Beschluss des BPatG München 30. Senat vom 02.12.2021, AZ 30 W (pat) 50/20

BPatG München 30. Senat, Beschluss vom 02.12.2021, AZ 30 W (pat) 50/20, ECLI:DE:BPatG:2021:021221B30Wpat50.20.0

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 2. Dezember 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Dr. Weitzel und des Richters Merzbach

beschlossen:

I. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. April 2018 und vom 2. September 2020 insoweit aufgehoben, als mit diesen der Widerspruch aus der Unionsmarke 009 564 477 in Bezug auf die von der angegriffenen Marke 30 2017 223 999 beanspruchten Waren

„Klasse 9: Elektronische Vorschaltgeräte für LED-Leuchten und Beleuchtungskörper; Laser für wissenschaftliche Zwecke; LED-Anzeigen; LED-Mikroskope; LED-Monitore; LED-Positionssensoren; LED-Treiber; Leuchtdioden [LED]-Fernsehgeräte; Modelle für wissenschaftliche Laborversuche; Monitore [Bildschirme]; OLED-Anzeigetafeln [organische LED-Anzeigetafeln];

Klasse 11: Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden [LEDs]; Flammenlose Leuchtdioden [LED]-Kerzen; LED-Beleuchtungsanlagen; LED-Leuchten; LED-Leuchtstreifen; LED-Lichtmaschinen; LED-Sicherheitslampen; LED-Stimmungsleuchten; LED-Taschenlampen; LED-Unterwasserbeleuchtungen; Leuchtdioden [LED]- Beleuchtungsanlagen“

zurückgewiesen worden ist.

II. Wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 009 564 477 wird die Löschung der Marke 30 2017 223 999 auch für die in Ziff. I. benannten Waren angeordnet.

Gründe

I.

1

Gegen die am 3. August 2017 angemeldete und seit dem 25. August 2017 u.a. für die Waren

2

„Klasse 9: Elektronische Vorschaltgeräte für LED-Leuchten und Beleuchtungskörper; Laser für wissenschaftliche Zwecke; LED-Anzeigen; LED-Mikroskope; LED-Monitore; LED-Positionssensoren; LED-Treiber; Leuchtdioden [LED]-Fernsehgeräte; Leuchtdioden [LEDs]; Modelle für wissenschaftliche Laborversuche; Monitore [Bildschirme]; OLED-Anzeigetafeln [organische LED-Anzeigetafeln];

3

Klasse 11: Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden [LEDs]; Flammenlose Leuchtdioden [LED]- Kerzen; LED-Beleuchtungsanlagen; LED-Leuchten; LED-Leuchtstreifen; LED-Lichtmaschinen; LED-Sicherheitslampen; LED-Stimmungsleuchten; LED-Taschenlampen; LED-Unterwasserbeleuchtungen; Leuchtdioden [LED]-Beleuchtungsanlagen“

4

eingetragene Wortmarke 30 2017 223 999

5

CRETEC

6

ist aus der seit dem 26. Juli 2011 eingetragenen Unionswortmarke 009 564 477

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CREE

8

Widerspruch erhoben worden, wobei dieser sich allein gegen die o.g. Waren der angegriffenen Marke richtet. Die Widersprechende stützt ihren Widerspruch gemäß der Anlage zur Widerspruchserklärung vom 29. Dezember 2017 allein auf folgende Waren:

9

„Klasse 9: Optische und Signalapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Optoelektronische Geräte; Leuchtdioden; gebündelte Leuchtdioden; Laserdioden; Fotodioden; Transistoren; Dioden; Halbleitergeräte; Halbleiterchips; Halbleiter-Wafer; Hochfrequenzgeräte; Stromschaltgeräte; Siliziumkarbid- und Galliumnitrid-Halbleiterelemente; Leuchtdioden (LED) zur Verwendung mit LCD-Monitoren und – Fernsehgeräten; Siliziumkarbid-Halbleiter-Wafer;

10

Klasse 11: Beleuchtungskörper; Taschenlampen; LED (Leuchtdioden) -Beleuchtungskörper; Glühbirnen; Strahler“.

