1. Zugangsrelevante Schienennetz-Nutzungsbedingungen beanspruchen nicht nur vertraglich, sondern auch eisenbahnrechtlich… (Beschluss des BVerwG 6. Senat)

BVerwG 6. Senat, Beschluss vom 16.08.2024, AZ 6 B 2/24, ECLI:DE:BVerwG:2024:160824B6B2.24.0

Leitsatz

1. Zugangsrelevante Schienennetz-Nutzungsbedingungen beanspruchen nicht nur vertraglich, sondern auch eisenbahnrechtlich Geltung für die Durchführung der vereinbarten Trassennutzungen. Verstöße dagegen können von der Bundesnetzagentur von Amts wegen oder auf eine Beschwerde hin aufgegriffen und zum Gegenstand eines regulatorischen Einschreitens gemacht werden.

2. Die Eingriffsbefugnis des § 68 Abs. 3 ERegG setzt keine qualifizierte Handlungsform des Eisenbahninfrastrukturunternehmers voraus. Vielmehr können (auch) „Maßnahmen im Sinne des § 66 Abs. 4 ERegG“ in einem Unterlassen liegen.

Verfahrensgang

vorgehend VG Köln, 4. Dezember 2023, Az: 18 K 3486/23, Urteil

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 4. Dezember 2023 in der berichtigten Fassung vom 23. Januar 2024 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 250 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und betreibt – mittlerweile unter der im Rubrum genannten Bezeichnung – große Teile des deutschen Schienennetzes. Die Beigeladene, ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, beschwerte sich bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur), dass die Klägerin seit geraumer Zeit die Fristen zur Ankündigung einer unterjährigen Baubetroffenheit an die Nutzungsberechtigten, die sich aus Abschnitt 2.5.3.2 der Netznutzungsbedingungen i. V. m. der Richtlinie 402.0305 („Baubedingte Fahrplanregelungen abstimmen und kommunizieren“) ergäben, nicht einhalte. Die Bundesnetzagentur führte eine Untersuchung durch und stellte fest, die Klägerin verhalte sich bei der sogenannten „Zusammenstellung der vertrieblichen Folgen“ (ZvF) nur in rund 90 % aller Fälle fristentreu.

2

Mit Beschluss vom 24. Mai 2023 verpflichtet die Beschlusskammer der Bundesnetzagentur die Klägerin, zukünftig eine Verletzung der in der Richtlinie 402.0305 ihres netzzugangsrelevanten Vertragswerks geregelten Fristen für die Information der Zugangsberechtigten für sogenannte A- und B-Maßnahmen zu unterlassen (Ziffer 1). Über ihre „Fristentreue“ habe die Klägerin der Bundesnetzagentur über einen Zeitraum von zwei Jahren monatlich zu berichten (Ziffer 2). Außerdem drohte die Bundesnetzagentur Zwangsgelder an: Für den Fall, dass weniger als 95 % der Mitteilungen über die vorläufigen Planungen (sog. ZvF-Entwürfe) oder weniger als 95 % der endgültigen Planungen (sog. ZvF-Endstücke) eines Monats fristgerecht übermittelt würden, ein Zwangsgeld in Höhe von 250 000 € (Ziffer 3) und für die Verletzung der monatlichen Berichtspflicht ein Zwangsgeld von 5 000 € (Ziffer 4).

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Auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin hat das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 4. Dezember 2023, berichtigt mit Beschluss vom 23. Januar 2024, den streitgegenständlichen Beschluss geringfügig abgeändert, die Klage aber im Übrigen abgewiesen. Die Praxis der Klägerin, gegen ihr eigenes unterjähriges Fristenregime nach der RL 402.0305 zu verstoßen, könne von der Regulierungsbehörde aufgegriffen werden. Die mangelnde Fristentreue stelle eine Maßnahme der Klägerin im Sinne des § 68 Abs. 3 ERegG dar und unterfalle dem in § 66 Abs. 4 Nr. 4 ERegG adressierten Zuweisungsverfahren. Die unterjährige Planung und Abstimmung von Baumaßnahmen mit der Folge der nachträglichen Anpassung bereits zugewiesener Trassen sei Teil des Zuweisungsverfahrens. Dieses weite Verständnis der Befugnisnorm stehe im Einklang mit der gesetzgeberischen Intention, der Regulierungsbehörde mit § 66 Abs. 4 ERegG eine umfassende Prüfungsbefugnis zu verleihen.

