BSG 6. Senat, Urteil vom 07.09.2022, AZ B 6 KA 10/21 R, ECLI:DE:BSG:2022:070922UB6KA1021R0
Verfahrensgang
vorgehend SG München, 21. Mai 2019, Az: S 20 KA 1091/13, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 7. Oktober 2020, Az: L 12 KA 37/19, Urteil
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. Oktober 2020 und des Sozialgerichts München vom 21. Mai 2019 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beklagte die Gewährung von Abschlagszahlungen an die Klägerin auf deren Honorar aus vertragsärztlicher Tätigkeit nicht von der Beibringung einer Bankbürgschaft abhängig machen darf.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Abschlagszahlungen auf das vertragsärztliche Honorar.
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Die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist Trägerin eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Einzige Gesellschafterin der Träger-GmbH ist wiederum eine GmbH, die O GmbH. Bis zum Quartal 2/2012 gewährte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) der Klägerin monatliche Abschlagszahlungen auf das zu erwartende Honorar aus der vertragsärztlichen Tätigkeit des MVZ. Mit Wirkung zum 1.7.2012 änderte die Beklagte ihre Abrechnungsbestimmungen (im Folgenden: AbrBestKVB) durch die Einführung eines neuen § 5 Abs 1a AbrBestKVB. Über die bevorstehende Änderung informierte sie die Klägerin mit Schreiben vom 18.4.2012 und machte die weitere Gewährung von Abschlagszahlungen – ausgehend von einem monatlichen Abschlag von 2 407 700 Euro – von der Beibringung einer Bankbürgschaft über 12 038 500 Euro abhängig. Die Klägerin brachte keine Bankbürgschaft bei, sodass die Beklagte keine weiteren Abschlagszahlungen leistete. Hiergegen sowie gegen das Schreiben vom 18.4.2012 legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte als unzulässig und auch als unbegründet zurückwies
(Widerspruchsbescheid vom 30.10.2013).
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Klage und Berufung sind erfolglos geblieben
(Urteil des SG vom 21.5.2019; Urteil des LSG vom 7.10.2020). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass der Beklagten bei der Ausgestaltung der Regelungen zur Abschlagszahlung ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme, den diese nicht überschritten habe. Die geänderte Regelung verstoße nicht gegen § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V, die allein die Bürgschaftsverpflichtung als Voraussetzung für die Zulassung eines in der Rechtsform einer GmbH betriebenen MVZ regele. Sie habe hingegen nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschlagszahlungen zum Gegenstand. Die in den Abrechnungsbestimmungen getroffene Regelung zur Beibringung einer Bürgschaft verstoße auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Ungleichbehandlung knüpfe nicht an personenbezogene Merkmale, sondern überwiegend an verhaltensbezogene Umstände an, die beeinflussbar seien. Zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung sei daher nur ein sachlich einleuchtender Grund erforderlich, der hier vorliege. Während ein in Einzelpraxis oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) tätiger Vertragsarzt oder Vertragsärzte, die als Gesellschafter eines MVZ zur Vorlage einer selbstschuldnerischen Bürgschaft verpflichtet seien, mit ihrem gesamten privaten Vermögen hafteten, sei die Haftung einer GmbH grundsätzlich auf deren Gesellschaftsvermögen begrenzt. Die Höhe der angeforderten Bürgschaft (fünf Abschläge) sei angemessen, da erst mehr als sechs Monate nach Beginn des Abrechnungsquartals die konkrete Höhe des Bruttohonorars feststehe.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V und Art 3 Abs 1 GG. Mit der von der Beklagten geforderten zusätzlichen Bürgschaft der MVZ-Trägergesellschaft werde § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V unterlaufen und die dazu ergangene Rechtsprechung des BSG missachtet. Die angegriffene Regelung verletze zudem Art 3 Abs 1 GG, weil nur von MVZ, hinter deren Trägergesellschaft eine GmbH stehe, eine – mit Kosten verbundene – Bankbürgschaft vorzulegen sei. Für diese Ungleichbehandlung bestehe kein sachlicher Grund. Eine ausreichende Absicherung von Gläubigern werde bereits über § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V erreicht. Eine GmbH hafte – ebenso wie eine natürliche Person – mit ihrem gesamten Vermögen. Bei Vermögenslosigkeit seien auch Rückforderungsansprüche gegen natürliche Personen nicht zu realisieren. Zudem hätte die Beklagte eine weitere Absicherung erreichen können, ohne die MVZ-GmbH mit den hohen Kosten einer Bankbürgschaft zu belasten, indem sie eine selbstschuldnerische Bürgschaft der hinter einer Träger-GmbH stehenden natürlichen Person verlangt. Aufgrund der seit dem 1.8.2021 geltenden Regelungen zum Transparenzregister seien die entsprechenden Personen leicht zu ermitteln.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 7.10.2020 und des SG München vom 21.5.2019 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte die Gewährung von Abschlagszahlungen an die Klägerin auf deren Honorar aus vertragsärztlicher Tätigkeit nicht von der Beibringung einer Bankbürgschaft abhängig machen darf.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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§ 95 Abs 2 Satz 6 SGB V regele die Voraussetzungen der Zulassung des MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung, entfalte aber keine Sperrwirkung auf der Ebene der Abrechnungsbestimmungen. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstoße die in den Abrechnungsbestimmungen getroffene Regelung zum Bürgschaftserfordernis auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Vertragsärzte, die Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft seien und die nach § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V zur Beibringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft verpflichtet seien, müssten mit ihrem gesamten Vermögen für etwaige Rückforderungen von KÄVen und Krankenkassen einstehen. Dagegen sei die Haftung einer GmbH auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt. Die Argumentation der Klägerin, nach der KÄVen die Möglichkeit haben, eine zusätzliche Absicherung durch selbstschuldnerische Bürgschaften der hinter der MVZ-Trägergesellschaft stehenden natürlichen Personen zu erlangen, sei unverständlich und mit der Rechtsprechung des BSG nicht zu vereinbaren. Es sei auch nicht Aufgabe der KÄVen oder der Zulassungsgremien, die Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft zu ermitteln.
