Beschluss des BPatG München 26. Senat vom 26.09.2022, AZ 26 W (pat) 572/20

BPatG München 26. Senat, Beschluss vom 26.09.2022, AZ 26 W (pat) 572/20, ECLI:DE:BPatG:2022:260922B26Wpat572.20.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 222 424.1

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. September 2022 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Dr. von Hartz

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

o`dampft is!

3

ist am 10. Juli 2019 unter der Nummer 30 2019 222 424.1 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 25: Bekleidungsstücke;

5

Klasse 34: Elektronische Zigaretten;

6

Klasse 35: Veranstaltung und Durchführung von Fachmessen.

7

Mit Beschluss vom 26. Mai 2020 hat die mit einer Tarifbeschäftigten, vergleichbar einer Beamtin des gehobenen Dienstes, besetzte Markenstelle für Klasse 34 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, „o`dampft is!“ sei ein Ausspruch im bayerischen Dialekt für „Es ist angedampft!“. Dieser werde vom Verkehr als eine werbemäßige Aufforderung erkannt, die so gekennzeichneten „
elektronischen Zigaretten“ zu konsumieren bzw. zu erwerben. Da sich die beanspruchten Dienstleistungen „
Veranstaltung und Durchführung von Fachmessen“ auch auf elektronische Zigaretten beziehen könnten, werde die angemeldete Wortfolge analog zu dem bekannten, bei der Eröffnung des Oktoberfests in München getätigten Ausspruch „O‘ zapft is!“ als Ansage für die Eröffnung und Durchführung der Fachmesse verstanden. Die angemeldeten „
Bekleidungsstücke“ könnten auf derartigen Fachmessen angeboten werden und einen thematischen Hinweis hierauf abgeben, zumal es sich um typische Souvenir- und Merchandisingartikel handele, die gezielt zu diesen Messen hergestellt bzw. angeboten würden. Damit betreffe die vorliegende Bezeichnung einen Umstand mit Bezug auf die Waren selbst, denn der Konsum von E-Zigaretten werde als „dampfen“ bezeichnet. Auch wenn das Anmeldezeichen keine konkreten Produktdetails benenne, werde es von den angesprochenen Verkehrskreisen als bloßer Werbehinweis und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie trägt vor, dass im Gegensatz zum bayerischen, im Duden verzeichneten Ausspruch „o’zapft is“ der angemeldete Fun-Spruch „o`dampft is“ lexikalisch nicht nachweisbar sei. Es handele sich vielmehr um eine von ihr mit ihrer Werbeagentur entwickelte Wortneuschöpfung mit der Bedeutung „angedampft ist“, die in der Dampferszene nur mit der international bekannten Anmelderin verbunden werde und mittels weitläufiger Plakatkampagnen veröffentlicht worden sei. Das Wort „andampfen“ gebe es weder in der deutschen Sprache noch im bayerischen Dialekt oder Sprachgebrauch. Es sei zufällig in der Dampferszene kreiert worden. Es bestehe auch keine Ähnlichkeit zwischen dem bekannten Ausspruch „o’ zapft is!“ und der beanspruchten Bezeichnung „o`dampft is!“. Die Recherchebelege des Senats zu mehreren mit „o“ beginnenden Wortfolgen stimmten nur im Anfangsbuchstaben mit dem Anmeldezeichen überein und seien angesichts der Abweichungen im Übrigen nicht aussagekräftig. Die angemeldete Wortfolge sei keine werbemäßige Aufforderung, sondern ein Messeslogan, der seit Ende 2017 auf Werbeplakaten und T-Shirts mit entsprechenden Aufdrucken benutzt werde, um die gleichnamige E-Zigarettenmesse national und international zu repräsentieren sowie von anderen gleichartigen Fachmessen zu unterscheiden. Die Anmeldung für die Waren „
Bekleidungsstücke“ und „
elektronische Zigaretten“ diene dem Schutz der Merchandisingartikel für ihre Messe.