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Die mangelnde Fristentreue stelle auch ein eisenbahnrechtswidriges Verhalten dar. Der Gesetzgeber habe die Planung von Baumaßnahmen in Nr. 3 Buchst. c) der Anlage 3 zu § 19 ERegG zum Mindestinhalt der Schienennetz-Nutzungsbedingungen gemacht. Wie § 19 Abs. 5 Satz 2 ERegG zeige, habe der Betreiber der Schienenwege nicht lediglich die in § 19 Abs. 1 Satz 1 ERegG geregelte Pflicht, Schienennetz-Nutzungsbedingungen zu erstellen, sondern müsse sie auch einhalten.

5

Die der Klägerin auferlegte Pflicht, eine Übersicht über ihre Fristentreue vorzulegen, lasse sich zwar nicht auf § 68 Abs. 3 ERegG stützen, allerdings stelle die hilfsweise herangezogene Generalklausel des § 67 Abs. 1 ERegG eine taugliche Ermächtigungsgrundlage dar. § 67 Abs. 4 ERegG könne im Lichte des Unionsrechts nicht als abschließende Spezialvorschrift für Auskunftsersuchen angesehen werden. Die in Ziffer 2 Satz 1 des Beschlusses der Bundesnetzagentur geregelte Mitteilungspflicht beziehe sich sowohl auf A- wie auch auf B-Maßnahmen. Dagegen sei die Forderung in Ziffer 2 Satz 2, die Übersichten getrennt für ZvF-Entwürfe und -Endstücke zu erstellen, lediglich auf A-Maßnahmen zu beziehen. Denn entgegen dem Verständnis der Bundesnetzagentur sehe die RL 402.0305 für B-Maßnahmen keine Unterteilung der ZvF in Entwürfe und Endstücke vor.

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Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Beschlusses sei rechtmäßig, insbesondere sei eine angemessene und zumutbare Frist zur Umsetzung eingeräumt worden, auch wenn sich die Klägerin dadurch gegebenenfalls zur Absage von Baumaßnahmen genötigt sehen könnte. Ziffer 3 des Beschlusses sei dahingehend auszulegen, dass die Zwangsgeldbewehrung allein die Fristeinhaltung bei A-Maßnahmen betreffe, denn nur dort könne zwischen ZvF-Entwürfen und -Endstücken unterschieden werden. Es sei unbeachtlich, dass die Beschlussbegründung überschießend zu B-Maßnahmen ausführe. Die Diskrepanz zwischen Tenor und Begründung führe auch nicht zu einem Ermessensdefizit, denn das „Minus“ gegenüber der eigentlich beabsichtigten Entscheidung sei in den Ermessenserwägungen jedenfalls erfasst. Wann ein Zuwiderhandeln gegen die jeweils für einen Monat und für eine Erfüllungsquote angeordnete zwangsgeldbewehrte Pflicht vorliege, sei für die Klägerin ohne weiteres erkennbar und sie könne ihr Verhalten danach ausrichten.

7

Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil. Dem tritt die Beklagte entgegen. Die Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II

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Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Aus den Darlegungen in der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (1.), die Voraussetzungen einer Divergenz gegeben sind (2.) oder ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (3.).

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1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2023 – 6 B 23.22 – N&R 2023, 268 Rn. 5 m. w. N.). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Januar 2018 – 6 B 21.17 – NVwZ-RR 2018, 389 Rn. 3 m. w. N.).

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a. Die Beschwerde macht zunächst Grundsatzbedeutung für folgende Frage geltend:

„Begründet es automatisch eine Verletzung von § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 ERegG, wenn der Betreiber der Schienenwege seine Schienennetz-Nutzungsbedingungen verletzt?“

11

Mit dieser Frage vermag die Beschwerde eine Grundsatzbedeutung schon deshalb nicht zu belegen, weil sie die rechtliche Argumentation des angefochtenen Urteils verkürzt darstellt. Das verwaltungsgerichtliche Urteil befasst sich nicht mit einer im Eisenbahnregulierungsrecht begründeten Pflicht des Betreibers der Schienenwege zur generellen Beachtung seiner Schienennetz-Nutzungsbedingungen. Vielmehr stützt es seine Entscheidung auf den Rechtssatz, § 19 Abs. 1 Satz 1 ERegG begründe eine gesetzliche Verpflichtung des Betreibers der Schienenwege, die in § 19 ERegG und in der zugehörigen Anlage 3 zwingend vorgegebenen Inhalte der Schienennetz-Nutzungsbedingungen auch in der Praxis umzusetzen (UA S. 30). Zu diesen Inhalten gehöre mit Blick auf Nr. 3 der Anlage 3 auch das streitgegenständliche Fristenregime. Dagegen befasst sich das Urteil nicht mit solchen Inhalten der Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die durch § 19 Abs. 3 Satz 2 ERegG und die Anlage 3 (zu § 19) ERegG nicht zwingend vorgegeben sind.

