BVerwG 7. Senat, Beschluss vom 11.02.2022, AZ 7 B 9/21, ECLI:DE:BVerwG:2022:110222B7B9.21.0
Verfahrensgang
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 30. November 2020, Az: 22 A 19.40034, 22 A 19.40036, Urteil
Tenor
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. November 2020 werden zurückgewiesen.
Der Kläger zu 1 und die Kläger zu 2 und 3 als Gesamtschuldner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen jeweils zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1
Die Kläger wenden sich gegen eine mit Beschluss der Regierung von Schwaben vom 30. August 2019 planfestgestellte Verlängerung einer Straßenbahnstrecke.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klagen abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richten sich die Beschwerden der Kläger.
II
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Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO gestützten Beschwerden haben keinen Erfolg.
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1. Die Revision ist nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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Grundsätzlich bedeutsam in diesem Sinne ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden, dass und inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 <91> und vom 22. Oktober 2021 – 7 BN 1.20 – juris Rn. 5). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
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a) Die Kläger messen der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,
„Ob und inwieweit das Beteiligungsverfahren des § 73 VwVfG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens iVm § 9 UVPG aF (nachfolgend §§ 18-22 UVPG) bei UVP-pflichtigen Vorhaben den unionsrechtlichen (Mindest-)Anforderungen an eine wirksame Beteiligung (Art. 6 Abs. 4 RL 2011/92/ EU) genügt und somit dem unionsrechtlichen Gebot der Frühzeitigkeit entspricht?
Falls nein, ist dann der gerichtliche Überprüfungsmaßstab, um den Rechtsbehelf als effektiv anzusehen, darauf zu erstrecken, dass evtl. Verstöße gegen eine frühe (wirksame) Öffentlichkeitsbeteiligung auch außerhalb des Planfeststellungsverfahrens nach § 4 UmwRG rügefähig sind?“.
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Die Frage ist schon zu unbestimmt formuliert, um zu einer Zulassung der Revision führen zu können. Sie bezieht sich nicht auf einen bestimmten, im konkreten Rechtsstreit in Rede stehenden Verfahrensschritt, sondern auf das „Beteiligungsverfahren des § 73 VwVfG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens iVm § 9 UVPG aF “ und dessen Unionsrechtskonformität bei UVP-pflichtigen Vorhaben in Gänze. Insoweit bezeichnen die Beschwerden keine sich aus Anlass gerade dieses Rechtsstreits konkret stellende abstrakte Rechtsfrage und werden damit den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht gerecht. In ihrer Unbestimmtheit ist die Frage für den konkreten Rechtsstreit auch nicht entscheidungserheblich. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht die von den Klägern genannte Vorschrift des § 73 VwVfG, sondern Art. 73 BayVwVfG angewandt hat.
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Da die von den Klägern aufgeworfene Frage der Beantwortung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich ist, stellt sich die (nur) für den Fall der Verneinung aufgeworfene weitere Frage zum gerichtlichen Prüfungsmaßstab nicht.
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Soweit die Kläger grundsätzlichen Klärungsbedarf speziell im Hinblick auf Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten – UVP-RL – (ABl. L 26 S. 1) zu erkennen meinen, genügen die Beschwerden auch im Übrigen nicht dem Darlegungserfordernis gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Nach Art. 6 Abs. 4 UVP-RL erhält die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig und in effektiver Weise die Möglichkeit, sich an den umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Art. 2 Abs. 2 UVP-RL zu beteiligen, und hat zu diesem Zweck das Recht, der zuständigen Behörde bzw. den zuständigen Behörden gegenüber Stellung zu nehmen und Meinungen zu äußern, wenn alle Optionen noch offen stehen und bevor die Entscheidung über den Genehmigungsantrag getroffen wird. Aus dem Beschwerdevorbringen geht schon nicht hervor, in welchem Umfang eine Planung allenfalls vorangeschritten sein darf, um im Sinne des Unionsrechts davon sprechen zu können, dass „alle Optionen noch offen stehen“. Soweit dem Vorbringen die Auffassung zu entnehmen ist, eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung müsse jedenfalls vor der – eine Konkretisierung der Planung auf eine bestimmte Vorhabenvariante bewirkenden – Antragstellung und Einreichung der Planunterlagen durch den Vorhabenträger stattfinden, fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Unionsrechts. Insbesondere gehen die Beschwerden nicht darauf ein, dass die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 6 Abs. 4 UVP-RL eine Möglichkeit geben soll, „sich an den umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Artikel 2 Absatz 2 zu beteiligen“. Zu diesen umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gehören nach Art. 2 Abs. 2 UVP-RL auch in den Mitgliedstaaten bestehende Verfahren zur Genehmigung der (UVP-pflichtigen) Projekte. Die Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich einer frühzeitigen Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit kann danach im Rahmen von – als „Trägerverfahren“ dienenden – Genehmigungsverfahren wie etwa Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, die stets jeweils ein bestimmtes Projekt zum Gegenstand haben.
