Urteil des BGH 11. Zivilsenat vom 24.09.2024, AZ XI ZR 209/22

BGH 11. Zivilsenat, Urteil vom 24.09.2024, AZ XI ZR 209/22, ECLI:DE:BGH:2024:240924UXIZR209.22.0

Verfahrensgang

vorgehend Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, 4. August 2022, Az: 4 U 60/21, Urteil
vorgehend LG Saarbrücken, 30. April 2021, Az: 1 O 11/21

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 4. August 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt und der Hilfswiderklage stattgegeben worden ist.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 30. April 2021 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden dem Kläger auferlegt.

Der Gegenstandswert beträgt bis 45.000 €.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.

2

Der Kläger erwarb im Januar 2018 ein gebrauchtes Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz zum Kaufpreis von 43.950 €. Zur Finanzierung des über die geleistete Anzahlung von 15.000 € hinausgehenden Kaufpreises schlossen die Parteien am 29. Januar 2018 einen Darlehensvertrag über 28.950 € mit einem gebundenen Sollzinssatz von 2,95% p.a. Zins- und Tilgungsleistungen sollten in 36 Monatsraten zu je 338,54 € und einer Schlussrate von 18.898,50 € erbracht werden.

3

Seite 1 des Darlehensvertrags enthält unter der Überschrift „Ausbleibende Zahlungen“ folgende Angabe über die Verzugsfolgen:

„Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.“

4

Ferner heißt es auf Seite 1 des Darlehensvertrags unter der Überschrift „Vorzeitige Rückzahlung des Darlehens“:

„Im Falle der vorzeitigen Rückzahlung kann der Darlehensgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Die Vorfälligkeitsentschädigung beträgt 1 Prozent beziehungsweise, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung geringer als ein Jahr ist, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags. Ist die so ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung höher als die Summe der noch ausstehenden Zinsen, wird diese Summe als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.“

5

Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger auf Seite 2 des Darlehensvertrags wie folgt:

6

Bestandteil des Darlehensvertrags waren ferner die auf Seite 7 des Darlehensvertrags abgedruckten Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten, die unter anderem folgende Klauseln enthalten:

„IX. Allgemeine Bestimmungen

1. …

5. Widerruft der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb der Widerrufsfrist, so hat er für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten.

6. …

X. Erfüllungsort und Gerichtsstand, Verbraucherschlichtung

1. …

3. Der Darlehensgeber nimmt am Streitbeilegungsverfahren der Verbraucherschlichtungsstelle „Ombudsmann der privaten Banken“ (www.bankenombudsmann.de) teil. Dort hat der Verbraucher die Möglichkeit, zur Beilegung einer Streitigkeit mit dem Darlehensgeber den Ombudsmann der privaten Banken anzurufen. Näheres regelt die Verfahrensordnung für die Schlichtung von Kundenbeschwerden im deutschen Bankgewerbe, im Internet unter www.bankenverband.de abrufbar ist. Die Beschwerde ist in Textform (z.B. mittels Brief, Telefax oder E-Mail) an die Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken e.V., Postfach 040307, 10062 Berlin, Fax: (030) 1663-3169, E-Mail: ombudsmann@bdb.de, zu richten.“

7

Mit E-Mail vom 3. April 2020 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück.

8

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten zuletzt (1.) die Zahlung von 46.086,21 € nebst Rechtshängigkeitszinsen nach Übergabe des finanzierten Fahrzeugs, (2.) die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten, (3.) die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag seit dem 23. Februar 2021 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zustehe, und (4.) die Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nebst Rechtshängigkeitszinsen verlangt. Er hält die Widerrufsinformation und eine Reihe von weiteren Pflichtangaben für fehlerhaft. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und dem Feststellungsantrag zu 3 stattgegeben. Auf die Hilfswiderklage der Beklagten hat es festgestellt, dass der Kläger verpflichtet sei, an die Beklagte Wertersatz für den Wertverlust des finanzierten Fahrzeugs in Höhe der Differenz zwischen dem Fahrzeugwert zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger und dem Verkehrswert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Herausgabe an die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung zu zahlen.

9

Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er den Zahlungsantrag zu 1 weiterverfolgt und sich gegen die Stattgabe der Hilfswiderklage wendet.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und zur vollständigen Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil. Dagegen ist die Anschlussrevision des Klägers unbegründet.

I.

