Beschluss des BPatG München 29. Senat vom 07.11.2022, AZ 29 W (pat) 527/20

BPatG München 29. Senat, Beschluss vom 07.11.2022, AZ 29 W (pat) 527/20

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 001 512.2

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. November 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und den Richter Posselt

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 4. Dezember 2019 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

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Unverzagt

3

ist am 23. Januar 2019 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

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Klasse 16: Waren aus Papier und Pappe, nämlich Formulare, Plakate, Prospekte, Notizzettel, Broschüren, Briefpapier, Briefumschläge, Visitenkarten, Preisschilder, Fahnen, Wimpel, Papiertüten, Schilder, Tischsets, Transparente, Flyer, Banner, Werbebanner; Newsletter; Magazine; Veröffentlichungen; Druckereierzeugnisse; Zeitungen; Zeitschriften; Schreibwaren; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Tragetaschen aus Papier oder Kunststoff;

5

Klasse 38: Bereitstellen des Zugriffs auf juristische Dienstleistungsinformationen im Internet; Bereitstellen des Zugriffs auf rechtliche Nachforschungsinformationen im Internet;

6

Klasse 41: Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen [auch in elektronischer Form], ausgenommen für Werbezwecke, insbesondere Büchern, Broschüren, Prospekten, Zeitschriften, auch gespeichert auf elektronischen Datenträgern; Videofilmproduktion, Veranstaltungen für Unterrichtszwecke; Veranstaltungen von Wettbewerben [Erziehung und Unterhaltung]; Organisation und Durchführung von Workshops [Ausbildung], Seminaren, Konferenzen, Kongressen, Vorträgen [Aus- und Fortbildung], Symposien, Lehr- und Fortbildungsveranstaltungen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Unterricht und Fortbildung;

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Klasse 45: Juristische Dienstleistungen in Bezug auf Rechtsstreitigkeiten und Dienstleistungen in Prozessangelegenheiten; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Rechtsberatung; Rechtsvertretung; Verwaltung von Urheberrechten; Verwaltung von Marken- und Designrechten [juristische Dienstleistung]; Verwaltung von Patenten [Juristische Dienstleistung]; Juristische Beratung in Fragen des geistigen Eigentums; juristische Dienstleistungen; Dienstleistungen eines Rechtsanwalts; Lizenzierung von Computersoftware [juristische Dienstleistungen]; Lizenzvergabe an gewerblichen Schutzrechten; Registrierung und Verwaltung von Domainnamen [Juristische Dienstleistung].

8

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2019 hat die Markenstelle für Klasse 16 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 und Abs. 5 MarkenG teilweise, nämlich für alle in Klassen 41 und 45 beanspruchten Dienstleistungen, zurückgewiesen.

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Zur Begründung führt die Markenstelle aus, bei dem Zeichen handle es sich um ein Wort der deutschen Sprache mit der Bedeutung „zuversichtlich, beherzt“. Es sei in diesem Sinne mühelos verständlich und stehe zudem auch synonym für Eigenschaften wie „couragiert, kämpferisch und vertrauensvoll“. Hinsichtlich der in Klassen 41 und 45 angemeldeten Dienstleistungen sei der Ausdruck „Unverzagt“ geeignet, auf eine besonders couragierte, vertrauensvolle Art und Weise der Erbringung hinzuweisen. Es handele sich somit um eine Art anpreisendes Werbeschlagwort allgemeiner Art. Dieses suggeriere den Kunden werbeüblich, die Dienstleistungen würden von einer besonders beherzten und couragierten Person angeboten, die auch in schwierigen Situationen nicht so leicht aufgebe und sich für die Interessen des Kunden bzw. Mandanten einsetze bzw. sich den Herausforderungen zuversichtlich/optimistisch und mit Elan stelle. Auch könnten die Dienstleistungen der Klasse 41 dafür bestimmt und geeignet sein, dem Inanspruchnehmenden zu solch unverzagtem Auftreten und Wesen zu verhelfen. Dieser positive Sinngehalt übertrage sich auf alle diejenigen, die die Dienstleistungen in Anspruch nehmen würden. Damit bestehe ein ausreichend enger sachlich-beschreibender Bezug zwischen der angemeldeten Bezeichnung „Unverzagt“ und den beanspruchten Dienstleistungen. Dass zur Dienstleistungsbeschreibung noch andere gleichwertige oder sogar gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Verfügung stünden, führe zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn „unverzagt“, wie von der Anmelderin vorgetragen, kein sehr gebräuchliches Synonym für „optimistisch“ sei, werde es ohne gedankliche Schritte mit dem oben dargelegten Begriffsgehalt verstanden und damit nicht als Hinweis auf ein konkretes Unternehmen aufgefasst. Das Eintragungshindernis werde auch nicht dadurch beseitigt, dass es den Nachnamen „Unverzagt“ und einen namensgebenden Partner einer Rechtsanwaltskanzlei dieses Namens gebe, da sich dies für die angesprochenen Verkehrskreise nicht aus der angemeldeten Bezeichnung als solcher erschließe.

