Beschluss des BPatG München 25. Senat vom 08.02.2022, AZ 25 W (pat) 520/21

BPatG München 25. Senat, Beschluss vom 08.02.2022, AZ 25 W (pat) 520/21, ECLI:DE:BPatG:2022:080222B25Wpat520.21.0

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2019 107 361.4

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. Februar 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Kriener sowie der Richterin k. A. Dr. Rupp-Swienty beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Das Wortzeichen

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BANDHAUS

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ist am 5. Juni 2019 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die nachfolgenden Dienstleistungen angemeldet worden:

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Klasse 36:

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Vermietung von Wohnungen, Häusern, Büroräumen und Geschäftsräumen, insbesondere Vermietung von Geschäftsräumen an Fotografen, Drucker, Grafiker, Künstler, Musikschulen, Webdesigner;

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Klasse 41:

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Vermietungsdienste in Bezug auf Geräte und Einrichtungen für Bildung, Unterhaltung, Sport und Kultur; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, insbesondere von Musikveranstaltungen, Theaterveranstaltungen, Lesungen und Ausstellungen.

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Die Anmeldung wird beim DPMA unter der Nummer 30 2019 107 361.4 geführt.

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Mit Beschluss vom 9. Dezember 2020 hat die Markenstelle für Klasse 36 des DPMA durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen eines entgegenstehenden Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen aus den Begriffen „Band“ und Haus“ zusammengesetzt sei. Ersterer bezeichne ausweislich des Eintrages im Duden auch in der deutschen Sprache eine Gruppe von Musikerinnen und/oder Musikern. Der angesprochene Verkehr werde das Zeichen daher in seiner maßgeblichen Gesamtheit lediglich als sachbeschreibenden Hinweis auf irgendein Haus verstehen, welches einer Musikgruppe zum Proben diene. Der Umstand, dass die Bezeichnung aus einem Wort der englischen und einem Wort der deutschen Sprache zusammengesetzt sei, führe nach ständiger Rechtsprechung für sich genommen nicht zur Bejahung der Schutzfähigkeit, da der Verkehr an die Vermischung einfacher Wörter aus unterschiedlichen Sprachen gewöhnt sei. Darüber hinaus sei vorliegend zu berücksichtigen, dass das englische Wort „band“ mittlerweile in den deutschen Sprachschatz eingegangen sei. Weiterhin werde das Wort „Bandhaus“ selbst im Inland als feststehender Begriff benutzt. Neben dem „Bandhaus“ des Anmelders, das sich in Erfurt befinde, gebe es noch weitere „Bandhäuser“ in den Städten Backnang, Straubing und Leipzig. Insofern komme es nicht darauf an, ob das angemeldete Zeichen lexikalisch nachgewiesen werden könne oder auf ein Konzept des Anmelders zurückgehe.

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Gegen diesen Beschluss wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Es treffe zwar zu, dass er das Zeichen „Bandhaus“ schon vor dem Anmeldezeitpunkt benutzt habe und das als „Bandhaus“ bezeichnete Gebäude in Erfurt über Proberäume für Musikbands verfüge. Dieser Umstand könne jedoch kein Eintragungshindernis begründen. Zumindest in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 „Vermietungsdienste in Bezug auf Geräte und Einrichtungen für Bildung und Sport“ könne dem angemeldeten Zeichen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

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Der Anmelder hatte mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021 zwei Hilfsanträge auf Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses gestellt, die er auf den schriftlichen Hinweis des Senats vom 18. Oktober 2021 mit Schriftsatz vom 30. November 2021 zurückgenommen hat.

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Der Anmelder beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 36, vom 9. Dezember 2020 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf vorgenannten Beschluss, die Schriftsätze des Anmelders, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 18. Oktober 2021 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „BANDHAUS“ als Marke steht in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 36 und 41 ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden, wenn sie ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfolgt die mit Art. 4 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Markenrechtsrichtlinie) übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 25 – Chiemsee; GRUR 2004, 146 Rn. 31 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012, 272 Rn. 9 – Rheinpark-Center Neuss). Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung. Dabei ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, der von den angemeldeten Dienstleistungen angesprochen wird, als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 29 – Chiemsee), wobei deren Verständnisfähigkeit nicht zu gering veranschlagt werden darf. Ist die Eignung für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Produkte festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren Nachweis voraus, ob und in welchem Umfang das betreffende Zeichen als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 30 – Chiemsee; GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900 Rn. 12 – SPA II; GRUR 2012, 276 Rn. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).

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Ausgehend von diesen Maßstäben benennt das angemeldete Wortzeichen „Bandhaus“ lediglich den Ort bzw. die Art der Einrichtung, an dem bzw. in der die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 36 und 41 erbracht werden.