11

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:

12

Der Kläger habe seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen. Die Widerrufsfrist für die Ausübung des Widerrufsrechts aus § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB sei im Zeitpunkt der Widerrufserklärung nicht abgelaufen gewesen, da der Darlehensvertrag keine ausreichenden Angaben zu dem Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner Anpassung enthalten habe. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger sei nicht rechtsmissbräuchlich. Ein Rechtsmissbrauch ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass der Kläger das Fahrzeug nach dem Widerruf noch genutzt habe. Der Feststellungsantrag zu 3 sei daher begründet.

13

Dagegen stehe dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Zins- und Tilgungsraten derzeit nicht zu. Diesem Anspruch könne die Beklagte bis zur Rückgabe des Fahrzeugs das Leistungsverweigerungsrecht aus § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, vom 13. Juni 2014 bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB entgegenhalten. Der Kläger habe die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs nicht in Annahmeverzug gesetzt. Aufgrund dessen seien auch der Feststellungsantrag zu 2 und der Zahlungsantrag zu 4 unbegründet. Da die Klage teilweise Erfolg habe, sei über die Hilfswiderklage zu entscheiden und die Wertersatzpflicht des Klägers festzustellen.

II.

14

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt – soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat – zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur vollumfänglichen Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil. Die Anschlussrevision des Klägers ist unbegründet.

15

A. Revision der Beklagten

16

Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger seine auf Abschluss eines mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Dem Kläger stand zwar bei Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist begann nicht zu laufen, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Dies war aber vorliegend bei Abschluss des Darlehensvertrags im Januar 2018 der Fall, so dass der Widerruf vom 3. April 2020 verspätet war.

17

1. Das Berufungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt richtig gesehen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB resultierende Verpflichtung, über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung zu unterrichten, nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Dies stellt aber keinen Belehrungsfehler dar, der das Anlaufen der Widerrufsfrist hindert.

18

Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) die Information über den Verzugszinssatz nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB neben der Angabe der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung auch die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 33 mwN). Dem hat die Beklagte nicht genügt, weil sie auf Seite 1 des Darlehensvertrags lediglich darauf hingewiesen hat, dass der Verzugszinssatz für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz betrage.

19

Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung entschieden und im Einzelnen begründet hat, beginnt die Widerrufsfrist im Fall einer unvollständigen oder fehlerhaften Information nur dann zu laufen, wenn die Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit dieser Information nicht geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Darlehensvertrag herrührenden Rechte und Pflichten einzuschätzen, oder auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken und ihm gegebenenfalls die Möglichkeit zu nehmen, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie denen auszuüben, die vorgelegen hätten, sofern die Information vollständig und zutreffend erteilt worden wäre (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 34 mwN).

20

Nach diesen Maßgaben hindert das Fehlen der Angaben des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Verzugszinssatzes und der Art und Weise seiner Anpassung das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher in der Lage des Klägers hätte den streitgegenständlichen Darlehensvertrag auch abgeschlossen, wenn ihm bei Vertragsschluss über die im Vertrag enthaltenen Angaben hinaus auch der zu diesem Zeitpunkt geltende konkrete Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner Anpassung mitgeteilt worden wären. Er hätte einer solchen Angabe sowohl wegen der von ihm beabsichtigten ordnungsgemäßen und damit einen Verzugseintritt ausschließenden Vertragsdurchführung als auch wegen der – ihm mitgeteilten – halbjährlichen Veränderbarkeit des Verzugszinses keine für den Vertragsschluss maßgebliche Bedeutung beigemessen, so dass er durch das Fehlen dieser Angabe nicht in Bezug auf seine Rechte und Pflichten irregeführt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 35).

21

2. Die Beklagte hat – was das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus offenlassen konnte – entgegen der Auffassung des Klägers auch die übrigen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt.

22

a) Die Beklagte hat ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, erfüllt.

23

aa) Insoweit kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen, weil die in dem Darlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthaltene Widerrufsinformation dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der vom 21. März 2016 bis zum 14. Juni 2021 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) entspricht. In den fortlaufend paginierten und dem Kläger zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen wird er auf Seite 2 deutlich auf das ihm nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht hingewiesen. Die Widerrufsinformation ist durch die Überschrift „Widerrufsinformation“ und weitere – in Fettdruck gehaltene – Zwischenüberschriften hervorgehoben und deutlich gestaltet. Sie entspricht, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 11. Oktober 2016 – XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 26 und vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 18), dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF. Die vorgenommenen Abweichungen hinsichtlich Format und Schriftgröße sind zulässig (Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB). Dies gilt auch für die Anwendung der Gestaltungshinweise 2, 2a, 5, 5a, 5b, 5c, 5f und 5g. Dass es sich bei dem Darlehensvertrag und dem Kaufvertrag um verbundene Verträge nach § 358 BGB gehandelt hat, hat die Beklagte in der Widerrufsinformation unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ zutreffend angegeben.

