiterbildung ermöglicht worden. Einen solchen Anspruch gibt es nicht. Denn es ist weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich, dass der Antragsteller bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch das Unterbleiben der begehrten Fortbildungen einen Nachteil erlitten hat und es ist auch nicht absehbar, dass er in Bezug auf künftige – noch gar nicht konkret bezeichnete – Auswahlverfahren mit nicht näher konkretisierten Anforderungsprofilen einen Nachteil haben würde.

26

4. Die Feststellungsanträge sind unzulässig.

27

a) Soweit der Antragsteller sich gegen die Behandlung seines Antrages auf Bewilligung eines berufsbegleitenden zivilen Zweitstudiums für den „Master of Health Business Administration“ wendet, fehlt ihm das Feststellungsinteresse.

28

aa) Da der Antragsteller diese Qualifikation 2021 erlangt hat, wäre ein auf eine entsprechende truppendienstliche Verwendungsentscheidung gerichtetes Verpflichtungsbegehren wegen Erledigung unzulässig. Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, oder die Ablehnung einer solchen Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO verlangt zwar nicht mehr die Stellung eines förmlichen Feststellungsantrags; der Antragsteller muss aber das Feststellungsinteresse substantiiert geltend machen (stRspr, z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 – 1 WB 42.09 – juris m. w. N.).

29

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich das berechtigte Interesse an der Feststellung aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint; ein Feststellungsinteresse kommt auch in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 – 1 WB 60.11 – NVwZ 2013, 1227 Rn. 26 und vom 11. Dezember 2014 – 1 WB 6.13 – juris Rn. 24). Wird das Feststellungsinteresse auf die Absicht, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, gestützt, so gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats einschränkend, dass die Erledigung erst nach Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten sein darf; nur in einem solchen Fall entspricht es dem Gedanken der Prozessökonomie, das ursprünglich anhängige Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehren mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme fortzusetzen, um die im Verfahren vor dem Wehrdienstgericht gewonnenen Erkenntnisse für das nachfolgende Schadensersatzverfahren zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Juli 2011 – 1 WB 13.11 – Rn. 21 und vom 27. Mai 2014 – 1 WB 54.13 – juris Rn. 19, jeweils m. w. N.). Ist die Erledigung dagegen bereits vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten, so ist der Beschwerdeführer gehalten, seine Schadensersatzklage im Streitfall unmittelbar beim zuständigen (Verwaltungs- oder ordentlichen) Gericht zu erheben, das – neben den übrigen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs – inzident die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme überprüft.

30

bb) Soweit der Antrag sich auf die Kostenübernahmeverweigerung beziehen sollte, wahrt die Beschwerde vom 18. Mai 2021 die mit der Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides vom 23. September 2019 laufende Monatsfrist nicht. Tritt die Erledigung nach Bestandskraft einer dienstlichen Maßnahme ein, so kann der Betroffene prozessual nicht dadurch in eine bessere Position gelangen, dass er auf einen Feststellungsantrag übergeht. Hätte der ursprüngliche Rechtsbehelf ohne Prüfung der materiellen Rechtslage abgewiesen werden müssen, so darf diese Prüfung nicht durch den Übergang zum Feststellungsantrag erreicht werden. In dieser Fallkonstellation ist ein Antrag unabhängig vom Bestehen eines Feststellungsinteresses unzulässig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2020 – 1 WB 75.19 – juris Rn. 17 f. m. w. N.).

31

Es fehlt aber in jeder Hinsicht in Bezug auf den Erwerb dieses Masterabschlusses zudem an einem Feststellungsinteresse. Insbesondere folgt dieses nicht aus künftigen Auswahlverfahren für die Besetzung höherwertiger Dienstposten. Zum einen verfügt der Antragsteller unstreitig über die fragliche Qualifikation, so dass ihr Fehlen ihm nicht entgegengehalten werden kann. In diesem Kontext fehlt es auch an einem Rechtsschutzinteresse für die Anerkennung des Abschlusses für künftige Verwendungsentscheidungen. Der fragliche Abschluss ist in das Personalstammblatt des Antragstellers eingetragen. Daher ist nicht zweifelhaft, dass der Dienstherr den Erwerb als solchen anerkennt.