9

Mit gerichtlichem Schreiben vom 27. Juni 2022 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagenkonvolute 1 bis 5, Bl. 18 bis 72 GA) auf die Schutzunfähigkeit des Anmeldezeichens hingewiesen worden.

10

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

11

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 34 des DPMA vom 26. Mai 2020 aufzuheben.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

13

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

14

1. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „
o`dampft is!“ als Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 34 und 35 steht das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

15

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).

16

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

17

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas? I; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).

18

b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG hat die Wortfolge „
o`dampft is!“ schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 10. Juli 2019, nicht genügt. Es kann dahinstehen, ob sie den beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt vermittelt bzw. einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen herstellt. Jedenfalls ist sie am Anmeldetag nur als Motto- oder Fun-Spruch und nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen worden.

19

aa) Von den angemeldeten Waren und Dienstleistungen werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Fachhandel für E-Zigaretten und Bekleidung sowie – je nach Messethema – auch gewerbliche Kunden und ein entsprechendes Fachpublikum angesprochen.

20

bb) Die angemeldete Wortfolge „
o`dampft is!“ besteht aus einem Ausrufesatz in bayerischem Dialekt im Sinne von „Angedampft ist!“.

21

aaa) Dieser Ausspruch ist erkennbar dem berühmten bayerischen Ausruf „O’zapft is!“ des jeweils amtierenden Münchener Oberbürgermeisters im Anschluss an den Anstich des ersten Bierfasses im Schottenhamel-Festzelt nachgebildet, mit dem dieser seit 1950 das Oktoberfest in München traditionell eröffnet und der mit seiner Bedeutung „Es ist angezapft!“ weiten Teilen der Gesamtbevölkerung und damit auch dem durchschnittlich informierten Verbraucher ohne weiteres bekannt ist (https://de.wikipedia.org/wiki/O´zapft_is!, https://www.wortbedeutung.indo/Ozapft is/, www.t-online.de/leben/reisen/deutschland/id_70309260/o-zapft-is-oktoberfest-vokabeln-und-ihre-bedeutung.htmlwww.t-online.de/leben/reisen/deutschland/id_70309260/o-zapft-is-oktoberfest-vokabeln-und-ihre-bedeutung.html, www.sat1.de/ratgeber/oktoberfest/o-zapft-is, Anlagenkonvolut 1 zum gerichtlichen Hinweis m. w. N.). Dies belegen auch die zahlreichen Nennungen von „O’zapft is“ mit oder ohne www.t-online.de/leben/reisen/deutschland/id_70309260/o-zapft-is-oktoberfest-vokabeln-und-ihre-bedeutung.html, www.sat1.de/ratgeber/oktoberfest/o-zapft-is, Anlagenkonvolut 1 zum gerichtlichen Hinweis m. w. N.). Dies belegen auch die zahlreichen Nennungen von „O’zapft is“ mit oder ohne Ausrufezeichen in Überschriften von Internetartikeln überregionaler Medien (vgl. Anlagenkonvolut 2 zum gerichtlichen Hinweis). Ferner ist die Fähigkeit des Durchschnittsverbrauchers, mundartliche Ausdrücke zu verstehen, nicht zu unterschätzen (vgl. BPatG 30 W (pat) 19/20 – Obandln; 27 W (pat) 49/18 – LAUSDEANDL; zum Alemannischen: 32 W (pat) 142/04 – FLÄSCHLEPARTY).