12

Wird die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage auf ihren für die angefochtene Entscheidung erheblichen Kern reduziert, so bedarf es zu ihrer Klärung nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie lässt sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats und mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig im Sinne des angefochtenen Urteils beantworten. Noch unter Geltung des § 14 AEG a. F. und § 4 EIBV hat sich der Senat grundlegend mit der Bedeutung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen befasst. Für die im damaligen § 4 Abs. 6 EIBV – gewissermaßen als Schienennetz-Benutzungsbedingungen im engeren Sinne – hervorgehobenen Klauseln, die besondere Bedeutung für den Zugang zum Schienennetz haben, hat er eine Verbindlichkeit auch unabhängig von ihrer Einbeziehung in eine individuelle Infrastrukturnutzungsvereinbarung bejaht (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 6 C 17.10 – BVerwGE 140, 359 Rn. 28). Diese Schienennetz-Nutzungsbedingungen haben eine Vereinheitlichungsfunktion, insofern sie bestimmte Regelungen zur Zugangsgewährung „vor die Klammer“ ziehen. Sie entziehen sie damit im Interesse einer Gleichbehandlung aller Zugangsberechtigten der Notwendigkeit einer individuellen Vereinbarung mit dem Infrastrukturunternehmen. Durch die Vorabprüfung der Nutzungsbedingungen wird zugleich gewährleistet, dass sie inhaltlich an den regulierungsrechtlichen Maßstäben des Eisenbahnrechts ausgerichtet werden (BVerwG, Beschlüsse vom 29. Oktober 2014 – 6 B 47.14 – N&R 2015, 55 Rn. 7 f. und vom 11. November 2014 – 6 B 50.14 – Buchholz 442.09 § 14f AEG Nr. 1 Rn. 7). Zugangsrelevante Schienennetz-Nutzungsbedingungen beanspruchten daher nach der Rechtsprechung des Senats bereits aufgrund des gesetzlichen Anwendungsbefehls in § 4 Abs. 6 EIBV Geltung und nicht erst infolge ihrer Einbeziehung in einen Nutzungsvertrag. Daher kam ihnen auch Wirkung gegenüber denjenigen Eisenbahnverkehrsunternehmen zu, die sich (noch) in der Rolle des Zugangspetenten befanden (BVerwG, Beschluss vom 11. November 2014 – 6 B 50.14 – Buchholz 442.09 § 14f AEG Nr. 1 Rn. 15).

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Die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden, noch auf das Allgemeine Eisenbahngesetz a. F. und die mittlerweile außer Kraft getretene Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung gestützten Erwägungen des Senats werden durch das Inkrafttreten des ERegG nicht in Frage gestellt. Mit § 19 Abs. 5 Satz 2 und 3 ERegG hat der Gesetzgeber die Vereinheitlichungsfunktion der Schienennetz-Nutzungsbedingungen vielmehr auch für das neue Recht übernommen. Dies kommt in den Materialien in BT-Drs. 18/8334 auf Seite 186 zum Ausdruck, wenn dort (noch zu Abs. 6 der Entwurfsfassung des § 19 ERegG) ausgeführt wird, durch die veröffentlichten Schienennetz-Nutzungsbedingungen erhielten die Zugangsberechtigten Planungssicherheit für eine gesamte Fahrplanperiode, da die endgültige Fassung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen über diesen Zeitraum hinweg verbindlich sei.

14

Dass das Gesetz den Schienennetz-Nutzungsbedingungen – unabhängig von einer Einbeziehung in den individuellen Nutzungsvertrag – auch Geltung für die Durchführung der vereinbarten Trassennutzungen zumisst, ergibt sich aus § 19 Abs. 5 Satz 3 ERegG. Demnach gelten die Nutzungsbedingungen nach ihrem Inkrafttreten nicht nur als Grundlage für das in § 19 Abs. 5 Satz 2 ERegG genannte Zuweisungsverfahren und den Vertragsschluss, sondern nach Satz 3 explizit auch für die Durchführung der Verkehre während der gesamten Fahrplanperiode.

