BGH 1. Zivilsenat, Beschluss vom 22.03.2024, AZ I ZR 88/23, ECLI:DE:BGH:2024:220324BIZR88.23.0
Verfahrensgang
vorgehend OLG Dresden, 31. Mai 2023, Az: 13 U 1753/22
vorgehend LG Görlitz, 3. August 2022, Az: 1 O 452/21
Tenor
Der Senat erteilt nach vorläufiger rechtlicher Beurteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung folgende Hinweise zu den voraussichtlich entscheidungserheblichen Rechtsfragen:
Gründe
1
I. Die Beklagte mit Sitz in Österreich bietet im Internet Sportwetten an. Der Kläger nahm vom 11. Oktober 2018 bis zum 28. Dezember 2018 an Sportwetten der Beklagten teil. In diesem Zeitraum verfügte die Beklagte nicht über eine Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten. Sie hatte eine solche Konzession beantragt. Auf Antrag der Beklagten verpflichtete das Verwaltungsgericht Wiesbaden die zuständige Behörde, der Beklagten die beantragte Konzession zu erteilen (vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 31. Oktober 2016 – 5 K 1467/14.Wi). Im Jahr 2021 erteilte die zuständige Behörde der Beklagten eine Konzession.
2
Der Kläger macht die Unzulässigkeit der Sportwetten sowie die Unwirksamkeit der Wettverträge geltend. Das Sportwettenangebot der Beklagten sei nicht erlaubt und auch nicht erlaubnisfähig gewesen, weil es den Anforderungen von § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 (monatlicher Höchsteinsatz je Spieler) und § 4 Abs. 5 Nr. 5 GlüStV 2012 (Trennung zwischen Sportwetten und anderen Glücksspielen) nicht genügt habe. Außerdem habe die Beklagte eine sogenannte Cash-Out-Funktion angeboten, die unzulässig sei.
3
Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der an sie geleisteten Zahlungen in Höhe seiner Nettoverluste – also der verlorenen Einsätze abzüglich der Gewinne bei der Beklagten – von 11.984,89 € nebst Zinsen verlangt.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung antragsgemäß verurteilt (OLG Dresden, BeckRS 2023, 12231).
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
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II. Das Berufungsgericht hat angenommen, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folge aus Art. 18 Abs. 1, 17 Abs. 1 Buchst. c der Brüssel-Ia-Verordnung und nach Art. 6 Abs. 1 der Rom-I-Verordnung sei deutsches Sachrecht anwendbar.
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Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus Bereicherungsrecht nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Die Beklagte habe die Zahlungen des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt. Sie habe gegen das Verbotsgesetz des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verstoßen, weil sie zum maßgeblichen Zeitpunkt des Angebots der Sportwetten nicht über die erforderliche Konzession nach § 4 Abs. 5, § 10a GlüStV 2012 verfügt habe. Das Verbot sei unionsrechtskonform und der Verstoß dagegen führe nach dem Verbotszweck zur Nichtigkeit der Wettverträge gemäß § 134 BGB. Etwaige Verfahrensverstöße im Konzessionserteilungsverfahren könnten das Verbot nicht aushebeln. Nichts anderes folge aus dem von der Beklagten am 31. Oktober 2016 erstrittenen Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, nach dem ihr eine Sportwetten-Konzession für die Dauer von sieben Jahren zuzusprechen gewesen wäre. Für den Fall einer beantragten und unberechtigt (noch) nicht erteilten Konzession seien keine Ausnahmen statuiert. Auch ein aus unionsrechtlichen Gründen gebotenes Absehen von repressiven Maßnahmen lasse sich nicht mit einer behördlichen Genehmigung gleichsetzen. Die Beklagte könne sich gegenüber dem Kläger zudem nicht darauf berufen, dass die zuständige Verwaltungsbehörde gegen den Verstoß nicht vorgegangen sei, sondern ihn geduldet habe.
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Die Vorschrift des § 762 BGB stehe einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB nicht entgegen. Der Anspruch des Klägers sei mangels positiver Kenntnis von der Nichtschuld nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen. Er scheitere auch nicht an § 817 Satz 2 BGB. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Nachweis der Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erbracht. Sie sei zudem nicht anwendbar, wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig getroffenen Zustands – wie hier – mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar sei und deshalb von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden könne. Die Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt.
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III. Die Revision dürfte nach vorläufiger Einschätzung des Senats keinen Erfolg haben.
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1. Das Berufungsgericht ist zu Recht und von der Revision nicht angegriffen davon ausgegangen, dass die deutschen Gerichte international zuständig sind, die Klage auch im Übrigen zulässig ist und sich die geltend gemachten Ansprüche nach deutschem Sachrecht beurteilen.
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2. Dem Kläger dürfte im vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte zustehen. Wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Die Beklagte hat die Beträge, die der Kläger als Spieleinsätze an sie gezahlt hat, durch dessen Leistung erlangt. Die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge dürften hierfür keinen rechtlichen Grund darstellen. Die Beklagte hat durch das öffentliche Angebot von Sportwetten gegen die Regelungen in § 4 Abs. 1, 4 und 5 , § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen, die ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB darstellen (dazu III 2 a). Aus diesem Verstoß dürfte im Streitfall die Nichtigkeit der Sportwettenverträge folgen (dazu III 2 b).
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a) Die Beklagte hat gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen. Diese unionsrechtskonformen Regelungen stellen ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB dar.