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Gegen die Teilzurückweisung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen Antrag,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des DPMA vom 4. Dezember 2019 aufzuheben.

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Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, es handle sich bei dem Wort „Unverzagt“ um einen veralteten und nicht mehr gebräuchlichen Begriff. Die von der Markenstelle unterstellte Bedeutung „optimistisch/zuversichtlich“ habe die angemeldete Marke im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr. Es tauche zudem auch bei Worten wie „beherzt“ oder „tapfer“ erst sehr weit hinten oder ganz am Ende in der Liste der jeweiligen Synonyme auf. Zudem habe „Unverzagt“ innerhalb des angesprochenen Verkehrskreises eine eigenständige Bedeutung erlangt, da unter diesem Zeichen seit über 25 Jahren Dienstleistungen der Rechtsberatung erbracht sowie zahlreiche Veröffentlichungen erfolgt und Vorträge gehalten worden seien. Dies sei durch die Markenstelle nicht ins nötige Verhältnis zum veralteten Gehalt des Wortes gesetzt worden. Zusätzlich sei das Zeichen „Unverzagt“ als Name eines namensgebenden Partners der Anmelderin ein klassisches Unterscheidungsmittel. Die Markenstelle widerspreche sich, wenn sie einerseits davon ausgehe, der Name einer Person sei ein typisches Unterscheidungsmittel, andererseits aber behaupte, die angemeldete Marke habe einen „ausschließlich sachbezogenen Informationsgehalt“. Aufgrund der Seltenheit des Namens komme diesem vielmehr zumindest durchschnittliche Unterscheidungskraft bzw. Kennzeichnungskraft zu.

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Der Senat hat mit Hinweis vom 19. Januar 2022 seine vorläufige Rechtsauffassung dargelegt.

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Daraufhin hat die Beschwerdeführerin von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen und das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt, nämlich auf die Dienstleistungen „Erziehung; Ausbildung; Unterricht und Fortbildung“ verzichtet.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

16

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses auch begründet. Der angegriffene Beschluss ist aufzuheben, da der Eintragung des Zeichens im Umfang der zuletzt noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen keine Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegenstehen.

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1. Dem angemeldeten Zeichen fehlt es im verfahrensgegenständlichen Umfang nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

18

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II, GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 – for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 – for you; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).

19

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 – grill meister).

20

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II; GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke; a. a. O. Rn. 16 – Gute Laune Drops).

21

a. Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen genügt das angemeldete Wortzeichen
Unverzagt in Bezug auf die Dienstleistungen, gegen deren Zurückweisung sich die Beschwerde noch richtet, den Anforderungen an die erforderliche Unterscheidungskraft. Denn es beinhaltet diesbezüglich weder eine konkrete Sachaussage noch kann festgestellt werden, dass das Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen stets nur als Werbeschlagwort ohne Unterscheidungskraft aufgefasst wird.

22

b. Von den eben angesprochenen Dienstleistungen in Klassen 41 und 45 werden sowohl Endverbraucher als auch Fachkreise angesprochen.

23

c. Der Begriff „Unverzagt“ bedeutet „zuversichtlich, beherzt“ (vgl. Duden/Rechtschreibung/unverzagt) bzw. „ohne Angst und mit ungebrochenem Willen“ (vgl. PONS, Deutsches Rechtschreibwörterbuch/Unverzagt) und wird in diesen Nachschlagewerken teilweise als veraltet angesehen (siehe PONS, a. a. O.). Das „Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache“ (vgl. https://www.dwds.de/wb/unverzagt) stuft das Wort als selten ein und zeigt im Verwendungsverlauf einen sehr deutlichen Rückgang seit 1946, insbesondere seit 2009. Zugleich stellt der Begriff einen – nicht allzu häufig vorkommenden – Nachnamen dar.

