BPatG München 30. Senat, Beschluss vom 24.03.2022, AZ 30 W (pat) 3/21
Tenor
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2018 220 590
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 24. März 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Dr. Weitzel und des Richters Merzbach
beschlossen:
I. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 03 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Oktober 2020 aufgehoben.
II. Der Widerspruch aus der Marke UM 015 112 923 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Gegen die am 11. Juli 2018 angemeldete und seit dem 21. März 2019 für die Waren
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„Klasse 03: Duftöle; Kosmetika; Körperpflegemittel; Parfümerien, ätherische Öle; Parfümierte Öle für die Hautpflege; Reinigungs- und Duftpräparate; Sonnenöle für kosmetische Zwecke; Öle für kosmetische Zwecke; Öle für Körper- und Schönheitspflege; Öle für Massagezwecke; Öle für Reinigungszwecke; Öle zur Behandlung von Haaren
Klasse 21: Etuis für kosmetische Geräte; Kosmetik- und Toilettenutensilien sowie Badezimmerartikel; Kosmetische Bürsten und Pinsel; Parfümdiffusoren [leer]; Puderdosen [leer]“
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eingetragene Wortmarke 30 2018 220 590
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Coachella
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ist Widerspruch erhoben worden aus der am 16. Februar 2016 angemeldeten und seit dem 25. Juli 2016 u.a. für die Waren und Dienstleistungen
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„Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen, Kappen, Hüte, Bandanas [Tücher für Bekleidungszwecke]; T-Shirts, Sweatshirts, Jogginghosen, Sweater, Sporttrikots, Unterwäsche, Jeanshosen, Pullover, Bomberjacken, Regenanzüge, Windjacken, Überzieher [Bekleidung], Shorts, Jacken, Vliesoberteile, Jerseykleidung, Gürtel, Schärpen, Polohemden, Kittel, Badekleidung, Strickwesten, Mäntel, Hosen, Schürzen, Tanzkleidung, Halstücher; Schuhwaren, Schuhwaren, Stiefel, Trainingsschuhe, Sandalen;
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Klasse 35: Werbung; Marketing und Werbung für Künstler auf dem Gebiet der Musik; Werbung für und Geschäftsführung von Unterhaltungsstätten; Verkaufsförderung und Geschäftsführung in Bezug auf Veranstaltungen und Festivals auf dem Gebiet der darstellenden Kunst; Einzelhandelsdienstleistungen, einschließlich OnlineEinzelhandelsdienstleistungen, in Bezug auf Ton- und Videoaufzeichnungen, Taschen, Bekleidungsstücke, Plakate und Druckereierzeugnisse; Information und Beratung in Bezug auf alle vorstehend genannten Dienstleistungen;
Klasse 41: Organisation, Produktion und Durchführung von Aufführungen und Festivals der darstellenden Künste einschließlich Online-Bereitstellung solcher Dienstleistungen aus einer Computerdatenbank oder über das Internet; Künstlerische und musikalische Unterhaltungsdienstleistungen; Festivaldienstleistungen, Darbietung von Musik, Tanz, Comedy, Theater, Lyrik und Zirkusunterhaltung, einschließlich Bereitstellung solcher Dienstleistungen online aus einer Computerdatenbank oder über das Internet; Durchführung von Veranstaltungen künstlerischer und musikalischer Art; Musikkonzertunterhaltung; Veranstaltung und Produktion von Musikpreisverleihungen; Darbietung und Produktion von Hörfunk- und Fernsehprogrammen; Produktion oder Darbietung von Tonaufzeichnungen, Bildaufzeichnungen, Videos, Filmen, Konzerten und Shows; Betrieb von Tonstudios; Produktion oder Koproduktion von Unterhaltungsveranstaltungen oder Konzerten; Aufzeichnungen und Produktionen; Unterhaltung; Live-Musik; Bereitstellung von Vergnügungseinrichtungen; Betrieb von Nachtklubs; Kulturelle und sportliche Aktivitäten; Musik- und Textveröffentlichungen; Bereitstellung von Musik und visueller Unterhaltung online aus einer Computerdatenbank oder über das Internet; Bereitstellen von digitaler Musik aus dem Internet; Betrieb von Unterhaltungseinrichtungen; Ausstellung von Konzertkarten; Organisation und Veranstaltung von Konzerten; Information und Beratung in Bezug auf alle vorstehend genannten Dienstleistungen“
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registrierten Wort-/Bildmarke UM 015 112 923
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wobei der Widerspruch allein aus den für die Widerspruchsmarke zu den Klassen 25 und 35 registrierten Waren und Dienstleistungen erhoben ist und sich sowohl auf den Löschungsgrund der Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2MarkenGals auch auf den Löschungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG stützt.