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aa) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und das Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sowie die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verboten. Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verboten. Ein Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Glücksspiele im Internet besteht nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten, nicht jedoch für sonstige öffentliche Glücksspiele wie insbesondere Casino- und Automatenspiele. Für Sportwetten sieht § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 eine entsprechende Anwendung des Verbots nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 vor; allerdings ermöglicht § 4a Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 im Rahmen der sogenannten Experimentierklausel des § 10a GlüStV 2012 die Erteilung einer Konzession. Diese gab dem Konzessionsnehmer nach näherer Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 GlüStV 2012 das Recht, abweichend vom Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 Sportwetten auch im Internet zu veranstalten und zu vermitteln.
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Ein Glücksspiel liegt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach Satz 2 hängt die Entscheidung über den Gewinn in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Unter den Begriff der Glücksspiele fallen nach Satz 3 auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses. Satz 4 definiert Sportwetten als Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Öffentlich ist ein Glücksspiel gemäß § 3 Abs. 2 GlüStV 2012, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.
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bb) Das im Glücksspielstaatsvertrag 2012 vorgesehene Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für Sportwetten steht mit dem Unionsrecht in Einklang.
16
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein. Die Regelung von Glücksspielen gehört zu den Bereichen, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, deren Sache es ist, im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 – C-186/11 und C-209/11, GRUR 2013, 524 [juris Rn. 23 f.] – Stanleybet International u.a.; Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, GRUR 2014, 876 [juris Rn. 23 f.] = WRP 2014, 1172 –; Digibet und Albers, jeweils mwN). Daher ist es Sache der Mitgliedstaaten, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihnen verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. EuGH, GRUR 2013, 524 [juris Rn. 44] – Stanleybet International u.a.; BVerwG, ZfWG 2019, 36 [juris Rn. 11]). Etwaige praktische Probleme des Staats, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung des Verbots nicht in Frage zu stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-316/07 u.a., WRP 2010, 1338 [juris Rn. 86 f.] – Stoß u.a.; BVerwG, ZfWG 2018, 139 [juris Rn. 37]). Eine Pflicht der Mitgliedstaaten, eine von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis anzuerkennen, ergibt sich aus dem Unionsrecht nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 12. September 2013 – C-660/11 und C-8/12, ZfWG 2013, 391 [juris Rn. 40 f.] – Biasci u.a., mwN).
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(2) Allerdings muss ein Mitgliedstaat bei Einführung eines Glücksspielverbots mit Erlaubnisvorbehalt insbesondere die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot beachten. Die Einführung eines Systems der vorherigen behördlichen Genehmigung für das Angebot bestimmter Arten von Glücksspielen in diesem Mitgliedstaat muss auf objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien beruhen, die im Voraus bekannt sind und der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen (vgl. EuGH, GRUR 2013, 524 [juris Rn. 47] – Stanleybet International u.a.; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-46/08, ZfWG 2010, 344 [juris Rn. 87] – Carmen Media Group; Urteil vom 4. Februar 2016 – C-336/14, ZfWG 2016, 115 [juris Rn. 55] – Ince; BVerwGE 160, 193 [juris Rn. 45]).
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Das im Rahmen der Experimentierklausel nach § 10a Abs. 2, § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 eingeführte Konzessionsverfahren für die Veranstaltung von Sportwetten gab zwar vor, dass Konzessionen nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann das mit der Experimentierklausel eingeführte Konzessionsverfahren die von den nationalen Gerichten festgestellte Unvereinbarkeit des zuvor bestehenden staatlichen Monopols auf die Veranstaltung von Sportwetten mit Art. 56 AEUV allerdings nicht beheben, soweit es den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot nicht beachtet und die von den nationalen Gerichten für unionsrechtswidrig befundenen Bestimmungen, mit denen ein staatliches Monopol auf die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten eingeführt wurde, faktisch weiter angewandt werden (vgl. EuGH, ZfWG 2016, 115 [juris Rn. 93 und 95] – Ince). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat vor diesem Hintergrund entschieden, dass nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts kein Mitgliedstaat eine strafrechtliche Sanktion für ein Verhalten verhängen darf, mit dem der Betroffene einer verwaltungsrechtlichen Anforderung nicht genügt hat, wenn der Mitgliedstaat die Erfüllung der Anforderung unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl. EuGH, ZfWG 2016, 115 [juris Rn. 63 und 94] – Ince).
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cc) Die Vorschrift des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 stellt ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB dar.
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(1) Als Verbotsgesetz kommen auch landesrechtliche Normen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 – VIII ZR 10/85, NJW 1986, 2360 [juris Rn. 10]). Der zwischen den Ländern geschlossene Glücksspielstaatsvertrag 2012 wurde von den einzelnen Landesgesetzgebern ratifiziert und jeweils in den Rang eines Landesgesetzes erhoben (vgl. beispielsweise § 1 Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg vom 20. November 2012 [GBl. S. 604]).
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(2) Für den Streitfall kommt es nicht auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in der am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV 2021) an, die ihrerseits in § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV 2021 einen Erlaubnisvorbehalt für das Veranstalten von Sportwetten vorsehen. Maßgeblich für die Beurteilung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB ist das zum Zeitpunkt des Verstoßes geltende Verbotsgesetz. Wird das Verbot nachträglich aufgehoben, führt nur eine bestätigende Neuvornahme gemäß § 141 BGB zur Wirksamkeit (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 150/06, WuM 2007, 440 [juris Rn. 10] mwN).