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Infolge der vom Gesetz in § 19 Abs. 5 Satz 3 ERegG angeordneten Verbindlichkeit sind Verstöße gegen die zugangsrelevanten Schienennetz-Nutzungsbedingungen der Klägerin bei Durchführung des Vertrages daher nicht lediglich eine Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten, sondern – soweit die Nutzungsbedingungen ihrerseits im Einklang mit den nationalen und unionsrechtlichen Bestimmungen stehen – Verstöße gegen das eisenbahnregulierungsrechtliche Regime. Als solche können sie von der Bundesnetzagentur von Amts wegen oder auf eine Beschwerde hin aufgegriffen werden und zum Gegenstand eines regulatorischen Einschreitens gemacht werden.

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Der von der Beschwerde erhobene Einwand, dieses Verständnis begegne in systematischer Hinsicht Zweifeln, weil das Gesetz in § 23 Abs. 2 Satz 1 ERegG – anders als in § 19 Abs. 1 und 5 ERegG – ausdrücklich regele, dass die tatsächlich erhobenen Entgelte den in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Regeln entsprechen müssen, bietet keinen Anlass, diese Frage als klärungsbedürftig geblieben oder wieder klärungsbedürftig geworden erscheinen zu lassen. § 23 Abs. 2 Satz 1 ERegG unterstreicht vielmehr für den Entgeltbereich ausdrücklich das für das sonstige zugangsrelevante Regelwerk aus § 19 Abs. 5 Satz 2 und 3 ERegG gewonnene Ergebnis. Dies erschließt sich aus der Gesetzesbegründung. So wird in der BT-Drs. 18/8334 zu § 23 Abs. 1 ERegG auf Seite 187 ausdrücklich die generelle Bedeutung der Vereinheitlichungsfunktion der Schienennetz-Nutzungsbedingungen betont. Nichtdiskriminierende Bedingungen für sämtliche Marktteilnehmer ließen sich nur dann erreichen, wenn die Zugangsvoraussetzungen „einschließlich der hier gegenständlichen Entgeltregelungen“ bezüglich des gesamten Schienennetzes eines Betreibers der Schienenwege vereinheitlicht seien. Es fehlen Anzeichen dafür, dass der Gesetzgeber die Rechtsverbindlichkeit und die regulatorische Aufsicht über den Zugangsanspruch und seine Umsetzung einerseits und der Entgeltberechnung und -erhebung andererseits grundsätzlich unterschiedlich ausgestalten wollte. Die beispielhafte Aufzählung der möglichen Untersuchungsgegenstände in § 66 Abs. 4 ERegG, die beide Regulierungsbereiche ohne weitere Differenzierung abdeckt, unterstreicht dieses Verständnis.

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b. Grundsätzlichen Klärungsbedarf sieht die Beschwerde auch für die Frage:

„Ist es eine ‚Maßnahme‘ im Sinne von § 68 Abs. 3 ERegG i. V. m. § 66 Abs. 4 ERegG, wenn der Betreiber der Schienenwege Fristen zur Kommunikation von Baumaßnahmen aus seinen Nutzungsbedingungen nicht einhält?“

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Sie erläutert dazu, § 68 Abs. 3 ERegG verlange als Gegenstand des regulatorischen Einschreitens eine „Maßnahme“ des Infrastrukturbetreibers „im Sinne des § 66 Absatzes 4 [ERegG]“. Das Verwaltungsgericht stelle zwar im Einklang mit den Gesetzesmaterialien darauf ab, dass Maßnahmen sowohl Regelungen im abstrakt-generellen Sinne wie auch Entscheidungen im konkret-individuellen Fall umfassten. Die bloße Fristversäumnis als solche könne aber entgegen dem Urteil nach dem allgemeinen Sprachverständnis nicht als „Maßnahme“ qualifiziert werden. Es genüge auch nicht, dass die Säumnis möglicherweise auf vorgelagerte Entscheidungen zurückgeführt werden könne. Ebenso wenig lasse sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Gesetz ableiten, dass durch die Säumnis das in § 66 Abs. 4 Nr. 4 ERegG angesprochene Zuweisungsverfahren betroffen sei. Es stehe zu erwarten, dass sich die Frage nach der Reichweite der Befugnisse der Regulierungsbehörde im Bereich der Überwachung der Einhaltung der Fristen zur Baukommunikation auch in künftigen Fällen stellen werde, weil der Umgang mit Baumaßnahmen und die entsprechende Kommunikation eine im Bereich der Eisenbahninfrastruktur typische Problemstellung sei. Die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage sei auch verallgemeinerungsfähig und unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls möglich.

