Urteil des BGH 11. Zivilsenat vom 24.09.2024, AZ XI ZR 40/22

BGH 11. Zivilsenat, Urteil vom 24.09.2024, AZ XI ZR 40/22, ECLI:DE:BGH:2024:240924UXIZR40.22.0

Verfahrensgang

vorgehend OLG Celle, 2. Februar 2022, Az: 3 U 51/21, Urteil
vorgehend LG Lüneburg, 1. März 2021, Az: 10 O 274/20

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Teil-Versäumnis- und Schlussurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Februar 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 1. März 2021 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden dem Kläger auferlegt.

Der Gegenstandswert beträgt bis 13.000 €.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.

2

Der Kläger erwarb im Juli 2016 ein gebrauchtes Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz zum Kaufpreis von 19.690 €. Zur Finanzierung des über die geleistete Anzahlung von 5.000 € hinausgehenden Kaufpreises schlossen die Parteien am 12. Juli 2016 einen Darlehensvertrag über 14.690 € mit einem gebundenen Sollzinssatz von 3,44% p.a. Zins- und Tilgungsleistungen sollten in 60 Monatsraten zu je 158,36 € und einer Schlussrate von 7.088,40 € erbracht werden.

3

Seite 1 des Darlehensvertrags enthält unter der Überschrift „Angabe zu den Teilzahlungen“ unter anderem den Hinweis:

„Der Darlehensnehmer kann von dem Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan verlangen.“

4

Unter der Überschrift „Auszahlungsbedingungen“ sind die von der Beklagten verlangten Sicherheiten – Sicherungsübereignung des Finanzierungsobjekts gemäß Abschnitt II der Darlehensbedingungen, Abtretung von Ansprüchen aus Arbeitsentgelt und auf Versorgungsbezüge gemäß Abschnitt II der Darlehensbedingungen und Vorlage der Unterlagen gemäß Selbstauskunft – aufgeführt. Ferner enthält Seite 1 des Darlehensvertrags unter der Überschrift „Ausbleibende Zahlungen“ folgende Angabe über die Verzugsfolgen:

„Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.“

5

Schließlich heißt es auf Seite 1 des Darlehensvertrags unter der Überschrift „Vorzeitige Rückzahlung des Darlehens“:

„Im Falle der vorzeitigen Rückzahlung kann der Darlehensgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Die Vorfälligkeitsentschädigung beträgt 1 Prozent beziehungsweise, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung geringer als ein Jahr ist, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags. Ist die so ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung höher als die Summe der noch ausstehenden Zinsen, wird diese Summe als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.“

6

Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger auf Seite 2 des Darlehensvertrags wie folgt:

7

Bestandteil des Darlehensvertrags waren ferner die auf Seite 8 des Darlehensvertrags abgedruckten Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten, die unter anderem folgende Klauseln enthalten:

„IX. Allgemeine Bestimmungen

1. …

5. Widerruft der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb der Widerrufsfrist, so hat er für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten.

6. …

X. Erfüllungsort und Gerichtsstand, Verbraucherstreitschlichtung

1. …

3. Der Darlehensnehmer hat die Möglichkeit, ein außergerichtliches Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren in Anspruch zu nehmen (Ombudsmannverfahren). Beschwerden sind an den Bundesverband deutscher Banken e.V., Kundenbeschwerdestelle, Postfach 04 03 07 in 10062 Berlin zu richten. Die Zugangsvoraussetzungen und die Verfahrensordnung für das Ombudsmannverfahren sind abrufbar unter www.bankenverband.de/ombudsmann oder unter der oben genannten Adresse erhältlich.“

8

Mit Schreiben vom 11. Mai 2020 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück.

9

Mit der Klage hat der Kläger zunächst (1.) die Feststellung, der Beklagten stünden aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag aufgrund des Widerrufs vom 11. Mai 2020 keine Ansprüche auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zu, (2.) die Zahlung von 13.551,44 € nebst Zinsen binnen sieben Tagen nach Herausgabe des finanzierten Fahrzeugs, (3.) die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und (4.) die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Nachdem er im Juli 2021 das Darlehen durch Zahlung der Schlussrate abgelöst und im August 2021 das Fahrzeug zu einem Preis von 12.300 € veräußert hatte, hat er zuletzt (1.) die Feststellung, dass sich der Antrag, der Beklagten stünden aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag aufgrund des Widerrufs vom 11. Mai 2020 keine Ansprüche auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zu, erledigt habe, (2.) die Zahlung von 9.290 € (= vom Kläger auf das Darlehen erbrachte Zahlungen zuzüglich Anzahlung abzüglich Veräußerungserlös) nebst Zinsen und (3.) die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten begehrt.