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b) Auch die Fragestellung,
„Steht die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen dem Akteneinsichtsrecht gem. § 29 Abs. 3 VwVfG entgegen, wenn es sich bei dem beantragten Zugang zu Informationen um Umweltinformationen iS der Richtlinie 2003/4/EG handelt?
Wenn die Frage zu bejahen ist, welcher Maßstab ist dann bei den Anspruchsgrundlagen des § 29 Abs. 3 VwVfG und § 3 Abs. 2 Satz 2, 3 UIG maßgebend, damit sich die mit der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen iVm Art. 4 Abs. 1 Satz 1 b) i) und Art. 9 Abs. 1 Aarhus-Konvention sowie Art. 6 Abs. 3 c) RL 2011/92/EU verfolgten Ziele verwirklichen lassen und wie gestalten sich die prozessualen Folgen des Nebeneinanders aus § 29 Abs. 3 VwVfG und § 3 Abs. 2 Satz 2, 3 UIG, wenn § 29 VwVfG keinen Vorrang vor allgemeinem Informationsanspruch hat?“,
führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Dabei legt der Senat die Frage dahingehend aus, dass die Kläger nicht § 29 Abs. 3 VwVfG, sondern Art. 29 Abs. 3 BayVwVfG, den der Verwaltungsgerichtshof angewandt hat, in Bezug nehmen. Andernfalls wäre die Fragestellung schon aus diesem Grund nicht entscheidungserheblich. Die landesrechtliche Vorschrift des Art. 29 Abs. 3 BayVwVfG trifft in ihrem Satz 2 zwar eine in der Bundesnorm des § 29 Abs. 3 VwVfG nicht enthaltene Regelung, ist aber unbeschadet von § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO jedenfalls nach Art. 97 BayVwVfG revisibel.
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Die aufgeworfene Frage kann auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneint werden, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (ABl. L 41 S. 26) wurde vom Bundesgesetzgeber durch das Umweltinformationsgesetz (UIG) und von den Landesgesetzgebern durch entsprechende Landesgesetze – in Bayern durch das Bayerische Umweltinformationsgesetz vom 8. Dezember 2006 (BayGVBl. S. 933) – umgesetzt. Die nach diesen Gesetzen zugunsten jeder Person bestehenden Informationszugangsansprüche bestehen – nach den dort geregelten Maßgaben – unabhängig von einem Planfeststellungsverfahren und einer Beteiligung an ihm. Der unionsrechtlich determinierte Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen wird außerhalb des Planfeststellungsverfahrens erfüllt und vermittelt kein zusätzliches Verfahrensrecht im Planfeststellungsverfahren (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Juni 2007 – 7 VR 1.07 – Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 25 Rn. 10 ff. und vom 12. Mai 2011 – 9 A 12.11 – Buchholz 407.3 § 5 VerkplanbeschlG Nr. 19 Rn. 5; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 1. Oktober 2019 – 3 A 4.18 – Buchholz 316 § 72 VwVfG Nr. 6 Rn. 3). Hiernach steht die Richtlinie 2003/4/EG der Regelung des Art. 29 Abs. 3 BayVwVfG, der allein die Rechtsstellung der Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens, hier des Planfeststellungsverfahrens, betrifft, nicht entgegen. Substantielle Einwände gegen diese Rechtsprechung macht die Beschwerde im Übrigen nicht geltend.
