BGH 6. Strafsenat, Beschluss vom 01.11.2022, AZ 6 StR 387/22, ECLI:DE:BGH:2022:011122B6STR387.22.0
Verfahrensgang
vorgehend LG Coburg, 18. Mai 2022, Az: 1 KLs 121 Js 11321/20
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 18. Mai 2022 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen A. Teil 2 II.1 bis 7, 9 bis 20 und 22 bis 27 der Urteilsgründe,
b) im gesamten Strafausspruch,
c) im Ausspruch über die Einziehung.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 34 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 544.209,40 Euro angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte nebenberuflich gemeinsam mit seiner Ehefrau das Einzelunternehmen Kfz-Handel O. , wobei nach außen fast nur der Angeklagte tätig wurde. Er nahm Kontakt zu den Kunden auf, schloss die Verträge und führte diese durch. Die geschäftliche Tätigkeit des Unternehmens bestand nicht in einem klassischen Kfz-Handel, bei dem ein gewisser Fahrzeugpool vorrätig gehalten wird. Die Kunden traten vielmehr mit einer genauen Vorstellung von einem gewünschten Fahrzeug an den Angeklagten heran und beauftragten ihn damit, einen solchen Pkw zu beschaffen. Wenn der Angeklagte ein entsprechendes Fahrzeug ausfindig gemacht hatte, bestellten die Kunden dieses bei dem Kfz-Handel O. und der Angeklagte tat dies seinerseits bei dem betreffenden Autohaus. Den Kaufpreis zahlten die Kunden in der Regel im Voraus, wobei sie davon ausgingen, dass der Angeklagte über ausreichende liquide Mittel verfügte, um sowohl die Verbindlichkeiten aus den Autokäufen zu begleichen als auch seinen allgemeinen Lebensunterhalt zu bestreiten. In der Zeit von April bis Juli 2019, „vorwiegend“ allerdings in den Jahren 2020 und 2021 waren die privaten und die geschäftlichen Vermögensverhältnisse der Eheleute O. jedoch „in Schieflage“ geraten, weshalb der Angeklagte beschloss, die im Kfz-Handel erzielten Einnahmen absprachewidrig auch zur Tilgung seiner von ihm als vorrangig eingestuften finanziellen Verpflichtungen zu verwenden.
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In den abgeurteilten Fällen entschied sich der Angeklagte weit überwiegend, die von seinen Kunden gezahlten Kaufpreise nicht zum Ankauf des betreffenden Fahrzeugs zu verwenden. In einigen Fällen, in denen ihm bekannt war, dass die Kunden zur Finanzierung des Kaufpreises einen Kredit aufgenommen hatten, trat er an sie heran und vermittelte ihnen ein Darlehen bei der B. zu günstigeren Konditionen, verwendete den von der B. auf das Geschäftskonto der Firma Kfz-Handel O. überwiesene Geld absprachewidrig aber nicht zur Ablösung der zuvor von den Kunden aufgenommenen Darlehen, sondern für eigene Zwecke.
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2. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung weitgehend nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Die Strafkammer hat – ohne hinreichende Feststellungen zu treffen – den Angeklagten wegen Betruges in 34 Fällen schuldig gesprochen.
I. Soweit sich eine Strafbarkeit wegen Betruges anhand der Feststellungen nachvollziehen lässt, hat es das Landgericht versäumt darzutun, um welche Art von Betrug es sich jeweils handelt. In Betracht kommen vorliegend lediglich Taten des sogenannten vollendeten Eingehungsbetruges. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass es bei Ausbleiben des tatsächlichen Leistungsaustausches zumindest nicht zur Leistung des Täuschenden kommt oder ein später doch noch stattfindender Austausch den Betrugstatbestand nicht mehr verwirklicht (vgl. Matt/Renzikowski/Saliger, StGB, 2. Aufl. 2020, § 263, Rn. 236). Vollendet ist der Eingehungsbetrug, wenn der Getäuschte unter Verzicht auf sein Leistungsverweigerungsrecht vorleistet und damit die Sicherung für seinen eigenen wirtschaftlich gefährdeten Anspruch aufgibt (Sch/Sch/Perron, StGB, 30. Aufl. 2019, § 263, Rn. 132). Bis zu diesem Zeitpunkt muss der Täter daher über Tatsachen getäuscht und dadurch bei dem Betroffenen einen Irrtum hervorgerufen haben. Aufgrund seiner Fehlvorstellung über Tatsachen muss der Getäuschte eine Vermögensverfügung vorgenommen haben, die in einem stoffgleichen Vermögensschaden resultieren muss.