11

Die Markenstelle für Klasse 09 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Erstprüferbeschluss vom 18. April 2018 zunächst vollständig zurückgewiesen. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke scheide eine Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit auch insoweit aus, als sich die Marken nach der maßgeblichen Registerlage auf identischen Waren begegnen könnten. Die Vergleichszeichen unterschieden sich trotz der Übereinstimmung am Wortanfang durch die Endsilbe „TEC“ der angegriffenen Marke sowohl klanglich als auch schriftbildlich deutlich voneinander. Der mit der Widerspruchsmarke weitgehend übereinstimmenden Buchstabenfolge „CRE“ komme keine prägende Stellung zu, da diese mit dem weiteren Zeichenbestandteil „TEC“ zu einer Einheit verschmelze und vom Verkehr als Kunstwort wahrgenommen werde. Für eine Verwechslungsgefahr aus einem anderen Grunde bestünden ebenfalls keine Anhaltspunkte.

12

Auf die dagegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle für Klasse 09 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 2. September 2020 die Löschung der angegriffenen Marke für die Ware „Klasse 9: Leuchtdioden [LEDs]“ angeordnet, da ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zwischen den Vergleichszeichen Verwechslungsgefahr bestehe; die weitergehende Erinnerung hat die Markenstelle jedoch zurückgewiesen, weil es in Bezug auf die übrigen mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der angegriffenen Marke an einer Verwechslungsgefahr fehle.

13

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Widersprechende auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke geltend gemachte Nichtbenutzungseinrede allenfalls eine Benutzung des Widerspruchszeichens für „Halbleiter, LED-Chips, Halbleiterchips und andere Halbleiterelektronikbauteile bzw. Komponenten“ glaubhaft gemacht habe. Bei diesen handele es sich aber ausschließlich um elektronische Bauteile und nicht um Fertigprodukte. Sämtliche mit dem Widerspruch angegriffenen Produkte des angegriffenen Zeichens mit Ausnahme der von der Löschungsanordnung betroffenen Waren „Klasse 9: Leuchtdioden [LEDs]“ seien jedoch Fertigprodukte bzw. beträfen mit den Elektronikbauteilen der Widersprechenden völlig unähnliche Waren, so dass sie damit für die Möglichkeit einer markenrechtlich erheblichen Verwechslungsgefahr von vornherein nicht in Betracht kämen.

14

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen entgegen der Auffassung der Markenstelle auch hinsichtlich der übrigen mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der Klassen 9 und 11 der jüngeren Marke bestehe.

15

So habe die Markenstelle bereits nicht beachtet, dass die von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftige Widerspruchsmarke über eine durch intensive Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft verfüge. Die dazu vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 20. August 2018 eingereichten Unterlagen einschließlich der eidesstattlichen Versicherung vom 26. Oktober 2017 belegten eine umfangreiche Benutzung für   Halbleiterprodukte und Vorprodukte für die entsprechende Industrie wie auch für Beleuchtungs(end)produkte aller Art durch eine Lizenznehmerin.

16

Weiterhin sei die Markenstelle bei der Frage der Warenähnlichkeit im Hinblick auf die eingereichten Unterlagen unzutreffend von einer Benutzung des Widerspruchszeichens nur für „Halbleiter, LED-Chips, Halbleiterchips und andere Halbleiterelektronikbauteile bzw. Komponenten“ ausgegangen. Die vorgenannten Unterlagen seien allein zum Nachweis einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, nicht jedoch als Beleg für eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke eingereicht worden. Insoweit sei vielmehr allein die Registerlage maßgeblich. Danach könnten sich die Vergleichszeichen aber ohne weiteres auf hochgradig ähnlichen bis identischen Waren begegnen.

17

Ferner seien die Vergleichszeichen auch ohne weiteres ähnlich. Die Wortanfänge der Marken seien identisch, sowohl schriftbildlich als auch klanglich. Der Bestandteil „TEC“ in der angegriffenen Marke sei rein beschreibend und werde nicht als Unterscheidungszeichen wahrgenommen. Im Gesamteindruck der angegriffenen Marke komme ihm daher nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Dieser werde daher trotz der Ausgestaltung von
CRETEC als einheitliches Zeichen allein durch das Element „CRE“ geprägt, welcher jedoch der Widerspruchsmarke sehr ähnlich sei.

18

Insgesamt könne dann aber eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken auch in Bezug auf die übrigen mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der angegriffenen Marke nicht verneint werden.