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Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 03 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2020 auf den Widerspruch aus der Unionsmarke 015 112 923 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da zwischen den Vergleichszeichen Verwechslungsgefahr bestehe.
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Die Widerspruchsmarke verfüge über eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Soweit der Wortbestandteil „Coachella“ eine kleine Stadt im US-Bundesstaat Kalifornien bezeichne, sei dies dem Großteil der angesprochenen Verkehrskreise völlig unbekannt. Diese würden die Bezeichnung daher als reinen Phantasiebegriff verstehen. Ob die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke darüber hinaus erhöht sei, könne offenbleiben, da die zu vergleichenden Marken klanglich identisch seien und eine Verwechslungsgefahr somit nur beim Fehlen jeglicher Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ausgeschlossen werden könne. Dies sei jedoch nicht der Fall. Vielmehr wiesen die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klassen 03 und 21 jedenfalls zu den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 25 beanspruchten Waren eine zumindest entfernte Ähnlichkeit auf.
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Maßgebend dafür sei, dass eine gewisse Branchenübung dahingehend bestehe, dass die Vergleichswaren durch dieselben Unternehmen hergestellt und vertrieben würden. So böten jedenfalls Hersteller preislich gehobener Bekleidungsstücke (einschließlich Schuhe) regelmäßig unter denselben Marken auch Kosmetikprodukte an. Marken wie Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Lacoste, Puma, Hugo Boss, Yves Saint Laurent, Dior, Chanel, Paco Rabanne, Jean Paul Gaultier, DKNY, Reebok, Adidas oder Armani würden auch als Kennzeichnungsmittel (teilweise in Verbindung mit weiteren Submarken der Hersteller) für Parfüms und Körperlotionen (auch in Form von Duft- und Sonnenölen), Duschgels, Haar- und Bartpflegeprodukte sowie Gesichtspuder und andere Kosmetikprodukte, die jeweils von den beanspruchten Warenbegriffen der Klasse 03 erfasst würden, verwendet.
Ebenso böten diese Unternehmen eigene Handtücher und Waschlappen, aber auch Kosmetiktaschen bzw. Kulturbeutel unter diesen Marken an. Diese ließen sich unter die von der angegriffenen Marke zu Klasse 21 beanspruchten Warenbegriffe „Etuis für kosmetische Geräte; Kosmetik- und Toilettenutensilien sowie Badezimmerartikel“ einordnen. Sofern unter der Marke u.a. Gesichtspuder vertrieben würde, würden diese Produkte auch zusammen mit kosmetischen Bürsten und Pinseln angeboten.
Zudem sei der Verkehr in der Modebranche daran gewöhnt, dass Mode und Kosmetika unter derselben Marke in einem Geschäft nebeneinander angeboten würden, so dass auch Gemeinsamkeiten in den Vertriebsstätten bestünden. Schließlich lasse sich auch nicht jede Ähnlichkeit zu leeren Parfümdiffusoren und Puderdosen verneinen, da diese Waren beim Verkauf der o.g. Kosmetik- und Pflegeprodukte genutzt würden. Aufgrund der dargestellten Umstände könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der angesprochene Verkehr zu der Vorstellung gelange, die wechselseitigen Waren unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, wenn diese mit identischen Marken gekennzeichnet seien und der Widerspruchsmarke dabei ein höchst denkbarer Schutzumfang zukomme.