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Der Senat hat im Revisionsverfahren die die Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB betreffenden Materialien (Beschlussvorlage des Vorstands für die Vertreterversammlung am 26.11.2011, Protokoll der Sitzung der Vertreterversammlung am 26.11.2011, ua) beigezogen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin hat Erfolg
(§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte darf die Zahlung von Abschlägen auf das zu erwartende Honorar der Klägerin aus der vertragsärztlichen Tätigkeit des von ihr getragenen MVZ nicht von der Vorlage einer Bankbürgschaft abhängig machen. Soweit die Beklagte in ihren Abrechnungsbestimmungen Abweichendes geregelt hat, sind diese mit höherrangigem Recht unvereinbar und nichtig.
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A. Gegenstand des Verfahrens sind die beiden vorinstanzlichen Urteile. Gegen den Widerspruchsbescheid, mit dem die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen das Schreiben vom 18.4.2012 (auch) als unzulässig zurückgewiesen hat, hat sich die Klägerin auch nicht mehr hilfsweise gewandt, nachdem der Senat im Revisionsverfahren darauf hingewiesen hat, dass es sich bei dem genannten Schreiben auch nach seiner Auffassung nicht um einen Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X handelt.
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B. Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig.
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1. Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte es weiterhin ablehnt, der Klägerin monatliche Honorarabschläge ohne vorherige Beibringung einer Bankbürgschaft zu zahlen.
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2. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass sie auf die Klärung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Zwar hängt der Anspruch auf Abschlagszahlung nicht allein von der Beibringung einer Bankbürgschaft ab. Auch die auf Feststellung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses gerichtete Elementenfeststellungsklage ist allerdings zulässig, wenn sicher anzunehmen ist, dass dadurch der Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird
(BSG Urteil vom 15.6.2016 – B 4 AS 36/15 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 90 RdNr 18 mwN; vgl auch BSG Urteil vom 25.11.2020 – B 6 KA 28/19 R – SozR 4-5531 Abschn 31.5.3 Nr 1 RdNr 16). So liegt der Fall hier. Auch die Beklagte stellt nicht in Frage, dass die Klägerin Anspruch auf Abschlagszahlungen hat, wenn eine Bankbürgschaft nicht verlangt werden darf.
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3. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags hängt hier nicht davon ab, ob die Klägerin ihr Begehren möglicherweise auch mit einer Verpflichtungs- oder einer isolierten Leistungsklage hätte erreichen können. Zwar gilt der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage auch im sozialgerichtlichen Verfahren, obwohl er – anders als in § 43 Abs 2 VwGO und § 41 Abs 2 FGO – keinen ausdrücklichen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hat
(stRspr; vgl BSG Urteil vom 2.7.2013 – B 4 AS 74/12 R – SozR 4-4200 § 6b Nr 2 RdNr 24 mwN). Dieser gilt jedoch bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts nur eingeschränkt, da angenommen werden kann, dass solche Beklagte aufgrund ihrer verfassungsrechtlich verankerten Bindung an Gesetz und Recht
(Art 20 Abs 3 GG) rechtskräftigen (feststellenden) Urteilen auch ohne Vollstreckungsdruck nachkommen
(vgl BSG Urteil vom 14.5.2014 – B 6 KA 21/13 R – BSGE 116, 1 = SozR 4-2500 § 34 Nr 14, RdNr 20; BSG Urteil vom 26.5.2021 – B 6 KA 7/20 R – SozR 4-1300 § 56 Nr 2 RdNr 16; jeweils mwN).