22

bbb) Daher wird der Verkehr auch das Anmeldezeichen „o`dampft is!“ ohne weiteres als Abwandlung bzw. Variation des Oktoberfestspruchs im Sinne von „Es ist angedampft!“ verstehen. Mit dem Anfang „o“ samt Apostroph und dem Schlusswort „is“ nebst Ausrufezeichen hat das Anmeldezeichen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht nur den ersten Buchstaben, sondern fast alle wesentlichen Elemente des Oktoberfestausspruchs einschließlich des Ausrufcharakters (sog. Exclamatio) übernommen. Der Unterschied zum Oktoberfestausspruch besteht nur darin, dass statt des Verbs „zapft“ – an gleicher Position und in gleicher grammatikalischer Form – das Verb „dampft“ enthalten ist. Für ein solches Verkehrsverständnis spricht auch die Belegbarkeit weiterer Wortfolgen vor dem Anmeldezeitpunkt, die ebenfalls nach dem Muster des bekannten Oktoberfestspruchs gebildet sind (vgl. Anlagenkonvolut 4b zum gerichtlichen Hinweis):

23

– „O’STYLT IS! …“ (1. September 2011; https://www.robina-hood.de/fashion-kleidung/ostylt-is.html; 19. September 2018, https://blog.bbloombeauty.de/wiesn-friesen-2018);

24

– „…O’zopft is? Beliebt wie jedes Jahr … zwei geflochtene Zöpfe, kreisförmig über den Kopf drapiert. …“ (19. September 2018, https://blog.bbloombeauty.de/wiesn-friesen-2018);

25

– „Aufbrezelt is! Promi-Damen zeigen die schönsten Wiesn-Trends“ (14. September 2016; https://www.abendzeitung-muenchen.de/muenchen/oktoberfest/aufbrezelt-is-promi-damen-…);

26

– „O‘pflanzt is! … Nur in München sträuben sich die Menschen bislang gegen das Kleingärtnern. Doch nun bläst der Stadtrat zur Offensive …“ (9. Februar 2014; www.www.sueddeutsche.de/muenchen/urban-gardening-in-muenchen-o-pflanzt-is-1.1882637);

27

– „O‘kauft is: Concept Bau startet Vertrieb des Münchner Bavaria Palais …“ (10. März 2015; www.deal-magazin.com/news/46102/…);

28

– „O‘saft is“ … Kinder feiern in Dirndl und Lederhosen in Hemmingstedt ihr eigenes Oktoberfest. …“ (26. September 2017; https://www.boyens-medien.de/artikel/nachbarn/osaft-is.html);

29

– „O‘gschwumma is! Der Maifeiertag stand wie jedes Jahr neben dem Maibaumaufstellen ganz im Zeichen des Wöhrsee-Anschwimmens. …“ (2. Mai 2018; https://www.pnp.de/lokales/landkreis-altoetting/berghausen/…);

30

– „… O‘zockt is“ … Ihr könnt euer Können gegen ebenbürtige Spieler unter Beweis stellen …“ (20. November 2015; https://wg-news/world-of-warships-saison-2-der-gewerteten-gefechte-startet/).

31

cc) Mit der Bedeutung „Es ist angedampft“ weist das Anmeldezeichen inhaltliche Bezüge zu E-Zigaretten und entsprechenden Messen auf.

32

aaa) Denn das „Dampfen“ ist schon vor dem maßgeblichen Anmeldezeitpunkt, dem 10. Juli 2019, der bei E-Zigaretten und vergleichbaren Tabakersatzwaren übliche Ausdruck für den (inhalierenden) Produktkonsum gewesen (vgl. Anlagenkonvolut 3a zum gerichtlichen Hinweis):

33

– „E-Zigaretten: Erste Dampfermesse in Magdeburg – Deutschland dampft! … Nikotin ist beim Vapen (engl. „dampfen“) keine Pflicht, …“ (4. August 2018; https://www.dates-md.de/veranstaltungen-magdeburg/diesunddas/dampfermesse-vaporguru-e-zigarette/);

34

– „Hall of Vape 2018 – Am Sonntag ging sie zu Ende, die größte Dampfermesse Deutschlands. … Ging es im vergangenen Jahr noch über einen Parkplatz …, warteten die Dampfer in diesem Jahr sehnsüchtig auf den Einlass in den Haupteingang …“. (9. Mai 2018; https://www.vapers.guru/2018/05/09/hall-of-vape-2018/);

35

– „Es dampft in Cannes und Hollywood: E-Zigarette in Filmen und Serien … Auch im wirklichen Leben ist John Cusack bekennender Dampfer. …“ (7. Juni 2019; https://www.reemtsma.com/reethink/es-dampft-in-cannes-und-hollywood-e-zigarette-in-filmen-und-serien/).