24

Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion ist es – was der Senat mit Urteil vom 27. Februar 2024 (XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 25 f.) entschieden und im Einzelnen begründet hat – unschädlich, dass die Beklagte in der Widerrufsinformation den pro Tag zu zahlenden Zinsbetrag auf der Grundlage des Vertragszinses mit 2,37 € rechnerisch richtig angegeben, in Nummer IX 5 der Darlehensbedingungen aber auf den Zinsanspruch verzichtet hat.

25

bb) Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB steht – was der Senat ebenfalls mit Urteil vom 27. Februar 2024 (XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 19 ff.) entschieden und im Einzelnen begründet hat – das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) vom 21. Dezember 2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21, juris – BMW Bank u.a.) nicht entgegen. Die vom Kläger befürwortete richtlinienkonforme Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in Form einer teleologischen Reduktion überschritte im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, ihren Sinn und Zweck und die Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 aaO Rn. 24).

26

cc) Schließlich wird die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsinformation nicht durch die in Nummer IX 2 der Darlehensbedingungen der Beklagten enthaltene, nicht gesetzeskonforme Aufrechnungsbeschränkung berührt (vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, BGHZ 226, 310 Rn. 20 mwN).

27

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte ihre Verpflichtung aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB, die Art des Darlehens anzugeben, ordnungsgemäß erfüllt.

28

Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie muss gegebenenfalls klar und verständlich angegeben werden, dass es sich um einen verbundenen Darlehensvertrag handelt und dass dieser Vertrag als befristeter Vertrag geschlossen worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 – C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 71 ff. – Volkswagen Bank u.a.). Diese Anforderungen hat die Beklagte erfüllt.

29

Aus den Angaben auf Seite 1 des Darlehensvertrags ergibt sich für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um einen befristeten Vertrag handelt. Denn dort ist die Laufzeit des Vertrags ausdrücklich angegeben.

30

Dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um einen – mit dem Kaufvertrag – verbundenen Darlehensvertrag handelt, folgt für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher hinreichend klar und verständlich aus der Widerrufsinformation, indem dort unter der Überschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ die Rechtsfolgen eines Widerrufs und die Wechselbezüglichkeit des Widerrufs nur eines der Verträge dargestellt wird.

31

c) Des Weiteren sind die Angaben der Beklagten über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nicht zu beanstanden.

32

Soweit nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, auch das „einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“ gehört, bedurfte es dessen hier nicht. Zu diesen Angaben gehört, was der Senat mit Urteilen vom 5. November 2019 (XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 29 ff. und XI ZR 11/19, juris Rn. 27 ff.; siehe auch Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 41 mwN) bereits mit eingehender Begründung entschieden hat und vom EuGH mit Urteil vom 9. September 2021 (C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 103 ff. – Volkswagen Bank u.a.) bestätigt worden ist, nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB, sondern nur – soweit einschlägig, vorliegend allerdings nicht – die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 Abs. 1 BGB.

33

Die Beklagte hat die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB über das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, ordnungsgemäß erteilt. Auf das dem Kläger nach § 500 Abs. 2 BGB zustehende Recht zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens ist er auf Seite 1 des Darlehensvertrags klar und verständlich hingewiesen worden. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher versteht die dortigen Angaben zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens dahin, dass ihm ein solches Recht dem Grunde nach voraussetzungslos zusteht (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 42 mwN).

34

d) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die von der Beklagten erteilten Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) ordnungsgemäß.

35

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderliche Information über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (Senatsurteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 40 ff. mwN). Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag sollen die Angaben dem Darlehensnehmer die zuverlässige Abschätzung seiner finanziellen Belastung im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung ermöglichen, wobei dies durch eine im Wesentlichen wortgleiche Übernahme der Kappungsgrenzen des § 502 Abs. 3 BGB erfolgen und gegebenenfalls durch Angabe einer Pauschale als Obergrenze ergänzt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 5. November 2019 aaO Rn. 48 ff. mwN).