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4. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht das Erfordernis entgegen, vor ihrer Erhebung grundsätzlich ein Verwaltungs- und ein Vorverfahren durchzuführen
(vgl BSG Beschluss vom 15.12.2020 – B 2 U 142/20 B – juris RdNr 8; BSG Urteil vom 4.11.2021 – B 6 KA 13/20 R – juris RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 15 vorgesehen). Zwar hat die Beklagte hier keinen Ausgangsbescheid erlassen und den Widerspruch der Klägerin in erster Linie als unzulässig zurückgewiesen. Sie hat aber sowohl in dem Schreiben vom 18.4.2012 als auch in der Begründung des Widerspruchsbescheides unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die im Streit stehende Regelung in § 5 Abs 1a AbrBestKVB als rechtmäßig und wirksam ansieht und dementsprechend die Gewährung von Abschlagszahlungen gegenüber der Klägerin von der Beibringung einer Bankbürgschaft abhängig machen wird. Unter diesen Umständen würde sich die Durchführung eines erneuten Verwaltungsverfahrens mit Ausgangs- und Widerspruchsbescheid als reine Förmelei erweisen
(zur Zulässigkeit der Feststellungsklage in einer solchen Konstellation vgl BSG Urteil vom 4.11.2021 – B 6 KA 13/20 R – juris RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 15 vorgesehen; BSG Urteil vom 6.4.2022 – B 6 KA 12/21 R – juris RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR 4-5520 § 24 Nr 15 vorgesehen).
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C. Die Revision ist begründet. Zu Unrecht macht die Beklagte die Gewährung von Abschlagszahlungen an die Klägerin von der Vorlage einer Bankbürgschaft abhängig.
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1. Nach § 87b Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V verteilt die KÄV die vereinbarte Gesamtvergütung an die Ärzte, Psychotherapeuten und medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer rechnen ihr Honorar kalendervierteljährlich
(für den Bezirk der Beklagten vgl § 2 Satz 1 AbrBestKVB) und damit nach Abschluss des Quartals, in dem die Leistung erbracht worden ist, gegenüber der KÄV ab. Die Honorarbescheide, die eine Prüfung sämtlicher eingereichter Abrechnungen und auf dieser Grundlage Berechnungen zur Quotierung der Vergütung unter Berücksichtigung der Höhe der von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütung und der Menge der abgerechneten vertragsärztlichen Leistungen voraussetzen, können daher regelmäßig erst im zweiten auf die Leistungserbringung folgenden Quartal ergehen. Dem erheblichen zeitlichen Abstand zwischen der Erbringung der vertragsärztlichen Leistungen und ihrer Honorierung wird nicht nur im Bezirk der Beklagten, sondern allgemein durch die Gewährung von Abschlagszahlungen auf die zu erwartende künftige Honorarforderung Rechnung getragen. Entsprechende Regelungen können entweder im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) oder aber in gesonderten Abrechnungsbestimmungen in Form einer Satzung getroffen werden
(vgl zB BSG Urteil vom 25.8.1999 – B 6 KA 34/98 R – SozR 3-2500 § 85 Nr 32 S 246; BSG Urteil vom 3.2.2010 – B 6 KA 30/08 R – BSGE 105, 224 = SozR 4-2500 § 85 Nr 52 RdNr 45; BSG Urteil vom 10.12.2014 – B 6 KA 45/13 R – BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 § 85 Nr 81, RdNr 34; vgl Loose in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2022, § 85 RdNr 257). Die jeweils getroffenen Regelungen binden die KÄVen bei ihrer Entscheidung über die Erbringung von Abschlagszahlungen gegenüber dem einzelnen Arzt
(BSG Urteil vom 10.12.2014 – B 6 KA 45/13 R – BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 § 85 Nr 81, RdNr 34).
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2. Die Beklagte hat Regelungen zur Erbringung von Abschlagszahlungen in § 5 AbrBestKVB getroffen. Nach § 5 Abs 1 Satz 1 AbrBestKVB werden Abschlagszahlungen auf das zu erwartende Vierteljahreshonorar des einzelnen Vertragsarztes monatlich durch die Beklagte geleistet. Wenn der Beklagten besondere Umstände (zB wesentliche Veränderungen des Honorars des Vertragsarztes) bekannt werden, kann sie die Abschlagszahlungen nach § 5 Abs 3 AbrBestKVB erhöhen, vermindern oder die Abschlagszahlungen einstellen. Bei Vertragsärzten, die ihre Abrechnung nicht fristgerecht vorlegen, kann die Beklagte weitere Zahlungen nach § 5 Abs 4 AbrBestKVB bis zum Eingang der Abrechnungsunterlagen aussetzen.
