BGH 6. Strafsenat, Beschluss vom 20.08.2024, AZ 6 StR 271/24, ECLI:DE:BGH:2024:200824B6STR271.24.0
Verfahrensgang
vorgehend LG Frankfurt (Oder), 24. Januar 2024, Az: 24 KLs 18/22
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Januar 2024 wird
a) der Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II.2 der Urteilgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung entfällt,
b) von der Einziehung der Tatmittel abgesehen; der Ausspruch über die Einziehung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten
seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung und mit Körperverletzung, sowie wegen Unternehmens der Besitzverschaffung von jugendpornografischen Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es Tatmittel eingezogen. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Generalbundesanwalt hat zur Verurteilung wegen Körperverletzung ausgeführt:
„Die tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung im Fall II.2.2 der Urteilsgründe hat zu entfallen, weil insoweit nicht ausschließbar Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Bei tateinheitlichem Zusammentreffen mehrerer Gesetzesverletzungen bestimmt sich die Verjährung für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2007 – 2 StR 441/07). Bei einer Unklarheit hinsichtlich des Tatzeitpunktes ist in Anwendung des Zweifelssatzes zugunsten des Angeklagten vom frühesten Tatzeitpunkt auszugehen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2021 − 4 StR 376/20, juris Rn. 4 m.w.N.). Dies ist hier der 5. Juni 2015 (vgl. UA S. 30). An diesem Tag begann daher die Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 223 Abs. 1 StGB i. V. m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) gemäß § 78a Satz 1 StGB zu laufen. Als erste verjährungsunterbrechende Maßnahme kommt der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. am 18. August 2020 (SA Bd. II Bl. 69 f.) gemäß § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB in Betracht. Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährungsfrist unter Zugrundelegung des Zweifelssatzes demnach bereits abgelaufen.“
3
Dem schließt sich der Senat an. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils hinsichtlich des Schuld- und des Strafausspruchs keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben. Der Senat schließt mit Blick auf die weiteren Strafzumessungserwägungen aus, dass das Landgericht ohne die Körperverletzung zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre, zumal auch verjährte Taten strafschärfend berücksichtigt werden dürfen, wenn sie – wie hier – rechtsfehlerfrei im Urteil festgestellt sind. Von der Anordnung der Einziehung der Tatmittel sieht der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO ab.
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Der Senat weist mit Blick auf die sehr umfangreichen Ausführungen – insbesondere zum „Verlauf des Beziehungsgefüges“ – darauf hin, dass die Feststellungen auf das notwendige Maß zu beschränken sind; es ist Aufgabe des Tatgerichts, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen.
Feilcke Tiemann von Schmettau
Arnoldi Gödicke