36

bbb) Das Verb „andampfen“ in der Partizip Perfekt-Form „angedampft“ hat ebenfalls schon vor dem Anmeldetag bei Tabakersatzwaren die Phase des Konsumbeginns bezeichnet und entspricht damit gleichartig aufgebauten Tätigkeitswörtern wie „anzünden“, „anlassen“, „anbrennen“, „anheizen“ usw. (vgl. Anlagenkonvolut 3b zum gerichtlichen Hinweis):

37

– „Wie neuen Kopf richtig andampfen? Habe einen neuen 5 Ohm Dual coil eingebaut. Und frage mich wie dampfe ich den korrekt an?“ („vor 5 Jahren“; https://www.gutefrage.net/frage/wie-neuen-kopf-richtig-andampfen);

38

– „Der WOW Effekt … Nach drei bis vier Minuten dann der erste Test auf einem ungeregelten Akkuträger, leicht andampfen, Airflow komplett auf und … WOOW! …“ (23. November 2014; www.prosteamer.de/Der-WOW-Effekt);

39

– „Dampfer-Petition … Am Wochenende werde ich die Liquids andampfen, aber Lecktest und Geruch waren echt vielversprechend.“ (28. Dezember 2015; https://www.zroadster.com/forum/threads/dampfer-petition.112681/page-12);

40

– „… Was kann ich nach dem ersten Andampfen sagen? …“ (23. Februar 2019; www.dampfer-forum.net/t15585f61-Brunhilde-vs-Corona.html);

41

– „… 4. Tipp: Mit wenig Leistung andampfen, Leistung langsam schrittweise erhöhen.“ (7. März 2018; https://www.dampfer-board.de/thread/22125-selber-wickeln-was-mache-ich-falsch/);

42

– „Überraschend lecker! Hatte mir das Liquid aufgrund der positiven Bewertungen mal zum andampfen mitbestellt, …“ (1. August 2017; https://dampfdorado.de/liquid-phantasia-grapefruit).

43

ccc) Darüber hinaus ist die Wortfolge „o`dampft is“ auch in ihrer Gesamtheit vor dem Anmeldezeitpunkt sowohl in Bezug auf den Konsum von Tabakersatzwaren als auch im Zusammenhang mit dem Betrieb von Eisenbahnzügen oder Binnenseeschiffen, für die das Wort „dampfen“ eine variierte, aber ebenfalls mit Rauch bzw. Dampfwolken verbundene Bedeutung hat, verwendet worden (vgl. Anlagenkonvolut 4a zum gerichtlichen Hinweis):

44

– „O´dampft is!! Oktoberfest 2017 Youtube-Video: „Oktoberfest Vlog mit Dampfergirl / O´zapft is oder O´dampft is …“ (https://www.youtube.com/watch?v=zaAFUdXetJo);

45

– „MARIHUANA DAMPFEN (NOCH IMMER) VERBOTEN … Beim jährlichen großen Hanffest in München;-) dampft der Oberbürgermeister den ersten Topf Marihuana … und eröffnet das Fest feierlich mit den Worten: „O´dampft is!“ (4. Oktober 2016; https://www.vaping-lee.de/blogs/der-blog-uber-vaporizer-und-freiheit/marihuana-dampfen-noch-immer-verboten);