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Bis zum 30.6.2012 hat die im Bezirk der beklagten KÄV an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Klägerin die Voraussetzungen für den Anspruch auf monatliche Abschlagszahlungen erfüllt. Das ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und entsprechende Zahlungen sind auch geleistet worden. Davon ist die Beklagte auch in dem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 18.4.2012 ausgegangen. Grundlage der Einstellung der Abschlagszahlungen gegenüber der Klägerin mit Ablauf des 30.6.2012 war allein die in der Vertreterversammlung vom 26.11.2011 beschlossene, im Bayerischen Staatsanzeiger Nr 3/2012 vom 20.1.2012 veröffentlichte Regelung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB, die nach der Präambel zur AbrBestKVB zum 1.7.2012 in Kraft getreten ist und erstmals auf Abrechnungen des Quartals 3/2012 Anwendung gefunden hat. Danach werden Abschlagszahlungen nach § 5 Abs 1 AbrBestKVB für ein MVZ, das in der Organisationsform einer juristischen Person des Privatrechts betrieben wird, nur dann geleistet, wenn deren Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen sind und diese zur Sicherung von Forderungen der Krankenkassen und der Beklagten selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen abgegeben haben. Sind bei einem MVZ, das in der Organisationsform einer juristischen Person des Privatrechts betrieben wird, die Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen, leistet die Beklagte Abschlagszahlungen nur dann, wenn das MVZ zur Sicherung von Forderungen der Beklagten und der Krankenkassen aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank, die im Gebiet der Europäischen Union ansässig ist, in Höhe von fünf Abschlagszahlungen beigebracht hat. Die Klägerin ist eine juristische Person und ihre einzige Gesellschafterin wiederum eine GmbH und damit keine natürliche Person.
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3. Indes ist die in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffene Regelung mit höherrangigem Recht unvereinbar und unwirksam, sodass der Anspruch der Klägerin auf Abschlagszahlungen nicht von der Beibringung einer Bankbürgschaft abhängig ist. Die genannte Regelung verstößt gegen Art 3 Abs 1 GG, indem sie den Anspruch auf Abschlagszahlungen von der Vorlage einer Bankbürgschaft abhängig macht, wenn die Gesellschafter einer MVZ-Trägergesellschaft nicht ausschließlich natürliche Personen sind.
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln
(vgl BVerfG Beschluss vom 15.7.1998 – 1 BvR 1554/89 ua – BVerfGE 98, 365, 385; stRspr). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich für Ungleichbehandlungen je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können
(vgl BVerfG Beschluss vom 7.11.2006 – 1 BvL 10/02 – BVerfGE 117, 1, 30; BVerfG Beschluss vom 14.10.2008 – 1 BvF 4/05 – BVerfGE 122, 1, 23; BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 – 1 BvR 611/07 ua – BVerfGE 126, 400, 416). Das Maß der Bindung hängt unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird
(BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49, 69 = juris RdNr 65 mwN). Die an die Rechtfertigung zu stellenden Anforderungen sind umso höher, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind
(BVerfG Beschluss vom 15.12.2015 – 2 BvL 1/12 – BVerfGE 141, 1 RdNr 94; BVerfG Beschluss vom 29.3.2017 – 2 BvL 6/11 – BVerfGE 145, 106 RdNr 105; BVerfG Beschluss vom 8.7.2021 – 1 BvR 2237/14 ua – BVerfGE 158, 282 RdNr 111).
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Hier bedarf es keiner strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Differenzierungen bedürfen aber stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art 3 Abs 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist
(vgl BVerfG Beschluss vom 7.7.2009 – 1 BvR 1164/07 – BVerfGE 124, 199, 220 = juris RdNr 86; BSG Urteil vom 28.6.2017 – B 6 KA 12/16 R – SozR 4-2500 § 75 Nr 19 RdNr 15). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können
(stRspr des BVerfG; vgl hierzu zB BVerfG Urteil vom 28.1.2003 – 1 BvR 487/01 – BVerfGE 107, 133, 141; BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49, 68 f; jeweils mwN).
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Den danach zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen wird die in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffene Regelung nicht gerecht. Es gibt keinen sachlichen Grund, MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen sind – ebenso wie Vertragsärzten – Abschlagszahlungen unabhängig von der Beibringung einer Bankbürgschaft zu gewähren, bei MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind, die Abschlagszahlungen dagegen von der Beibringung einer Bankbürgschaft in Höhe von fünf Abschlagszahlungen abhängig zu machen. Zwischen den beiden Gruppen von MVZ-Trägergesellschaften bestehen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.
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b) Die von der Beklagten von einem Teil der MVZ-Trägergesellschaften als Voraussetzung für die Gewährung von Abschlagszahlungen verlangte Bankbürgschaft dient nach dem Wortlaut der in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffenen Regelung „zur Sicherung von Forderungen der Krankenkassen und der KVB“. Vor diesem Hintergrund kann eine Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen vertragsärztlicher Leistungserbringer in erster Linie durch Unterschiede gerechtfertigt werden, die Auswirkungen auf das durch die Gewährung von Abschlagszahlungen begründete Risiko der Beklagten und der Krankenkassen haben, Rückforderungen gegenüber dem jeweiligen Leistungserbringer nicht verwirklichen zu können.