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Die im Stile einer Revisionsbegründung gehaltene Fragestellung und deren Erläuterungen legen eine Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage über den konkret vom Verwaltungsgericht entschiedenen Einzelfall hinaus schon nicht dar. Soweit damit implizit die verallgemeinerungsfähige Frage nach der Reichweite der regulatorischen Befugnisse der Bundesnetzagentur im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens aufgeworfen ist, insbesondere ob die Eingriffsbefugnis des § 68 Abs. 3 ERegG mit dem Begriff der „Maßnahmen im Sinne des § 66 Abs. 4 ERegG“ eine qualifizierte Handlungsform des Eisenbahninfrastrukturunternehmens in spezifischen Sachverhaltskomplexen voraussetzt, bedarf es zur Klärung jedenfalls nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens.

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Der wesentliche Auslegungsansatz für die Regelung des § 68 Abs. 3 ERegG ergibt sich aus ihrem unionsrechtlichen Hintergrund. Denn mit § 68 Abs. 2 ERegG sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Vorgaben aus Art. 56 Abs. 9 Unterabs. 3 der Richtlinie 2012/34/EU umgesetzt werden. § 68 Abs. 3 ERegG soll der Regulierungsbehörde dabei nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers ein flexibles Handeln ermöglichen. Sie soll Verstöße eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens gegen die eisenbahnregulierungsrechtlichen Vorschriften nicht nur sofort, sondern auch mit Wirkung für die Zukunft untersagen können (BT-Drs. 18/8334 S. 221). Der Verweis auf die nicht abschließende Aufzählung der von durch die Regulierungsbehörde überprüfbaren Regelungen oder Praxis der Eisenbahninfrastrukturunternehmen in § 66 Abs. 4 ERegG soll dabei die für die Gewährung eines nichtdiskriminierenden Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur besonders sensiblen Bereiche benennen (vgl. BT-Drs. 18/8334 S. 219 f.). Zur redaktionellen Klarstellung hat der Änderungsgesetzgeber zudem den ursprünglich in § 68 Abs. 3 ERegG verwandten Begriff der „Regelungen“ durch den Begriff der „Maßnahmen“ ersetzt, um deutlich zu machen, dass sämtliche in § 66 Abs. 4 ERegG benannten Gegenstände umfasst sein sollen (BT-Drs. 19/27656 S. 96).

21

Das Unionsrecht verengt das Beschwerderecht nicht auf bestimmte katalogartig beschriebene Sachverhalte, sondern eröffnet in Art. 56 Abs. 1 Halbs. 1 der Richtlinie 2012/34/EU die auch in § 66 Abs. 1 ERegG zum Ausdruck gebrachte Möglichkeit, die Regulierungsstelle immer dann zu befassen, wenn sich ein Antragsteller ungerecht behandelt, diskriminiert oder auf andere Weise in seinen Rechten verletzt sieht. Die im nachfolgenden Halbs. 2 des Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34/EU mit der sprachlichen Einleitung „insbesondere“ (englische Fassung: „in particular“, französische Fassung: „notamment“) angesprochenen Entscheidungen des Infrastrukturbetreibers werden dabei nur beispielhaft als statthafte Beschwerdegegenstände genannt. Eine Auslegung des nationalen Rechts, die zu einer Beschränkung der in Art. 56 Abs. 9 der Richtlinie 2012/34/EU im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geforderten Abhilfemaßnahmen auf bestimmte Handlungsformen des Infrastrukturunternehmens oder Katalogsachverhalte führen würde, wäre mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Denn eine solche Auslegung würde die Wirksamkeit des durch Art. 56 der Richtlinie 2012/34/EU geschaffenen Kontrollsystems und damit die Verwirklichung der mit der Richtlinie verfolgten Ziele beeinträchtigen. Dies erschließt sich in eindeutiger Weise auch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. März 2024 in der Rechtssache C-582/22 (N&R 2024, 113 Rn. 47 und 54). Demnach muss die in Art. 56 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34/EU eingeräumte Möglichkeit der Befassung der Regulierungsbehörde im Beschwerdeweg ihre Entsprechung in den Befugnissen dieser Stelle finden. Die Auslegung des § 68 Abs. 3 ERegG darf daher nicht dazu führen, dass der Bundesnetzagentur Befugnisse vorenthalten werden, mit denen sie eine wirksame Abhilfe gegen eisenbahnregulierungsrechtswidrige Zustände gewährleisten kann. Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund ist die im angefochtenen Urteil vorgenommene weite Auslegung der Begrifflichkeiten der Maßnahme in § 68 Abs. 3 ERegG und des Zuweisungsverfahrens in § 66 Abs. 4 Nr. 4 ERegG nicht zu beanstanden.