46

– „Kollektiv Traunstein … Endlich ist es so weit: O´dampft is, denn Daniela und Andreas K. haben Traunsteins erstes E-Zigaretten-Geschäft namens „Fume Vaping“ eröffnet. …“ (CHIEMGAUERIN FRÜHJAHRSAUSGABE 2018, archiviert unter https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache: …);

47

– „O´dampft is … Am Samstag, 28. September, rollt der Oktoberfest-Express der Landeseisenbahn Lippe durch Nordlippe. Im Zug gibt es Schweinshaxe mit Sauerkraut und Kartoffelpüree …“ (14. September 2013; https://www.ndz.de/startseite_artikel,-odampft-is-_arid,556319.html);

48

– „O´dampft is! Noch sind die Ausflugsschiffe der Bayerischen Seenschifffahrt mehr oder weniger leer …“ Ab sofort herrscht … Rauchverbot … Nun sind es nur noch die Schlote der Schiffe, die auf den bayerischen Seen qualmen bzw. dampfen dürfen …“ (9. April 2012; https://www.fuenfseenland.de/nachrichten/page/41/?cat=1).

49

ddd) Auch der gegenteilige, das Ende des Konsums bezeichnende Ausdruck „Aus´dampft is!“ hat sich im Zusammenhang mit einem Rauchverbot belegen lassen:

50

„Aus´dampft is! … Das Rauchverbot ist in Bayern seit 1. Januar 2008 in Kraft. …“ (M Dialog 02/2008; archiviert unter https://silo.tips/download/branchen-in-denen-die-aussichten-des-nrnberger-institutes-fr-arbeitsmarkt-und-be, letzter Beleg in Anlagenkonvolut 4a zum gerichtlichen Hinweis).

51

eee) Vor diesem Hintergrund hat der breite inländische Verkehr die angemeldete Wortfolge „o`dampft is!“ schon am Anmeldetag, dem 10. Juli 2019, nur als Fun-Spruch verstanden, mit dem unter erkennbarer Abwandlung des bekannten Oktoberfestspruchs entweder die Erwartung und Freude am Genuss zum Dampfen geeigneter Raucherwaren oder die große Vorfreude auf die Eröffnung und Durchführung einer entsprechenden Fachmesse zum Ausdruck gebracht wird, ohne Merkmale der vorgenannten Waren oder Dienstleistungen unmittelbar zu beschreiben oder einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen herzustellen. Dennoch ist davon auszugehen, dass die angemeldete Wortfolge von den angesprochenen Verkehrskreisen zum Anmeldezeitpunkt nicht als Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung aufgefasst worden ist.

52

(1) Denn eine Bezeichnung verfügt nicht schon allein deshalb über Unterscheidungskraft, weil sie nicht waren- oder dienstleistungsbeschreibend ist (BGH GRUR 2010, 935 Rdnr. 11 – Die Vision; GRUR 1988, 211, Juris-Tz. 9 – Wie hammas denn?; GRUR 1976, 587, 588 – Happy). Sie muss vielmehr geeignet sein, auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Betrieb hinzuweisen. Diese Eignung fehlt beispielsweise regelmäßig bei allgemein verständlichen Redewendungen, die von jedem Unternehmen verwendet werden können (BPatG 33 W (pat) 55/97 – So sind wir nun mal; 26 W (pat) 213/03 – Gut, dass es uns gibt!; 30 W (pat) 33/08 – … weil Nähe zählt; 27 W (pat) 12/11 – Komm zum Punkt) oder bei allgemein verständlichen, häufig verwendeten Fragesätzen (BGH a. a. O. Juris-Tz. 7 u. 8 – Wie hammas denn?).

53

(2) Die angemeldete Wortfolge „o`dampft is!“, die sich in eine Vielzahl vergleichbarer, teilweise identischer Ausdrücke einreiht, erschöpft sich daher in einem Spruch, der – wie beim Oktoberfest – nur die Vorfreude auf den Konsum der beanspruchten Genusswaren „
elektronische Zigaretten“ der Klasse 34 und die Inanspruchnahme entsprechender Messedienstleistungen der Klasse 35 kundtut, aber nicht geeignet ist, auf deren betriebliche Herkunft hinzuweisen.