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(3) Bei § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 handelt es sich schon nach dem Wortlaut der Regelungen („sind verboten“ beziehungsweise „ist verboten“) um gesetzliche Verbote im Sinn des § 134 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision (mit Verweis auf BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283 [juris Rn. 20] zu einer tarifvertraglichen Regelung) folgt aus dem in § 4 Abs. 5, § 4a Abs. 1 GlüStV 2012 geregelten Erlaubnisvorbehalt nicht, dass es sich um ein dispositives und damit nicht um ein gesetzliches Verbot handelt. In diesem Sinn dispositiv sind lediglich Normen des Privatrechts, von denen im Rahmen der Privatautonomie abgewichen werden kann. Öffentlich-rechtliche Vorschriften stehen dagegen nicht zur Disposition des Normadressaten. Ein Erlaubnisvorbehalt stellt die Einhaltung des gesetzlichen Verbots nicht frei, sondern zwingt den Verbotsadressaten, das hierfür vorgesehene Erlaubnisverfahren zu durchlaufen und die in diesem Rahmen geltenden Anforderungen zu erfüllen.
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dd) Die Beklagte hat gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen, indem sie öffentlich im Internet Sportwetten angeboten hat, ohne im für den Streitfall relevanten Zeitraum über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen.
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(1) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass das Verwaltungsgericht Wiesbaden die zuständige Behörde auf Antrag der Beklagten zumindest erstinstanzlich verpflichtet hat, ihr eine Konzession nach § 4a GlüStV 2012 zu erteilen (vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 31. Oktober 2016 – 5 K 1467/14.WI, juris). Zum weiteren Verfahrensverlauf haben die Parteien nichts vorgetragen. Der Beklagten wurde erst im Jahr 2021 eine Konzession erteilt.
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(2) Durch den Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 8. September 2020 sind unerlaubte Glücksspiele – insbesondere solche, die vor diesem Zeitpunkt getätigt worden sind – nicht im Wege eines Verwaltungsakts legalisiert worden. Die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder haben sich darin lediglich auf ein koordiniertes Vorgehen in der Glücksspielaufsicht verständigt, ohne verbindlich vorzugeben, dass gegen bestimmte unerlaubte Glücksspielangebote nicht mehr vorgegangen werden soll (zu Casino- und Automatenspielen vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2021 – I ZR 194/20, GRUR 2021, 1534 [juris Rn. 54] = WRP 2021, 1556 –; Rundfunkhaftung I).
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b) Aus dem Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 dürfte im Streitfall die Nichtigkeit der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Sportwettenverträge folgen. Grundsätzlich erfordert der Schutzzweck dieses gesetzlichen Verbots die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB (dazu III 2 b bb). Der Senat muss im Streitfall nicht entscheiden, ob dies ausnahmsweise anders zu sehen ist, wenn ein Anbieter zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hatte, das für diesen Antrag geltende Konzessionserteilungsverfahren aber unionsrechtswidrig war, und das Sportwettenangebot dieses Anbieters daher weder strafrechtlich sanktioniert noch verwaltungsrechtlich untersagt werden konnte (dazu III 2 b cc). Denn jedenfalls für Sportwettenangebote, die – wie im Streitfall – auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionserteilungsverfahren nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig gewesen wären, dürfte es bei der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB verbleiben.
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aa) Wenn das Verbotsgesetz – § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 – keine ausdrückliche Rechtsfolgenregelung enthält, ist die Frage, ob der Verstoß gegen das Verbot zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, nach dem Zweck des Verbotsgesetzes zu beantworten. Dabei hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz in der Regel die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur Folge, wenn sich das Verbot gegen beide Seiten richtet. In besonderen Fällen kann sich die Nichtigkeit allerdings auch aus einem einseitigen Verstoß ergeben, falls nämlich der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf. Eine solche Ausnahme liegt etwa vor, wenn der angestrebte Schutz des Vertragspartners die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert oder wenn der Erfüllungsanspruch auf eine unerlaubte Tätigkeit gerichtet ist. Reicht es dagegen aus, dem gesetzlichen Verbot durch verwaltungs- oder strafrechtliche Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, so hat die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit daneben keinen Platz (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2022 – XI ZR 515/21, ZfWG 2023, 51 [juris Rn. 11] mwN).
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bb) Der Zweck des gesetzlichen Verbots nach § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012, die Bevölkerung vor von öffentlichen Glücksspielen ausgehenden Gefahren zu schützen, erfordert grundsätzlich die Nichtigkeit der auf Grundlage eines Internetangebots unter einseitigem Verstoß gegen die Erlaubnispflicht geschlossenen Glücksspielverträge (vgl. allgemein zu Online-Glücksspielen und § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 auch Finkenauer, ZfPW 2023, 133, 136 f.; Hendricks/Lüder, VuR 2021, 333, 335; Schaper, WM 2022, 1917, 1923; Scholer/Heintz, jM 2023, 60, 62; Segna, WM 2022, 1909, 1911; NK-BGB/Looschelders, 4. Aufl., § 134 Rn. 183 f.; BeckOGK.BGB/Vossler, Stand 1. März 2021, § 134 Rn. 220; speziell zu Sportwetten vgl. insoweit auch Will, NVwZ, 2023, 865, 868; aA Köhler, NJW 2023, 2449, 2452 f.).
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(1) Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags bestehen gemäß § 1 GlüStV 2012 gleichrangig unter anderem darin, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (Nr. 1), durch ein begrenztes erlaubtes Glücksspielangebot den Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken (Nr. 2), den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten (Nr. 3) und sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt sowie die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden (Nr. 4).
