BGH 8. Zivilsenat, Beschluss vom 22.11.2022, AZ VIII ZR 227/21, ECLI:DE:BGH:2022:221122BVIIIZR227.21.0
Verfahrensgang
vorgehend OLG Stuttgart, 14. Juli 2021, Az: 6 U 374/20
vorgehend LG Heilbronn, 12. Mai 2020, Az: 6 O 56/20
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart – 6. Zivilsenat – vom 14. Juli 2021 wird zurückgewiesen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Eine Zulassung der Revision ist – entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde – nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf eine von ihr für erforderlich erachtete Vorlage nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) zur Vorabentscheidung über die Frage geboten, ob Leasingverträge über Kraftfahrzeuge mit Kilometerabrechnung in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG (Verbraucherkreditrichtlinie) fallen.
Denn der Senat hat in seinem Urteil vom 24. Februar 2021 (VIII ZR 36/20, BGHZ 229, 59 Rn. 22) bereits entschieden, dass die Verbraucherkreditrichtlinie in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d Miet- und Leasingverträge, bei denen – wie hier – weder in dem Vertrag selbst noch in einer gesonderten Vereinbarung eine Verpflichtung des Mieters/Leasingnehmers zum Erwerb des Miet- oder Leasinggegenstands vorgesehen ist, ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich ausnimmt, so dass die richtige Auslegung dieser Norm angesichts ihres Wortlauts und ihrer Regelungssystematik sowie des Regelungszwecks der Richtlinie derart offenkundig zu beantworten ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte clair“).
Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde die Regelung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Verbraucherkreditrichtlinie auf den vorliegenden Fall eines Kilometerleasingvertrags entsprechend anwenden will, hat der Senat bereits entschieden und ausführlich begründet, dass die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Richtlinie – eindeutig – nicht gegeben sind (siehe hierzu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 10. Mai 2022 – VIII ZR 149/21, juris Rn. 30 ff.).
Dabei verpflichtet auch der Umstand, dass ein „niedrigeres einzelstaatliches Gericht“ (hier LG Ravensburg, Beschlüsse vom 24. August 2021 – 2 O 238/20, juris Rn. 49 [beim Gerichtshof anhängig unter dem Aktenzeichen C-38/21]; vom 28. September 2021 – 2 O 378/20 und 2 O 390/20, juris Rn. 108 ff. [beim Gerichtshof anhängig unter dem Aktenzeichen C-617/21]) die vorstehend genannten Fragen dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV vorgelegt hat, den Senat nicht zur Anrufung des Gerichtshofs (vgl. EuGH, C-72/14 und C-197/14, juris Rn. 59 f., 63 – van Dijk; Senatsurteil vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 80/18, BGHZ 224, 302 Rn. 51; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 16; Senatsbeschlüsse vom 14. Juni 2022 – VIII ZR 409/21, juris; vom 5. Juli 2022 – VIII ZR 229/21, juris).
Ebenso wenig ist der Senat verpflichtet, die Antwort des Gerichtshofs auf diese Frage abzuwarten und das vorliegende Verfahren (etwa – wie von der Nichtzulassungsbeschwerde angeregt – analog § 148 ZPO) auszusetzen (vgl. EuGH, C-72/14 und C-197/14, aaO Rn. 61, 63 – van Dijk; Senatsurteil vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 80/18, aaO mwN; Senatsbeschlüsse vom 14. Juni 2022 – VIII ZR 409/21, aaO; vom 5. Juli 2022 – VIII ZR 229/21, aaO). Ein solcher Umstand für sich allein hindert ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können – wie den Bundesgerichtshof -, nicht daran, nach einer den Anforderungen des Gerichtshofs genügenden Prüfung – wie hier – zu dem Ergebnis zu gelangen, dass es sich um einen acte clair handelt (vgl. EuGH, C-72/14 und C-197/14, aaO Rn. 59 f., 63 – van Dijk; Senatsurteil vom 29. Januar 2020 – VIII ZR 80/18, aaO; BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 2022 – VII ZR 656/21, juris Rn. 1; vom 14. Juni 2022 – VIII ZR 409/21, aaO; vom 5. Juli 2022 – VIII ZR 229/21, aaO).
Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 65.000 €.
- Dr. Bünger
- Dr. Schneider
- Wiegand
- Dr. Schmidt
- Dr. Matussek