19

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

20

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. April 2018 und vom 2. September 2020 insoweit aufzuheben, als mit diesen der Widerspruch aus der Unionsmarke 009 564 477 in Bezug auf die von der angegriffenen Marke 30 2017 223 999 beanspruchten Waren

21

Klasse 9: Elektronische Vorschaltgeräte für LED-Leuchten und Beleuchtungskörper; Laser für wissenschaftliche Zwecke; LED-Anzeigen; LED-Mikroskope; LED-Monitore; LED-Positionssensoren; LED-Treiber; Leuchtdioden [LED]-Fernsehgeräte; Modelle für wissenschaftliche Laborversuche; Monitore [Bildschirme]; OLED-Anzeigetafeln [organische LED-Anzeigetafeln];

22

Klasse 11: Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden [LEDs]; Flammenlose Leuchtdioden [LED]-Kerzen; LED-Beleuchtungsanlagen; LED-Leuchten; LED-Leuchtstreifen; LED-Lichtmaschinen; LED-Sicherheitslampen; LED-Stimmungsleuchten; LED-Taschenlampen; LED-Unterwasserbeleuchtungen; Leuchtdioden [LED]- Beleuchtungsanlagen

23

zurückgewiesen worden ist und die Löschung der Marke 30 2017 223 999 auch für diese Waren anzuordnen.

24

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich Beschwerdeverfahren – wie bereits im Verfahren vor der Markenstelle – weder zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

26

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken auch in Bezug auf die in Ziff. I des Tenors genannten beschwerdegegenständlichen Waren Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

27

A. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (vgl. BGH WRP 2019, 1316 Rn. 11 – KNEIPP). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 MarkenG).

28

B. Die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; BGH GRUR 2020, 870 Rn. 25 – Injekt/Injex; GRUR 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2016, 283 Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. Rn. 48 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; BGH a. a. O. Rn. 25 – INJEKT/INJEX).

29

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante unmittelbare Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken auch hinsichtlich der im Tenor zu Ziff. I genannten Waren zu besorgen.

30

1. So ist zunächst entgegen der Auffassung der Markenstelle im Erinnerungsbeschluss vom 2. September 2020 für die Beurteilung der Warenähnlichkeit nicht die Benutzungslage, sondern die Registerlage maßgebend, da die Inhaberin der angegriffenen Marke sich weder vor der Markenstelle noch im Beschwerdeverfahren zur Sache geäußert hat und dementsprechend auch zu keinem Zeitpunkt die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben hat.  Soweit die Widersprechende Benutzungsunterlagen eingereicht hat, geschah dies – worauf die Widersprechende in der Beschwerdebegründung zutreffend hinweist – allein zum Zwecke der Darlegung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Waren, auf die sie den Widerspruch gestützt hat.

31

2. Ausgehend von der Registerlage besteht in Bezug auf die mit dem Widerspruch angegriffenen und noch verfahrensgegenständlichen Waren der Klassen 9 und 11 der jüngeren Marke und den dem Widerspruch zugrundeliegenden Waren der Widerspruchsmarke teilweise Identität und ansonsten eine jedenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit.

32

a. Identität besteht zwischen den von der angegriffenen zu Klasse 09 beanspruchten Waren „Elektronische Vorschaltgeräte für LED-Leuchten und Beleuchtungskörper; LED-Treiber“ und den für die Widerspruchsmarke registrierten Waren „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“, da diese oberbegrifflich auch die vorgenannten Waren der angegriffenen Marke umfassen.

33

b. Weiterhin fallen „Laser für wissenschaftliche Zwecke“ der angegriffenen Marke unter die „Laserdioden“ der Widerspruchsmarke, da es sich bei „Laserdioden“ um ein mit der Leuchtdiode (LED) verwandtes Halbleiter-Bauteil handelt, das Laserstrahlung erzeugt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Laserdiode); jedenfalls besteht insoweit eine hochgradige Ähnlichkeit.

34

c. Bei den von der angegriffenen Marke beanspruchten „LED-Anzeigen; LED-Mikroskope; LED-Monitore; LED
Positionssensoren“ handelt es sich um „Optische und Signalapparate und -instrumente“, für die die Widerspruchsmarke Schutz beanspruchen kann, so dass auch insoweit Identität, zumindest aber hochgradige Ähnlichkeit besteht.

