BVerfG 1. Senat 3. Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 20.12.2021, AZ 1 BvR 1170/21, ECLI:DE:BVerfG:2021:rk20211220.1bvr117021
§ 19 Abs 1 BVerfGG, § 19 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 BVerfGG, § 92 BVerfGG
Tenor
Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterinnen und Richter des Ersten Senats wird verworfen.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
1
Die Beschwerdeführerinnen wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die durch das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. April 2021 in das Infektionsschutzgesetz eingefügter §§ 28b und c IfSG. Zudem machen sie die Befangenheit der Richterinnen und Richter des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts geltend.
I.
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Die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs kann mit der Sachentscheidung erfolgen, weil das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig ist.
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1. Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig (vgl. BVerfGE 142, 1 <4 Rn. 12>; 152, 53 <54 Rn. 2>; 153, 72 <73 Rn. 2> stRspr). Offensichtlich unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch auch, wenn die abgelehnte Richterin oder der abgelehnte Richter nicht zur Mitwirkung im Verfahren berufen ist (vgl. BVerfGE 142, 1 <4 f.> stRspr).
4
Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin oder des abgelehnten Richters; diese sind auch nicht von der Entscheidung über das Gesuch ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 153, 72 <73 Rn. 2>, stRspr).
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2. Danach ist das hier gestellte Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig.
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a) Soweit es sich gegen den Präsidenten Harbarth und die Richterinnen und Richter Paulus, Britz, Christ und Härtel richtet, ist das Gesuch offensichtlich unzulässig, weil diese der im vorliegenden Verfahren zuständigen 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht angehören.
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b) Die Ablehnung der Richterinnen Baer und Ott sowie des Richters Radtke als Angehörige der 3. Kammer stützt sich auf dazu gänzlich ungeeignete Gründe. Soweit die Befangenheit aus der Beteiligung des Präsidenten an der Vorbereitung eines Treffens des Bundesverfassungsgerichts mit dem Bundeskabinett hergeleitet wird, fehlt der Bezug zu den Mitgliedern der 3. Kammer des Ersten Senats. Das gilt auch für die Inhalte der Rede der Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Oktober 2021 – 1 BvR 781/21 -, Rn. 33, 36). Desgleichen ist der Brief des Präsidenten an die Bundeskanzlerin im Anschluss an das Treffen von vornherein ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Mit ihm wird ein Dank für die „sehr herzliche Gastfreundschaft“ und den „sehr fruchtbaren Austausch“ ausgesprochen, was Ausdruck der Höflichkeit und nicht, wie die Beschwerdeführerinnen meinen, ein Beleg für die Erörterung inhaltlicher Fragen ihres Verfahrens ist.
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c) Das Vorbringen zum Ablehnungsgesuch gegen die Richterinnen Baer und Ott und den Richter Radtke ist auch ansonsten gänzlich ungeeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.
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aa) Wiederholt ein Befangenheitsgesuch, was in gleichgelagerten Verfahren bereits entschieden wurde, wird es jedenfalls dann offensichtlich unzulässig. Die Entscheidung hängt dann nur noch von einer formalen Prüfung ab, die kein erneutes Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erfordert (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Oktober 2021 – 1 BvR 854/21 -, Rn. 2). Das ist hier der Fall. Das Gesuch stimmt im Wesentlichen mit dem Ablehnungsgesuch im Verfahren 1 BvR 781/21 überein, das mit Beschluss des Ersten Senats vom 12. Oktober 2021 (dort Rn. 25 ff.) ohne die Mitwirkung von Präsident Harbarth und Richterin Baer als teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet zurückgewiesen worden ist. Zudem hat der Zweite Senat bereits entschieden, dass sich aus dem Zeitpunkt des Treffens zwischen den Verfassungsorganen keine Schlüsse auf die Voreingenommenheit der Richterinnen und Richter ziehen lässt (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 20. Juli 2021 – 2 BvE 4/20 -, Rn. 28 ff.).
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bb) Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerinnen ist in der Sache ebenfalls gänzlich ungeeignet, die Besorgnis der Befangenheit der für die Entscheidung in diesem Verfahren zuständigen Richterinnen und Richter zu begründen. So kann eine Verfahrensdauer von sechs Wochen bis zur Veröffentlichung der Entscheidung über den Eilantrag der Beschwerdeführerinnen von vornherein keine Besorgnis der Befangenheit begründen. Dieser Zeitraum ist auch angesichts dessen, dass ausweislich der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 47/2021 vom 2. Juni 2021 bis zum 31. Mai 2021 bereits 424 Verfahren im Zusammenhang mit dem am 23. April 2021 in Kraft getretenen Vierten Bevölkerungsschutzgesetz („Bundesnotbremse“) eingegangen waren, kein Zeichen für einen unsachlichen Umgang mit dem Verfahren. Zudem wurde der damalige Eilantrag der Beschwerdeführerinnen nicht etwa abgelehnt, weil die Inzidenzwerte gesunken waren und die Beschwerdeführerinnen nicht mehr von den Maßnahmen betroffen waren, sondern es fehlte an einer hinreichenden Darlegung eigener schwerer Nachteile. Das Vorbringen, die Entscheidung lege nahe, dass das Verfahren nicht objektiv geführt werde, entbehrt auch insoweit jeder Grundlage.
II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie unzulässig ist. Es fehlt die Beschwerdebefugnis. Soweit sich die Beschwerdeführerinnen gegen die Verordnungsermächtigung in § 28c Infektionsschutzgesetz wenden, zeigen sie bereits nicht auf, von der Regelung unmittelbar betroffen zu sein. Im Übrigen genügt ihr Vorbingen nicht den Anforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG, da es nicht hinreichend substantiiert ist.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.