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c. Auf der Grundlage des unter b. Ausgeführten erweist sich auch die Frage

„Gestattet es § 68 Abs. 3 ERegG der Bundesnetzagentur, anzuordnen, dass künftige Rechtsverstöße zu unterlassen sind, wenn die einzelnen Verstöße des Infrastrukturbetreibers, die den Anlass zum Einschreiten bildeten, selbst irreversibel sind?“

als nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Denn ihr liegt gleichfalls die unzutreffende Vorstellung zugrunde, § 68 Abs. 3 ERegG räume der Bundesnetzagentur im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nur eng auszulegende und punktuelle regulatorische Befugnisse zur Abhilfe ein.

23

d. Als grundsätzlich bedeutsam betrachtet die Beschwerde schließlich auch folgende Frage:

„Steht § 67 Abs. 4 ERegG der Anordnung wiederkehrender Informationspflichten auf Grundlage von § 67 Abs. 1 ERegG entgegen?“

24

Sie erläutert dazu, dem angefochtenen Urteil liege die Rechtsauffassung zugrunde, dass § 67 Abs. 4 ERegG keine Spezialvorschrift sei, die den Rückgriff auf die Generalklausel des § 67 Abs. 1 ERegG sperre. Diese Auffassung führe angesichts des in § 67 Abs. 4 bis 7 ERegG detailliert geregelten Vorgehens der Regulierungsbehörde bei der Anforderung von Auskünften zu erheblichen systematischen Widersprüchen. Eine höchstrichterliche Klärung der Möglichkeiten der Regulierungsbehörde, gegen die regulierten Unternehmen Auskunftspflichten anzuordnen, fehle bislang.

25

Für die Klärung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sie sich aus dem Gesetzeswortlaut mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eindeutig im Sinne des angefochtenen Urteils beantworten lässt. Das Verwaltungsgericht hat überzeugend ausgeführt, dass § 67 Abs. 4 Nr. 1 ERegG als Rechtsgrundlage sogar für verdachtsunabhängige Auskunftsverlangen der Bundesnetzagentur nicht als abschließende Regelung gegenüber der in Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift niedergelegten Generalbefugnis anzusehen ist. Auch hier spricht der unionsrechtliche Hintergrund (Art. 56 Abs. 8 RL 2012/34/EU) gegen ein limitierendes Verständnis der Norm und für eine weite Auslegung im Sinne einer effektiven Kontrollmöglichkeit der Regulierungsbehörde im Falle bereits festgestellter eisenbahnrechtlicher Verstöße.

26

e. Soweit es die Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet, ob es für die Billigkeit und Zumutbarkeit einer dem Pflichtigen für die Erfüllung der auferlegten Pflicht gesetzten Frist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 VwVG lediglich auf die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit des Vollzugs innerhalb der gesetzten Frist und die Möglichkeit, vor Fristablauf Rechtsschutz zu erlangen, ankomme, oder ob dafür auch die sonstigen Auswirkungen auf den Pflichtigen in Rechnung zu stellen seien, rügt sie im Gewand der Grundsatzbedeutung lediglich die Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall, ohne dass sich daraus ein fallübergreifender Bezug ergäbe.