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aa) Für eine unmittelbar sachbezogene bzw. beschreibende Bedeutung von „Unverzagt“ im Hinblick auf den Namenscharakter des Anmeldezeichens ist nichts ersichtlich. In der Regel ist ein Name der Hinweis auf eine Person und daher jedenfalls bei unbekannten Namen eintragungsfähig (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 8 Rn. 316). Steht jedoch eine Sachaussage im Vordergrund und wird daher der Name nicht mehr als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden, ist dieser nicht schutzfähig. Der Namensgeber der hier beschwerdeführenden Rechtsanwaltskanzlei mag sich – wie den von der Beschwerdeführerin als Anlage übermittelten Unterlagen zu entnehmen ist – mit zahlreichen Veröffentlichungen, Seminaren und einer langjährigen juristischen Tätigkeit unter der Bezeichnung „Unverzagt“ hervorgetan haben. Dass sich deshalb das Anmeldezeichen zu einem Sachhinweis entwickelt hätte, beispielsweise auf eine (juristische Lehr-) Methode (vgl. auch BGH GRUR 2003, 436 – Feldenkrais; GRUR 2019, 1058 Rn. 22 – KNEIPP; BPatG, Beschluss vom 23.02.2017, 27 W (pat) 534/15 – WALDORF), kann nicht festgestellt werden. Ohnehin hat die Markenstelle ihre Zurückweisung nicht auf die Namensbedeutung des Anmeldezeichens gestützt.

25

bb) Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist auch dann nicht von einer unmittelbaren Dienstleistungsbeschreibung oder einem ausreichend engen sachlich-beschreibenden Bezug zwischen der angemeldeten Bezeichnung und den beanspruchten Dienstleistungen auszugehen, wenn man den Bedeutungsgehalt von „unverzagt“ als Adjektiv bzw. Adverb zugrunde legt. Insofern erachtet der Senat es schon nicht für zulässig, dass die Markenstelle in ihrer Begründung vor allem auf im aktuellen Sprachgebrauch häufiger verwendete in der Bedeutung ähnliche Ausdrücke wie „couragiert, kämpferisch“ oder „vertrauensvoll“ abgestellt hat. Es kann nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, dass der Verkehr diese Worte sinngleich anstatt des angemeldeten Zeichens verwendet. Wie die Beschwerdeführerin aufgezeigt hat (vgl. Bl. 55, 62 – 80 d. A.), wird „unverzagt“ bereits zum Anmeldezeitpunkt in etlichen Nachschlagewerken kaum (mehr) als geläufiges Synonym zu den oben erwähnten Begriffen angeführt. Umgekehrt werden für „unverzagt“ andere, ähnlich veraltete, Begriffe wie „edel, fest, hold, wacker“ oder „zugetan“ als Synonym aufgeführt (vgl. z. B. https://www.wie-sagt-man-noch.de/synonyme/unverzagt.html).

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Das Attribut „unverzagt“, welches eine Wesenseigenschaft und Einstellung von Personen bezeichnet, wird nicht als Eigenschaftswort auf die beanspruchten Dienstleistungen bezogen. Anders als etwa den auch sachbezogen verwendbaren Ausdrücken wie „seriös“, „solide“ oder „zuverlässig“ wird „unverzagt“ keine schlagwortartige, die Art der Leistungserbringung beschreibende oder anpreisende Aussage im Sinne von „unverzagter“ Organisation, Verwaltung, Beratung, Veranstaltung etc. zugeordnet. Allenfalls kann der Begriff mit dem Wesen oder der Einstellung einer die betreffenden Dienstleistungen anbietenden Person in Verbindung gebracht werden. Ein in dieser Hinsicht beschreibender oder sachlich-anpreisender Hinweis auf Dienstleistungen, die von unverzagten Menschen angeboten oder erbracht werden, ist dem alleinstehenden Adverb „unverzagt“ jedoch nicht unmittelbar, d. h. ohne weitere Überlegungen und analytische Gedankenschritte, zu entnehmen. Das gilt umso mehr, als „unverzagt“ eher antiquiert ist und nicht zu den heutigen Sprachgepflogenheiten im Geschäftsverkehr und der Werbung der einschlägigen Branchen passend und folglich ungewöhnlich erscheint. Dem entspricht auch, dass die Markenstelle eine solche Verwendung im Zusammenhang mit einschlägigen Dienstleistungen nicht festgestellt hat und eine solche auch vom Senat bei der von ihm durchgeführten Recherche nicht ermittelt werden konnte (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 30.10.2007, 24 W (pat) 9/07 – aufrecht).

27

d. Unabhängig davon ist „zuversichtlich, beherzt“ jedenfalls keine Eigenschaft des Dienstleistenden, die die angesprochenen Verkehrskreise mit den stark administrativ geprägten Tätigkeiten „Verwaltung von Urheberrechten; Verwaltung von Marken- und Designrechten [juristische Dienstleistung]; Verwaltung von Patenten [Juristische Dienstleistung]; Lizenzierung von Computersoftware [juristische Dienstleistungen]; Lizenzvergabe an gewerblichen Schutzrechten; Registrierung und Verwaltung von Domainnamen [Juristische Dienstleistung]“ ohne weiteres in Verbindung brächten, so dass für diese eine Sachaussage im Vordergrund stehen würde.