36

bb) Daran ist auch auf der Grundlage des Urteils des EuGH vom 21. Dezember 2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21, juris Rn. 247 ff. – BMW Bank u.a.) festzuhalten. Danach ist Art. 10 Abs. 2 Buchst. r der Verbraucherkreditrichtlinie dahin auszulegen, dass in einem Kreditvertrag grundsätzlich für die Berechnung der bei vorzeitiger Rückzahlung des Kredits anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung die Berechnungsweise dieser Entschädigung in konkreter und für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher leicht verständlicher Weise angegeben werden muss, damit er den Betrag der bei vorzeitiger Rückzahlung anfallenden Entschädigung auf der Grundlage der in diesem Vertrag enthaltenen Angaben ermitteln kann. Auch wenn konkrete und leicht verständliche Angaben zur Berechnungsweise fehlen, kann ein solcher Vertrag aber der in dieser Bestimmung aufgestellten Verpflichtung genügen, sofern er andere Elemente enthält, die es dem Verbraucher ermöglichen, die Höhe der betreffenden Entschädigung und insbesondere den Betrag, den er im Fall der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits höchstens zu zahlen haben wird, leicht zu ermitteln (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 38).

37

Nach diesen Maßgaben erfüllen die von der Beklagten erteilten Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung die Anforderungen des Art. 10 Abs. 2 Buchst. r der Verbraucherkreditrichtlinie, weil ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung leicht berechnen kann. Dass die Angabe der Beklagten aufgrund der Umsetzung in das nationale Recht einer Klauselkontrolle nicht standhält, ist unbeachtlich. Bei richtlinienkonformer Auslegung hindert dies das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 Abs. 2, § 356b BGB nicht (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 39).

38

e) Schließlich hat die Beklagte die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB über den Zugang des Verbrauchers zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls zu den Voraussetzungen für diesen Zugang ordnungsgemäß erteilt.

39

Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung und unter Berücksichtigung der Urteile des EuGH vom 9. September 2021 (C-33/20, C-155/20 und C-187/20, juris Rn. 128 ff. – Volkswagen Bank u.a.) und vom 21. Dezember 2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21, juris Rn. 244 ff. – BMW Bank u.a.) entschieden und im Einzelnen begründet hat, muss der Verbraucher im Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB über alle ihm seitens des Darlehensgebers zur Verfügung stehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die mit ihnen jeweils verbundenen Kosten informiert werden; ferner muss er im Kreditvertrag darüber belehrt werden, ob die Beschwerde oder der Rechtsbehelf auf Papier oder elektronisch einzureichen ist, des Weiteren über die physische oder elektronische Adresse, an die die Beschwerde oder der Rechtsbehelf zu senden ist, und schließlich über die sonstigen formalen Voraussetzungen, denen die Beschwerde oder der Rechtsbehelf unterliegt (Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 44 f.).

40

Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte diese Pflichtangabe in Nummer X 3 der Darlehensbedingungen ordnungsgemäß erteilt. Sie hat die Schlichtungsstelle angegeben, die für sie zuständig ist. Eine Angabe zu den mit dem Schlichtungsverfahren verbundenen Kosten war entbehrlich, weil das Schlichtungsverfahren beim Ombudsmann der privaten Banken für den Verbraucher kostenfrei ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 46 mwN). Ferner hat die Beklagte angegeben, dass die Beschwerde in Textform übermittelt werden kann und hierfür die Postadresse, die Telefaxnummer und die E-Mail-Adresse der Schlichtungsstelle mitgeteilt. Einer Angabe von sonstigen formalen Voraussetzungen bedurfte es nicht. Darunter sind nur solche zu verstehen, die bei Nichtvorliegen ohne Weiteres zur Zurückweisung des Schlichtungsantrags führen, was indes nach der Verfahrensordnung des Ombudsmanns der privaten Banken nicht der Fall ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 2024 aaO Rn. 47).

41

B. Anschlussrevision des Klägers

42

Die Anschlussrevision des Klägers ist unbegründet. Da der Kläger – wie dargelegt – den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen hat, steht ihm der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu. Soweit er sich gegen die Stattgabe der Hilfswiderklage wendet, ist diese gegenstandslos (hierzu unter III.).

III.

43

Das Berufungsurteil ist mithin auf die Revision aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, sondern die Sache nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klage insgesamt erfolglos bleibt, ist die Hilfswiderklage der Beklagten gegenstandslos und der darauf bezogene Ausspruch des Berufungsgerichts zur Klarstellung aufzuheben (vgl. Senatsurteil vom 20.Juni 2023 – XIZR 2/22, juris Rn.20 mwN).

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