BPatG München 1. Senat, Beschluss vom 21.10.2024, AZ 1 W (pat) 18/24, ECLI:DE:BPatG:2024:211024B1Wpat18.24.0
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Patentanmeldung …
(hier: Verfahrenskostenhilfe)
hat der 1. Senat (Juristischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Oktober 2024 durch die Präsidentin Dr. Hock, den Richter Schell und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung eines Antrags auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe. Zeitgleich mit der vorliegenden Beschwerde hat der Antragsteller noch fünfzehn weitere Beschwerden in Verfahrenskostensachen zum Bundespatentgericht erhoben.
2
Der Antragsteller hat beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) im Zeitraum von 1997 bis Anfang März 2023 über 950 Patente und Gebrauchsmuster auf unterschiedlichen Fachgebieten angemeldet und seine Anmeldungen regelmäßig mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden. Bislang wurden ihm nach den Ausführungen des DPMA im vorliegend angegriffenen Beschluss 63 Patente erteilt.
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Den Verfahrenskostenhilfeantrag des Anmelders vom 30. Juni 2022 für die Patentanmeldung mit der Bezeichnung „…“, Aktenzeichen … …, hatte die Patentabteilung 54 des DPMA bereits mit Beschluss vom 7. Juni 2023 zurückgewiesen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig erscheine.
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Diesen Beschluss der Patentabteilung 54 vom 7. Juni 2023 hat der Senat im Beschwerdeverfahren 1 W (pat) 15/23 mit Beschluss vom 23. Oktober 2023 aufgehoben und die Sache zur weiteren Bearbeitung und Prüfung der Erfolgsaussichten an das DPMA zurückverwiesen, da Mutwilligkeit im Sinne der Regelung gem. § 130 Abs. 1 PatG i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO nach dem Wortlaut der Legaldefinition nur vorliegen könne, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. In dem Beschluss hat der Senat am Ende der Entscheidungsgründe einen Hinweis für das weitere Verfahren vor dem DPMA sowie für den Antragsteller formuliert.
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Die Patentabteilung 54 des DPMA hat daraufhin die Erfolgsaussichten der Anmeldung summarisch geprüft und den Antragsteller erneut aufgefordert, innerhalb von drei Monaten konkrete Verwertungsbemühungen für den im Verfahren angemeldeten Gegenstand sowie für seine anderen angemeldeten Schutzrechte darzulegen und mit geeigneten Nachweisen zu belegen. Sie hat den Antragsteller zudem darauf hingewiesen, dass ihn eine pauschale Berufung auf Geheimhaltungspflichten nicht von dieser Verpflichtung entbinde.
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Hierauf hat der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Mai 2024 erwidert, dass ihm von einem Patent-Interessenten auf Nachfrage untersagt worden sei, Informationen aus internen Gesprächen weiterzugeben, und dass er durch diese Nachfrage den Patent-Interessenten und Investor verloren habe. In diesem Schreiben verweist er auf die Datenschutz-Grundverordnung, die seiner Ansicht nach einer Weitergabe interner Kommunikation entgegenstehe. Er habe „die Patente“ jedoch dem Patentverwerter AST angeboten, der „einige Patente“ für Kunden hochgeladen habe. Als Beleg hat der Antragsteller Screenshots zweier E-Mails vorgelegt, die ohne erkennbares Datum und ohne Nennung von Aktenzeichen auf das Angebot von zwei Patenten Bezug nehmen.
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Mit Beschluss vom 4. Juni 2024 hat das DPMA – Patentabteilung 54 – den Antrag vom 30. Juni 2022 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Anmeldegebühr, die Gebühr für zusätzliche Patentansprüche sowie die Prüfungsgebühr für das Erteilungsverfahren erneut zurückgewiesen.