In der überwiegenden Anzahl der abgeurteilten Taten ist bereits nicht nachvollziehbar dargetan, dass der Angeklagte bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den jeweils Geschädigten über Tatsachen getäuscht hätte (vgl. nachfolgende Ausführungen zu Ziffer A.I.1.). In einem Fall ist nicht nachvollziehbar, dass der Zahlende tatsächlich einem Irrtum unterlag (vgl. nachfolgende Ausführungen zu Ziffer A. I. 2.). In weiteren Fällen ist die Entstehung eines (stoffgleichen) Vermögensschadens nicht nachvollziehbar (vgl. nachfolgende Ausführungen zu Ziffer A.I.3.).
1. In den Fällen A., Teil 2, II.2.a); 3. bis 7.; 11. und 12.; 14.; 15.a); 16.a); 17.; 18.a); 19.; 20.; 22.; 25. und 26. hält der Schuldspruch wegen Betruges einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil die Strafkammer jeweils nicht die notwendigen Feststellungen zu einer Täuschungshandlung des Angeklagten über Tatsachen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses getroffen hat.
a) In den genannten Fällen hat die Strafkammer jeweils eingangs ausgeführt, dass der Angeklagte die Kaufverträge in dem Wissen schloss, dass „er den an ihn gezahlten Kaufpreis nicht zum Ankauf des vertragsgegenständlichen Fahrzeug[s] verwenden konnte bzw. wollte“ (UA S. 8 bis 10; 12; 14 bis 21). Hierin liegt bereits keine Täuschung über Tatsachen. Entgegen den Ausführungen der Strafkammer kommt es nicht darauf an, mit welchen Mitteln der Angeklagte die zu beschaffenden Fahrzeuge bezahlen wollte. Insbesondere war er bei der Übergabe von Bargeld nicht verpflichtet, genau die erhaltenen Geldscheine beim Ankauf des Kraftfahrzeugs zu verwenden, die ihm der Käufer ausgehändigt hatte. Bei der Bezahlung eines Fahrzeugs im Wege der Banküberweisung wäre die Erfüllung einer solchen Pflicht bereits aufgrund der Vermischung des Buchgeldes auf dem Konto unmöglich gewesen.
Vielmehr belegt der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass die Strafkammer die Täuschungshandlung darin erkannt hat, dass der Angeklagte bei Abschluss der Kaufverträge gegenüber den Käufern jeweils wahrheitswidrig seine Leistungsfähigkeit und/oder seine Leistungswilligkeit vorgespiegelt hat.
b) Nachvollziehbare Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Angeklagten zu den jeweiligen Tatzeitpunkten sind den Urteilsgründen allenfalls bruchstückhaft zu entnehmen. Die Strafkammer hätte bezogen auf die Tatzeitpunkte, also die Zeitpunkte der Vertragsschlüsse, dartun müssen, über welche liquiden Mittel der Angeklagte verfügte, wie sich die Auftragslage insgesamt gestaltete und welche (vorrangigen) Forderungen er befriedigte, statt die bestellten Fahrzeuge zu bezahlen (vgl. zu den Darlegungspflichten BGH, Beschluss vom 9. April 1991 – 5 StR 85/91 Rn. 3). Dem ist die Strafkammer nicht nachgekommen, sodass zu besorgen steht, sie habe in Fällen der vollständig ausgebliebenen Lieferung rechtsfehlerhaft von diesem Umstand allein auf die Leistungsunfähigkeit und -unwilligkeit des Angeklagten ohne tragfähige Tatsachengrundlage geschlossen.
aa) Ausweislich der Urteilsgründe erstreckt sich der zur Aburteilung gelangte Tatzeitraum vom 12. November 2019 bis zum 15. Juli 2021. Zu dieser Zeit verfügte das Einzelunternehmen Kfz-Handel O. (UA S. 4) über ein Geschäftskonto bei der VR Bank L. eG, für das ein Kreditrahmen in Höhe von 120.000,00 Euro bestand (UA S. 38 a.E.). Dieses Konto soll in der Zeit von Januar 2018 bis zur Verhaftung des Angeklagten im August 2021 zwar durchgängig negative Salden aufgewiesen haben (UA S. 38 a.E.). Den Urteilsgründen ist jedoch nicht zu entnehmen, welchen Stand das Konto zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Vertragsabschlüsse hatte. Dass es einen negativen Saldo aufwies, ist in Anbetracht des Kreditrahmens in Höhe von 120.000,00 Euro jedenfalls nicht ausreichend, um eine jeweils bestehende Leistungsunfähigkeit des Angeklagten zu belegen.