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(2) Die effektive Durchsetzung der genannten legitimen Ziele erfordert grundsätzlich die Nichtigkeit der unter Verstoß gegen die Erlaubnispflicht auf Grundlage eines Internetangebots geschlossenen Glücksspielverträge. Über das Internet angebotene Spiele weisen wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen Verbraucher und Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotential für jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht. Dabei fällt insbesondere auch die für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugänglichkeit zu einem sehr großen internationalen Spielangebot ins Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 92/09, GRUR 2012, 193 [juris Rn. 44] = WRP 2012, 201 –; Sportwetten im Internet II mit Verweis unter anderem auf EuGH, ZfWG 2010, 344 [juris Rn. 102 f.] – Carmen Media Group; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 [juris Rn. 40]; BVerwGE 140, 1 [juris Rn. 34]).
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Gegen die Schutzbedürftigkeit der Spieler spricht dabei nicht, dass das Verlustrisiko bei erlaubten Spielen ebenfalls besteht und jedem Spieler bekannt sein muss. Das gesetzliche Verbot dient auch dem Schutz des Spielers vor sich selbst. Wegen der auf viele Menschen wirkenden besonderen Reize von Glücksspielen und der niedrigen sozialen Hemmschwellen beim Online-Glücksspiel soll es verhindern, dass spielsüchtige und spielsuchtgefährdete Menschen außerhalb jeder aufsichtsrechtlichen Kontrolle in die Lage geraten, trotz des vorhandenen Wissens um das Verlustrisiko – womöglich erhebliche – Verluste zu erleiden (vgl. EuGH, ZfWG 2010, 344 [juris Rn. 102 f.] – Carmen Media Group; BVerwGE 140, 1 [juris Rn. 34]; BVerwG, ZfWG 2018, 139 [juris Rn. 29]). Ginge man dagegen von der zivilrechtlichen Wirksamkeit der verbotenen Glücksspielverträge aus und verwiese die Spieler lediglich auf Schadensersatzansprüche, wenn es im Einzelfall zu einer Verletzung ihrer geschützten Interessen kommt, wie etwa bei fehlender Rücksichtnahme auf die Schutzbedürftigkeit des Spielers oder bei Manipulation des Spiels (vgl. Köhler, NJW 2023, 2449, 2453), bliebe der mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 angestrebte Schutz der Bevölkerung unzureichend.
32
Das gesetzliche Verbot richtet sich nicht lediglich gegen eine bestimmte Art der Durchführung des Geschäfts, sondern soll insbesondere die negativen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen für die Spieler verhindern, die durch das Glücksspiel eintreten können. Aus diesem Grund ist die von der Revision angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeit von unter Verstoß gegen Ordnungsvorschriften geschlossenen, aber ansonsten unbedenklichen Rechtsgeschäften (zum Vertriebsvertrag über verschreibungspflichtige Arzneimittel bei fehlender Apothekenzulassung vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1968 – VI ZR 217/65, NJW 1968, 2286, [juris Rn. 26 bis 30]; zum Maklervertrag bei fehlender Gewerbeerlaubnis vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1980 – IVa ZR 33/80, BGHZ 78, 269 [juris Rn. 12 bis 17]; zum Werkvertrag bei fehlender Eintragung in die Handwerksrolle vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 – VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240 [juris Rn. 9 bis 14]; zum Darlehensvertrag bei fehlender Erlaubnis für das Betreiben von Kreditgeschäften vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2011 – XI ZR 256/10, WM 2011, 1168 [juris Rn. 20]) nicht auf Glücksspielverträge übertragbar.
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(3) Entgegen der Ansicht der Revision führt auch die in § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 vorgesehene Möglichkeit, die Veranstaltung von Sportwetten – anders als etwa von Casino- oder Automatenspielen – im Internet zu erlauben, nicht dazu, dass die Nichtigkeit unerlaubter Sportwettenverträge nicht mehr erforderlich ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift dient die Erlaubnismöglichkeit der besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012; hierzu zählen insbesondere die Kanalisierung des Glücksspielangebots (§ 1 Nr. 2 GlüStV 2012), der Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV 2012) und die Kriminalitätsbekämpfung (vgl. § 1 Nr. 4 GlüStV 2012). Der Spielerschutz wird beim erlaubten Glücksspiel in Form von Sportwetten insbesondere dadurch verwirklicht, dass minderjährige und gesperrte Spieler ausgeschlossen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV 2012) sowie der monatliche Höchsteinsatz je Spieler grundsätzlich einen Betrag von 1.000 € grundsätzlich nicht übersteigen darf (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012). Besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung müssen ausgeschlossen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012). Wetten und Lotterien dürfen weder über dieselbe Internetdomain angeboten noch darf auf andere Glücksspiele verwiesen oder verlinkt werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 GlüStV 2012). Zudem werden Sportwettenanbieter einer erweiterten Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen (§ 4a Abs. 4 Nr. 1 GlüStV 2012), müssen ihre Leistungsfähigkeit nachweisen (§ 4a Abs. 4 Nr. 2 GlüStV 2012) sowie Transparenz- und Sicherheitsanforderungen erfüllen (§ 4a Abs. 4 Nr. 3 GlüStV 2012), insbesondere – zur Vorbeugung von Spielmanipulationen – Schnittstellen zur Prüfung aller Spielvorgänge in Echtzeit zur Verfügung stellen (§ 4a Abs. 4 Nr. 3 Buchst. f GlüStV 2012). Das Genehmigungsverfahren besteht mithin nicht um seiner selbst willen; vielmehr erfüllt es eine eigenständige, auf das jeweilige gesetzliche Schutzgut bezogene gestaltende Funktion zur Gewährleistung effektiven Rechtsgüterschutzes (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2020 – 3 StR 327/19, ZfWG 2020, 352 [juris Rn. 16]).