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Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Voraussetzung einer hinreichenden Aussicht auf Erteilung eines Patents nach einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten grundsätzlich erfüllt sei, dass die Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe jedoch mutwillig erscheine. Die Mutwilligkeit ergebe sich vorliegend aus der Vielzahl der seit 1998 getätigten Schutzrechtsanmeldungen auf unterschiedlichen Fachgebieten in Verbindung mit Verfahrenskostenhilfeanträgen einerseits und der fehlenden Verwertung bzw. fehlenden Verwertungsbemühungen andererseits. Es sei weder bekannt, dass der Antragsteller in der Vergangenheit die wirtschaftliche Verwertung eines Patents nach § 137 PatG angezeigt habe, noch habe er im vorliegenden Verfahren ausreichend zur Verwertung bzw. zu Verwertungsbemühungen vorgetragen und diese nachgewiesen. Auch auf die ausdrücklichen Aufforderungen durch das DPMA mit Zwischenbescheiden vom 13. März 2023 und 23. Januar 2024 habe der Antragsteller keine konkreten Angaben zu seinen auf den im vorliegenden Verfahren angemeldeten Gegenstand bzw. auf seine anderen angemeldeten Schutzrechte bezogenen Verwertungsanstrengungen sowie eventuelle Reaktionen auf diese gemacht. Seine pauschale Berufung auf Vermarktungsschwierigkeiten durch die Dauer des Patenterteilungsverfahrens sowie Geheimhaltungspflichten nach der DSGVO seien insoweit nicht zielführend. Insbesondere belege auch der allgemeine Hinweis auf eine Kontaktaufnahme mit mindestens 30 Firmen unter Nennung von zehn Firmen, die sich zum Teil auf die Nennung des Firmennamens beschränke, seine Vermarktungsbemühungen nicht ausreichend, da jeglicher konkrete Vortrag zu den Umständen der Kontakteaufnahmen und dem Stand etwaiger Verhandlungen fehle. Soweit nach dem Vortrag des Antragstellers ein Investor abgesprungen sei aufgrund einer im Raume stehenden, seiner Ansicht nach gegen die DSGVO verstoßenden Weitergabe vertraulicher Informationen, so fehle es auch hier an jeglichen Angaben zu dem Investor oder dem betroffenen Patent. Ebenso habe der Antragsteller weder die Aktenzeichen von zwei eigenen früheren Patenten, die er an den Patentverwerter AST übermittelt habe, genannt, noch zu einem tatsächlichen Vermarktungserfolg vorgetragen. Vielmehr würde die Vorlage von lediglich zwei Nachweisen in Anbetracht der Vielzahl an vergangenen Patentanmeldungen ein Bild spärlicher und erfolgloser Verwertungsbemühungen vermitteln. Der Vortrag des Antragstellers genüge insbesondere auch nicht den Anforderungen, die der Senat in seinem Beschluss vom 23. Oktober 2023, Az. 1 W (pat) 15/23, formuliert habe.
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Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde im vorliegenden Verfahren.
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Der Beschwerdeführer hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Zur Begründung seiner Beschwerde führt er aus, dass er nicht ausschließlich Verfahrenskostenhilfe in Anspruch nehme, sondern zahlreiche Patent selbst bezahlt habe. Des Weiteren habe er im Verfahren vor dem Amt zahlreiche Belege eingereicht, die seine Verwertungsversuche zeigen würden. Insgesamt habe er über 160 Firmen kontaktiert, von denen er mit einer „geringen Anzahl“ in Kontakt sei. Die Verwertung läge leider nicht in seiner Macht, sondern hänge von der jeweiligen Entscheidung der kontaktierten Firmen und Geschäftsleute ab. Einige Patente habe er auch der Vermarktungsfirma AST vorgestellt. Diese seien mit den Vermarktungs-Absichten dort eingetragen und an deren Kunden gesandt worden.