bb) Ein weiteres vom Angeklagten für die Geschäftstätigkeiten genutztes Bankkonto war das vormals privat genutzte Konto bei der Sparkasse C. . Dieses verfügte über einen Dispositionskredit in Höhe von 8.500,00 Euro (UA S. 39). Wegen Überziehung des Kreditrahmens musste der Angeklagte im März 2020 einen Sparkassenprivatkredit aufnehmen, um die Schulden zu tilgen; im Anschluss daran erhielt er für das Konto keinen Dispositionskredit mehr (UA S. 39). Ausweislich der Urteilsfeststellungen überwiesen mehrere Geschädigte die Kaufpreisbeträge auf dieses Konto ( P. , UA S. 10; A. , UA S. 10; R. , UA S. 10/11; H. , UA S. 11/12; S. , UA S. 12; G. , UA S. 12/13; K. , UA S. 13/14; M. , UA S. 14; Sc. , UA S. 15; Au. , UA S. 16; (wohl: ) P. , UA S. 17; Re. , UA S. 17/18; W. , UA S. 18; Reb. , UA S. 19; Bi. , UA S. 20; Sch. , UA S. 20/21; Gu. , UA S. 21), sodass davon auszugehen ist, dass es ab März 2020 entweder ein Guthaben oder einen Nullbetrag aufwies. Den Kontostand zum Zeitpunkt der jeweils verfahrensgegenständlichen Vertragsabschlüsse hat die Strafkammer nicht mitgeteilt. Aus den Umständen, die zur Entziehung des Dispositionskredits geführt haben, kann indes nicht auf eine fortdauernde Leistungsunfähigkeit für den gesamten Tatzeitraum geschlossen werden.
cc) Letztlich verfügte der Kraftfahrzeughandel des Angeklagten über ein weiteres Geschäftskonto, das er bei der VR Bank Schw. eingerichtet hatte. Dieses Konto soll nach Angaben des Angeklagten ab März 2021 bestanden haben. Nähere Feststellungen zum Kontostand insbesondere am 12. April 2021 (Kaufvertragsabschluss Gü. ), 18. Mai 2021 (Kaufvertragsabschluss Bi. ), 4. Juli 2021 (Kaufvertragsabschluss Sch. ) und 15. Juli 2021 (Kaufvertragsabschluss Gu. ) hat die Strafkammer nicht getroffen.
dd) Dagegen indizieren verschiedene Umstände, dass der Angeklagte nicht grundsätzlich leistungsunfähig und auch nicht leistungsunwillig war. Ausweislich der Feststellungen der Strafkammer hat der Angeklagte sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss der Kaufverträge darum bemüht, entsprechende Kraftfahrzeuge ausfindig zu machen und zu reservieren (UA S. 58 bis 61). Dieser Mühe hätte es nicht bedurft, wenn der Angeklagte von Anbeginn vorgehabt hätte, tatsächlich keine Kraftfahrzeuge zu erwerben. Darüber hinaus sprechen auch folgende weitere Umstände gegen eine pauschal anzunehmende Zahlungsunfähigkeit und -unwilligkeit:
In einem Fall leistete der Angeklagte eine Anzahlung in Höhe von 10.000,00 Euro ( Sc. , UA S. 60). In weiteren Fällen lieferte er – mit Verzug – die bestellten Fahrzeuge aus ( H. , UA S. 12; K. , UA S. 13; Bi. , UA S. 20), oder er bot die Lieferung an ( Au. , UA S. 17). Der Käuferin S. erstattete der Angeklagte den vollen Kaufpreis in Höhe von 27.390,00 Euro (UA S. 12). Im Falle des noch mit Sicherheitseigentum der finanzierenden Sa. Bank belasteten Fahrzeug des Käufers F. löste der Angeklagte im April 2021 das Restdarlehen ab, sodass er Teil II der Zulassungsbescheinigung übergeben konnte (UA S. 8). Die Höhe des Darlehensrestbetrages hat die Strafkammer nicht mitgeteilt. Das ursprüngliche Darlehen belief sich auf 43.500,00 Euro (UA S. 42).