10

Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und dem Feststellungsantrag zu 1 sowie dem Zahlungsantrag zu 2 in Höhe von 1.900 € nebst Zinsen stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage – im Hinblick auf den schriftsätzlich angekündigten Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten im Wege des Teil-Versäumnisurteils – abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

11

Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, während der Kläger mit der Anschlussrevision seinen Zahlungsantrag in voller Höhe weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und zur vollständigen Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil. Dagegen ist die Anschlussrevision des Klägers unbegründet.

I.

13

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:

14

Die Erledigung des auf negative Feststellung gerichteten Antrags zu 1 sei nach der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers festzustellen. Die Erledigung der Hauptsache sei durch Zahlung der Schlussrate im Juli 2021 eingetreten. Der zulässigerweise auf negative Feststellung gerichtete Antrag sei auch begründet gewesen, da der Kläger seine darlehensvertragliche Willenserklärung am 11. Mai 2020 noch habe widerrufen können, so dass vertragliche Zahlungsansprüche der Beklagten auf Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr bestanden hätten. Dem Kläger habe im Zusammenhang mit dem Abschluss des Darlehensvertrags ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1, § 355 BGB zugestanden. Die Widerrufsfrist sei bei Abgabe der Widerrufserklärung am 11. Mai 2020 nicht verstrichen gewesen, da die Beklagte dem Kläger nicht sämtliche erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt habe. Dies betreffe die Angaben über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner Anpassung nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB, über den Zugang des Darlehensnehmers zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die Voraussetzungen für diesen Zugang nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB und über die Art des Darlehens nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB.

15

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte auch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 1.900 € zu. Er könne die an die Beklagte und die Fahrzeugverkäuferin geleisteten Zahlungen von insgesamt 21.590 € herausverlangen, worauf er sich den Veräußerungserlös von 12.300 € anrechnen lassen müsse. Ferner habe die Beklagte einen Wertersatzanspruch in Höhe von 7.390 €, mit dem sie hilfsweise aufgerechnet habe. Aufgrund der Veräußerung des Fahrzeugs sei das von der Beklagten geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht aus § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB entfallen.

II.

16

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.

17

A. Revision der Beklagten

18

Der Kläger hat den streitgegenständlichen, gemäß § 358 Abs. 3 BGB mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag nicht wirksam widerrufen. Das Berufungsgericht ist zwar noch zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Dies war aber – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – vorliegend bei Abschluss des Darlehensvertrags im Juli 2016 der Fall, so dass der Widerruf vom 11. Mai 2020 verspätet war. Aufgrund dessen hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

19

1. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, sind die von der Beklagten erteilten Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) ordnungsgemäß.

20

a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderliche Information über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (Senatsurteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 40 ff. mwN). Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag sollen die Angaben dem Darlehensnehmer die zuverlässige Abschätzung seiner finanziellen Belastung im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung ermöglichen, wobei dies durch eine im Wesentlichen wortgleiche Übernahme der Kappungsgrenzen des § 502 Abs. 3 BGB erfolgen und gegebenenfalls durch Angabe einer Pauschale als Obergrenze ergänzt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 5. November 2019 aaO Rn. 48 ff. mwN).

21

b) Daran ist auch auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) vom 21. Dezember 2023 (C-38/21,C-47/21 und C-232/21, juris Rn. 247 ff. – BMW Bank u.a.) festzuhalten. Danach ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. r der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) dahin auszulegen, dass in einem Kreditvertrag grundsätzlich für die Berechnung der bei vorzeitiger Rückzahlung des Kredits anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung die Berechnungsweise dieser Entschädigung in konkreter und für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher leicht verständlicher Weise angegeben werden muss, damit er den Betrag der bei vorzeitiger Rückzahlung anfallenden Entschädigung auf der Grundlage der in diesem Vertrag enthaltenen Angaben ermitteln kann. Auch wenn konkrete und leicht verständliche Angaben zur Berechnungsweise fehlen, kann ein solcher Vertrag aber der in dieser Bestimmung aufgestellten Verpflichtung genügen, sofern er andere Elemente enthält, die es dem Verbraucher ermöglichen, die Höhe der betreffenden Entschädigung und insbesondere den Betrag, den er im Fall der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits höchstens zu zahlen haben wird, leicht zu ermitteln (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 38).

22

Nach diesen Maßgaben erfüllen die von der Beklagten erteilten Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung die Anforderungen des Art. 10 Abs. 2 Buchst. r der Verbraucherkreditrichtlinie, weil ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung leicht berechnen kann. Dass die Angabe der Beklagten aufgrund der Umsetzung in das nationale Recht einer Klauselkontrolle nicht standhält, ist unbeachtlich. Bei richtlinienkonformer Auslegung hindert dies das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 2, § 356b BGB nicht (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 39).