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Der Beschwerdebegründung waren ohne nähere Erläuterung als Anlagen zum einen sechs Kopien von Überweisungen bzw. Kontoauszügen sowie eine insgesamt 12-seitige Liste gesendeter E-Mails beigefügt, die im Zeitraum 25. September 2020 bis 15. Februar 2024 an verschiedene Empfänger versandt wurden. Dieselben Anlagen hat der Beschwerdeführer auch in fünfzehn weiteren parallelen Beschwerdeverfahren jeweils zusammen mit der – auch im Übrigen vollständig gleichlautenden – Beschwerdebegründung eingereicht.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten einschließlich der Akten des vorangehenden Beschwerdeverfahrens 1 W (pat) 15/23 Bezug genommen.
II.
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Die Beschwerde wurde auch ohne Zahlung einer Beschwerdegebühr wirksam erhoben, da Beschwerden in Verfahrenskostenhilfesachen gebührenfrei sind (vgl. Anmerkung nach Gebührentatbestand 401 300 gem. Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG).
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In der Sache bleibt die zulässige, insbesondere nach § 73 Abs. 1 PatG statthafte und gem. § 73 Abs. 2 PatG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ohne Erfolg, da ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht besteht.
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1. Gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 PatG erhält ein Anmelder im Verfahren zur Erteilung des Patents in entsprechender Anwendung der §§ 114 bis 116 ZPO Verfahrenskostenhilfe, wenn hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents besteht. Verfahrenskostenhilfe wird dabei nach der Vorschrift des § 114 Abs. 1 ZPO einem Antragsteller gewährt, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Über die hinreichende Erfolgsaussicht und die Bedürftigkeit hinaus setzt die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gem. § 130 Abs. 1 PatG i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO zudem voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. Der Begriff der Mutwilligkeit ist in § 114 Abs. 2 ZPO legaldefiniert. Danach ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Patentabteilung den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen. Zwar sind nach den Feststellungen der Patentabteilung sowohl die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers als auch – bei summarischer Prüfung – die Erfolgsaussichten der Patentanmeldung zu bejahen. Der Verfahrenskostenhilfeantrag ist jedoch bei Gesamtwürdigung aller Umstände des Falles als mutwillig zu bewerten, so dass ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren nicht besteht.
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a) Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit eines im Erteilungsverfahren gestellten Verfahrenskostenhilfeantrags und der insoweit relevanten Frage, ob eine nicht bedürftige Partei bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung trotz bestehender Erfolgsaussichten absehen würde, ist jeweils auf die konkrete Anmeldung eines Schutzrechts abzustellen. Die Mutwilligkeit eines Verfahrenskostenhilfeantrags kann daher nicht alleine deshalb angenommen werden, weil ein Anmelder – auch unter Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe – zahlreiche andere Anmeldungen ohne wirtschaftlichen Erfolg getätigt hat (vgl. BPatG, Beschluss vom 7. Dezember 2017, 30 W (pat) 709/16 – Mutwillige Massendesignanmeldung; Beschluss vom 18. November 2015, 19 W (pat) 58/12 – Verfahrenskostenhilfe für Patent neben Gebrauchsmuster, jeweils m. w. N.; vgl. im Einzelnen zu der insoweit nicht immer einheitlichen Rechtsprechung der Senate des BPatG Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl. 2020, § 130 Rn. 46 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Zahl der Anmeldungen lässt insbesondere dann nicht auf Mutwillen schließen, wenn der Antragsteller hierfür in der Vergangenheit selbst erhebliche Beträge aufgewendet hat (vgl. Schulte/Schell, PatG, 11. Aufl. 2022, § 130 Rn. 62 f.). Maßgeblich ist stets die auf die jeweilige Anmeldung bezogene Prüfung im Einzelfall, ob auch eine nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage insbesondere auch unter Berücksichtigung des Kostenrisikos ihr Recht im Verfahren in gleicher Weise wahrnehmen würde wie der Antragsteller. Bei dieser Prüfung kann das bisherige Anmelde- und Verwertungsverhalten des Antragstellers mit in die Gesamtbewertung einbezogen werden (vgl. BPatG, Beschluss vom 21. September 2006, 20 W (pat) 23/06 – Fernbedienung). Eine fehlende Verwertungsaussicht oder -absicht kann dabei ein Indiz für Mutwilligkeit sein, wenn zahlreiche vorhergehende Schutzrechte bestehen bzw. erteilt wurden, die jedoch nicht verwertet werden konnten (vgl. zum Designrecht BPatG a. a. O. – Mutwillige Massendesignanmeldung); dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Antragsteller unterstellt werden kann, sich nicht bzw. nicht ausreichend um die Verwertung seiner Schutzrechte zu bemühen (vgl. Busse/Keukenschrijver a. a. O.).