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Da die aufgeworfene Frage zu verneinen war, stellen sich die von den Klägern für den Fall der Bejahung für rechtsgrundsätzlich erachteten Folgefragen nicht.
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c) Die Grundsatzrevision ist auch nicht wegen der Frage zuzulassen,
„Ob und inwieweit ist die vollständige Ausklammerung der gesetzlich vorgeschriebenen Stellungnahmen der zuständigen Behörden gem. § 7 UVPG aF und der Einwendungen der (betroffenen) Öffentlichkeit gem. § 9 UVPG aF, einschließlich diejenigen der Kläger, und deren angebliche Abarbeitung außerhalb der zusammenfassenden Darstellung erst bei der Zulassungsentscheidung unter Berücksichtigung der Drittschutzwirkung des §§ 11, 12 UVPG aF (nachfolgend §§ 24, 25 UVPG) geeignet, einem Kläger selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess zu nehmen und somit die Verfahrensgarantien berührt?“.
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Die Fragestellung ist schon nicht hinreichend bestimmt. Die allgemein gehaltene Fragestellung der Beschwerde, ob durch eine bestimmte Verfahrensweise bei der Abarbeitung von Stellungnahmen und Einwendungen die „Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess“ genommen und „Verfahrensgarantien berührt“ werden, lässt nicht erkennen, im Hinblick auf die etwaige Verletzung welcher konkreten Beteiligungsrechte oder Verfahrensgarantien die Kläger rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf sehen.
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Dessen ungeachtet stellte sich die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren deshalb nicht, weil die Beschwerde von einem Sachverhalt ausgeht, den der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat. Entgegen der Formulierung der Frage hat die Vorinstanz keine Feststellungen darüber getroffen, dass Stellungnahmen von Behörden oder der betroffenen Öffentlichkeit beim Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses „ausgeklammert“ geblieben sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Entscheidung vielmehr zugrunde gelegt, dass es dem diesbezüglichen Vortrag der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren an der notwendigen Substantiierung gefehlt habe, weil diese nicht dargelegt hätten, welche Stellungnahme welcher Behörde oder der betroffenen Öffentlichkeit zu welchem Gesichtspunkt aus ihrer Sicht in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen (vgl. § 11 UVPG 2010) hätte aufgegriffen und berücksichtigt werden müssen. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die im gegebenen Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge der Kläger greift nicht durch (siehe unten 3.a).
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2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
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Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten und deren Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 21. April 2015 – 7 B 9.14 – UPR 2015, 389 Rn. 5 m.w.N. und vom 19. März 2021 – 7 B 8.20 – juris Rn. 13). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Kläger nicht.
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Die in den Beschwerden zitierten Passagen aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, die Auszügen aus Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts gegenübergestellt werden, widersprechen keinem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz. Dies schon deshalb, weil der Verwaltungsgerichtshof in den wiedergegebenen Urteilspassagen keine – gegebenenfalls divergierenden – Rechtssätze formuliert, sondern die von den Klägern in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 – 9 A 56.04 – BVerwGE 123, 286 <291 f.>) auf den zur Entscheidung gestellten Einzelfall anwendet und in diesem Zusammenhang auch ausführt, worin sich aus seiner Sicht der vorliegende Fall von der vom Bundesverwaltungsgericht behandelten Konstellation in rechtserheblicher Weise unterscheidet.
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Die von den Klägern geltend gemachte Kritik an der Rechtsanwendung durch den Verwaltungsgerichtshof kann eine Zulassung der Revision nicht begründen. Das Aufzeigen einer etwaigen fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (BVerwG, Beschlüsse vom 10. August 2016 – 1 B 93.16 – NVwZ-RR 2016, 805 Rn. 2 f. und vom 15. April 2021 – 7 B 13.20 – juris Rn. 7).