32

Vor diesem Hintergrund ist auch unerheblich, ob die vom Antragsteller beanstandeten Teilschwärzungen der Seiten 30 bis 32 des Verwaltungsvorganges berechtigt sind. Der Inhalt der geschwärzten Stellen ist nicht entscheidungserheblich.

33

b) Es fehlt auch an einem Rechtsschutzinteresse in Bezug auf das Begehren, ihm die Möglichkeit der Habilitation an einer zivilen Universität einzuräumen. Der Antragsteller ist entsprechend seinen in einem Personalentwicklungsgespräch vom 8. Juli 2022 geäußerten Wünschen für die Zeiträume vom 4. Oktober 2022 bis zum 17. Dezember 2022 und vom 9. Januar 2023 bis zum 30. Dezember 2023 – jeweils mit Unterbrechungen – zu diesem Zweck an die Universität … kommandiert worden. Insoweit ist sein Begehren damit durch die Bewilligung erledigt.

34

Nach Maßgabe der oben ausgeführten Grundsätze fehlt es auch insofern an einem Feststellungsinteresse. Insbesondere folgt dies nicht aus der Relevanz dieser Qualifikation für künftige Auswahlentscheidungen. Ob und wann der Abschluss für künftige Verwendungsentscheidungen Relevanz hat, kann nicht abstrakt vorab geprüft werden. Dies hängt maßgeblich vom Zuschnitt und den Aufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens ab. Der Dienstherr entscheidet im Rahmen seines organisatorischen und personalwirtschaftlichen Interesses über den Zuschnitt der Dienstposten und gestaltet vor diesem Hintergrund nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes Anforderungsprofile aus. Für welche künftige Verwendungsentscheidung die fragliche Qualifikation hiernach Bedeutung haben wird, ist nicht abstrakt vorab festzustellen. Dass es hiernach künftig auf die fragliche Qualifikation und/​oder den Zeitpunkt ihres Erwerbes ankommen könnte, ist zum einen nicht konkret absehbar. Zum anderen sind Auswahlentscheidungen nach dem Grundsatz von Eignung, Leistung und Befähigung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG auf der Grundlage tatsächlich vorhandener Qualifikationen von Kandidaten zu entscheiden und nicht nach Maßgabe von Qualifikationen, die diese hätten erwerben können. Dies gilt auch, soweit es auf die Dauer der mit einer Qualifikation verbundenen Erfahrung ankommt. Hat ein Konkurrent durch ermessensfehlerhafte Entscheidungen seiner personalführenden Stelle maßgebliche Qualifikationen nicht erwerben können, kann er nicht Gleichbehandlung mit einem Kandidaten verlangen, der die fragliche Qualifikation erworben hat, ist vielmehr allenfalls auf Schadlosstellung durch Schadensersatzansprüche verwiesen. Dass dem Antragsteller vor Rechtshängigkeit dieses Antrages aber ein Schaden entstanden wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Ein auf die Feststellung rechtswidriger Verzögerungen bezogenes Rechtsschutzinteresse besteht auch insoweit aus den oben angeführten Gründen nicht.

35

c) Es besteht hiernach auch kein schützenswertes Interesse an der Feststellung, dem Antragsteller sei in der Vergangenheit seit 2012 die Bewilligung einer Weiterbildung zum Facharzt für Neuropathologie rechtswidrig vorenthalten worden. Auch insoweit ist nicht vorab und allgemein, sondern erst in einem konkreten Besetzungsverfahren festzustellen, ob es auf die fragliche Qualifikation überhaupt ankommen wird. Außerdem erfolgen – wie ausgeführt – Verwendungsentscheidungen nach Maßgabe tatsächlich vorhandener Qualifikationen und nicht auf der Grundlage hypothetischer Erwägungen, so dass es in einem Auswahlverfahren auf entsprechende Feststellungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ankommen kann.

Kategorien: Allgemein