2. Im Fall A., Teil 2, II.24. ( Gl. ) lässt sich eine Täuschungshandlung des Angeklagten den Urteilsgründen zwar noch hinreichend deutlich entnehmen. Das Bestehen eines Irrtums hat die Strafkammer hingegen nicht nachvollziehbar ausgeführt.
a) Ein Irrtum ist in einem allgemeinen Sinne zunächst jede unrichtige (subjektive) Vorstellung von der (objektiven) Wirklichkeit (vgl. KG StV 2006, 584 [585]). Der Irrtum muss dabei die Kehrseite der Tatsache, über die der Täter getäuscht hat, bilden.
b) Der Angeklagte teilte dem Zeugen Gl. der Wahrheit zuwider mit, seine Ehefrau, die gesondert Verfolgte S. O. , habe ein noch bestehendes Darlehen zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugs in Höhe von 28.000,00 Euro zugunsten des Zeugen abgelöst. Er drängte den Zeugen, die vermeintliche Ablösesumme an ihn zurückzuzahlen (UA S. 20). Der Zeuge, der die Ablösung nicht gewünscht hatte, wurde misstrauisch und erkundigte sich bei der Darlehensgeberin, ob es tatsächlich zur Ablösung des Restbetrages gekommen sei (UA S. 66). Die S-K. GmbH teilte ihm mit, dass keine Zahlung erfolgt und der Restbetrag des Darlehens offen sei (UA S. 66). Die Feststellungen der Strafkammer belegen mithin, dass der Zeuge zweifelsfreie Kenntnis von der Wahrheitswidrigkeit der Behauptung hatte. Kennt das Opfer die Unwahrheit, scheidet ein Irrtum gemäß § 263 Abs. 1 StGB jedoch aus. Bei der wider besseres Wissen vorgenommenen Überweisung in Höhe von 28.000,00 Euro zugunsten des Angeklagten handelte es sich somit auch nicht um eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung; vielmehr nahm der Zeuge sie wegen des ausgeübten Drucks vor.
3. Darüber hinaus hat die Strafkammer in den Fällen A., Teil 2, II.1., 9., 10., 13.a), 16.b), 23. einen Vermögensschaden jeweils bejaht, obgleich der Angeklagte entweder den Kaufpreis erstattete oder das Fahrzeug lieferte.
a) Im Fall II.1. hat der Angeklagte das Fahrzeug sowie Teil I der Zulassungsbescheinigung am 15. November 2019 an den Zeugen F. übergeben (UA S. 8). Teil II der Zulassungsbescheinigung konnte der Angeklagte dem Zeugen nicht aushändigen, weil das verfahrensgegenständliche Fahrzeug mit dem Sicherungseigentum der Sa. Bank belastet war und diese das Dokument in Verwahrung hatte (UA S. 7-8). Erst am 21. April 2021 löste der Angeklagte das Darlehen bei der Sa. Bank vollständig ab und übergab dem Zeugen F. Teil II der Zulassungsbescheinigung.
Der Angeklagte hat zweifellos über Tatsachen getäuscht, als er dem Zeugen verschwieg, dass er – unter Verletzung seiner Hauptpflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB – nicht in der Lage war, ihm Eigentum an dem erworbenen Kraftfahrzeug zu verschaffen. Hierin lag zugleich auch ein Rechtsmangel der Kaufsache im Sinne des § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Bei dem Zeugen entstand aufgrund der verschwiegenen wahren Rechtsverhältnisse an dem Kraftfahrzeug die Fehlvorstellung, Eigentum erlangt zu haben. Hieran ändert auch der Umstand, dass der Angeklagte Teil II der Zulassungsbescheinigung nicht aushändigte, nichts. Denn Teil II der Zulassungsbescheinigung entspricht zwar im Wesentlichen dem früheren Fahrzeugbrief. In ihm sind jedoch nicht mehr der Eigentümer (vgl. § 25 Abs. 4 Satz 2 StVZO a.F.) und der oder die Halter des Fahrzeugs, sondern nur noch höchstens zwei Fahrzeughalter verzeichnet. Die Zulassungsbescheinigung dokumentiert somit nur, auf welche Personen das Fahrzeug zugelassen ist, nicht aber die Eigentümerstellung einer Person (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 18. Juli 2017 – 16 U 28/17 Rn. 5). Das Fehlen der Zulassungsbescheinigung Teil II musste daher bei dem Käufer F. nicht zu dem zwingenden Schluss führen, er habe kein Eigentum erworben.