54

dd) Aber auch für die in Rede stehenden Waren der Klasse 25 fehlt dem Anmeldezeichen jegliche Unterscheidungskraft. „
Bekleidungsstücke“, insbesondere T-Shirts und Sweatshirts, können bekanntlich als Kommunikationsträger oder Medium für Äußerungen ihres Trägers dienen. Als Motiv auf Bekleidungsstücken sind Fun-Sprüche wie die angemeldete Wortfolge „o`dampft is!“ oder andere bekenntnishafte Aussagen, die von Dritten als persönliche Äußerung des Trägers aufgefasst werden sollen, dem Publikum schon lange vor dem Anmeldetag vertraut gewesen (vgl. etwa „ich bin 30 – bitte helfen Sie mir über die Straße“; „ich bin blond – bitte langsam sprechen“; „Bier formte diesen wunderbaren Körper“; BPatG 27 W (pat) 521/14 – MIR REICHT’S. ICH GEH SCHAUKELN). Der Erwerb entsprechender Waren beruht maßgeblich auf dem jeweiligen Spruch bzw. Statement und seiner Eignung, die Haltung oder das ironische oder witzige Statement des Trägers nach außen zu kommunizieren. Er erfolgt jedenfalls nicht wegen eines ggf. mit dem Spruch verbundenen Qualitäts-, Preis- oder Beschaffenheitsversprechens oder auf einer irgendwie anders gearteten Vorstellung über die Herkunft der so gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen.

55

2. Die Schutzunfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Wortfolge „o`dampft is!“ zum Anmeldezeitpunkt besteht unabhängig vom Anbringungsort.

56

a) Bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Waren- und Dienstleistungssektor abzustellen (vgl. BGH GRUR 2020, 411 Rdnr. 13 – #darferdas? II; GRUR 2018, 932 Rdnr. 18 – #darferdas? I, m. w. N.; EuGH GRUR 2019, 1194 Rdnr. 24 und 33 – AS/DPMA [#darferdas?]). Hierzu rechnen die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel üblicherweise angebracht werden. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren (vgl. BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – #darferdas? I, m. w. N.). Dabei muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke geprüft werden (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – #darferdas? II). Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 25 – AS/DPMA [#darferdas?; BGH a. a. O. – #darferdas? II]). Verwendungsarten, die in der betreffenden Branche zwar denkbar, aber praktisch nicht bedeutsam sind und somit wenig wahrscheinlich erscheinen, sind dagegen für die Prüfung der Unterscheidungskraft irrelevant, es sei denn, der Anmelder hat konkrete Anhaltspunkte geliefert, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahrscheinlich machen (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 26 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH a. a. O.– #darferdas? II). Die Prüfung der Unterscheidungskraft kann mithin nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der angemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rdnr. 32 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH a. a. O. – #darferdas? II).

57

b) Auch unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher Verwendungsarten bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist das Anmeldezeichen von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel aufgefasst worden. Sowohl bei einer deutlich sichtbaren Platzierung auf der Außenseite/Vorderfront der Waren oder deren Verpackung bzw. bei Dienstleistungen am Geschäftslokal, auf Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen (BGH GRUR 2008, 616 Rdnr. 13 – AKZENTA) als auch bei der Anbringung an einer nicht sofort ins Auge fallenden Stelle geht der Verkehr nicht davon aus, dass es sich um einen betrieblichen Herkunftshinweis handelt, sondern nimmt die beanspruchte Wortfolge nur als solche, nämlich ausschließlich als Fun-Spruch wahr.

58

c) Dies gilt zunächst für die beanspruchten Produkte „
Bekleidungsstücke“ der Klasse 25.