23

2. Dagegen hat das Berufungsgericht zwar im Ausgangspunkt richtig gesehen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB resultierende Verpflichtung, über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung zu unterrichten, nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Dies stellt aber keinen Belehrungsfehler dar, der das Anlaufen der Widerrufsfrist hindert.

24

Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie die Information über den Verzugszinssatz nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB neben der Angabe der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung auch die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 33 mwN). Dem hat die Beklagte nicht genügt, weil sie auf Seite 1 des Darlehensvertrags lediglich darauf hingewiesen hat, dass der Verzugszinssatz für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz betrage.

25

Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung entschieden und im Einzelnen begründet hat, beginnt die Widerrufsfrist im Fall einer unvollständigen oder fehlerhaften Information nur dann zu laufen, wenn die Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit dieser Information nicht geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Darlehensvertrag herrührenden Rechte und Pflichten einzuschätzen, oder auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken und ihm gegebenenfalls die Möglichkeit zu nehmen, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie denen auszuüben, die vorgelegen hätten, sofern die Information vollständig und zutreffend erteilt worden wäre (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 34 mwN).

26

Nach diesen Maßgaben hindert das Fehlen der Angaben des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Verzugszinssatzes und der Art und Weise seiner Anpassung das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher in der Lage des Klägers hätte den streitgegenständlichen Darlehensvertrag auch abgeschlossen, wenn ihm bei Vertragsschluss über die im Vertrag enthaltenen Angaben hinaus auch der zu diesem Zeitpunkt geltende konkrete Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner Anpassung mitgeteilt worden wären. Er hätte einer solchen Angabe sowohl wegen der von ihm beabsichtigten ordnungsgemäßen und damit einen Verzugseintritt ausschließenden Vertragsdurchführung als auch wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Verzugszinses keine für den Vertragsschluss maßgebliche Bedeutung beigemessen, so dass er durch das Fehlen dieser Angabe nicht in Bezug auf seine Rechte und Pflichten irregeführt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 35).

27

3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB über den Zugang des Verbrauchers zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls zu den Voraussetzungen für diesen Zugang ordnungsgemäß erteilt.

28

Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung und unter Berücksichtigung der Urteile des EuGH vom 9. September 2021 (C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 128 ff. – Volkswagen Bank u.a.) und vom 21. Dezember 2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21, juris Rn. 244 ff. – BMW Bank u.a.) entschieden und im Einzelnen begründet hat, muss der Verbraucher im Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB über alle ihm seitens des Darlehensgebers zur Verfügung stehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die mit ihnen jeweils verbundenen Kosten informiert werden; ferner muss er im Kreditvertrag darüber belehrt werden, ob die Beschwerde oder der Rechtsbehelf auf Papier oder elektronisch einzureichen ist, des Weiteren über die physische oder elektronische Adresse, an die die Beschwerde oder der Rechtsbehelf zu senden ist, und schließlich über die sonstigen formalen Voraussetzungen, denen die Beschwerde oder der Rechtsbehelf unterliegt (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 44 f.).

29

Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte diese Pflichtangabe in Nummer X 3 der Darlehensbedingungen ordnungsgemäß erteilt. Sie hat die Schlichtungsstelle angegeben, die für sie zuständig ist. Eine Angabe zu den mit dem Schlichtungsverfahren verbundenen Kosten war entbehrlich, weil das Schlichtungsverfahren beim Ombudsmann der privaten Banken für den Verbraucher kostenfrei ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 46 mwN). Ferner hat die Beklagte angegeben, dass die Beschwerde an die Postadresse der Schlichtungsstelle zu richten ist. Im Hinblick darauf, dass es sich hierbei um einen üblichen und jedermann zugänglichen Übermittlungsweg handelt, bedurfte es der Angabe weiterer Übermittlungswege nicht (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2024 – XI ZR 113/21, WM 2024, 1207 Rn. 38). Einer Angabe von sonstigen formalen Voraussetzungen bedurfte es nicht. Darunter sind nur solche zu verstehen, die bei Nichtvorliegen ohne Weiteres zur Zurückweisung des Schlichtungsantrags führen, was indes nach der Verfahrensordnung des Ombudsmanns der privaten Banken nicht der Fall ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 aaO Rn. 47).

30

4. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihre Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, die Art des Darlehens anzugeben, ordnungsgemäß erfüllt.

31

Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie muss gegebenenfalls klar und verständlich angegeben werden, dass es sich um einen verbundenen Darlehensvertrag handelt und dass dieser Vertrag als befristeter Vertrag geschlossen worden ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 29 mwN). Diese Anforderungen hat die Beklagte erfüllt.