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3. Die Kläger machen ebenfalls keinen Verfahrensmangel geltend, der vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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a) Soweit die Kläger rügen, der Verwaltungsgerichtshof habe hinsichtlich der Prüfung, ob der Planfeststellungsbeschluss den Maßgaben der §§ 11 und 12 UVPG 2010 (vgl. §§ 24 und 25 UVPG n.F.) entspricht, den Maßstab der Überzeugungsgewissheit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verfehlt und den Untersuchungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO nicht gewahrt, beruht die Entscheidung hinsichtlich der Prüfung der Maßgaben des § 11 UVPG 2010 nicht auf dem gerügten Mangel und wird hinsichtlich der Prüfung der Maßgaben des § 12 UVPG 2010 weder ein Mangel bei der Anwendung des Überzeugungsgrundsatzes noch bei der Amtsermittlung hinreichend bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
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Der Verwaltungsgerichtshof hat entscheidungstragend darauf abgestellt, dass etwaige Unvollständigkeiten der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen entgegen der Auffassung der Kläger nicht als Verfahrensfehler angesehen werden könnten und § 11 Satz 1 UVPG 2010 zudem nicht verlange, dass die behördlichen Stellungnahmen und die Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit in der zusammenfassenden Darstellung wiedergegeben seien. Auf die Ermittlung etwaiger Unvollständigkeiten der zusammenfassenden Darstellung kam es aus der insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht der Vorinstanz mithin nicht an.
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Soweit in § 12 UVPG 2010 eine verfahrensrechtliche Anforderung zu sehen sei, könne diese nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nur darin liegen, dass die Bewertung der Umweltauswirkungen überhaupt in die Entscheidungsfindung einfließen müsse. Dass es hieran fehle, sei angesichts der ausführlichen Auseinandersetzung des Planfeststellungsbeschlusses mit Umweltbelangen nicht ersichtlich. Hinsichtlich dieser entscheidungstragenden Feststellung vermögen die Kläger weder darzulegen, dass es dem Verwaltungsgerichtshof an der Überzeugungsgewissheit gemangelt hätte, noch, dass es auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung im Zusammenhang mit § 12 UVPG 2010 weiterer tatsächlicher Feststellungen bedurft hätte. Die Kritik der Kläger an der materiell-rechtlichen Sichtweise des Verwaltungsgerichtshofs vermag einen Verfahrensfehler nicht zu begründen.
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b) Hinsichtlich von den Beschwerden als inkorrekt gerügter Angaben des Vorhabenträgers und der Planfeststellungsbehörde ist ein Verstoß des Verwaltungsgerichtshofs gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO schon insoweit nicht ersichtlich, als die Kläger nicht darlegen, ob und inwieweit bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht – namentlich durch einen entsprechenden Beweisantrag – auf die Vornahme der vermissten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14. Auch legen die Beschwerden nicht dar, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1998 – 4 B 2.98 – NVwZ 1998, 1066 m.w.N.).
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c) Auch soweit die Kläger bezüglich der Einwirkung von Erschütterungen Defizite bei der gerichtlichen Sachverhaltsermittlung geltend machen, legen sie nicht substantiiert dar, ob und inwieweit sie bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der vermissten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt haben oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht weitere Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Etwaige Mängel der behördlichen Tatsachenermittlung, die die Kläger ebenfalls ansprechen, begründen keinen Mangel des gerichtlichen Verfahrens.
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Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich auch nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt hat. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2021 – 6 B 6.21 – juris Rn. 7 m.w.N.). Dass der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen der Kläger in Erwägung gezogen hat, zeigen nicht zuletzt auch die von den Beschwerden als defizitär angeführten Passagen der Urteilsgründe zur Beurteilung von Erschütterungen, wo ausgeführt wird, warum deren Einwände nach Auffassung des Gerichts nicht durchgreifen. In diesem Zusammenhang führt der Verwaltungsgerichtshof unter anderem aus, dass „die Wohnhäuser der Kläger und auch sie selbst“ einen hinreichenden Erschütterungsschutz erführen. Aus dem Beschwerdevorbringen erschließt sich nicht, inwieweit entscheidungserheblicher Vortrag der Kläger zum „Schutzgut Mensch“ gleichwohl unberücksichtigt geblieben sein soll.
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Ebenfalls nicht dargelegt ist ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Würdigung der zu erwartenden auf Menschen einwirkenden Erschütterungen vom Maßstab der Überzeugungsgewissheit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO abgewichen wäre, haben die Kläger nicht aufgezeigt.