Durch die Zahlung des vollständigen Kaufpreises kam es auch zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung des Zeugen F. .
Einen Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB hat die Strafkammer jedoch nicht hinreichend begründet. Die Ermittlung des Vermögensschadens erfordert eine Verrechnung (Saldierung) aller unmittelbaren Auswirkungen der Vermögensverfügung auf das Gesamtvermögen des Geschädigten (vgl. Matt/Renzikowski/Saliger, StGB, 2. Aufl. 2020, § 263, Rn. 182). Das Tatgericht muss, wenn und soweit in der wirtschaftlichen Praxis Bewertungmethoden existieren, den Schaden der Höhe nach beziffern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09 Rn. 176 mwN) und – gegebenenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen – seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise darlegen (vgl. Matt/Renzikowski/Saliger, StGB, 2. Aufl. 2020, § 263 Rn. 185). Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung von Schäden eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, aaO). Diese Vorgaben hat die Strafkammer nicht erkennbar beachtet.
Den Urteilsgründen ist zwar zu entnehmen, dass die Strafkammer den Schaden auf 44.852,00 Euro (UA. S. 81), also den vollständigen Kaufpreis, beziffert hat. Es ist jedoch nicht nachzuvollziehen, dass dem Zeugen F. tatsächlich ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist. Die zum Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe nicht mögliche Eigentumsverschaffung stellt einen Rechtsmangel dar. Dessen wirtschaftliche Gewichtigkeit hat die Strafkammer indes nicht ermittelt und beziffert. Unberücksichtigt geblieben ist insbesondere, dass der Zeuge F. das Kraftfahrzeug als alltägliches Fortbewegungsmittel in der Zeit vom 15. November 2019 bis 21. April 2021 bestimmungsgemäß nutzen konnte. Dass er das Fahrzeug gewinnbringend weiterverkaufen wollte oder dass die Sicherungseigentümerin in den Besitz des Zeugen eingegriffen hätte, ist nicht dargetan.
Es fehlt somit an einer revisionsgerichtlichen Überprüfbarkeit, ob und – gegebenenfalls – in welcher Höhe ein Vermögensschaden tatsächlich entstanden ist.
b) In den Fällen A., Teil 2, II.9., 13.a), 16.b), 23. ist es jeweils zur (verspäteten) Auslieferung des Kraftfahrzeugs gekommen.
aa) Auch in diesen Fällen ist die Strafkammer jeweils – ungeprüft – von einer fehlenden Leistungsfähigkeit und -willigkeit des Angeklagten ausgegangen. Darüber hinaus hat sie das Vorliegen eines Vermögensschadens gemäß § 263 Abs. 1 StGB jeweils nicht tragfähig begründet. Zwischen dem erstrebten Vermögensvorteil des Täters und dem Schaden des Opfers muss Stoffgleichheit bestehen (vgl. Wabnitzki, Janovsky, Schmitt/Raum, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 5. Aufl. 2020, 4. Kapitel, Allgemeine Grundsätze des Wirtschaftsstrafrechts, Rn. 191). Dies ist den Urteilsgründen vorliegend nicht zu entnehmen.
bb) Das Landgericht hat in allen Fällen einen Schaden in Höhe des Kaufpreises angesetzt (UA S. 80 [ H. ; K. ]; 81 [ Au. ; Bi. ). Da die Fahrzeuge verspätet ausgeliefert wurden oder ausgeliefert worden wären, hätten die Zeuginnen jedoch allenfalls Verzögerungsschäden durch Nutzungsausfälle oder Ersatzanmietungen von Fahrzeugen, die mit dem Vermögensvorteil des Angeklagten nicht stoffgleich sind, geltend machen können. Dass die Zeugin Au. die Abnahme des im September 2019 lieferbaren Fahrzeugs (Fall II.16.b)) verweigert hat (UA S. 17), kann aufgrund der Feststellungen dem Angeklagten nicht zugerechnet werden. Denn die Feststellungen der Strafkammer belegen nicht, dass die Verweigerung zivilrechtlich rechtmäßig war (§ 323 Abs. 1 BGB).
c) Im Fall A., Teil 2, II.10. ( S. ) lieferte der Angeklagte zwar nicht das bestellte Fahrzeug aus. Er wickelte den Kaufvertrag jedoch durch vollständige Rückgewährung des Kaufpreises in Höhe von 27.390,00 Euro ab.