32

Aus den Angaben auf Seite 1 des Darlehensvertrags ergibt sich für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um einen befristeten Vertrag handelt. Denn dort ist die Laufzeit des Vertrags ausdrücklich angegeben.

33

Dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um einen mit dem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag handelt, folgt für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher hinreichend klar und verständlich aus der Widerrufsinformation, indem dort unter der Überschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ die Rechtsfolgen eines Widerrufs und die Wechselbezüglichkeit des Widerrufs nur eines der Verträge dargestellt werden.

34

5. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, erfüllt.

35

a) Insoweit kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen, weil die in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene Widerrufsinformation dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der vom 21. März 2016 bis zum 14. Juni 2021 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) entspricht. In den fortlaufend paginierten und dem Kläger zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen wird er auf Seite 2 deutlich auf das ihm nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht hingewiesen. Die Widerrufsinformation ist durch die Überschrift „Widerrufsinformation“ und weitere – in Fettdruck gehaltene – Zwischenüberschriften hervorgehoben und deutlich gestaltet. Sie entspricht, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 26 und vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 18), dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF. Die vorgenommenen Abweichungen hinsichtlich Format und Schriftgröße sind zulässig (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB). Dies gilt auch für die Anwendung der Gestaltungshinweise 2, 2a, 5, 5a, 5b, 5c, 5f und 5g. Dass es sich bei dem Darlehensvertrag und dem Kaufvertrag um verbundene Verträge nach § 358 BGB gehandelt hat, hat die Beklagte in der Widerrufsinformation unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ zutreffend angegeben.

36

Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion ist es – was der Senat mit Urteil vom 27. Februar 2024 (XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 25 f.) entschieden und im Einzelnen begründet hat – unschädlich, dass die Beklagte in der Widerrufsinformation den pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag auf der Grundlage des Vertragszinses mit 1,40 € rechnerisch richtig angegeben, in Nummer IX 5 der Darlehensbedingungen aber auf den Zinsanspruch verzichtet hat.

37

b) Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB steht – was der Senat ebenfalls mit Urteil vom 27. Februar 2024 (XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 19 ff.) entschieden und im Einzelnen begründet hat – das Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21, juris – BMW Bank u.a.) nicht entgegen. Die vom Kläger befürwortete richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Form einer teleologischen Reduktion überschritte im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, ihren Sinn und Zweck und die Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 aaO Rn. 24).

38

c) Schließlich wird die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation nicht durch die in Nummer IX 2 der Darlehensbedingungen der Beklagten enthaltene, nicht gesetzeskonforme Aufrechnungsbeschränkung berührt (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 27 mwN).

39

6. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte die Pflichtangabe nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB über die Auszahlungsbedingungen ordnungsgemäß erteilt. Diese Information ist auf Seite 1 des Darlehensvertrags unter der Überschrift „Auszahlungsbedingungen“ enthalten. Soweit der Kläger einen Hinweis darauf vermisst, dass der Darlehensnehmer in Höhe des ausgezahlten Betrags von seiner Verbindlichkeit auf Bezahlung des Kaufpreises befreit wird, ist dies entbehrlich (EuGH, Urteil vom 9. September 2021 – C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 78 und 80 – Volkswagen Bank u.a.; Senatsurteil vom 4. Juni 2024 – XI ZR 113/21, WM 2024, 1207 Rn. 41).

40

7. Schließlich sind die Angaben der Beklagten über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nicht zu beanstanden.

41

Soweit nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, auch das „einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“ gehört, bedurfte es dessen hier nicht. Zu diesen Angaben gehört, was der Senat mit Urteilen vom 5. November 2019 (XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 29 ff. und XI ZR 11/19, juris Rn. 27 ff.; siehe auch Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 41 mwN) bereits mit eingehender Begründung entschieden hat und vom EuGH mit Urteil vom 9. September 2021 (C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 103 ff. – Volkswagen Bank u.a.) bestätigt worden ist, nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB, sondern nur – soweit einschlägig, vorliegend allerdings nicht – die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 Abs. 1 BGB.

42

Die Beklagte hat die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB über das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, ordnungsgemäß erteilt. Auf das dem Kläger nach § 500 Abs. 2 BGB zustehende Recht zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens ist er auf Seite 1 des Darlehensvertrags klar und verständlich hingewiesen worden. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher versteht die dortigen Angaben zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens dahin, dass ihm ein solches Recht dem Grunde nach voraussetzungslos zusteht (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 42 mwN).

43

B. Anschlussrevision des Klägers

44

Die Anschlussrevision des Klägers ist unbegründet. Da der Kläger – wie dargelegt – den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen hat, steht ihm der noch verfolgte Zahlungsanspruch nicht zu.

III.

45

Das Berufungsurteil ist mithin auf die Revision aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, sondern die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

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