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Auch nach der Konzessionserteilung unterliegen erlaubte Sportwettenangebote der laufenden Aufsicht der zuständigen Behörde. In der Konzession werden Inhalts- und Nebenbestimmungen festgelegt, die zur dauernden Sicherstellung der Konzessionsvoraussetzungen sowie zur Einhaltung und Überwachung der Pflichten des Sportwettenanbieters erforderlich sind (§ 4c Abs. 2 GlüStV 2012). Verletzt ein Sportwettenanbieter eine Inhalts- und Nebenbestimmung der Konzession oder veranstaltet er unerlaubte Glücksspiele, kann die zuständige Behörde hiergegen Maßnahmen ergreifen (§ 4e Abs. 4 GlüStV 2012) und als ultima ratio einen Widerruf der Konzession aussprechen (§ 4e Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 GlüStV 2012).
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(4) Durch verwaltungs- und strafrechtliche Maßnahmen kann dem gesetzlichen Verbot kein hinreichender Nachdruck verliehen werden. Unerlaubte Glücksspiele im Internet werden überwiegend aus dem Ausland angeboten. Diese Anbieter können sich auf diese Weise dem Zugriff deutscher Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden weitgehend entziehen. Sehen sich diese Anbieter dem Risiko ausgesetzt, die Einsätze der Spieler zurückzahlen zu müssen, leistet dies einen erheblichen Beitrag dazu, unerlaubte Glücksspiele zurückzudrängen und so die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags zu erreichen. Unter Geltung eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt – wie bei Sportwetten – schafft diese Rechtsfolge zudem einen Anreiz für Anbieter, das Konzessionserteilungsverfahren zu durchlaufen.
36
(5) Zu keinem anderen Ergebnis führt die Erwägung, dass durch die Nichtigkeitsfolge für Spieler Fehlanreize entstehen könnten, wenn diese animiert würden, risikolos Einsätze zu tätigen. Gemäß § 817 Satz 2 Halbsatz 1 Teilsatz 1 BGB ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt (zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 [juris Rn. 18]; Urteil vom 10. Januar 2019 – IX ZR 89/18, NJW 2019, 1147 [juris Rn. 28], jeweils mwN), etwa durch strafbare Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel nach § 285 StGB. Ob und unter welchen Voraussetzungen § 817 Satz 2 Halbsatz 1 Teilsatz 1 BGB einschränkend auszulegen ist (vgl. hierzu BGHZ 201, 1 [juris Rn. 21 f.] mwN; NJW 2019, 1147 [juris Rn. 34]), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung (vgl. dazu ergänzend Rn. 57). Etwaige Fehlanreize bei Spielern betreffen zudem nur Einzelfälle, während der die Regelungsziele des Glücksspielstaatsvertrags unterstützende Anreiz, das vorgesehene Konzessionserteilungsverfahren zu durchlaufen und auf nicht erlaubnisfähige Glücksspielangebote zu verzichten, für alle Anbieter besteht.
37
(6) Die Nichtigkeitsfolge widerspricht nicht der von der Revision angeführten Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Danach führt der Verstoß eines Zahlungsdienstleisters gegen das Verbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2012, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitzuwirken, indem er den vom Spieler autorisierten Zahlungsvorgang ausführt, nicht zur Nichtigkeit der Autorisierung der Kreditkartenzahlung (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2022 – XI ZR 515/21, ZfWG 2023, 51 [juris Rn. 12]). Die Nichtigkeit der Glücksspielverträge hat der XI. Zivilsenat offengelassen (zur Nichtigkeit des Valutaverhältnisses vgl. BGH, ZfWG 2023, 51 [juris Rn. 21]).
38
Die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats basiert maßgeblich darauf, dass der an den Zahlungsdienstleister gerichteten Verbotsnorm des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2012 mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2012 eine entsprechende Befugnisnorm der Glücksspielaufsichtsbehörde zur Seite gestellt ist. Sie ermöglicht die Inanspruchnahme der am Zahlungsverkehr Beteiligten als verantwortliche Störer, sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt worden ist (vgl. BGH, ZfWG 2023, 51 [juris Rn. 14]). Nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Willen der Landesgesetzgeber sind beide Vorschriften in einem Zusammenhang zu sehen (vgl. BGH, ZfWG 2023, 51 [juris Rn. 15] mit Verweis unter anderem auf LT-BW-Drucks. 15/849, S. 34 und 44). Dies lässt auf den Willen der Landesgesetzgeber schließen, dass durch § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2012 nicht in das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer eingegriffen werden soll (vgl. BGH, ZfWG 2023, 51 [juris Rn. 16]).
39
Diese Überlegungen lassen sich nicht auf das Verhältnis zwischen Glücksspielanbieter und Spieler übertragen. Das an den Zahlungsdienstleister gerichtete Verbot und die damit zusammenhängende Befugnis der Glücksspielaufsicht dienen dazu, über den Zahlungsdienstleister mittelbar auf die Glücksspielanbieter einzuwirken, insbesondere auch auf die Anbieter, die ihren Sitz im Ausland haben und für deutsche Behörden daher kaum erreichbar sind. Es ist kein Wille der Landesgesetzgeber erkennbar, das Vorgehen gegen Glücksspielanbieter, die gegen das im Glücksspielstaatsvertrag geregelte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verstoßen, zu begrenzen und insbesondere nicht in das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Glücksspielanbieter und Spieler einzugreifen.
