BFH 8. Senat, Beschluss vom 11.04.2024, AZ VIII E 3/23, ECLI:DE:BFH:2024:B.110424.VIIIE3.23.0
§ 5a GKG, § 5b GKG, § 66 Abs 1 S 1 GKG, § 66 Abs 7 S 2 GKG, § 52d S 1 FGO
Leitsatz
1. NV: Eine Steuerberatungsgesellschaft, die für den Erinnerungsführer nach dem 31.12.2022 gegen eine Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs (BFH) für ein Revisionsverfahren Erinnerung einlegt, muss den verfahrenseinleitenden Schriftsatz als elektronisches Dokument mittels des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs beim BFH einreichen.
2. NV: Ein Formverstoß bei der Übermittlung führt zur Unwirksamkeit der im Schriftsatz enthaltenen Prozesserklärungen. Diese sind nicht inhaltlich zu bescheiden.
Tenor
Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs Kostenstelle vom 20.07.2023 – KostL 1027/23 (VIII R 16/23) und der Antrag, die Vollziehung der Kostenfestsetzung auszusetzen, werden zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
I.
1
Nach Zulassung der Revision durch den Senatsbeschluss vom 14.07.2023 im Verfahren VIII B 79/22 ist beim VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) das Revisionsverfahren VIII R 16/23 anhängig.
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Hierzu hat die Kostenstelle des BFH am 20.07.2023 unter dem Aktenzeichen KostL 1027/23 (VIII R 16/23) eine (vorläufige) Kostenrechnung versandt, in der ausgehend von einem Streitwert des Revisionsverfahrens in Höhe von … € eine Verfahrensgebühr in Höhe von … € von den Kostenschuldnern und Erinnerungsführern (Erinnerungsführer) zur Zahlung angefordert wurde. In der Rechtsbehelfsbelehrung der Kostenrechnung findet sich folgender Hinweis: „Bei Einlegung der Erinnerung durch Prozessbevollmächtigte wird auf § 5a GKG i.V.m. § 52d der Finanzgerichtsordnung hingewiesen.“
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Am 02.08.2023 ging beim BFH ein Telefax der Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführer, einer Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, ein. Darin wurde eine Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 20.07.2023 erhoben. Diese wurde damit begründet, dass die Verfahrensgebühr auf der Grundlage eines unzutreffenden Gegenstandswerts erhoben werde. Das wirtschaftliche Interesse des Erinnerungsführers sei darauf gerichtet, eine veränderte zeitliche Zuordnung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erreichen, die er durch Honorare als beherrschender Gesellschafter einer GmbH erhalten habe. Infolgedessen sei die Verfahrensgebühr unter Berücksichtigung des durch die angefochtenen Steuerfestsetzungen der Streitjahre 2011 bis 2013 eingetretenen Zinsnachteils des Erinnerungsführers (… €) festzusetzen.
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Die Erinnerungsführer beantragen,
die Kostenrechnung des BFH vom 20.07.2023 – KostL 1027/23 (VIII R 16/23) dergestalt abzuändern, dass die Verfahrensgebühr ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von … € berechnet wird; und
die Kostenrechnung des BFH vom 20.07.2023 – KostL 1027/23 (VIII R 16/23) von der Vollziehung auszusetzen.
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Die Vertreterin der Staatskasse beantragt sinngemäß,
die Erinnerung und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Kostenrechnung vom 20.07.2023 – KostL 1027/23 (VIII R 16/23) zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
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Die Erinnerung und der Antrag auf AdV der Kostenrechnung sind zurückzuweisen. Der Schriftsatz vom 02.08.2023, in dem die Anträge auf Abänderung der Kostenrechnung und AdV enthalten sind, ist nicht gemäß § 52d Satz 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der gesetzlich vorgegebenen Form als elektronisches Dokument durch das elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) übermittelt worden. Die darin enthaltenen Prozesserklärungen sind daher unwirksam und nicht inhaltlich zu bescheiden.
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1. Gemäß § 5a des Gerichtskostengesetzes (GKG) sind in Verfahren nach dem Gerichtskostengesetz die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument anzuwenden, die für das dem kostenrechtlichen Verfahren zugrunde liegende Verfahren gelten. Jede Kostenrechnung und jede anfechtbare Entscheidung hat gemäß § 5b GKG zudem eine Belehrung über den statthaften Rechtsbehelf sowie über die Stelle, bei der dieser Rechtsbehelf einzulegen ist, über deren Sitz und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten.
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2. Da das der angefochtenen Kostenrechnung vom 20.07.2023 zugrunde liegende Verfahren beim BFH ein Revisionsverfahren ist, sind danach gemäß § 5a GKG für die Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG gegen die Kostenrechnung und für den Antrag auf AdV der Kostenrechnung (§ 66 Abs. 7 Satz 2 GKG) diejenigen Vorschriften für die Übermittlung elektronischer Dokumente anzuwenden, die auch für das Einreichen und die Übermittlung elektronischer Dokumente im Revisionsverfahren gemäß § 52d FGO zu beachten sind. Hierauf sind die Erinnerungsführer in der Rechtsbehelfsbelehrung der Kostenrechnung auch zutreffend für den Fall hingewiesen worden, dass ein Prozessbevollmächtigter die Erinnerung einreicht.
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3. Die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer unterlag als Steuerberatungsgesellschaft ab dem 01.01.2023 gemäß § 52d Satz 1 und 2 FGO für die Übermittlung vorbereitender Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichender Anträge und Erklärungen in Revisionsverfahren (s. zur jeweils fristgebundenen Revisionseinlegung und -begründung § 120 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52d FGO; zu sonstigen Erklärungen im Revisionsverfahren § 121 Satz 1 i.V.m. § 52d FGO) der Übermittlungspflicht als elektronisches Dokument und der Nutzungspflicht für das beSt als sicheren Übermittlungsweg. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu auf den BFH-Beschluss vom 23.01.2024 – IV B 46/23 (BFH/NV 2024, 392, Rz 3 bis 5, m.w.N.) und das BFH-Zwischenurteil vom 25.10.2022 – IX R 3/22 (BFHE 278, 21, BStBl II 2023, 267, Rz 15, 16) Bezug genommen. Demnach hätte die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer gemäß § 5a GKG den Schriftsatz vom 02.08.2023 als elektronisches Dokument mittels des beSt an den BFH übermitteln müssen. Dies ist nicht geschehen. Der Schriftsatz vom 02.08.2023 wurde beim BFH per Telefax eingereicht.
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4. Anhaltspunkte dafür, dass eine Übermittlung in der gesetzlich vorgegebenen Form gemäß § 5a GKG i.V.m. § 52d Satz 3 und 4 FGO aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich gewesen sein könnte und in der Übermittlung des Schriftsatzes per Telefax eine zulässige Ersatzeinreichung liegen könnte, sind nicht ersichtlich. Solche Umstände sind von den Erinnerungsführern auch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden (§ 52d Satz 4 FGO).
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5. Der Formverstoß führt zur Unwirksamkeit der im Schriftsatz vom 02.08.2023 enthaltenen Prozesserklärungen. Die darin gestellten Anträge sind nicht zu beachten und nicht inhaltlich zu bescheiden.
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6. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).