59

aa) Bei Bildern, Motiven, Symbolen und Wörtern, die auf der Vorder- oder Rückseite von Bekleidungsstücken deutlich sichtbar platziert sind, geht der Verkehr in der Regel nicht davon aus, dass es sich um einen Herkunftshinweis handelt (BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – #darferdas? I m. w. N.; GRUR 2010, 838 Rdnr. 20 – DDR-Logo). Soweit das Anmeldezeichen daher in einem deutlich sichtbaren Schriftzug auf der Außenseite der in Klasse 25 beanspruchten Waren „
Bekleidungsstücke“, wie z. B. T-Shirts, angebracht ist, gibt es als Motto oder Meinungsäußerung nur Auskunft darüber, dass der Träger ein begeisterter „Dampfer“ ist oder seiner Freude über oder auf den Genuss von zum Dampfen geeigneter Raucherwaren Ausdruck verleiht, eignet sich aber nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen. Dafür spricht auch, dass T-Shirts mit dem „Original“-Spruch „O‘zapft is!“ schon vor dem Anmeldezeitpunkt als Kommunikationsmittel verwendet worden sind (vgl. Anlagenkonvolut 5 zum gerichtlichen Hinweis).

60

bb) In der Bekleidungsbranche werden Marken aber auch auf der Vorderseite des Bekleidungsstücks als dezenter Aufdruck oder mittels kleinen Etiketts oder in der Innenseite auf eingenähten Etiketten angebracht; manchmal befinden sie sich auch auf einem Seitenetikett (BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – #darferdas? I, m. w. N.; BPatG 29 W (pat) 519/18 – Mir all sin Kölle). Alle vorgenannten Anbringungsarten sind gleichermaßen praktisch bedeutsam und daher wahrscheinlich. Dennoch hat der Verkehr das Anmeldezeichen auch bei einer solchen „markenmäßigen“ Anbringung an den Waren der Klasse 25 auf einem kleinen äußeren oder inwendigen Etikett nicht als Kennzeichen eines bestimmten Herstellers, sondern nur als Botschaft ihrer Träger aufgefasst. Es handelt sich daher um eine produktunabhängige unterscheidungsungeeignete Aussage als solche (BPatG 29 W (pat) 519/18 – Mir all sin Kölle; 25 W (pat) 582/17 – Wir steuern Ihre Steuern; 27 W (pat) 521/14 – MIR REICHT’S. ICH GEH SCHAUKELN; 24 W (pat) 536/16 – machdeinsdraus; 26 W (pat) 525/19 – ABI auch ohne Kurs am Ziel; 26 W (pat) 526/19 – ABI wir sind inselreif; vgl. auch KG GRUR-RR 2016, 118 – Tussi ATTACK; OLG Hamburg, Beschl. v. 7. April 2008 – 3 W 30/08 – Mit Liebe gemacht).

61

d) Bei einer Anbringung auf den angemeldeten Waren „
elektronische Zigaretten“ der Klasse 34 oder deren Verpackung hat das angesprochene Publikum die angemeldete Wortfolge „o`dampft is!“ ebenfalls als Fun-Spruch wahrgenommen, mit dem die Freude auf den „Dampfgenuss“ angekündigt wird, aber nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.

62

e) Auch bei Beschriftung von Messeständen, auf Werbedrucksachen, Plakaten, Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen und Ankündigungen in anderer Form haben die inländischen Verkehrskreise das Anmeldezeichen bei den beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 nur als witziges Motto einer so beworbenen Fachmesse für „Dampferwaren“, aber nicht als herkunftsindividualisierendes Unterscheidungsmittel aufgefasst. Da die Wortfolge „o`dampft is!“ für den weiten Oberbegriff „
Veranstaltung und Durchführung von Fachmessen“ angemeldet ist, stehen Eintragungshindernisse schon dann entgegen, wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Dienstleistungen, wie z. B. die Veranstaltung und Durchführung einer E-Zigaretten-Fachmesse, vorliegen (BGH GRUR 2015, 1012 Rdnr. 44 – Nivea-Blau; GRUR 2012, 1044 Rdnr. 17 – Neuschwanstein; GRUR 2011, 65 Rdnr. 26 – Buchstabe T mit Strich; GRUR 2005, 578, 581 – LOKMAUS; GRUR 2002, 262, 262 – AC).