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cc) Der Senat muss im Streitfall nicht entscheiden, ob die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ausnahmsweise nicht erforderlich ist, wenn ein Anbieter im maßgeblichen Zeitraum bereits eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hat, das für diesen Antrag geltende Konzessionserteilungsverfahren aber – wofür im Streitfall einiges spricht – unionsrechtswidrig war, und das Sportwettenangebot dieses Anbieters daher weder strafrechtlich sanktioniert noch verwaltungsrechtlich untersagt werden konnte.
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(1) § 134 BGB verschafft Verbotsgesetzen Wirkungen für privatrechtliche Rechtsgeschäfte, die sie selbst nicht ausdrücklich vorsehen. Der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führt nicht ausnahmslos zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, sondern nach dem Wortlaut der Vorschrift nur dann, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Durch die Regelung des § 134 BGB können Wertungen aus anderen Rechtsgebieten – insbesondere aus dem öffentlichen Recht und dem Strafrecht – auf privatrechtliche Rechtsgeschäfte übertragen und Widersprüche in der Rechtsordnung vermieden werden (vgl. Beater, AcP 197 [1997], 505 507; NK-BGB/Looschelders aaO § 134 Rn. 1; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, 11. Aufl., Rn. 647; Staudinger/Rieble, BGB, Neubearbeitung 2021 [Stand 1. November 2022], § 134 Rn. 1; Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, 21. Aufl., § 26 Rn. 2; BeckOGK.BGB/Vossler aaO § 134 Rn. 1 und 10).
42
(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das Fehlen einer Erlaubnis eine Untersagung von Sportwetten nicht begründen, wenn das Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist und deshalb faktisch ein staatliches Sportwettenmonopol fortbesteht (vgl. BVerwGE 155, 261 [juris Rn. 27 f.]). Dies entbindet die Anbieter indes nicht davon, einen (Erst-)Antrag auf Erteilung einer Konzession zu stellen, wenn dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre (vgl. BVerwGE 160, 193 [juris Rn. 46 f.]; zu einem Verstoß gegen § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 5 GlüStV 2012 als Marktverhaltensregelungen bei Online-Zweitlotterien vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2023 – I ZR 79/22, ZfWG 2023, 262 [juris Rn. 22 bis 24]; Beschluss vom 26. Januar 2023 – I ZR 148/22, juris Rn. 9 bis 11; Beschluss vom 8. November 2023 – I ZR 79/22, juris Rn. 6 bis 9; Beschluss vom 8. November 2023 – I ZR 148/22, ZfWG 2024, 66 [juris Rn. 5 bis 8]).
43
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, im maßgeblichen Zeitraum habe kein unionsrechtskonformes Verfahren zur Erlaubnis von privaten Sportwettenveranstaltern zur Verfügung gestanden, weil das durchgeführte Konzessionsverfahren das unionsrechtlich fundierte Transparenzgebot verletzt und eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Antragsteller begründet habe (vgl. Hessischer VGH, NVwZ 2016, 171 [juris Rn. 54]; ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, ZfWG 2017, 184 [juris Rn. 42]). Insbesondere hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof das in der Ausschreibung verwendete Zuschlagskriterium des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“ als nicht sachgerecht und die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Bewertungsmatrix als nicht den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags entsprechend beanstandet (vgl. Hessischer VGH, NVwZ 2016, 171 [juris Rn. 55 bis 68]; ebenso OVG NRW, ZfWG 2017, 184 [juris Rn. 44 bis 56]). Zudem hat er entschieden, das Absehen von einer Untersagungsverfügung oder der Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen einen Sportwettenanbieter dürfe nicht von der Teilnahme an einem Duldungsverfahren abhängig gemacht werden (vgl. Hessischer VGH, ZfWG 2017, 320 [juris Rn. 8 und 11]).
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(3) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 284 StGB, der die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels unter Strafe stellt, verwaltungsakzessorisch ausgestaltet, so dass grundsätzlich bereits das Fehlen einer behördlichen Erlaubnis den Tatbestand ungeachtet einer möglichen materiellrechtlichen Genehmigungsfähigkeit erfüllt. Ein Sachverhalt, bei dem die Erlaubnis erteilt werden könnte oder gar müsste, begründet keinen Tatbestandsausschluss (vgl. BGH, ZfWG 2020, 352 [juris Rn. 16]). Diese Erwägung gilt auch in den Fällen, in denen der Betroffene nicht nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Genehmigungsantrag, sondern sogar auf die Erteilung der Genehmigung selbst hat (vgl. BGH, ZfWG 2020, 352 [juris Rn. 18]). Stellt sich im Nachhinein die Rechtswidrigkeit der Versagung der Genehmigung heraus oder erteilt die Behörde nachträglich eine Genehmigung, so ist regelmäßig kein Strafaufhebungsgrund gegeben, der trotz Tatbestandserfüllung und Rechtswidrigkeit des genehmigungslosen Verhaltens die Strafbarkeit nachträglich entfallen ließe (vgl. BGH, ZfWG 2020, 352 [juris Rn. 19]). Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Betroffene verwaltungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt hat, die ihrerseits gegen das Unionsrecht verstoßen (vgl. BGH, ZfWG 2020, 352 [juris Rn. 34]). Denn nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts darf kein Mitgliedstaat eine strafrechtliche Sanktion für ein Verhalten verhängen, mit dem der Betroffene einer verwaltungsrechtlichen Anforderung nicht genügt hat, wenn der Mitgliedstaat die Erfüllung der Anforderung unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl. EuGH, ZfWG 2016, 115 [juris Rn. 94] – Ince).