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b) Vorliegend ergibt die Gesamtbewertung aller Umstände unter Berücksichtigung der weiteren aktuellen und der Vielzahl der früheren Anmeldungen und der diesbezüglichen Verwertungshandlungen des Beschwerdeführers sowie seines Vortrags im vorliegenden Verfahren, dass eine nicht bedürftige Partei bei verständiger Würdigung der Verfahrenslage von der verfahrensgegenständlichen Patentanmeldung absehen würde, so dass die vorliegende Anmeldung mutwillig im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO erscheint und kein Anspruch des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe besteht.
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aa) Nach den unbestrittenen Feststellungen der Patentabteilung hat der Beschwerdeführer im Zeitraum von 1997 bis Anfang März 2023 über 950 Patente und Gebrauchsmuster auf verschiedenen Fachgebieten angemeldet und seine Anmeldungen regelmäßig mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, wobei im Ergebnis 63 Patente veröffentlicht wurden. Ein wirtschaftlich vernünftig denkender Anmelder, erst recht ein Privatanmelder, würde sich angesichts der hohen Kosten einer solchen Vielzahl von Anmeldungen schwerpunktmäßig um die Verwertung der in der Vergangenheit erteilten Schutzrechte bemühen, um wenigstens einen Teil der entstandenen Kosten wieder zu erwirtschaften, und weitere Anmeldungen nur bei ausreichenden Verwertungsaussichten tätigen (vgl. BPatG a. a. O. – Fernbedienung sowie zum Designrecht BPatG a. a. O. – Mutwillige Massendesignanmeldung).
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Von ernsthaften Verwertungsbemühungen des Antragstellers hinsichtlich in der Vergangenheit erteilter Schutzrechte kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.
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(1) Der Beschwerdeführer hat weder im Verfahren vor dem DPMA noch im Beschwerdeverfahren substantiiert zu derartigen Verwertungsbemühungen vorgetragen.
22
Aufgrund des festgestellten Anmeldeverhaltens des Beschwerdeführers in der Vergangenheit wäre es seine Sache gewesen, konkret zur Verwertung bzw. zu Verwertungsbemühungen hinsichtlich der erteilten Patente oder sonstigen Schutzrechte vorzutragen. Dies war ihm auch bekannt, da der Beschwerdeführer mehrfach, beispielsweise mit Zwischenbescheiden vom 13. März 2023 sowie 23. Januar 2024, von der Patentabteilung aufgefordert wurde darzulegen, welche konkreten Verwertungsbemühungen er sowohl für den im vorliegenden Verfahren angemeldeten Gegenstand als auch für seine anderen angemeldeten Schutzrechte bisher unternommen habe und wie die Reaktionen hierauf ggf. ausgefallen seien. Ebenso hat der Senat in seinem Beschluss vom 23. Oktober 2023 im Verfahren 1 W (pat) 15/23, mit dem das Verfahren zur weiteren Bearbeitung an das DPMA zurückverwiesen wurde, ausdrücklich die Anforderungen an einen diesbezüglichen Vortrag des Beschwerdeführers formuliert, dass dieser nämlich substantiiert zu seinen konkreten und kontinuierlichen Verwertungsbemühungen in Bezug auf seine angemeldeten und erteilten Patente und/oder Gebrauchsmuster vortragen müsse.
