Beschluss des BGH 6. Strafsenat vom 22.08.2024, AZ 6 StR 358/24

BGH 6. Strafsenat, Beschluss vom 22.08.2024, AZ 6 StR 358/24, ECLI:DE:BGH:2024:220824B6STR358.24.0

Verfahrensgang

vorgehend LG Braunschweig, 18. Januar 2024, Az: 1 KLs 64/23

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 18. Januar 2024

a) dahin geändert, dass er des bandenmäßigen Handeltreibens mit Cannabis und der Verabredung zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis schuldig ist,

b) aufgehoben im Strafausspruch unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Verabredung zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte Teil einer Tätergruppierung, die deutschlandweit Cannabisplantagen betrieb. Er war dort als „Logistiker“ tätig und besorgte das für den Aufbau und den Betrieb der Plantagen in L.        und S.          notwendige Material sowie Lebensmittel für die dort tätigen „Gärtner“. Bei der polizeilichen Durchsuchung der Plantage in L.       wurden 6.649 Pflanzen mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von etwa 9,5 kg THC sichergestellt. Die weitere für den Anbau von etwa 900 Cannabispflanzen vorgesehene Anlage in S.         befand sich noch im Aufbau.

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2. Der Schuldspruch ist in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu ändern, weil am 1. April 2024 das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG, BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten ist, das den Umgang mit Konsumcannabis abschließend regelt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130). Es ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen, weil das KCanG hier das mildere Gesetz darstellt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.

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Da die auf der Plantage in L.       angebauten Pflanzen gewinnbringend veräußert werden sollten, ist bereits von einem Handeltreiben im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG auszugehen (zu § 29a Nr. 2 BtMG vgl. BGH, Urteile vom 2. November 2022 – 6 StR 239/22, NStZ 2023, 682; vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, BGHSt 58, 99, 101; Beschluss vom 17. Juni 2020 – 1 StR 110/20, NStZ 2021, 53, 54). Dieses verdrängt den zugleich verwirklichten Tatbestand des Anbauens (vgl. Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 BtMG Rn. 106).

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Anders verhält es sich mit der Anlage in S.        . Da dort die Räumlichkeiten für den Aufbau einer Plantage erst noch hergerichtet wurden und Cannabispflanzen noch nicht gepflanzt waren, handelte es sich um bloße Vorbereitungshandlungen. Der Angeklagte hat sich insoweit nur wegen Verabredung zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis strafbar gemacht (§ 30 Abs. 2 StGB, § 34 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 1 Nr. 4 KCanG). Der Zusatz „in nicht geringer Menge“ bei der Bezeichnung einer Tat im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG ist in der Urteilsformel entbehrlich, weil dieser Qualifikationstatbestand stets voraussetzt, dass die Tat eine solche Menge betrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2024 – 5 StR 4/24, Rn. 11; Patzak/Fabricius aaO, § 34 KCanG Rn. 298a; Terwolbeck, StRR 8/2024, 6, 8 mwN).

6

3. Die Schuldspruchänderung entzieht den Strafen und der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage. Insoweit bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.

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