63

3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann es dahinstehen, ob der angemeldeten Wortfolge darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 2 MarkenG ein Freihaltebedürfnis für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen gefehlt hat.

64

4. Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, das Anmeldezeichen sei ein Messeslogan, der in der Dampferszene nur mit ihr verbunden werde, weil er seit Ende 2017 mittels weitläufiger Plakatkampagnen veröffentlicht und auf T-Shirts mit entsprechenden Aufdrucken benutzt worden sei, um die gleichnamige E-Zigarettenfachmesse national und international zu repräsentieren, könnte sie geltend machen, dass ein etwaiges Schutzhindernis durch Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden sei. Dafür hat sie aber die notwendigen Voraussetzungen weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

65

a) Die Frage, ob eine Marke sich in den beteiligten Verkehrskreisen infolge ihrer Benutzung für die Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 1999, 723 Rdnr. 54 – Windsurfing Chiemsee; GRUR 2014, 776 Rdnr. 40 f. – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH GRUR 2016, 1167 Rdnr. 31 – Sparkassen-Rot). Zu berücksichtigen sind dabei der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden (EuGH a. a. O. Rdnr. 51 – Windsurfing Chiemsee; a. a. O. Rdnr. 41 – Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander [Sparkassen-Rot]; BGH a. a. O. – Sparkassen-Rot). Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten aufwirft, kann die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung geklärt werden (EuGH a. a. O. Rdnr. 53 – Windsurfing Chiemsee; BGH a. a. O. Rdnr. 32 – Sparkassen-Rot), die häufig das zuverlässigste Beweismittel zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung ist (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 32 – Sparkassen-Rot; BGH GRUR 2014, 483 Rdnr. 32 – test).

66

b) Zu diesen Gesichtspunkten fehlen sowohl jeglicher Vortrag der Anmelderin als auch Belege. Gegen eine Verkehrsdurchsetzung sprechen im Übrigen die nach ihrem Beschwerdevorbringen erst 2017 aufgenommene Benutzung des am 10. Juli 2019 angemeldeten Wortzeichens und der Umstand, dass die vorgelegten Fotos von Messeplakaten mit Werbung für eine im Münchener MVG-Museum stattfindende bayerische E-Zigaretten-Messe auf eine nur regionale Bedeutung hindeuten.

III.

67

Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu.

68

1. Die Frage, ob einer aus mehreren Wörtern bestehenden Wortfolge auch ohne waren- oder dienstleistungsbeschreibenden oder ausschließlich werblich anpreisenden Charakter Unterscheidungskraft fehlen kann, wenn sie von den angesprochenen Verkehrskreisen stets nur als solche und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einem Fragesatz vor mehr als drei Jahrzehnten (BGH GRUR 1988, 211, Juris-Tz. 9 – Wie hammas denn?) und bei einem aus drei Sätzen bestehenden Mehrfachslogan (BGH GRUR 2010, 935 Rdnr. 11 – Die Vision) vor mehr als einem Jahrzehnt, aber noch nicht bei einem Motto- oder Fun-Spruch behandelt worden. Die in den Verfahren des BPatG 25 W (pat) 582/17 – Wir steuern Ihre Steuern, 26 W (pat) 525/19 – ABI auch ohne Kurs am Ziel und 26 W (pat) 526/19 – ABI wir sind inselreif aus ähnlichen Gründen zugelassenen Rechtsbeschwerden sind nicht eingelegt worden. Die Rechtsfrage hat aber nach wie vor grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.