35

d. Was die weiterhin auf Seiten der angegriffenen Marke beanspruchten „Leuchtdioden [LED]-Fernsehgeräte“ betrifft, besteht zwar entgegen der Auffassung der Widersprechenden keine Ähnlichkeit zu den für die Widerspruchsmarke eingetragenen „Leuchtdioden“ bzw. „Leuchtdioden (LED) zur Verwendung mit LCD-Monitoren und – Fernsehgeräten“,  da es sich bei diesen um bloße Vorprodukte handelt (vgl. EUIPO R 28866/19 – 1; zitiert in Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 19. Aufl., S. 103 re. Sp. zu „Fernsehgeräte“) und auch nicht zu den „optischen Instrumenten und Apparaten“ der Widerspruchsmarke (vgl. BPatG 24 W (pat) 37/98 – AKURA/ACURA, veröffentlicht in BeckRS 1998, 14420); jedoch sind „Leuchtdioden [LED]-Fernsehgeräte“ den von der Widerspruchsmarke ebenfalls beanspruchten Waren „Optoelektronische Geräte“ sehr ähnlich, da die Optoelektronik Komponenten wie z.B. Laser, Bildschirme, optische Speicher und Datenträger umfasst (vgl. https://de.wikipedia. org/wiki/ Optoelektronik). Daher sind diese Waren der Widerspruchsmarke auch den von der angegriffenen Marke zu Klasse 09 weiterhin beanspruchten Waren „Monitore [Bildschirme]; OLED-Anzeigetafeln [organische LED-Anzeigetafeln]“ ähnlich.

36

e. Eine jedenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit besteht auch zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Modelle für wissenschaftliche Laborversuche“, da zB die für die Widerspruchsmarke registrierten Waren „Optische und Signalapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ auch für solche Modelle konzipiert und bestimmt sein können.

37

f. Was die von der angegriffenen Marke zu Klasse 11 beanspruchten „Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden [LEDs]; Flammenlose Leuchtdioden [LED]- Kerzen; LED-Beleuchtungsanlagen; LED-Leuchten; LED-Leuchtstreifen; LED
Lichtmaschinen; LED-Sicherheitslampen; LED-Stimmungsleuchten; LED
Taschenlampen; LED-Unterwasserbeleuchtungen; Leuchtdioden [LED]- Beleuchtungsanlagen“ betrifft, handelt es sich bei diesen ausnahmslos um
  „Beleuchtungskörper; … LED (Leuchtdioden) -Beleuchtungskörper“ wie sie für die Widerspruchsmarke eingetragen sind, so dass beide Marken sich insoweit auf identischen Waren begegnen können.

38

3. Die Widerspruchsmarke
CREE verfügt als Phantasiebegriff über eine von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen normalen Schutzumfang.

39

Soweit die Widersprechende sich darüber hinaus auf eine durch umfangreiche Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beruft, bedarf dies keiner abschließenden Entscheidung, da auch unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren nicht verneint werden kann.

40

4. Maßgebend dafür ist, dass die Vergleichszeichen eine jedenfalls durchschnittliche Zeichenähnlichkeit aufweisen.

41

a. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 15 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 – MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 – ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 – THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 – MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009 Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 – METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 – coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 – Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 – Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 – AIDA/AIDU m. w. N. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. BGH in GRUR 2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).

42

Ausgehend davon kann eine jedenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit der Vergleichszeichen nicht verneint werden.

43

b. Beide Zeichen unterscheiden sich durch den zusätzlichen Bestandteil „TEC“ bei der angegriffenen Marke und den bei der Widerspruchsmarke vorhandenen Doppelvokal „EE“ in ihrer Gesamtheit sowohl klanglich wie auch schriftbildlich so deutlich voneinander, so dass eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Zeichenähnlichkeit nur dann in Betracht kommt, wenn beim Vergleich der Zeichen auf Seiten der angegriffenen Marke vornehmlich auf den mit der Widerspruchsmarke bis auf den fehlenden Doppelvokal „EE“ übereinstimmenden Anfangsbestandteil „CRE“ abgestellt  werden kann.Dies wäre der Fall, wenn der rechtlich maßgebliche Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens
CRETEC trotz seiner Ausgestaltung als Einwortzeichen durch die Anfangssilbe „CRE“ geprägt würde.

44

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen zwar jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks schließt es allerdings nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können, den das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorruft (vgl. 
EuGH GRUR 2007, 700 Rn. 41 – HABM/Shaker [Limoncello/LIMONCHELO]; 
BGH GRUR 2008, 905 Rn. 26  – Pantohexal; GRUR 2012, 64 Rn. 14 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2019, 1058 Rn. 34 – KNEIPP, mwN). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen, so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2010, 729, Nr. 31 – MIXI; GRUR 2012, 64 Rn. 15 – Maalox/Melox-GRY).