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c) Weshalb die Gewährung von Abschlagszahlungen, die allein von der Beklagten zu leisten sind, die Sicherung von „Forderungen der Krankenkassen“
(§ 5 Abs 1a AbrBestKVB) erforderlich macht, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Hingegen unterliegt es nach Auffassung des Senats keinem Zweifel, dass die beklagte KÄV berechtigt ist, die für sie mit der Erbringung von Abschlagszahlungen verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu begrenzen und Regelungen zu treffen, die – auch in Abhängigkeit von der Frage, wer Empfänger der Zahlung ist – typisierend die Höhe des Risikos einkalkulieren, dass Rückforderungen im Falle einer Überzahlung nicht durchgesetzt werden können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine KÄV zur Zahlung des Honorars an die in ihrem Bezirk tätigen vertragsärztlichen Leistungserbringer im Grundsatz unabhängig von deren Solvenz und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verpflichtet ist. Der im Zivilrecht geltende Grundsatz der Vertragsfreiheit und die daraus folgenden Gestaltungsspielräume, die auch die Möglichkeit einschließen, keine vertraglichen Beziehungen mit unzuverlässigen Vertragspartnern einzugehen, stehen der KÄV als Körperschaft des öffentlichen Rechts
(§ 77 Abs 5 SGB V) bei der Erfüllung der ihr durch § 87b Abs 1 Satz 1 SGB V gesetzlich zugewiesenen Aufgabe der Verteilung des Honorars auf die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nicht zur Verfügung. Dementsprechend sind die zivilrechtlichen Bestimmungen – soweit sie im öffentlich-rechtlich geprägten Leistungserbringungsrecht überhaupt Geltung beanspruchen
(vgl dazu § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V) – auf die rechtlichen Beziehungen der Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung zur KÄV nur mit Einschränkungen übertragbar
(zu der nur eingeschränkten Anwendbarkeit der eine Aufrechnung gegenüber abgetretenen Ansprüchen beschränkenden Bestimmung des § 406 BGB vgl BSG Urteil vom 11.12.2019 – B 6 KA 10/18 R – SozR 4-7610 § 406 Nr 1 RdNr 41). Der daraus folgenden Notwendigkeit, die durch die Gewährung von Abschlagszahlungen begründeten Risiken der beklagten KÄV zu begrenzen, trägt etwa § 5 Abs 4 AbrBestKVB Rechnung, wonach die weiteren Zahlungen im Falle einer nicht fristgerechten Vorlage der Honorarabrechnung des Arztes ausgesetzt werden können.
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d) Mit der Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB wollte die Beklagte nach dem Inhalt der im Revisionsverfahren beigezogenen Materialien aus dem Verfahren zur Einführung dieser Satzungsbestimmung dem Umstand Rechnung tragen, dass gerade von MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind, ein besonders hohes Risiko ausgehe, dass Honorarrückforderungen ins Leere gehen. Dabei hat die Beklagte – unzutreffend – angenommen, dass die Haftung einer GmbH auf die Stammeinlage begrenzt sei, die nicht mehr als 25 000 Euro betragen müsse. Dagegen würden natürliche Personen mit ihrem gesamten Vermögen haften. Mit der Forderung nach einer Bankbürgschaft gegenüber MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind, würde eine „haftungsrechtliche Gleichstellung des MVZ mit den ‚klassischen‘ Versorgungsformen (Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis)“ erreicht
(so die Ausführungen in der Beschlussempfehlung für den Vorstand der Beklagten, Bl 198 Revisionsakte sowie die Begründung des Antrags des Vorstands der Beklagten zur Beschlussfassung der Vertreterversammlung über die Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB, Bl 212 f Revisionsakte). Diese der Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB zugrundeliegenden Annahmen der Beklagten sind in verschiedener Hinsicht unzutreffend.
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aa) Gemäß § 13 Abs 1, Abs 2 GmbHG haftet eine GmbH als juristische Person unbeschränkt mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen
(vgl zB Merkt, Münchener Kommentar GmbHG, 4. Aufl 2022, § 13 RdNr 340). Sofern die GmbH über ein geringes Gesellschaftsvermögen verfügt und von der KÄV hohe Honorarrückzahlungen geltend gemacht werden, kann es dazu kommen, dass diese Rückforderungen nicht realisiert werden können, auch weil die Gesellschafter einer GmbH gemäß § 13 Abs 2 GmbHG im Grundsatz nicht für Verbindlichkeiten der GmbH haften. Allerdings kann aus dem Umstand, dass eine GmbH nur über ein Mindeststammkapital in Höhe von 25 000 Euro verfügen muss, nicht geschlossen werden, dass GmbHs generell über ein geringes Gesellschaftsvermögen verfügen würden und dafür gibt es bezogen auf die einzige Gesellschafterin der Klägerin, die O GmbH, die aufgrund der vorliegenden Bürgschaftserklärung für Verbindlichkeiten der Klägerin einzustehen hat, auch keine Anhaltspunkte. Dass eine juristische Person als Gesellschafterin der Trägergesellschaft über eine Kapitalausstattung verfügt, die das Vermögen vieler natürlicher Personen bei weitem übersteigt, ist im Übrigen keineswegs untypisch, gerade wenn hinter der Träger-GmbH ein Krankenhaus oder – wie hier – ein großes Laborunternehmen steht
(vgl dazu Kaya, Rechtsfragen medizinischer Versorgungszentren auf Gründungs- und Zulassungsebene, 2012, S 234; Basteck, GesR 2008, 14, 17; vgl auch bereits BSG Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 36/13 R – SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 21). Jedenfalls ist die Haftung einer GmbH wie der O GmbH nicht auf das Mindeststammkapital in Höhe von 25 000 Euro beschränkt, wenn sie tatsächlich über ein höheres Gesellschaftsvermögen verfügt
(vgl dazu bereits BSG Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 36/13 R – SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 21). Das hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht mehr in Zweifel gezogen.