Aus den genannten Gründen sei die Marke gemäß §§ 42 Abs. 1, 2 Nr. 1, 43 Abs. 2, 9 Abs. 1 Nr. 2, 125b MarkenG zu löschen, ohne dass es einer Klärung bedürfe, ob darüber hinaus auch ein Löschungsgrund nach §§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 125b MarkenG vorliege.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass eine Verwechslungsgefahr i. S. d.§
9 Abs.
1 Nr.
2 MarkenGbereits wegen völliger Unähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren ausscheide.
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Die von der angegriffenen Marke zu Klasse 3 beanspruchten Waren „nicht medizinische Kosmetika und Mittel für Körper und Schönheitspflege, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Parfums, Duftstoffe, etc.“ und die für die Widerspruchsmarke in der Klasse 25 registrierten „Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen und Schuhwaren“ wiesen keine Gemeinsamkeiten in Beschaffenheit und Verwendungszweck auf. So bestehe die Hauptfunktion von Kleidungsstücken darin, den menschlichen Körper zu bedecken und vor Witterungseinflüssen zu schützen, während die Waren der Klasse 3 der Körper- und Schönheitspflege bzw. dem Zweck, dem menschlichen Körper einen langanhaltenden Duft zu verleihen, dienten. Sie würden auch nicht von denselben Unternehmen hergestellt sowie in unterschiedlichen Vertriebsstätten angeboten, so dass auch insoweit keinerlei Berührungspunkte bestünden, die dem Verkehr Anlass geben könnten, auf eine gemeinsame betriebliche Ursprungsidentität zu schließen.
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Diese Warenunähnlichkeit werde entgegen der Auffassung der Markenstelle auch nicht dadurch überwunden, dass Hersteller preislich gehobener Bekleidungsstücke gelegentlich unter derselben Marke auch Parfums sowie Kosmetik- und Pflegeprodukte und ähnliches anböten. Denn bei den von der Markenstelle dazu benannten Produktmarken Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Lacoste, Puma, Hugo Boss, Yves Saint Laurent, Dior, Chanel, Paco Rabanne, Jean Paul Gaultier, DKNY, Reebok, Adidas oder Armani handele es sich um vereinzelte Ausnahmefälle berühmter Marken, die nicht den Regelfall repräsentierten. Bei der Widerspruchsmarke handle es sich jedoch nicht um eine bekannte Marke eines erfolgreichen Modedesigners. Zudem würden die entsprechenden Kosmetik-Produkte nicht von den betreffenden bekannten Bekleidungsherstellern selbst hergestellt, sondern stets an Hersteller entsprechender Kosmetikprodukte lizenziert.
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Eine solche bei bekannten Marken branchenübliche Lizenzierungspraxis führe indes nicht zur Ähnlichkeit der Waren und sei daher nicht geeignet, eine bestehende (absolute) Warenunähnlichkeit zu überwinden.
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Soweit auch in diesen Fällen ausnahmsweise eine Warenähnlichkeit in Betracht komme, wenn es sich um funktionsverwandte Produkte handele, bei denen der Verkehr nicht nur von einem Imagetransfer, sondern auch von einem Know-how-Transfer ausgehe, lägen diese Voraussetzungen hier nicht vor.
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Auch die von der angegriffenen Marke zu Klasse 21 beanspruchten Waren „Etuis für kosmetische Geräte, Kosmetik- und Toilettenutensilien sowie Badezimmerartikel; Kosmetische Bürsten und Pinsel; Parfümdiffusoren [leer]; Puderdosen [leer]“ wiesen mit den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 25 registrierten Waren nach Art und Verwendungszweck keine relevanten Berührungspunkte auf. Sie würden zudem in der Regel von unterschiedlichen Unternehmen hergestellt/angeboten, nutzten unterschiedliche Vertriebskanäle und richteten sich auch an unterschiedliche Verbraucher. Sie seien weder komplementär noch stünden sie im Wettbewerb. Die vom Amt zitierten Beispiele beträfen auch hier lediglich vereinzelte Ausnahmefälle berühmter Marken und seien daher nicht geeignet, eine bestehende (absolute) Warenunähnlichkeit zu überwinden.
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Die hier infrage stehenden Waren der Klassen 21 und 25 seien daher unähnlich, was auch im Verhältnis zwischen den verfahrensgegenständlichen Waren der angegriffenen Marke und den weiteren für die Widerspruchsmarke registrierten Waren der Klassen 9, 16 sowie den Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 gelte.
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Der Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 03 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Oktober 2020 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke UM 015 112 923 zurückzuweisen.
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Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.
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Mit Schreiben vom 2. Februar 2022 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass seitens des Senats am 24. März 2022 über die Sache beraten und entschieden werden soll.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache Erfolg. Eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken nach §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 125 b MarkenG scheidet bereits deshalb aus, weil es an einer Ähnlichkeit zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und den für die Widerspruchsmarke registrierten Waren fehlt.
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A. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 MarkenG).
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B. Die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; BGH GRUR 2020, 870 Rn. 25 – Injekt/Injex; GRUR 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2016, 283 Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. Rn. 48 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; BGH a. a. O. Rn. 25 – INJEKT/INJEX).
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C. Ausgehend davon scheidet eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken bereits mangels Ähnlichkeit zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und den für die Widerspruchsmarke in den Klassen 25 und 35 registrierten Waren und Dienstleistungen aus.
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1. Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGHGRUR-RR 2009,
356 Rn.
65 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2014, 488 Rn. 12 DESPERADOS/ DESPERADO; GRUR 2015,
176 Rn.
16 – ZOOM).
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Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH ist davon auszugehen, dass es eine absolute Grenze der Warenähnlichkeit gibt, die auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft überschritten werden kann (vgl. EuGH, GRUR 1998,
922 – Canon; BGH, GRUR 2006,
941 Rn.
13 – TOSCA BLU; GRUR 2007,
321 Rn.
10 COHIBA; GRUR 2008, 714 Rn. 32 – idw; GRUR 2011, 831 Rn. 23 – BCC, mwN). Von Warenunähnlichkeit kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH, GRUR 2001,
507 [
508] – EVIAN/REVIAN; GRUR 2004, 594, 596 – Ferrari-Pferd; GRUR 2006,
941 Rn.
13 – TOSCA BLU; GRUR 2012,
1145 Rn.
34 – Pelikan BGH GRUR 2014, 488 Rn. 12 DESPERADOS/ DESPERADO; GRUR 2015,
176 Rn.
16 – ZOOM).Eine Ähnlichkeit ist folglich zu verneinen, wenn sich nicht ergibt, dass das Publikum auch bei großer Bekanntheit der älteren Marke und bei unterstellter Zeichenidentität glauben könnte, dass die betreffenden Waren aus demselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Aufl., § 9 Rdnr. 63 m.w.Nachw.).
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2. Davon ist vorliegend auszugehen, da zwischen den miteinander zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen nach den für eine Ähnlichkeit maßgeblichen Kriterien wie Herstellern/Erbringern, Art, Zweck, Vertriebswegen und Kundenkreisen keine wirtschaftlichen Berührungspunkte zu erkennen sind, die dem Verkehr Anlass zu der Annahme einer gemeinsamen betrieblichen Herkunfts-verantwortung böten.
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a. So sind zunächst die von der angegriffenen Marke zu Klasse 03 beanspruchten Körperpflegemittel und Kosmetika und die für die Widerspruchsmarke in Klasse 25 eingetragenen Bekleidungswaren nicht als ähnlich anzusehen.
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aa. Denn sowohl ihrer Art als auch ihrem Verwendungszweck oder ihrer Nutzung nach sind sie offenkundig verschieden. Körperpflegemittel und Kosmetika und Bekleidung stammen im Allgemeinen nicht aus denselben Herkunftsstätten und werden auch nicht unter der Qualitätskontrolle eines Unternehmens erzeugt. Auch im Vertrieb kommen sich diese Waren nicht so nahe, dass der Verkehr auf dieselbe Herkunft oder doch zumindest auf eine die Qualität des Produkts berücksichtigende Kontrolle schließen würde.
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bb. Das Bestehen eines ästhetischen Ergänzungsverhältnisses zwischen den fraglichen Produkten genügt allein nicht, um das Bestehen einer Ähnlichkeit zwischen den Produkten zu bejahen (EuG GRUR-RR 2007,
347 – TOSCA/TOSCA BLU). Solche Berührungspunkte, die letztendlich alle Modeartikel aufweisen, reichen für die Begründung einer Warenähnlichkeit nicht aus. Es muss sich vielmehr um ein echtes ästhetisches Bedürfnis in dem Sinne handeln, dass die eine Ware für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist und es die Verbraucher demzufolge als üblich und normal empfinden, die fraglichen Produkte zusammen zu benutzen. Dies setzt voraus, dass die Verbraucher die Vermarktung dieser Waren unter derselben Marke als gängig ansehen, was normalerweise impliziert, dass die jeweiligen Hersteller oder Händler der Produkte größtenteils dieselben sind (EuG,
aaO Rn. 37 – TOSCA/TOSCA-BLU). Dies ist bei den sich hier gegenüberstehenden Waren jedoch nicht der Fall.
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Das Angebot von Kosmetika und/oder Körperpflegeprodukten unter dem Zeichen von Bekleidungsherstellern ist auf den Premiummarkt beschränkt – wie es bei den von der Markenstelle beispielhaft benannten bekannten Marken Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Lacoste, Puma, Hugo Boss, Yves Saint Laurent, Dior, Chanel, Paco Rabanne, Jean Paul Gaultier, DKNY, Reebok, Adidas oder Armani der Fall ist – und erfolgt zudem nur einseitig. Denn die namhaften Hersteller von Kosmetik und Körperpflegeprodukten bieten unter ihren Zeichen keine Bekleidung an.
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Dem Verkehr ist dabei bekannt – wie die Inhaberin der angegriffenen Marke bereits vor der Markenstelle unwidersprochen vorgetragen hat -, dass die entsprechenden Kosmetik-Produkte von den betreffenden bekannten Bekleidungsherstellern nicht selbst hergestellt, sondern die Marken stets an Hersteller entsprechender Kosmetikprodukte lizenziert werden und daher unter der bekannten (Bekleidungs-)Marke lediglich vermarktet werden.
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Eine Lizenzierungspraxis führt jedoch nicht zur Ähnlichkeit der Waren. Die ständige Übung der Modebranche, für andere Produkte Lizenzen zu vergeben, ist nicht geeignet, eine bestehende (absolute) Warenunähnlichkeit zu überwinden (BGH, GRUR 2006,
941 Rn.
12 – TOSCA BLU). Eine solche Praxis beruht auf der Erfahrung, dass sich die positiven Assoziationen, die bekannte, als exklusiv geltende Marken erwecken, auch für völlig andere Produkte nutzbar machen lassen. Diese Verwertungsmöglichkeit steht durchaus unter dem Schutz des Markenrechts, das die Wertschätzung und die Unterscheidungskraft bekannter Marken auch außerhalb der Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit vor einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung schützt (§§ 9 Abs. 1 Nr. 3,
14 Abs. 2 Satz 1 Nr.
3 MarkenG). Sie bestimmt aber nicht die Grenzen der Warenähnlichkeit. Durch die Erteilung von Vermarktungsrechten zum Zwecke der Verkaufsförderung bleibt der Warenähnlichkeitsbereich grundsätzlich unberührt (BGH, GRUR 2021, 724 Nr. 48 – PEARL/PURE PEARL; GRUR 2006,
941 Rn.
14 – TOSCA BLU). Eine derartige Vertriebspraxis kann lediglich im Grenzbereich der Warenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr begründen, wenn es sich um funktionsverwandte Produkte handelt, bei denen der Verkehr nicht nur von einem Imagetransfer, sondern auch von einem Know-how-Transfer ausgeht (BGH, GRUR 2021, 724 Nr. 49 – PEARL/PURE PEARL; GRUR 2015,
176 Rn.
20 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2006,
941 Rn.
14 – TOSCA BLU).
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Eine Tätigkeit als Bekleidungshersteller qualifiziert jedoch in keiner Weise zur Herstellung oder zur Kontrolle der Herstellung von Kosmetika und/oder Körperpflegeprodukten. Das dort erworbene Know-how lässt sich auf die Herstellung dieser Waren nicht übertragen.
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b. Ebenso sind die von der angegriffenen Marke zu Klasse 21 beanspruchten Waren den Waren der Klasse 25 der Widerspruchsmarke unähnlich. Denn auch insoweit besteht für den Verkehr kein Anlass für die Annahme, sie stammten aus denselben oder miteinander verbundenen Unternehmen, weil sie aus verschiedenen Stoffen bestehen, völlig verschieden hergestellt werden und aus unterschiedlichen Betrieben stammen. Soweit sie sich im Einzelfall als Modeartikel ergänzen können und insoweit auch im sog. Premiummarkt ein (lizensierter) Vertrieb dieser Waren unter bekannten Marken von Herstellern von Bekleidungsprodukten erfolgen sollte, begründet dies aus den vorgenannten Gründen ebenfalls keine Ähnlichkeit.
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c. Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch eine Ähnlichkeit zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 35 registrierten Online-Einzelhandelsdienstleistungen von vornherein aus. Ebenso bestehen hinsichtlich der übrigen zu dieser Klasse für die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistungen keinerlei Berührungspunkte, die dem Verkehr Anlass zur Annahme einer gemeinsamen betrieblichen Ursprungsidentität dieser Waren und Dienstleistungen geben könnten.
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3. Eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG scheidet damit bereits wegen Unähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen aus.
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C. Eine Löschung der angegriffenen Marke kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Bekanntheitsschutzes der Widerspruchsmarke nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG in Betracht.
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Dem steht bereits entgegen, dass die vor der Markenstelle unter Vorlage einer Vielzahl von Belegen geltend gemachte Bekanntheit der den Wortbestandteil der Widerspruchsmarke bildenden Bezeichnung „Coachella“ als Bezeichnung eines in den USA stattfindenden Musikfestivals allenfalls zu einem Bekanntheitsschutz der Widerspruchsmarke für die zu Klasse 41 registrierten (Veranstaltungs- und Organisations-)Dienstleistungen führen kann. Diese Dienstleistungen sind aber nicht verfahrensgegenständlich, da der Widerspruch ausdrücklich nur auf die Waren und Dienstleistungen der Klassen 25 und 35 gestützt worden ist. Da der Sonderschutz nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG eine Bekanntheit der Marke als Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren oder Dienstleistungen erfordert (vgl. BGH, GRUR 2015, 1214 Nr. 20 – Goldbären; 2004,
235 [
238] – Davidoff II), scheidet dieser von vornherein aus, wenn – wie hier – die betreffenden Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke unter Umständen Bekanntheit genießt, nicht verfahrensgegenständlich sind.
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Dass eine bekannte Bezeichnung eines Musikfestivals dadurch auch zu einer bekannten Bekleidungsmarke wird und sich daher auch auf die zu Klasse 25 registrierten Waren der Widerspruchsmarke erstreckt, ist nicht ersichtlich. Entsprechendes gilt in Bezug auf die für die Widerspruchsmarke zu Klasse 35 eingetragenen Dienstleistungen.
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D. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.