27

Das angefochtene Urteil hat für die Frage, ob die Klägerin die ihr in Ziffer 1 des Beschlusses der Bundesnetzagentur auferlegte Pflicht zur Fristentreue ab dem 1. September 2023 in 95 % der monatlich anfallenden Fälle erfüllen kann, den in § 13 Abs. 1 Satz 2 VwVG genannten Maßstab des billigerweise Zumutbaren herangezogen und betont, dafür sei dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit einzuräumen. Die Angemessenheit richte sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen seien neben der Dringlichkeit der Ausführung der auferlegten Handlung die Art der aufgegebenen Verpflichtung, die Schwere der Gefahrenlage und die dem Pflichtigen zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten zur Erfüllung (UA S. 41). Der Pflichtige müsse auch noch rechtzeitig vor Auslauf der Frist Rechtsschutz erlangen können (UA S. 41 f.). Daran schließen sich die Erwägungen an, die das Verwaltungsgericht zur Ausfüllung dieses Maßstabes im Fall der Klägerin angestellt hat.

28

Das Urteil stellt daher offenkundig nicht den von der Beschwerde angeführten Obersatz auf, dass es allein auf die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit des Vollzugs und einer Rechtsschutzmöglichkeit innerhalb der gesetzten Frist ankomme, sonstige Auswirkungen auf den Pflichtigen aber nicht in Rechnung zu stellen seien. Vielmehr tritt es gerade bei der Frage der Zumutbarkeit (UA S. 42) in eine Einzelfallprüfung der von der Klägerin erhobenen Einwände ein. Die von der Beschwerde herangezogenen Ausführungen des Urteils an anderer Stelle vermögen nicht die Deutung zu belegen, dass dem Urteil implizit ein anderer Maßstab zugrunde gelegen hätte. Ob es im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung der von der Klägerin angeführten Aspekte zu einer abweichenden Gewichtung hätte kommen müssen, ist keine Frage, die im Wege der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) an das Revisionsgericht herangetragen werden kann.

29

f. Gleichfalls fehlt der zur Unbestimmtheit einer Zwangsgeldandrohung aufgeworfenen Frage ein über die Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls hinausgehender grundsätzlicher Gehalt. Die Beschwerde kleidet mit der Frage

„Kann ein Zwangsgeld ohne Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot gem. § 13 Abs. 3 und 5 VwVG dergestalt angedroht werden, dass es für den Fall angedroht wird, dass der Pflichtige innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine prozentuale Vorgabe an Pflichterfüllung verfehlt, ohne dass von vornherein feststeht, wie viele Verstöße absolut erforderlich sind, um das Zwangsgeld auszulösen?“

lediglich die in Ziffer 3 des Beschlusses der Bundesnetzagentur enthaltene Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall, dass die Klägerin in weniger als 95 % der Fälle die ZvF-Entwürfe eines Monats oder weniger als 95 % der Fälle die ZvF-Endstücke eines Monats fristgerecht übermittle, in eine abstraktere Formulierung ein. Darauf setzt sie die vermeintlich grundsätzlich bedeutsame Frage, ob eine solche, an einem prozentualen Erfüllungsgrad pro Zeitintervall ansetzende Zwangsgeldandrohung zu unbestimmt sei. Diese durch die vorliegende Fallgestaltung konkret aufgeworfene Frage ist nicht geeignet, durch die Bildung eines Obersatzes zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts beizutragen. Vielmehr war hier vom Tatsachengericht unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Rechtsstreits der Frage nachzugehen, ob die Klägerin erkennen konnte, für welchen Verstoß gegen welche einzelne Pflicht ihr ein Zwangsgeld in welcher Höhe angedroht wurde. Damit befasst sich das Urteil (S. 42 ff.) ausführlich.

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2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen. Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt vor, wenn die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder das Bundesverfassungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juli 2020 – 6 B 9.20 – juris Rn. 12 sowie vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 jeweils m. w. N.). Daran fehlt es vorliegend.

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Die Beschwerde meint dem Urteil (S. 45) folgenden sinngemäßen Rechtssatz entnehmen zu können:

„Wenn eine Behörde beim Erlass eines in ihrem Ermessen stehenden Verwaltungsaktes einem Irrtum hinsichtlich des Inhalts des Verwaltungsakts unterliegt, begründet dies keinen Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO, wenn die Behörde im Ergebnis lediglich ein ‚Minus‘ zu der von ihr eigentlich beabsichtigten Entscheidung tenoriert hat.“