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bb) Mit der von der Beklagten geforderten Bankbürgschaft wird vor allem nicht die angestrebte haftungsrechtliche Gleichstellung bewirkt, sondern eine fast vollständige Aufhebung der mit der Erbringung von Abschlagszahlungen verbundenen Risiken allein bezogen auf die Gruppe der MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter nicht ausschließlich natürliche Personen sind. Weder von Vertragsärzten oder BAGen noch von MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter ausschließlich natürliche Personen sind, wird von der Beklagten ein damit vergleichbar hohes Maß an Sicherheiten als Voraussetzung für die Gewährung von Abschlagszahlungen gefordert, obwohl Ausfallrisiken auch hier bestehen und durch eine Bankbürgschaft weitgehend beseitigt werden könnten. Das besonders hohe Maß an Sicherheit, das der KÄV durch die Bankbürgschaft vermittelt wird, belastet die MVZ-Träger, von denen die Beibringung dieser Bürgschaft gefordert wird, einseitig mit nicht unerheblichen Kosten, die von der Klägerin für die Zeit der Durchführung des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens nachvollziehbar mit jährlich etwa 0,35 bis 0,5 % der Bürgschaftssumme (hier also ausgehend von einer Bürgschaftssumme von ca 12 Mio Euro mit Beträgen zwischen ca 42 000 und 60 000 Euro jährlich) angegeben worden sind. Damit werden die mit dem Anspruch auf Abschlagszahlungen verbundenen Vorteile durch die geforderte Bankbürgschaft erheblich eingeschränkt.
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e) § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V steht der ergänzenden Regelung von Bürgschaftserfordernissen in Abrechnungsbestimmungen zwar nicht generell entgegen
(nachfolgend aa). Der Regelung können aber Hinweise darauf entnommen werden, auf welche Weise und in welchem Umfang der parlamentarische Gesetzgeber Forderungen von KÄVen und von Krankenkassen absichern möchte. Für eine Differenzierung danach, ob Gesellschafter einer Trägergesellschaft natürliche oder juristische Personen sind, sind der gesetzlichen Regelung keine Anknüpfungspunkte zu entnehmen
(nachfolgend bb).
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aa) Der Senat geht – anders als die Klägerin – nicht davon aus, dass § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V eine Sperrwirkung im Abrechnungsverhältnis in der Weise entfaltet, dass die KÄVen generell gehindert wären, im HVM oder in ihren Abrechnungsbestimmungen Regelungen zu treffen, nach denen der Anspruch auf Abschlagszahlungen von der Beibringung einer weiteren Bürgschaft bzw einer anderen Sicherheitsleistung abhängig ist. Zwar besteht ein enger Zusammenhang zwischen den in § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V geregelten Zulassungsvoraussetzungen und der Honorarzahlung insoweit, als der Gesetzgeber mit dem Bürgschaftserfordernis der Gesellschafter eines MVZ in der Rechtsform einer GmbH gerade Honorarrückforderungen von KÄVen und Schadensersatzansprüche von Krankenkassen absichern wollte
(vgl den Regierungsentwurf des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes – VÄndG – BT-Drucks 16/2474 S 21, zu Art 1 Nr 5 Buchst b). Das schließt es aber nicht vollständig aus, dass die KÄV in ihren Abrechnungsbestimmungen ergänzende Regelungen mit dem Ziel der Sicherung von Honorarrückforderungen trifft. So hat die Beklagte – ähnlich wie andere KÄVen – in ihren Abrechnungsbestimmungen Regelungen zur Aussetzung oder Einstellung von Abschlagszahlungen ua für Konstellationen getroffen, in denen ein besonders hohes Risiko von Überzahlungen besteht (zB bei Versäumung der Frist zur Vorlage der Abrechnung durch den Vertragsarzt). Das ist aus Sicht des Senats grundsätzlich nicht zu beanstanden. Daher spricht grundsätzlich auch nichts dagegen, wenn eine KÄV die für den Arzt bzw das MVZ aus der Einstellung von Abschlagszahlungen folgenden Nachteile in solchen Konstellationen begrenzt, indem sie die Abschläge zwar leistet, aber die Zahlung von Sicherheiten abhängig macht, die über die in § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V geforderten hinausgehen.
