Beschluss des BVerwG 5. Senat vom 04.07.2022, AZ 5 PB 12/21

BVerwG 5. Senat, Beschluss vom 04.07.2022, AZ 5 PB 12/21, ECLI:DE:BVerwG:2022:040722B5PB12.21.0

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, 1. September 2021, Az: 8 LP 319/21 OVG, Beschluss
vorgehend VG Greifswald, 16. November 2020, Az: 7 A 47/20 HGW

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. September 2021 wird verworfen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer (Landesamt für Finanzen Mecklenburg-Vorpommern) ist nicht beschwerdebefugt. Das Fehlen der Rechtsmittel- bzw. Beschwerdebefugnis führt zur Verwerfung des Rechtsbehelfs als unzulässig.

2

Insoweit kann offenbleiben, ob die Beschwerdebefugnis bereits mangels materieller Beschwer des Beschwerdeführers deshalb fehlt, weil der angefochtene Beschluss die erstinstanzlich erfolgte Feststellung, dass (auch) der Beschwerdeführer verpflichtet sei, der Antragstellerin zu 2 eine in näherem Umfang bezifferte Wegstreckenentschädigung für Fahrten zwischen Wohnort und Dienststelle zu erstatten, aufgehoben und dies mit der mangelnden Beteiligtenfähigkeit des Beschwerdeführers begründet hat. Denn die Beschwerdebefugnis fehlt jedenfalls mangels Beteiligtenbefugnis des Beschwerdeführers.

3

Die Rechtsmittel- bzw. Beschwerdebefugnis folgt auch im Beschlussverfahren der Beteiligungsbefugnis. Deshalb ist nur beschwerdebefugt, wer beteiligungsbefugt ist. Die Beteiligungsbefugnis bzw. Beteiligungsfähigkeit hängt nicht von der Beteiligung durch die Vorinstanzen ab. Beteiligungs- und damit rechtsmittelbefugt kann auch eine von der Vorinstanz nicht beteiligte Stelle sein. Umgekehrt kann ein zu Unrecht zum Verfahren Hinzugezogener, da er die Stellung eines Beteiligten nicht hat, grundsätzlich nicht rechtsmittelbefugt sein. Maßgeblich für die Frage, wer im Beschlussverfahren zu beteiligen ist, ist die gemäß § 87 Abs. 2 PersVG MV entsprechend anzuwendende Regelung des § 83 Abs. 3 ArbGG. Aus deren entsprechender Bezugnahme auf das Personalvertretungsrecht folgt, dass die Beteiligtenstellung materiell-rechtlich determiniert ist und daher nicht vom Willen des Betroffenen oder von Handlungen des Gerichts abhängt. Die Beteiligtenstellung wird mithin weder durch Erklärungen des Antragstellers, wen er als Beteiligten ansehe, noch durch einen Akt des Gerichts begründet. Sie ergibt sich auch ungeachtet der Frage der Rechtsfähigkeit der in Betracht zu ziehenden Stellen allein aus dem materiellen Recht. Die Beteiligtenfähigkeit liegt vor, wenn die im Beschlussverfahren begehrte Entscheidung die sich aus dem Personalvertretungsrecht ergebende Rechtsstellung einer Person oder Stelle unmittelbar berührt. Die Beteiligtenstellung ist in jeder Lage des Verfahrens bis hin zur Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu beachten (BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2016 – 5 PB 10.15 – juris Rn. 2 ff. m. w. N.)

4

Nach diesen Grundsätzen fehlt es dem Beschwerdeführer an der Beteiligten- und demgemäß an der Beschwerdebefugnis. Die im Verfahren in Rede stehende Pflicht, die durch die Tätigkeit des Personalrats oder der von ihm beauftragten Mitglieder zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben entstehenden Kosten (hier Fahrtkosten) zu tragen, besteht nach § 35 Abs. 1 Satz 1 PersVG MV für die jeweilige Dienststelle und berührt deren sich aus dem Personalvertretungsrecht ergebende Rechtsstellung. Der Beschwerdeführer steht hingegen weder aus § 35 Abs. 1 Satz 1 PersVG MV noch einer anderen personalvertretungsrechtlichen Rechtsvorschrift in einer personalvertretungsrechtlichen Rechtsbeziehung zu den Antragstellern (Bezirkspersonalrat und dessen Vorsitzende), namentlich ist er diesen gegenüber nicht personalvertretungsrechtlich zu einer Kostentragung verpflichtet. Die von ihm angeführte Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern über die Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Geschäftsbereich des Finanzministeriums (Amtsblatt M-V 2019, 1029) vermag hieran nichts zu ändern. Unabhängig von seinem Rechtscharakter bestimmt der sog. Vertretungserlass namentlich in den von der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen Ziffern 3.2.1 und 3.2.2 nur, dass dem Beschwerdeführer in den bezeichneten Fällen die rechtsgeschäftliche Vertretung des Landes bzw. dessen Vertretung in Widerspruchsverfahren und Rechtsstreitigkeiten, vor allem auch in Arbeitsgerichtssachen (Ziffer 3.2.2.2), obliegt. Eine sich aus dem Personalvertretungsrecht ergebende Rechtsstellung ist hingegen ebenso wenig Gegenstand des Vertretungserlasses wie überhaupt die Änderung gesetzlicher Zuständigkeiten (vgl. Ziffer 1.1 des Vertretungserlasses). Soweit der Erlass im Übrigen eine Zuständigkeit für die Festsetzung und Anweisung von Leistungen vorsieht, bewegt sich dies außerhalb der Regelung der personalvertretungsrechtlichen Rechtsbeziehungen. Auch die übrigen Ausführungen zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde stellen Vorstehendes nicht in Frage.

5

Ob – wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat – die Beschwerdebefugnis ausnahmsweise anzunehmen ist, wenn im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren eine Entscheidung zu Lasten eines mangels Beteiligungsbefugnis Nichtbeteiligten ergangen ist, weil diese den Rechtsschein von dessen Verpflichtung setzt, bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Fall liegt hier (nicht mehr) vor, nachdem das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich ausgesprochene Verpflichtung des Beschwerdeführers bereits aufgehoben hat.