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Trotz dieser Hinweise hat der Beschwerdeführer nicht zu Verwertungsbemühungen hinsichtlich bestimmter erteilter Patente oder Gebrauchsmuster vorgetragen. Er hat sich darauf beschränkt, eine bloße Kontaktaufnahme zum Patentverwerter AST hinsichtlich zweier Patente/Anmeldungen vorzutragen, ohne deren Aktenzeichen oder den Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zu nennen, und sich im Übrigen auf Verwertungsschwierigkeiten aufgrund der langen Dauer der Patenterteilungsverfahren berufen. Inwieweit sich die mit der Beschwerdebegründung vorgelegte Liste versandter E-Mails auf in der Vergangenheit erteilte Schutzrechte bezieht, ist nicht erkennbar; ein Vortrag hierzu fehlt.
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(2) Unabhängig von diesem fehlenden konkreten Vortrag des Beschwerdeführers zu seinen Verwertungsbemühungen hinsichtlich erteilter Patente hat der Beschwerdeführer nach den diesbezüglichen Feststellungen der Patentabteilung auch zu keinem Zeitpunkt die wirtschaftliche Verwertung einer durch ein Patent geschützten Erfindung, hinsichtlich derer Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, gem. § 137 PatG angezeigt. Dies lässt positiv darauf schließen, dass aus diesen Schutzrechten Einkünfte in der Vergangenheit nicht erzielt wurden.
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(3) Schließlich hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahrenskostenhilfeverfahren in seiner vor dem DPMA abgegebenen Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keines der erteilten Schutzrechte, deren Inhaber er ist, als Vermögenswert angegeben. Wenn er diese Erklärung gewissenhaft abgegeben hat, wovon auszugehen ist, misst der Beschwerdeführer demnach seinen eingetragenen Schutzrechten selbst keinen realisierbaren Verkehrswert zu.
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bb) Ebenso fehlt konkreter Vortrag zu Verwertungsabsichten bzw. –bemühungen hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Patentanmeldung.
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Wie dargelegt lässt die fehlende Verwertung bestehender Schutzrechte nicht ohne Weiteres auf fehlende Verwertungsabsichten hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Patentanmeldung schließen, ihr kommt jedoch sehr wohl eine dahingehende Indizwirkung zu (s. o. Ziff. 2. a) sowie BPatG, a. a. O. – Mutwillige Massendesignanmeldung). Auch insoweit wäre es daher Sache des Beschwerdeführers, den entsprechende Mitwirkungspflichten treffen, gewesen, die sich aus der fehlenden Verwertung von Schutzrechten in der Vergangenheit ergebenden Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Verwertungsabsichten durch einen substantiierten Vortrag hinsichtlich seiner auf die verfahrensgegenständliche Anmeldung bezogenen Verwertungsbemühungen auszuräumen (vgl. BPatG, a. a. O. – Fernbedienung).
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Dem ist der Beschwerdeführer weder im Verfahren vor dem DPMA noch im Beschwerdeverfahren nachgekommen.
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Zunächst entbindet der pauschale Hinweis des Beschwerdeführers auf die Vorschriften der DSGVO diesen nicht von der Obliegenheit eines konkreten Vortrags zu seinen Verwertungsbemühungen, da die entsprechenden Unterlagen weder vom DPMA noch vom Bundespatentgericht in irgendeiner Weise öffentlich zugänglich gemacht werden und sie auch im Falle einer eventuellen Akteneinsicht nach § 31 PatG gewissen datenschutzrechtlichen Beschränkungen unterliegen.
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Des Weiteren war der Vortrag des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem DPMA auch unabhängig von der Frage einer namentlichen Nennung seines Geschäftspartners oder seiner Kontaktperson in keiner Weise substantiiert. Dies gilt insbesondere für die im Verfahren vor dem DPMA vorgetragene, nicht näher erläuterte Kontaktaufnahme mit „mindestens 30 Firmen“ sowie die Nennung von zehn Firmen in einer Anlage. Insoweit wird vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss verwiesen.