Soweit der Zeugin S. im Zusammenhang mit der Überweisung des Kaufpreises an den Angeklagten am 30. Oktober 2020 und dessen Rückgewährung am 20. Mai 2021 ein Zinsschaden entstanden sein mag, gilt aber auch hier, dass zwischen dem Schaden der Zeugin und dem Vermögensvorteil des Angeklagten keine Stoffgleichheit besteht.
4. Letztlich ergeben sich im Zusammenhang mit den Taten zu A., Teil 2, II.4., 13., 19. neben den bereits erörterten Rechtsfehlern weitere Darlegungsmängel.
a) Im Zusammenhang mit dem fehlgeschlagenen Fahrzeugkauf des Zeugen Pr. (II.4.) hat die Strafkammer festgestellt, dass sich der Kaufpreis in Höhe von 32.690,00 Euro aus einer Geldüberweisung in Höhe von 29.090,00 Euro sowie der Überlassung des Altfahrzeugs des Zeugen im Wert von 3.600,00 Euro zusammensetzte (UA S. 9-10). Zu einer Erstattung des Teilkaufpreises in Geld kam es nicht (UA S. 10). Das Schicksal des Altfahrzeugs ist hingegen nicht dargetan, insbesondere ist nicht festgestellt, dass es nicht an den Zeugen Pr. herausgegeben wurde. Ob der angesetzte Vermögensschaden in Höhe von 32.690,00 Euro (UA S. 80) eingetreten ist, kann daher nicht nachvollzogen werden.
b) Im Zusammenhang mit der Tat zulasten des Zeugen M. (II.13.) hat die Strafkammer ebenfalls festgestellt, dass sich der Gesamtkaufpreis aus einer Teilleistung in Geld in Höhe von 20.990,00 Euro und der Überlassung des Altfahrzeugs mit einem Wert von 9.000,00 Euro zusammensetzte. Nachdem der Angeklagte das Neufahrzeug nicht lieferte und auch den Kaufpreis nicht zurückerstattet hat, bleibt allerdings unklar, welches Schicksal das Altfahrzeug nahm. Auch insoweit hat die Strafkammer gleichwohl den Gesamtkaufpreis in Höhe von 29.990,00 Euro als Schaden (UA S. 80) angesetzt.
c) Hinsichtlich des zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen W. (II.19.) geschlossenen Kaufvertrags hat die Strafkammer festgestellt, dass sich der Kaufpreis auf insgesamt 22.800,00 Euro belief (UA S. 18). Ferner hat sie jedoch festgestellt, dass der Zeuge am 8. Februar 2021 einen Teilbetrag in Höhe von 11.400,00 Euro und am 19. April 2021 einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 8.400,00 Euro überwies (UA S. 8). Summiert belaufen sich die Teilzahlungen auf 19.800,00 Euro.
Die Strafkammer hat ferner festgestellt, dass der Angeklagte bei Abschluss aller Fahrzeugkaufverträge von den Käufern den Kaufpreis im Wege der Vorleistung verlangte (UA S. 5). Solange der Zeuge den vollen Kaufpreis nicht gezahlt hatte und in Anbetracht des Umstands, dass eine Teilleistung beim Kauf eines Kraftfahrzeugs unmöglich ist, war die Leistung des Angeklagten nicht fällig (vgl. § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB).“
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3. Wenngleich der Schuldspruch in den Fällen A. Teil 2 II.8 und 21 der Urteilsgründe aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen Bestand hat, hebt der Senat auch die insoweit verhängten Strafen auf, um dem neuen Tatgericht eine einheitliche und widerspruchsfreie Strafzumessung zu ermöglichen.
6
4. Im Hinblick auf die neu zu treffende Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen weist der Senat auf die diesbezüglich vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift aufgezeigten Rechtsfehler hin. Soweit sich diese zugunsten des Angeklagten ausgewirkt haben, wird indes das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) zu beachten sein (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2021 – 2 StR 51/21 mwN).
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