45
(4) Vor diesem Hintergrund ist zu erwägen, ob die mit gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßenden Sportwettenverträgen rechtsgeschäftlich getroffene Regelung hingenommen werden kann, wenn der Sportwettenanbieter – wie die Beklagte – im maßgeblichen Zeitraum bereits eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hat, das für diesen Antrag geltende Konzessionserteilungsverfahren aber unionsrechtswidrig war, und das Sportwettenangebot dieses Anbieters daher weder verwaltungsrechtlich untersagt noch strafrechtlich sanktioniert werden konnte.
46
Für eine solche Einschränkung der Nichtigkeitsfolge könnte das Bestreben sprechen, Widersprüche in der Rechtsordnung zu vermeiden. Zudem hat die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 134 BGB dann keinen Platz mehr, wenn es ausreicht, dem gesetzlichen Verbot durch verwaltungs- oder strafrechtliche Maßnahmen Nachdruck zu verleihen (vgl. BGH, ZfWG 2023, 51 [juris Rn. 11] mwN). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Nichtigkeitsfolge dann eingreifen kann, wenn die vom Gesetzgeber eigentlich vorgesehene verwaltungsrechtliche Durchsetzung sowie strafrechtliche Sanktionierung des fortbestehenden gesetzlichen Verbots aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist, es also allein zivilrechtlich sanktioniert werden könnte.
47
Gegen eine solche Einschränkung der Nichtigkeitsfolge könnte die Erwägung angeführt werden, dass sich die im Verhältnis des Staats zum Sportwettenanbieter eintretenden Rechtsfolgen nicht ohne Weiteres auf das Verhältnis des Sportwettenanbieters zum Spieler übertragen lassen (so Will, NVwZ 2023, 865, 868 f.). Die Schutzbedürftigkeit des Spielers besteht unabhängig von der Möglichkeit fort, das Verbot verwaltungsrechtlich durchzusetzen oder dessen Nichteinhaltung strafrechtlich zu sanktionieren. Fehlt das verwaltungs- oder strafrechtliche Instrumentarium, hängt die Verwirklichung der Schutzziele des Glücksspielstaatsvertrags 2012 sogar in noch stärkerem Maß von der zivilrechtlichen Nichtigkeitsfolge ab. Das Absehen von verwaltungs- und strafrechtlichen Maßnahmen führt auch nicht zu einer Legalisierung des Angebots, die allein durch eine behördliche Genehmigung bewirkt werden könnte.
48
dd) Die vom Kläger mit der Beklagten geschlossenen Sportwettenverträge dürften jedoch bereits deswegen nach § 134 BGB nichtig sein, weil das Sportwettenangebot der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum vom 11. Oktober 2018 bis zum 28. Dezember 2018 auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionsverfahren nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig gewesen wäre.
49
(1) Die Beklagte hat entgegen § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 den Höchst-einsatz je Spieler nicht auf einen Betrag von 1.000 € pro Monat begrenzt. Bereits aus der unstreitigen Höhe der Nettoverluste des Klägers von 11.984,89 € im streitgegenständlichen Spielzeitraum, der weniger als drei Monate umfasst, folgt, dass die Beklagte mit dem Kläger Sportwettenverträge in einem Umfang abschloss, der einen monatlichen Höchsteinsatz von 1.000 € um ein Mehrfaches überstieg.
50
(2) Die Begrenzung des erlaubten monatlichen Höchsteinsatzes stellt nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 eine Voraussetzung für die Konzessionserteilung dar. In der Konzession wird die Begrenzung des Höchsteinsatzes zudem nach § 4c Abs. 2 GlüStV 2012 als Nebenbestimmung (Auflage) festgelegt. Verletzt ein Sportwettenanbieter eine in der Konzession festgelegte Auflage, kann die zuständige Behörde hiergegen Maßnahmen ergreifen (§ 4e Abs. 4 GlüStV 2012) und als ultima ratio einen Widerruf der Konzession aussprechen (§ 4e Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 GlüStV 2012). Das Sportwettenangebot der Beklagten war daher – unabhängig von der Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens – aus Gründen des materiellen Glücksspielrechts nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig und hätte selbst bei unterstellter Konzessionserteilung einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde bis hin zu einem Widerruf der Konzession unterlegen. Die Begrenzung des monatlichen Höchsteinsatzes nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 ist eine zentrale Regelung zur Verwirklichung des mit dem Glücksspielstaatsvertrag angestrebten Spielerschutzes.
51
Die Beklagte kann sich im Verhältnis zum Kläger nicht darauf berufen, dass in einer Konzession ein abweichender Höchsteinsatz festgesetzt werden könnte (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012). Sie verfügt über keine Konzession, in der die zuständige Behörde eine solche in ihrem Ermessen stehende Entscheidung getroffen hätte. Sie konnte auch nicht auf die Erteilung einer solchen Erlaubnis vertrauen und könnte sich deshalb im Verhältnis zum Kläger auf einen von der zuständigen Behörde geschaffenen Vertrauenstatbestand nicht mit Erfolg berufen.
52
(3) Der Verstoß des Sportwettenangebots der Beklagten gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 dürfte die Nichtigkeit der mit dem Kläger geschlossenen Sportwettenverträge erfordern. Der Zweck des Verbotsgesetzes dürfte in diesem Fall nicht anders zu erreichen sein als durch die zivilrechtliche Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB.