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a) Das Wort „Bandhaus“ ist ein unmittelbar verständliches Kompositum, das sprachregelgerecht aus den Wörtern „Band“ (im Sinne von „Musikgruppe“) und „Haus“ zusammengesetzt ist. Dabei hat die Markenstelle zutreffend darauf hingewiesen, dass mit dem Wort „Band“, das ursprünglich aus der englischen Sprache stammt, mittlerweile auch im Inland eine Musikgruppe umschrieben wird. So hat sich beispielsweise die „Spider Murphy Gang“ in einem Popsong aus dem Jahr 1983 als „Bayrische Band“ bezeichnet. Das Wort „Band“ ist in dieser Bedeutung zudem lexikalisch nachweisbar. Auf den Hinweis der Markenstelle auf den entsprechenden Dudeneintrag wird Bezug genommen. Sie hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass auch die angemeldete Bezeichnung „Bandhaus“ selbst schon vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung als Marke im inländischen Sprachgebrauch als feststehender Begriff benutzt wurde. In diesem Sinne bezeichnet ein „Bandhaus“ ein Gebäude, das einen oder mehrere Proberäume für Musikgruppen aufweist. Teilweise befinden sich in Gebäuden bzw. Einrichtungen, die als „Bandhaus“ bezeichnet werden, neben Proberäumen auch Konzertsäle und Tonstudios. Sie werden vom Betreiber des „Bandhauses“ häufig an verschiedene Musikgruppen zur vorübergehenden Nutzung vermietet. Neben dem „Bandhaus“, das der Anmelder schon vor der Anmeldung unter dieser Bezeichnung in Erfurt betrieben hat, gibt es auch in Linz (Österreich), Chemnitz, Gunzenhausen, Köln, Straubing, Barmbek und Leipzig weitere „Bandhäuser“. Auf die Anlagen 1 bis 12, die dem Anmelder mit dem schriftlichen Hinweis des Senats vom 18. Oktober 2021 übersandt wurden, wird Bezug genommen.

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b) Hiervon ausgehend versteht zumindest der auch angesprochene und für sich genommen bereits maßgebliche Fachverkehr der Musik- und Kulturbranche die angemeldete Bezeichnung „Bandhaus“ unmittelbar und ohne Nachdenken als gebräuchliche Bezeichnung für ein Gebäude bzw. eine Einrichtung, das bzw. die für die spezifischen Bedürfnisse von Musikgruppen besonders geeignet und bestimmt ist, insbesondere weil sich in dem Gebäude Proberäume, Tonstudios, Konzertsäle, Unterkünfte oder Büros befinden, die an Musikgruppen vermietet werden können. In diesem Rahmen bewegen sich die beanspruchten Dienstleistungen

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Klasse 36:

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Vermietung von Wohnungen, Häusern, Büroräumen und Geschäftsräumen, insbesondere Vermietung von Geschäftsräumen an Künstler, Musikschulen;

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Klasse 41:

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Vermietungsdienste in Bezug auf Geräte und Einrichtungen für Bildung, Unterhaltung und Kultur; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, insbesondere von Musikveranstaltungen.

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c) Ein ausschließlich sachbeschreibendes Verständnis des Anmeldezeichens liegt für den angesprochenen Verkehr zudem nicht nur in Verbindung mit den eben angesprochenen Dienstleistungen nahe, die unmittelbar auf die Bedürfnisse von Musikgruppen zugeschnitten sind. In diesem Zusammenhang ist vielmehr ergänzend zu berücksichtigen, dass das Dienstleistungsangebot von „Bandhäusern“ nicht scharf begrenzt ist, sondern andere kulturelle Veranstaltungen wie beispielsweise Lesungen mit umfasst (vgl. Anlage 13 zum Hinweis vom 18. Oktober 2021). Darüber hinaus werden die vorliegend beanspruchten Dienstleistungen häufig von Institutionen oder Einrichtungen erbracht, die im weitesten Sinne als „Kulturzentrum“ bezeichnet werden können. Sie halten neben Proberäumen und Konzertbühnen für Musikgruppen sowie Räumen für Musikunterricht die unterschiedlichsten Angebote vor, die sich auch an andere Künstler und Kunsthandwerker richten, wie Fotografen oder Designer. Darüber hinaus organisieren Kulturzentren entweder selbst Theaterveranstaltungen, Lesungen und Ausstellungen oder vermieten für kulturelle Veranstaltungen an Dritte geeignete Räume einschließlich der erforderlichen Ausstattung, wie beispielsweise Licht- und Tonanlagen. Vor diesem Hintergrund wird zumindest der Fachverkehr die angemeldete Wortkombination als ausschließlichen Hinweis auf den Erbringungsort auch folgender Dienstleistungen verstehen:

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Klasse 36:

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Vermietung von Wohnungen, Häusern, Büroräumen und Geschäftsräumen, insbesondere Vermietung von Geschäftsräumen an Fotografen, Drucker, Grafiker, Webdesigner;

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Klasse 41:

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Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, insbesondere von Theaterveranstaltungen, Lesungen und Ausstellungen.

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d) Nach Auffassung des Senats ist ein entsprechendes Verständnis der Bezeichnung „Bandhaus“ auch im Zusammenhang mit der Dienstleistung

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Vermietungsdienste in Bezug auf Geräte und Einrichtungen für Sport

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zu bejahen. Ein Bandhaus im Sinne eines Kulturzentrums kann auch Sportkurse, wie beispielsweise Tanzen oder Yoga, anbieten. Ebenso lassen sich die Räume sowie die darin befindlichen Gerätschaften und Einrichtungen für sportliche Aktivitäten nutzen, die von Mietern organisiert und durchgeführt werden. Viele Kulturzentren werben gerade damit, die unterschiedlichsten künstlerischen und kulturellen Angebote unter einem Dach zu vereinen, wobei auch bestimmte sportliche Betätigungen im weitesten Sinne als ein Teil des Kulturprogramms verstanden werden. Auf die Anlagen 14 bis 17 zum Hinweis vom 18. Oktober 2021 wird insoweit Bezug genommen.

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2. Nachdem der Eintragung des Zeichens „BANDHAUS“ als Marke ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob dem Zeichen in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen auch die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

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3. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Anmelder hat keinen entsprechenden Antrag gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst (§ 69 Nr. 3 MarkenG).