45

Von diesen Maßstäben ist auch auszugehen, wenn es um die Beurteilung eines aus mehreren Bestandteilen zu einem Wort zusammengesetzten Zeichens geht (vgl. 
BGH GRUR 2008, 905 Rn. 26 – Pantohexal; GRUR 2020, 1202 Rn. 26 – YOOFOOD/YO). So ist es insbesondere nicht ausgeschlossen, dass bei einem  aus einem unterscheidungskräftigen und einem glatt beschreibenden Wortelement zusammengesetzten Einwortzeichen, das keinen Gesamtbegriff mit erkennbarem (neuem) Bedeutungsgehalt bildet,  das unterscheidungskräftige Wortelement das Zeichen prägt, weil der andere Zeichenbestandteil im konkreten Fall als bloßer Sachhinweis vernachlässigt werden kann (vgl. 
EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 53 f. – Hansson [Roslagspunsch/ROSLAGSÖL]; 
BGH GRUR 2020, 1202 Rn. 27 – YOOFOOD/YO).

46

Ausgehend davon wird der rechtlich maßgebliche Gesamteindruck der angegriffenen Marke
CRETEC allein durch den Bestandteil „CRE“ geprägt. Denn bei dem weiteren Bestandteil „TEC“ der angegriffenen Marke handelt es sich um eine gängige und „verbrauchte“ Abkürzung für „technic, technical, technology“

47

(= Technik, technisch, Technologie; vgl. BPatG, Beschl. v. 18. Oktober 2006, 26 W (pat) 207/04 – POWERTEC; Beschl. v. 7. Oktober 2003, 33 W (pat) 177/03 – NAVYTEC; Beschl. v. 29. April 2002, 30 W (pat) 129/01 – CLIPTEC). Diese wird innerhalb des angegriffenen Zeichens
CRETEC trotz dessen Ausgestaltung als Einwortzeichen ohne weiteres erkannt und neben dem für sich gesehen normal unterscheidungskräftigen Anfangsbestandteil „CRE“ als bloßer Sachhinweis wahrgenommen. Auch wenn beschreibende, nicht unterscheidungskräftige Bestandteile bei der Beurteilung des Gesamteindrucks nicht von vornherein außer Betracht bleiben dürfen, so kommt ihnen doch gegenüber den Bestandteilen mit einer größeren Unterscheidungskraft wie hier „CRE“ ein geringeres Gewicht zu (vgl. EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 53 f. – Hansson [Roslagspunsch/ROSLAGSÖL]; BGH GRUR 2020, 1202 Rn. 27 – YOOFOOD/YO). Dies führt dazu, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein von dem als Phantasieelement wahrgenommenen Bestandteil „CRE“ geprägt wird.

48

Die danach miteinander zu vergleichenden Zeichen(bestandteile) „CRE“ und
CREE sind klanglich identisch. Der (für das Schriftbild markante) Doppelvokal „EE“ bei der Widerspruchsmarke
CREE kommt bei mündlicher Wiedergabe nicht zum Tragen; vielmehr ist davon auszugehen, dass jedenfalls erhebliche Teile des inländischen Verkehrskreise die Zeichen(bestandteile) „Cre“ bzw.
CREE übereinstimmend wie „KRE“ aussprechen. Mit einer „englischen“ (und wohl auch im englischen Sprachraum zu erwartenden) Aussprache der Widerspruchsmarke
CREE iS von „KRI“ ist hingegen im Inland nicht zu rechnen, da das Markenwort
CREE keine charakteristischen Merkmale im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren oder Buchstabenfolgen (z. B. „heaven“) aufweist, die es als der englischen Sprache zugehörig erscheinen lassen. So ist insbesondere der Doppelvokal „ee“ auch in einer Vielzahl deutscher Wörter wie zB Idee, Klee, Kaffee anzutreffen.

49

Aufgrund dieser klanglichen Übereinstimmung zwischen dem den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägenden Zeichenbestandteil „CRE“ und der Widerspruchsmarke
CREE besteht zwischen den Vergleichszeichen in ihrer Gesamtheit eine jedenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit.

50

4. Ausgehend von einer danach jedenfalls durchschnittlichen Ähnlichkeit der Vergleichszeichen kann dann aber in der Gesamtabwägung angesichts der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der nach der Registerlage zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der Vergleichswaren eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen beiden Marken in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der angegriffenen Marke nicht verneint werden.

51

Daher ist die Löschung der angegriffenen Marke auch in Bezug auf diese Waren anzuordnen.

52

C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.