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Auch die Beschwerdebegründung enthält keinen substantiierten Vortrag zu Verwertungsabsichten und –bemühungen in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Anmeldung. Soweit der Beschwerdeführer in dieser vorträgt, insgesamt über 160 Firmen kontaktiert zu haben, von denen er mit einer „geringen Anzahl“ in Kontakt sei, so fehlt es an jeglicher Präzisierung dieser von ihm behaupteten Kontakte. Der beigefügte zwölfseitige Ausdruck versandter E-Mails lässt – schwer leserlich – zwar Empfänger, Betreff und Versanddatum der E-Mails erkennen, dies genügt jedoch nicht den Anforderungen an einen konkreten Vortrag zu den Verwertungsbemühungen des Beschwerdeführers. Zudem beziehen sich die versandten E-Mails ausweislich der Betreffzeilen auf eine Vielzahl von Patentanmeldungen, ohne dass eine Zuordnung, beispielsweise mit Aktenzeichen, zur verfahrensgegenständlichen oder anderen aktuellen Anmeldungen erfolgt.
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cc) Es bedurfte keines weiteren Hinweises an den Beschwerdeführer, dass sein Vortrag hinsichtlich der Verwertungsbemühungen erteilter Schutzrechte sowie der verfahrensgegenständlichen Anmeldung nicht ausreichend substantiiert ist.
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Der Senat hat in seinem Beschluss vom 23. Oktober 2023, Az. 1 W (pat) 15/23, ausdrücklich Anforderungen an einen Vortrag zu den Verwertungsbemühungen des Beschwerdeführers formuliert. In diesem Beschluss hat der Senat ausgeführt, dass es eines substantiierten Vortrags des Antragstellers zu seinen konkreten und kontinuierlichen (also nicht lediglich für einen kurzen Zeitraum unternommenen) Verwertungsbemühungen in Bezug auf seine angemeldeten und erteilten Patente und/oder Gebrauchsmuster bedürfe, um die sich aus dem über viele Jahre hinweg praktizierten Anmeldeverhalten und der bisherigen wirtschaftlichen Erfolglosigkeit sämtlicher angemeldeter und erteilter Patente und/oder Gebrauchsmuster ergebende Indiz für eine Mutwilligkeit seines Anmeldeverhalten zu entkräften. Die vom Antragsteller vorzulegenden Nachweise müssten in der gebotenen Ausführlichkeit die konkreten Zeitpunkte, die konkreten Adressaten und den konkreten Umfang seiner Anstrengungen darlegen, die er in der Vergangenheit und aktuell unternommen habe, um seine angemeldeten und erteilten Schutzrechte zu vermarkten. Dabei hat der Senat ausdrücklich klargestellt, dass dieser für das weitere Verfahren nach Zurückverweisung erteilte Hinweis auch dem Zweck diene, dem Antragsteller die ihm nach den gesetzlichen Vorgaben obliegenden Verpflichtungen zu verdeutlichen und ihm frühzeitig die Gelegenheit zu eröffnen, die erforderliche Dokumentation seiner Verwertungsversuche vorzubereiten.
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Ebenso hat die Patentabteilung in mehreren Zwischenbescheiden sowie in den Beschlüssen vom 7. Juni 2023 und 4. Juni 2024 die bestehenden Anforderungen an den Vortrag des Beschwerdeführers dargelegt und zudem im vorliegend angegriffenen Beschluss ausdrücklich festgehalten, dass der bisherige Vortrag des Beschwerdeführers den vom Senat formulierten Erfordernissen im Beschluss vom 23. Oktober 2023, Az. 1 W (pat) 15/23, nicht genüge. Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung wiederum nicht gerecht. Aufgrund der Vielzahl der in der Vergangenheit insoweit erteilten Hinweise und insbesondere auch des gerichtlichen Hinweises konnte der vorliegende Beschluss unmittelbar und ohne einen weiteren, in der Sache im Wesentlichen gleichlautenden Hinweis zu den Voraussetzungen eines relevanten Vortrags zu den Verwertungsbemühungen ergehen.