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Auch im Zusammenhang mit der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten erschütterungstechnischen Untersuchung sind Verfahrensfehler nicht dargelegt. Die Beschwerden machen keinerlei Ausführungen dazu, warum diese Untersuchung von den Klägern – etwa im Wege der Akteneinsicht – nicht zur Kenntnis genommen werden konnte. Soweit die Kläger, etwa hinsichtlich der Beurteilung der Zumutbarkeit von Erschütterungen, die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs in sachlicher Hinsicht rügen, steht die Anwendung materiellen Rechts inmitten, die einen Verfahrensmangel nicht begründen kann.
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d) Hinsichtlich der Befassung des Verwaltungsgerichtshofs mit der Frage des Entgleisungsrisikos kann die Rüge eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) ebenfalls keinen Erfolg haben. Auch diesbezüglich fehlen schon die erforderlichen Darlegungen dazu, ob und inwieweit auf die Vornahme der vermissten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Eine Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom Maßstab der Überzeugungsgewissheit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vermögen die Beschwerden nicht deutlich zu machen. Die gerügte Ordnungsgemäßheit einer Kausalitätsprüfung ist eine Frage des materiellen Rechts.
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e) Bezüglich der Frage der Lärmbelastung der Außenwohnbereiche ist entgegen der Auffassung der Kläger ein Defizit der Urteilsbegründung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), aus dem ein Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), abzuleiten wäre, nicht ersichtlich. Der Umstand, dass ein Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht erwähnt hat, rechtfertigt nur dann den Schluss, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2021 – 6 B 6.21 – juris Rn. 7 m.w.N.). Derartiges legen die Beschwerden nicht dar.
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Ebenfalls nicht dargelegt ist eine Verfehlung des Maßstabs der Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Kläger stellen der Sache nach lediglich dar, dass und aus welchen Gründen sie die Überzeugungsgewissheit des Verwaltungsgerichtshofs nicht teilen. Der ebenfalls gerügte Maßstab der gerichtlichen Kontrolle betrifft die Anwendung materiellen Rechts.
32
f) Soweit die Kläger zur Frage des Akteneinsichtsrechts im Planfeststellungsverfahren und dem Verhalten der Planfeststellungsbehörde vortragen und sich gegen die rechtliche Würdigung durch den Verwaltungsgerichtshof wenden, kommt ein Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht in Betracht. Die Nichtberücksichtigung diesbezüglichen entscheidungserheblichen Vortrags haben die Beschwerden schon nicht nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere genügt der mehrfache pauschale Verweis der Kläger auf eigenen „Vortrag“, dessen Berücksichtigung den Verwaltungsgerichtshof zu bestimmten Schlüssen habe bringen und von anderen Schlüssen habe abhalten müssen, den Anforderungen an die Darlegung einer Gehörsverletzung schon mangels nachvollziehbarer Angaben zum konkreten Inhalt dieses Vortrags nicht.
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g) Bezüglich der Variantenprüfung rügen die Beschwerden insbesondere den Ablauf des behördlichen Verfahrens und dessen Würdigung durch den Verwaltungsgerichtshof, was einen gerichtlichen Verfahrensfehler nicht begründen kann. Soweit ein Verstoß des Verwaltungsgerichtshofs gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO geltend gemacht wird, legen die Kläger wiederum nicht dar, ob und inwieweit bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der vermissten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung weitere Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Verstöße gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder Art. 103 Abs. 1 GG behaupten die Beschwerden lediglich. Ebenso fehlt eine Darlegung, inwieweit die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auf den behaupteten Verfahrensfehlern beruhen kann.
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h) Auch hinsichtlich der Würdigung des Bebauungsplans Nr. 104 der Stadt K. tragen die Beschwerden insbesondere zu Fragen des materiellen Rechts – wie etwa dem Trennungsgebot nach § 50 Satz 1 BImSchG – vor, ohne einen Mangel des gerichtlichen Verfahrens aufzuzeigen. Soweit die Kläger Defizite bei der gerichtlichen Amtsermittlung rügen, ist ein weiteres Mal darauf zu verweisen, dass die Beschwerden nicht darlegen, ob und inwieweit vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der vermissten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht weitere Tatsachenermittlungen hätten aufdrängen müssen. Der bloße Verweis auf Ausführungen in den vorbereitenden Schriftsätzen kann hierfür nicht genügen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO, § 159 Satz 2 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.