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Dieser abstrakte Rechtssatz liegt dem angegriffenen Urteil jedoch nicht zugrunde. Vielmehr befasst sich das Urteil (UA S. 45) ganz konkret mit der Frage, ob sich aus der Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur, auch bei B-Maßnahmen müsse im Rahmen der Baustellenkommunikation ein ZvF-Entwurf übermittelt werden, eine Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung ergibt. Das Verwaltungsgericht verneint dies, weil es lediglich eine überschießende Begründung annimmt, die jedenfalls auch die tatsächlich auferlegte Verpflichtung abdecke. Dagegen überdehnt es die Aussage der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe, diese Erwägungen im Sinne der von der Beschwerde beschriebenen generellen Rechtsauffassung zu interpretieren und dem Urteil damit einen prinzipiellen Auffassungsunterschied zu den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 114 VwGO für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung aufgestellten Rechtssätzen, vorliegend in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Oktober 1965 – 2 C 3.63 -, vom 17. August 2016 – 6 C 24.15 – und vom 16. Dezember 2021 – 1 C 60.20 – zu unterstellen.

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Ebenso wenig vermag die Beschwerde mit einer – hilfsweise – auf diesen Aspekt gestützten Grundsatzbedeutung durchzudringen. Die im Rahmen der Divergenzrüge zum Beleg einer Abweichung von der Klägerin herangezogenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts belegen, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Fehlerfolgen einer unzutreffend ermittelten Tatsachengrundlage oder einer fehlerhaften Rechtsauffassung für die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung bereits geklärt sind. Deren Anwendung hätte nach Auffassung der Klägerin allerdings zu einem abweichenden Ergebnis der rechtlichen Beurteilung führen müssen. Die Frage der zutreffenden Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechung kann aber nicht im Wege der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) an das Revisionsgericht herangetragen werden. Soweit die Beschwerde ergänzend Ausführungen zur grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der Möglichkeit einer Aufrechterhaltung eines ermessensfehlerhaft ergangenen Bescheides macht, gehen diese an der vom Verwaltungsgericht entschiedenen Konstellation vorbei. Angesichts der vom Verwaltungsgericht bejahten Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung war für die Frage einer Unbeachtlichkeit des Fehlers oder einer sonstigen Aufrechterhaltung des Bescheides kein Raum.

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3. Der zur Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Beschlusses der Bundesnetzagentur geltend gemachte Verfahrensmangel in Form eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegt nicht vor.

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Die Klägerin trägt dazu vor, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung über die Höhe des Zwangsgelds einerseits einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt und andererseits den Sachverhalt objektiv willkürlich gewürdigt. Denn nachdem das Erstgericht festgestellt habe, dass die Bundesnetzagentur die Zwangsgeldandrohung entgegen ihrer Absicht nur auf Teile der in Ziffer 1 des Beschlusses angeordneten Pflichten erstreckt habe, hätte es sich hiermit zwingend auch im Zusammenhang mit der Entscheidung bezüglich der Höhe des Zwangsgelds auseinandersetzen müssen. Dennoch bleibe dieser Aspekt unberücksichtigt. Dies führe auch dazu, dass die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts von objektiver Willkür gekennzeichnet sei. Denn die Annahme, dass eine Behörde, die nicht einmal erkannt hat, welche Pflichten sie mit einer Zwangsgeldandrohung durchsetzt, ihr Ermessen bezüglich der Höhe des Zwangsgelds zutreffend ausgeübt haben soll, erscheine unter keinem Gesichtspunkt vertretbar.

36

Das Vorbringen der Beschwerde führt nicht auf eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In Wirklichkeit greift die Beschwerde im Gewande der Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes lediglich die Rechtsanwendung im angefochtenen Urteil an. Sie wendet sich dagegen, dass die Vorinstanz zwar eine Fehlinterpretation der Kommunikationspflichten für B-Maßnahmen durch die Bundesnetzagentur bejaht, aber dennoch die Zwangsgeldbewehrung der darauf gestützten Anordnung für rechtmäßig erachtet hat. Damit kann sie indes keinen Verfahrensmangel aufzeigen. Denn Anhaltspunkte für eine im Rahmen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO allein relevante willkürliche oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßende Würdigung der Erkenntnismittel (vgl. zu den Voraussetzungen zuletzt BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2024 – 6 B 63.23 – juris Rn. 9 m. w. N.) fehlen bereits deshalb, weil der der Rechtsanwendung zugrundeliegende Sachverhalt zwischen den Beteiligten nicht streitig war.

37

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind billigerweise nicht erstattungsfähig, weil diese keinen Sachantrag gestellt und sich dadurch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

39

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Ziffer 1.7.2 Satz 2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach ist die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes festzusetzen, soweit dieses höher ist als der für die Grundverfügung selbst zu bemessende Streitwert.

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