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dd) Im Übrigen spricht die Art und Weise, wie der Beschwerdeführer das vorliegende und weitere Verfahren führt, in keiner Weise für ernsthafte Verwertungsabsichten hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Anmeldung. Der Beschwerdeführer hat in diesem sowie fünfzehn weiteren Beschwerdeverfahren eine inhaltlich übereinstimmende Beschwerdebegründung mit einer als Anlage eingereichten ebenfalls übereinstimmenden Liste versandter E-Mails vorgelegt und hat sich trotz mehrfacher entsprechender Hinweise nicht zu einem auf das jeweils verfahrensgegenständliche Patent und dessen Verwertung bezogenen Vortrag veranlasst gesehen.
36
ee) Schließlich steht der Vortrag des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Gebührenzahlung bezüglich früherer Schutzrechtsanmeldungen der Annahme von Mutwilligkeit nicht entgegen. Zwar lässt unter Umständen eine hohe Zahl von Anmeldungen dann nicht auf Mutwillen schließen, wenn der Antragsteller hierfür in der Vergangenheit selbst erhebliche Beträge aufgewendet hat (vgl. Schulte/Schell, a. a. O. § 130 Rn. 63). Aus den der Beschwerdebegründung als Anlage beigefügten – wiederum schlecht lesbaren – Kontoauszügen und Überweisungsbelegen ergeben sich ohne erkennbare Jahreszahl zehn Überweisungen von Anmeldegebühren an das DPMA in der Währung „DM“, drei Gebührenzahlungen an das Europäische Patentamt im Jahre 1999 sowie die Zahlung einer Jahresgebühr an das DPMA vom 24. April 2024. Diese Zahlungen liegen damit nicht nur fast ausnahmslos weit in der Vergangenheit, sondern es handelt sich auch insgesamt nicht um „erhebliche Beträge“. Selbst wenn der Beschwerdeführer noch für einzelne weitere Patente bzw. Anmeldungen Gebühren gezahlt haben bzw. zahlen sollte, so fiele dies angesichts der großen Zahl der in der Vergangenheit angemeldeten sowie aktuell anhängigen Schutzrechte kaum ins Gewicht und würde an der Gesamtbewertung des Verhaltens des Anmelders nichts ändern.
37
ff) Der Vortrag des Beschwerdeführers lässt nach alledem nicht erkennen, dass er aus dem fehlenden wirtschaftlichen Erfolg früher erteilter Schutzrechte Konsequenzen hinsichtlich seiner aktuellen Anmeldungen und deren künftiger Verwertung gezogen hat und dass er sich ausreichend um die Verwertung seiner aktuell angemeldeten Schutzrechte bemüht. Vielmehr scheint er die vorliegende sowie die in den Parallelverfahren vor dem 1. Senat anhängigen Anmeldungen ohne jegliche Rentabilitätsüberlegungen alleine im Vertrauen auf staatliche Hilfe getätigt zu haben. Hierdurch unterscheidet er sich von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Anmelder, der über ausreichende Mittel verfügt, da dieser auch bei Erfolgsaussichten einer Patentanmeldung künftige Verwertungsmöglichkeiten sowie das bestehende Kostenrisiko in seine Entscheidung über eine Patentanmeldung einfließen lassen würde und daher nicht unabhängig von wirtschaftlichen Gegebenheiten fortlaufend Anmeldungen tätigen würde.
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Nach alledem erscheint die vorliegende Patentanmeldung mutwillig im Sinne von § 130 Abs. 1 S. 1 PatG i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO, so dass die Patentabteilung den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen hat.
39
3. Dieser Beschluss ist gem. § 135 Abs. 3 S. 1 HS. 2 PatG nicht mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar.