BPatG München 25. Senat, Beschluss vom 02.03.2022, AZ 25 W (pat) 45/20, ECLI:DE:BPatG:2021:020322B25Wpat45.20.0
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 024 629.0
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Kriener sowie der Richterin k. A. Fehlhammer
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2019 und 14. August 2020 aufgehoben, soweit die Anmeldung für folgende Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:
Klasse 35:
Büroarbeiten;
Klasse 36:
Versicherungswesen; Immobilienwesen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Bezeichnung
2
GREENFOOD
3
ist am 29. August 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
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Klasse 30:
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Aromastoffe [pflanzliche], für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Backpulver; Backwaren [fein]; Biskuits; Bonbons; Brauselutscher; Brioches [Gebäck]; Brot; Brötchen; Butterkekse; Cornflakes; diätetische Nahrungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlenhydraten, unter der Beigabe von Ballaststoffen und Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; Eiscreme; Eistee; Erdnusskonfekt; Fondants [Konfekt]; Fruchtgummi; Fruchtsaucen; Gebäck; Geleefrüchte [Süßwaren]; Getränke auf der Basis von Tee; Grütze für Nahrungszwecke; Gewürze; Honig; Joghurteis [Speiseeis]; Kaffee; Kakao; Kakaoerzeugnisse; Kakaogetränke; Kandiszucker für Speisezwecke; Karamellen; Kaugummi [nicht für medizinische Zwecke]; Kekse; Kleingebäck; Konditorwaren; Konfekt; Kräcker [Gebäck]; Kuchen; Kuchenmischungen [pulverförmig]; Lakritz [Süßwaren]; Lakritzenstangen [Süßwaren]; Lebkuchen; Lutscher; Makronen [Gebäck]; Maltose; Mandelkonfekt; Marzipan; Milchschokolade [Getränk]; Pastillen [Süßwaren]; Petits Fours [Gebäck]; Pfefferminz für Konfekt; Pudding; Puffmais; Schleckbrause [Süßwaren]; Schokolade; Schokoladegetränke; Sorbets [Speiseeis]; Speiseeis; Süßwaren; Schaumgummi[Süßwaren]; Traubenzucker [für Nahrungszwecke] sowohl lose als auch als Komprimat; Waffeln; Weingummi; Zuckermandeln; Zuckerwaren; Zuckerwaren als Christbaumschmuck; Zwieback;
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Klasse 35:
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Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Dienstleistungen des Einzelhandels über das Internet in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Dienstleistungen des Großhandels über das Internet in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Sponsoring für Verkaufsförderungszwecke; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken;
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Klasse 36:
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Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Abwickeln von Geschäften mit Anleihen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Erfinder; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Forschungsinstitutionen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Wirtschaftsinstitutionen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Unternehmen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für nicht gewinnorientierte Organisationen; Beteiligungsfinanzierung; Dienstleistungen eines Maklers für Beteiligungen oder Fonds oder andere Wertpapiere; Dienstleistungen im Bereich der Finanzierung; Erstellung von Finanzanalysen für Anleihemärkte; Finanzielles Sponsoring; Finanzierungen; Finanzierungsberatung; Finanzierungsgeschäfte; Finanzierungsvermittlung; Finanzierung in Bezug auf Unternehmenskäufe, -verkäufe; Finanzierung von Entwicklungsprojekten; Finanzierung von geschäftlichen Vorhaben; Finanzierung von gewerblichen Aktivitäten; Finanzierung von Projekten; Finanzierung von sich entwickelnden und neu gegründeten Unternehmen; Finanzierung von Unternehmen; Finanzierung von Unternehmensübernahmen; Fondanlagedienstleistungen; Fondsvermögensanlagedienste; Fondverwaltung; Fondsanlagedienstleistungen; Investmentgeschäfte; Investmentgeschäfte bezüglich Fonds; Treuhandverwaltung von Fondsvermögen; Vermittlung von Anleihen; Verwaltung von Fonds;
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Klasse 43:
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Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Verpflegung von Gästen in Cafés; Verpflegung von Gästen in Cafeterias; Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in Schnellimbissrestaurants [Snackbars].
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Die Anmeldung wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 30 2016 024 629.0 geführt.
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Mit Beschlüssen vom 26. Juni 2019 und 14 August 2020, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung vollumfänglich wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen und ausgeführt, dass sich die Kombination „GREENFOOD“ aus den verständlichen englischen Wörtern „FOOD“ für „Nahrung, Lebensmittel, Essen, Ernährung“ und „GREEN“ für „grün, frisch, saftfrisch“ zusammensetze. Damit könne sie als Hinweis auf grünes Essen bzw. grüne Nahrungsmittel verstanden werden, weil der Bestandteil „GREEN“ mit grünem (chlorophyllhaltigem) Obst und Gemüse in Verbindung gebracht werde. Daneben sei „grün“ auch ein Synonym für „dem Umweltschutz verpflichtet“. Insgesamt stelle die angemeldete Marke eine unmittelbar beschreibende Angabe dar, da sie zum Ausdruck bringe, dass die beanspruchten Waren grüne (chlorophyllhaltige) bzw. frische/rohe Lebensmittel seien bzw. Teile davon enthielten oder unter ökologischen Gesichtspunkten produziert bzw. zubereitet würden. Des Weiteren vermittle die Wortzusammensetzung „GREENFOOD“ die Sachaussage, dass die beanspruchten Dienstleistungen für grüne/frische/ökologische/umweltbewusste Nahrung/Lebensmittel erbracht würden oder damit in engem Sachzusammenhang stünden. Die angesprochenen Verkehrskreise würden der Bezeichnung „GREENFOOD“ deshalb keinen individualisierenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnehmen. Zusammenfassend sei festzustellen, dass ihre werblich anpreisende und beschreibende Wirkung im Vordergrund stehe.
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Gegen die Zurückweisung der Anmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sie damit begründet, dass es mehrerer gedanklicher Zwischenschritte bedürfe, um dem Anmeldezeichen eine Sachaussage entnehmen zu können. Die Wortkombination „GREENFOOD“ sei so allgemein und unspezifisch gefasst, dass die unterschiedlichsten Aspekte sowie Umstände angesprochen sein könnten und somit verschiedene Verständnismöglichkeiten in Betracht kämen. Selbst die Markenstelle habe in ihrer Argumentation abwechselnd darauf abgestellt, dass das Zeichen Pflanzen mit hohem Chlorophyllgehalt, frische/rohe Lebensmittel, Nahrungsmittel in grüner Farbe oder Lebensmittel beschreibe, die unter umweltfreundlichen Bedingungen produziert würden. Da das Adjektiv „GREEN“ mithin mehrere Bedeutungen aufweise, könne dem Anmeldezeichen nicht ohne Weiteres ein beschreibender Sinngehalt entnommen werden. Zudem bezeichne der Bestandteil „FOOD“ nur Produkteder Grundversorgung, so dass einige angemeldete Waren nicht von ihm erfasst würden. Schließlich seien die angegriffenen Beschlüsse bereits deshalb aufzuheben, weil sie an dem formalen Fehler litten, dass entgegen der Vorgabe der Richtlinie 89/104/EWG nicht konkret auf die einzelnen Waren und Dienstleistungen eingegangen worden sei.
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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,
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die Beschlüsse vom 26. Juni 2019 und vom 14. August 2020 aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, den rechtlichen Hinweis des Senats vom 18. März 2021 nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2021 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache weitgehend ohne Erfolg.
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1. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „GREENFOOD“ als Marke steht in Bezug auf die meisten beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 30, 35, 36 und 43 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke insoweit die Eintragung zu Recht versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 –; FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH MarkenR 2010, 439 Rn. 41 bis 57 – Flugbörse).
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Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH, a. a. O. – Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH, a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).
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Gemessen an diesen Maßstäben kann dem zur Eintragung angemeldeten Zeichen „GREENFOOD“ für den Großteil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft zugebilligt werden, weil es zu ihnen aus Sicht des angesprochenen Verkehrs, der aus den breiten, allgemeinen Verkehrskreisen der Verbraucher sowie hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 auch aus unternehmerischen Fachkreisen besteht, zumindest einen engen beschreibenden Bezug aufweist.
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b) Das Anmeldezeichen setzt sich zusammen aus den zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern „green“ und „food“. Dem Adjektiv „green“, zu Deutsch „grün“, kommt neben seiner Bedeutung als Farbangabe auch die Bedeutung „umweltfreundlich, ökologisch“ zu (vgl. PONS Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Auflage, 2008). In diesem Sinne wird es nahezu branchenübergreifend verwendet, um darauf hinzuweisen, dass so bezeichnete Produkte oder Dienstleistungen umweltfreundlich/ökologisch hergestellt bzw. erbracht werden, aus umweltfreundlichen/ökologischen Materialien bestehen oder sich bei ihrem Einsatz und Gebrauch als umweltfreundlich/ökologisch erweisen (vgl. BPatG 28 W (pat) 533/12 – Green Now; 26 W (pat) 522/11 – Surf.GREEN; 27 W (pat) 174/99 – GREEN LABEL; 28 W (pat) 91/12 – GREEN POWER MOTOR; 27 W (pat) 524/15 – start green). Das Substantiv „food“ wird mit „Essen, Lebensmittel, Speise, Ernährung, Nahrungsmittel“ ins Deutsche übersetzt (vgl. Eintrag im Online-Wörterbuch „www.leo.org“), wobei es entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht auf Produkte der Grundversorgung beschränkt ist. Beide Begriffe sind den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres verständlich. In seiner Gesamtheit bedeutet das Anmeldezeichen mithin „ökologische(s) Lebensmittel“ bzw. „umweltfreundliche(s) Nahrungsmittel“.
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c) Wie die Recherchen des Senats ergeben haben, wurde der Begriff „Greenfood“ bereits lange vor dem Anmeldezeitpunkt am 29. August 2016 umfangreich in beschreibender Weise in Zusammenhang mit umweltfreundlich oder nachhaltig produzierten Lebensmitteln gebraucht. Daran hat sich bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde nichts geändert. So gibt es zum einen zahlreiche Initiativen, Studien und Projekte, die die Produktion und den Verbrauch von Greenfood fördern und finanzieren (vgl. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 18. März 2021: „Green Food Cluster“ der Hochschule Fulda, Geschäftskonzept „Green Food Consults“ oder Projekte wie „Lean and Green food“ der EU, „Green food project“ in Großbritannien und „Green Food Development Center“ in China). Zum anderen wird diese Bezeichnung im Rahmen des Verkaufs von Lebensmitteln oder in der Gastronomie verwendet (vgl. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 18. März 2021: „Green Food Take Away“ oder „Burger Green Food Truck – die gesunde hausgemachte Alternative“).
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d) Unter Zugrundelegung der eben dargestellten Bedeutungen kommt dem Anmeldezeichen in Verbindung mit den meisten beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht die notwendige Unterscheidungskraft zu:
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(1) Die in Klasse 30 beanspruchten Lebensmittel können umweltfreundlich hergestellt sein oder Zutaten aus ökologischem Anbau enthalten. Dies gilt auch für die von der Anmelderin besonders erwähnten Waren „Aromastoffe“, „Kaugummi“ und „Schaumgummi“. Selbst diese Produkte können aus biologisch gewonnenen Ausgangsstoffen, wie etwa Bio-Zimt oder Bio-Zucker, bestehen. Insoweit vermittelt das Anmeldezeichen auch diesbezüglich nur einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt.
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(2) Im Rahmen der in Klasse 43 beanspruchten Verpflegungsdienstleistungen können ökologisch hergestellte Lebensmittel insbesondere auf die Gesundheit und/oder die Umwelt achtenden Gästen angeboten werden. Da die „Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen“ regelmäßig Verpflegung mit umfassen, und sei es nur in Form des Frühstücks, weist das Anmeldezeichen zu allen Dienstleistungen der Klasse 43 einen ausreichend engen Sachbezug auf.
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(3) Entsprechendes gilt für
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„Dienstleistungen des Einzelhandels über das Internet in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Dienstleistungen des Großhandels über das Internet in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Lebensmittel und Getränke; Sponsoring für Verkaufsförderungszwecke; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken“ (Klasse 35).
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Es besteht eine funktionelle Nähe dieser Tätigkeiten zu den Waren, mit denen Handel getrieben wird oder die gesponsert bzw. zusammengestellt werden. Bei diesen Waren kann es sich um umweltfreundlich produzierte Lebensmittel in fester, weicher oder flüssiger Form handeln. Insofern weist „GREENFOOD“ auf den Gegenstand der besagten Dienstleistungen hin (vgl. auch BPatG 26 W (pat) 501/16 – S&P Salt&Pepper; 29 W (pat) 505/10 – klebewelten.de; 29 W (pat) 525/10 – fashion.de; 29 W (pat) 41/12 – CAMOMILLA; 26 W (pat) 49/14 – matratzendirekt).
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Für die in Klasse 35 ebenfalls beanspruchte Dienstleistung
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„Werbung“
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eignet sich das Zeichen „GREENFOOD“ wegen der Größe des Ökonahrungsmittelsektors zur Benennung des Tätigkeitsfeldes einer bestimmten Werbebranche (vgl. BGH GRUR 2009, 949 –; My World; BPatG 29 W (pat) 43/18 – Trust your Farmer). Dementsprechend konnte der Senat Marketingagenturen ermitteln, die ihr Tätigkeitsfeld mit Begriffen wie „Öko-Marketing“ oder „Nachhaltiges Marketing“umschreiben (vgl. Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis vom 18. März 2021).
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Ebenso werden die Dienstleistungen „Geschäftsführung“ und „Unternehmensverwaltung“ nach ihrer thematischen Ausrichtung auf einzelne Branchen beschrieben, so dass „GREENFOOD“ auch insoweit nur die Art und den Einsatzbereich der so bezeichneten Tätigkeiten zum Ausdruck bringt.
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(4) In Verbindung mit den Finanzdienstleistungen der Klasse 36
36
„Finanzwesen; Geldgeschäfte; Abwickeln von Geschäften mit Anleihen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Erfinder; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Forschungsinstitutionen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Wirtschaftsinstitutionen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für Unternehmen; Bereitstellung von Beteiligungskapital für nicht gewinnorientierte Organisationen; Beteiligungsfinanzierung; Dienstleistungen eines Maklers für Beteiligungen oder Fonds oder andere Wertpapiere; Dienstleistungen im Bereich der Finanzierung; Erstellung von Finanzanalysen für Anleihemärkte; Finanzielles Sponsoring; Finanzierungen; Finanzierungsberatung; Finanzierungsgeschäfte; Finanzierungsvermittlung; Finanzierung in Bezug auf Unternehmenskäufe, -verkäufe; Finanzierung von Entwicklungsprojekten; Finanzierung von geschäftlichen Vorhaben; Finanzierung von gewerblichen Aktivitäten; Finanzierung von Projekten; Finanzierung von sich entwickelnden und neu gegründeten Unternehmen; Finanzierung von Unternehmen; Finanzierung von Unternehmensübernahmen; Fondanlagedienstleistungen; Fondsvermögensanlagedienste; Fondverwaltung; Fondsanlagedienstleistungen; Investmentgeschäfte; Investmentgeschäfte bezüglich Fonds; Treuhandverwaltung von Fondsvermögen; Vermittlung von Anleihen; Verwaltung von Fonds“
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macht das in Rede stehende Zeichen schlagwortartig deutlich, dass diese die umweltfreundliche Produktion von Nahrungsmitteln zum Gegenstand haben bzw. sich an Unternehmen der Ökonahrungsmittelbranche richten. Beispielsweise können gezielt entsprechende Betriebe und Projekte finanziert werden. Ausweislich der Recherchen des Senats gibt es zudem Investmentfonds, die auf Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie im Allgemeinen, aber auch auf umweltfreundlich und nachhaltig produzierende Unternehmen im Besonderen spezialisiert sind und dementsprechend in nachhaltig hergestellte Lebensmittel investieren (vgl. Übersicht über „Aktienfonds Ökologie/Nachhaltigkeit“ als Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis vom 18. März 2021).
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e) Dass der Begriff „GREENFOOD“ nicht konkret benennt, welche ökologischen Gesichtspunkte und in welchem Ausmaß bei der Produktion der so bezeichneten Nahrungsmittel Berücksichtigung finden, verhilft ihm nicht zur Schutzfähigkeit. Denn auch relativ vage und allgemeine Aussagen können als eine an die angesprochenen Verkehrskreise gerichtete Sachinformation zu bewerten sein. Insbesondere dann, wenn sie sich – wie hier – auf einen ganzen Wirtschaftsbereich beziehen, ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe unvermeidbar, um den gewünschten, möglichst breiten Bereich von Waren und Dienstleistungen beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2008, 900 Rn. 13 – SPA II; GRUR 2009, 952 Rn. 17 – Willkommen im Leben; BPatG 24 W (pat) 532/14 – Futuring).
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2. Lediglich in Verbindung mit den Dienstleistungen „Büroarbeiten“ (Klasse 35) und „Versicherungswesen; Immobilienwesen“ (Klasse 36) kann nicht festgestellt werden, dass dem Anmeldezeichen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, so dass die Zurückweisungsbeschlüsse in diesem Umfang aufzuheben waren. Diese Tätigkeiten weisen weder selbst unmittelbare Bezüge zur Lebensmittelproduktion auf, noch ist erkennbar, dass sie speziell Herstellern umweltfreundlich produzierter Nahrungsmittel angeboten und mit dem schlagwortartigen Ausdruck „GREENFOOD“ beschrieben würden. Damit besteht kein hinreichend enger Sachzusammenhang, der darauf schließen ließe, dass der angesprochene Verkehr das Anmeldezeichen insoweit unmittelbar und ohne gedankliche Zwischenschritte ausschließlich als beschreibenden Sach- und nicht zumindest auch als Herkunftshinweis versteht.