28

e. Es fehlt aus den bereits genannten Gründen auch an einem engen beschreibenden Bezug zu den übrigen noch beanspruchten Dienstleistungen. Als beschreibender Hinweis auf Eigenschaften eines Dienstleistungserbringers – erst Recht im hier beschwerdegegenständlichen Bereich – ist „unverzagt“ lediglich in wenigen Einzelfällen und nur mit weiteren sinntragenden Wörtern aufzufinden. Es wird in seiner oben angesprochenen Bedeutung zudem nahezu ausschließlich bei kirchlichen Themen, Bibelzitaten, Kirchenliedern, Sprüchen (u. a. von Wilhelm Busch) oder Buchtiteln über Gespräche mit den Großeltern (https://www.fischerverlage.de/buch/jana-simon-sei-dennoch-unverzagt-9783596705504) bzw. Büchern von Pensionären (https://www.neufeld-verlag.de/shop/unverzagt-und-himmelsnah/) genutzt. Die Markenstelle hat ihre Argumentation nur auf Lexikoneinträge gestützt, ihr jedoch keine weiteren Belege für eine beschreibende Verwendung zu Grunde gelegt. Der Senat hat im Übrigen nur im Bereich der (beamtenrechtlichen) Leistungsbeurteilung sehr vereinzelt die Verwendung von „unverzagt“ als Adverb feststellen können. Es findet sich insbesondere im Bereich der beanspruchten Dienstleistungen ganz überwiegend eine Verwendung als Nachname bzw. Unternehmensbezeichnung. Dies erstreckt sich über viele Branchen. So finden sich z. B. „Unverzagt Bedachungen“ des Dachdeckermeisters S… Unverzagt, „D… GmbH & Co. KG, Psychotherapeutische Praxis L… und Unverzagt, „H… Unverzagt“ für CNC-Dienstleistungen und Ingenieurbüro Unverzagt. Besonders deutlich wird dies im Bereich der Rechtsdienstleistungen, bei denen sich unter dem Begriff Unverzagt nahezu ausschließlich Hinweise auf die Beschwerdeführerin, ihren namensgebenden Gründungspartner oder weitere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dieses Namens finden. Auch die von der Markenstelle angesprochenen Seminarthemen oder ein entsprechender werblicher Hinweis auf „unverzagte“ Seminarleitungen waren nicht bzw. nur in wenigen Einzelfällen und dann nicht in Alleinstellung des Wortes aufzufinden.

29

f. Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass „Unverzagt“ ein alltägliches Werbeschlagwort ist, das stets nur als solches und nicht auch als Unterscheidungsmittel verstanden wird.

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Zwar kommt eine werbende Anpreisung nicht nur bei aus mehreren Wörtern bestehenden Werbeslogans in Betracht, sondern auch bei einem prägnanten Einzelwort, wenn dessen Bedeutung ohne weiteres eine anpreisende Wirkung in Bezug auf konkrete Waren oder Dienstleistungen beinhaltet (BGH a. a. O. Rn. 20 – OUI). Eine ausschließlich anpreisende Bedeutung folgt aber vorliegend nicht bereits daraus, dass bei einer Verwendung für die in Rede stehenden Dienstleistungen das Wort „Unverzagt“ Assoziationen zu „couragiert, kämpferisch und vertrauensvoll“ wecken und für sich genommen eine positiv besetzte Aussage vermitteln mag. Denn der anpreisende Sinn einer Bezeichnung schließt deren Eignung, als Herkunftshinweis zu wirken, nicht aus (vgl. BGH GRUR 2014, 872 Rn. 23 – Gute Laune Drops). Erforderlich ist vielmehr die Feststellung, dass der Verkehr die Bezeichnung
ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht (BGH a. a. O. Rn. 23 – OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 28 – for you). Dafür ist vorliegend nichts konkret festgestellt und auch sonst nichts ersichtlich.

31

Dem Anmeldezeichen kann nach alledem die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis für die zuletzt noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen in Klassen 41 und 45 nicht abgesprochen werden.

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2. Da sich nicht feststellen lässt, dass die angemeldete Bezeichnung „Unverzagt“ zur Beschreibung der Merkmale der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen geeignet ist, unterliegt sie auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ausreichende Anhaltspunkte für eine im Anmeldezeitpunkt vernünftigerweise zu erwartende zukünftige beschreibende Verwendung sind ebenfalls nicht erkennbar.