53
Dagegen spricht nicht, dass bei einem erlaubten Sportwettenangebot aus dem Verstoß gegen die Auflage möglicherweise keine Nichtigkeit des Sportwettenvertrags folgt. In diesem Sinn hat der Bundesgerichtshof zu der in einer Spielbankerlaubnis nach dem Hessischen Spielbankgesetz vom 21. Dezember 1988 (GVBl. 1989 I S. 1) vorgesehenen Auflage, dass jeder Spieler vor Spielbeginn ein Limit bestimmt, entschieden, dass bei Missachtung der Auflage die Veranstaltung des Glücksspiels nicht nach § 284 Abs. 1 StGB strafbar und deswegen auch der Spielvertrag nicht nach § 134 BGB in Verbindung mit § 284 Abs. 1 StGB nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 – III ZR 190/07, WRP 2008, 958 [juris Rn. 19]; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. April 1967 – VII ZR 1/65, BGHZ 47, 393 [juris Rn. 26]). Dies ergibt sich daraus, dass § 284 Abs. 1 StGB an die behördliche Erlaubnis anknüpft, die nicht ipso iure durch den Verstoß gegen die Auflage, sondern erst nach einem Widerruf der Behörde entfällt und die Auflage selbst kein Verbotsgesetz im Sinn des § 134 BGB darstellt. Darauf kommt es im Streitfall jedoch nicht an, weil die Beklagte unmittelbar gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen hat. Anders als im Fall eines Verstoßes gegen Auflagen in einer Konzession kann die Einhaltung des Höchsteinsatzes nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 unter den Umständen des Streitfalls zudem nicht von der zuständigen Behörde überwacht und durchgesetzt werden.
54
Es ist zudem unerheblich, ob sich der Verstoß der Beklagten gegen § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 konkret auf die mit dem Kläger geschlossenen Sportwettenverträge ausgewirkt hat, also jeder einzelne Wettvertrag unter Verstoß gegen den monatlichen Höchsteinsatz von 1.000 € je Spieler zustandegekommen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Sportwettenangebot im maßgeblichen Zeitraum nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon grundsätzlich nicht erlaubnisfähig war.
55
(4) Das Unionsrecht gebietet es nicht, materiell nicht erlaubnisfähige Sportwettenangebote zivilrechtlich als wirksam zu behandeln. Die Beklagte kann aus einer Unvereinbarkeit des Konzessionserteilungsverfahrens mit dem Unionsrecht keine Rechte herleiten, die sie auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionserteilungsverfahren nicht hätte erlangen können. Das Unionsrecht lässt es zu, ein erlaubtes Sportwettenangebot durch effektive Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung zu begrenzen (vgl. Rn. 16). Der Mitgliedstaat ist lediglich gehalten, Entscheidungen über auf eine Genehmigung gerichtete Anträge auf der Grundlage objektiver und nichtdiskriminierender Kriterien zu treffen (vgl. EuGH, GRUR 2013, 524 [juris Rn. 45] – Stanleybet International u.a.). Einen bestimmten Inhalt dieser Entscheidungen gibt ihm das Unionsrecht nicht vor (vgl. BVerwG, ZfWG 2019, 36 [juris Rn. 14]; BGH, ZfWG 2023, 262 [juris Rn. 24]).
56
(5) Das zu § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 Ausgeführte gilt auch für weitere spielerschützende Erlaubnisvoraussetzungen, beispielsweise die vollständige Trennung der Wetten von anderen Glücksspielen (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 GlüStV 2012) und den Ausschluss von sogenannten Ereigniswetten auf einzelne Vorgänge während des laufenden Sportereignisses (§ 21 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GlüStV 2012), auf die sich der Kläger beruft, zu denen das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen hat. Sollte es hierauf noch streitentscheidend ankommen, käme eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht zur Ermöglichung weiterer Feststellungen in Betracht. Dass die Beklagte die materiellen Voraussetzungen des Erlaubnisvorbehalts erfüllt, dürfte dann in ihre Darlegungs- und Beweislast fallen (zu § 3a UWG vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 226/13, GRUR 2016, 88 [juris Rn. 23] = WRP 2016, 35 –; Deltamethrin I).
57
3. Zutreffend und von der Revision nicht konkret beanstandet dürfte das Berufungsgericht angenommen haben, dass der Rückforderungsanspruch des Klägers aus tatsächlichen Gründen nicht nach § 814 Fall 1, § 817 Satz 2 Halbsatz 1 Teilsatz 1 und aus rechtlichen Gründen nicht nach § 762, § 242 BGB ausgeschlossen ist sowie die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht greift.
58
IV. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dürfte nicht veranlasst sein (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 [juris Rn. 21] = NJW 1983, 1257 –; Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] – Doc Generici; Urteil vom 6. Oktober 2021 – C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] – Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Die Folgen einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit von Regelungen im Bereich des Glücksspiels und die Anforderungen an ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung für das Angebot von Glücksspielen sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2023 – I ZR 79/22, juris Rn. 19; BGH, ZfWG 2024, 66 [juris Rn. 18]). Die Vorlagefragen in dem Vorabentscheidungsersuchen des Civil Court Malta (Rechtssache C-440/23) betreffen die Vereinbarkeit der Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag 2012 zu Online-Casino-Glücksspielen und (Zweit-)Lotterien mit dem Unionsrecht, nicht aber die Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag 2012 zu Sportwetten.
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