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bb) Hier möchte die Beklagte den Anspruch auf Abschlagszahlungen indes – ganz unabhängig von einem im Einzelfall bestehenden Risiko der Überzahlung – gegenüber einer bestimmten Gruppe von MVZ-Trägern generell von einer Bankbürgschaft und damit einer Sicherheitsleistung abhängig machen, die in § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V gerade nicht vorgeschrieben wird und die das durch die Abschlagszahlung begründete Risiko praktisch vollständig abdeckt. Abgesehen davon, dass die Beklagte mit § 5 Abs 1a AbrBestKVB keine haftungsrechtliche Gleichstellung herbeiführt, sondern die Absicherung gegen Forderungsausfälle bezogen auf die Gruppe von MVZ, zu der die Klägerin gehört, ganz erheblich über das für andere vertragsärztliche Leistungserbringer geltende Maß hinaus erhöht
(vgl oben RdNr 28), nimmt die Beklagte damit eine Unterscheidung zwischen unterschiedlichen „Typen“ von MVZ vor, die so im höherrangigen Recht des SGB V nicht angelegt ist und die der Gesetzgeber jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang ersichtlich nicht vornehmen wollte
(zur Bindung des untergesetzlichen Normgebers an höherrangiges Recht und die daraus folgenden Einschränkungen im Hinblick auf das zulässige Differenzierungsziel vgl Heun in Dreier, GG, 3. Aufl 2013, Art 3 RdNr 53; vgl auch BVerfG Urteil vom 13.12.1961 – 1 BvR 1137/59 ua – BVerfGE 13, 248, 255 = juris RdNr 23; BVerfG Beschluss vom 26.2.1985 – 2 BL 17/83 – BVerfGE 69, 150, 159 f = juris RdNr 38 f; Boysen in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl 2021, Art 3 RdNr 44). Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22.10.2014
(B 6 KA 36/13 R – SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 25) ausgeführt hat, wurde schon zum Zeitpunkt der Einführung der in § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V geregelten Bürgschaftsverpflichtung mWv 1.1.2007 ein erheblicher Teil der MVZ durch Krankenhäuser bzw deren Träger gegründet, die zu diesem Zweck in der Regel eine MVZ-Träger-GmbH gründeten. In der Praxis der Zulassungsgremien war vor der Änderung des § 95 Abs 1a Satz 3 SGB V durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 6.5.2019
(BGBl I 646) sogar teilweise die Auffassung vertreten worden, dass für jedes MVZ eine eigene Trägergesellschaft bestehen müsse
(vgl die Begründung zum Regierungsentwurf eines TSVG, BT-Drucks 19/6337 S 116, zu Art 1 Nr 52 Buchst a Doppelbuchst bb). Auch der Umstand, dass Gesellschafter einer solchen Träger-GmbH nicht notwendig natürliche Personen sein müssen, ist im Gesetzgebungsverfahren zum VÄndG ersichtlich nicht übersehen worden
(vgl dazu näher BSG Urteil vom 22.10.2014 – B 6 KA 36/13 R – SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 25). Nachdem der Senat mit dem genannten Urteil vom 22.10.2014 entschieden hatte, dass § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V nicht die Bürgschaft der hinter einer MVZ-Trägergesellschaft stehenden natürlichen Personen fordert, ist § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V im Übrigen mehrfach – nämlich durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vom 16.7.2015
(BGBl I 1211) und durch das TSVG – modifiziert worden. Eine Erweiterung der Haftung für MVZ-Trägergesellschaften, deren Gesellschafter keine natürlichen Personen sind, ist dabei nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung nach der Art der Gesellschafter von MVZ-Trägergesellschaften im Abrechnungsverhältnis nicht dem in § 95 Abs 2 Satz 6 SGB V fixierten Regelungsprogramm entspricht.
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f) Auch andere vernünftige Gründe, die geeignet sein könnten, die in § 5 Abs 1a AbrBestKVB geregelte Ungleichbehandlung zu rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Es gibt keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass das Risiko von Forderungsausfällen bei der Rückforderung überzahlter Abschläge auf das Honorar gerade bei den in der Organisationsform einer juristischen Person geführten MVZ, deren Gesellschafter keine natürlichen Personen sind, so erheblich erhöht ist, dass es sachgerecht wäre, darauf mit der Forderung nach einer Bankbürgschaft in Höhe der Gesamtsumme der Abschlagszahlungen zu reagieren. Praktische Erfahrungen oder empirische Erkenntnisse, die auf ein erhöhtes Risiko von Forderungsausfällen gerade bezogen auf die Gruppe von MVZ hindeuten würden, von denen Bankbürgschaften gefordert werden sollen, werden von der Beklagten, die in erster Linie über die erforderlichen Informationen verfügt, nicht geltend gemacht. Auch in der Begründung des og Antrags des Vorstands der Beklagten zur Einführung des § 5 Abs 1a AbrBestKVB wird dieser Gesichtspunkt nicht erwähnt und in ihrer Revisionserwiderung macht die Beklagte ausdrücklich geltend, dass es nicht darauf ankommen könne, „ob und inwieweit Rückforderungen gegenüber MVZ-GmbHs bzw. ihre Gesellschafter, die als juristische Person firmieren, besonders häufig ins Leere gehen“. Auf ergänzende Nachfrage des Senats hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie negative praktische Erfahrungen bei der Rückforderung überzahlter Abschlagszahlungen gerade gegenüber der Gruppe von MVZ, von der sie seit dem 1.7.2012 die Beibringung einer Bankbürgschaft fordert, nicht geltend machen möchte.
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4. Nach der Rspr des BVerfG haben Verstöße gegen Art 3 Abs 1 GG im Regelfall nicht unmittelbar die Nichtigkeit der beanstandeten Norm zur Folge. Deshalb erklärt das BVerfG die betroffene Norm in der Regel nur als mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar
(Jarass in ders/Pieroth, GG, 17. Aufl 2022, Art 3 RdNr 32 mwN). Das gilt für Kollisionen von Gesetzen mit der Verfassung ebenso wie für Kollisionen untergesetzlicher Rechtsvorschriften mit gesetzlichen Bestimmungen oder mit der Verfassung
(vgl BSG Urteil vom 20.1.1999 – B 6 KA 9/98 R – BSGE 83, 218, 222 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 112 = juris RdNr 23; vgl Jarass, aaO RdNr 42). Die Beklagte ist grundsätzlich auch an die untergesetzlichen Normen ihrer Satzung gebunden
(zur Bindung an Regelungen des Bewertungsausschusses als Normgeber des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärzte vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 – B 6 KA 3/12 R – SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 42) und kann als Normgeberin den Verstoß gegen höherrangiges Recht im Regelfall auf unterschiedliche Weise beseitigen.
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Jedoch ist eine Nichtigkeitserklärung angebracht, wenn der Normgeber mit Sicherheit die nach einer Teilnichtigkeit verbleibende Regelung wählen würde
(BVerfG Beschluss vom 26.1.1993 – 1 BvL 38, 40, 43/92 – BVerfGE 88, 87, 101). Teilweise hat das BVerfG bei Gleichheitsverstößen auch eigene Übergangsregelungen getroffen und eine begünstigende Regelung in Fällen eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses auf die Ausgeschlossenen angeordnet
(Jarass in ders/Pieroth, GG, 17. Aufl 2022, Art 3 RdNr 33 mwN), etwa wenn nur so ein verfassungsmäßiger Zustand hergestellt werden konnte oder wenn sich mit Sicherheit annehmen lässt, dass der Normgeber, wäre ihm das Problem bewusst, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgebots gerade in diesem Sinne Rechnung tragen würde
(BVerfG Beschluss vom 21.5.1974 – 1 BvL 22/71 ua – BVerfGE 37, 217, 260 = juris RdNr 125 mwN; zu Rechtsverordnungen vgl BVerwG Urteil vom 25.7.2007 – 3 C 10/06 – BVerwGE 129, 116 RdNr 30 f mwN).
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Der gesamte Prozessstoff ergibt keinerlei Hinweise dafür, dass die Beklagte den Gleichheitsverstoß – abweichend von der Praxis aller anderen KÄVen im Bundesgebiet – durch einen generellen Verzicht auf Abschlagszahlungen oder durch eine Ausdehnung der in § 5 Abs 1a AbrBestKVB getroffenen Regelungen zur Beibringung einer Bankbürgschaft als Voraussetzung für die Gewährung von Abschlagszahlungen auf alle vertragsärztlichen Leistungserbringer hätte beheben wollen. Hinzu kommt, dass die vorübergehende Fortsetzung der Ungleichbehandlung gerade bei der Gewährung von Abschlagszahlungen auf den zu erwartenden Honoraranspruch kaum rückwirkend kompensiert werden könnte. Unter diesen Umständen kann der Gleichheitsverstoß nur beseitigt werden, indem die Beklagte der Klägerin – soweit die Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind – Abschlagszahlungen ab der Verkündung dieses Urteils unabhängig von den in § 5 Abs 1a AbrBestKVB geregelten einschränkenden Voraussetzungen gewährt. Die Freiheit der Beklagten, die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschlagszahlungen künftig durch Satzung im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums abweichend zu regeln, wird dadurch nicht beschränkt, soweit sie dabei den aus dem allgemeinen Gleichheitssatz
(Art 3 Abs 1 GG) folgenden Anforderungen Rechnung trägt.
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D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist
(§ 154 Abs 1 VwGO).
Oppermann Loose Rademacker