Beschluss des BPatG München 30. Senat vom 07.10.2021, AZ 30 W (pat) 503/20

BPatG München 30. Senat, Beschluss vom 07.10.2021, AZ 30 W (pat) 503/20, ECLI:DE:BPatG:2021:071021B30Wpat503.20.0

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Dr. Meiser und Merzbach

beschlossen:

Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 9. Juli 2016 angemeldete und seit dem 10. August 2016 u.a. für die Dienstleistungen

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„Klasse 40: Dienstleistungen eines Zahntechnikers;

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Klasse 41: Durchführung von medizinischen Schulungen und Unterricht; Betrieb von Schulungseinrichtungen; Durchführung von Workshops [Schulung]; Organisation und Durchführung von Schulungsveranstaltungen; Ausbildungsdienstleistungen; Unterrichtsdienstleistungen im Bereich Zahnmedizin; Unterweisung [Schulung] in Zahnpflege; Erstellung von Kursmaterialien zur Verteilung bei berufsbildenden Lehrgängen“

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eingetragene Wortmarke 30 2016 019 900

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dental.h

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ist Widerspruch erhoben worden aus der am 9. Februar 2005 angemeldeten und seit dem 2. Juni 2005 u.a. für die Dienstleistungen

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„Klasse 40: Dienstleistungen eines Dentallabors;

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Klasse 41: Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen, insbesondere für zahnärztliches und zahntechnisches Personal und für Dentallabore; Desktop-Publishing (Erstellen von Qualitäts-Management-Handbüchern mit dem Computer); Veröffentlichung und Herausgabe von QM-Handbüchern“

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registrierten Wortmarke 305 07 297

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DENTAL X

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wobei der Widerspruch allein auf die vorgenannten Dienstleistungen der Klassen 40 und 41 gestützt wurde und sich allein gegen die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 40 und 41 richtet.

12

Der Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 8. August 2017 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

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Der Widersprechende hat daraufhin vor der Markenstelle zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke verschiedene Unterlagen, u.a. eine eidesstattliche Versicherung ihres kaufmännischen Leiters, Herrn L…,
vorgelegt.

14

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 14. Oktober 2019 den Widerspruch zurückgewiesen, da der Widersprechende auf die zulässige und hinsichtlich beider Benutzungszeiträume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG (a.F.) statthafte Nichtbenutzungseinrede eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht habe.

15

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden, mit der er unter Vorlage einer weiteren eidesstattlichen Versicherung des Herrn L… vom
20. August 2020 zunächst geltend macht, dass die Widersprechende mit den vorgelegten Benutzungsunterlagen eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die dem Widerspruch zugrundeliegenden Dienstleistungen für beide nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG (a.F.) relevanten Benutzungszeiträume glaubhaft gemacht habe.

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Ausgehend davon könne eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen nicht vereint werden.

17

Zwischen den mit dem Widerspruch angegriffenen Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Dienstleistungen bestehe teilweise Identität und ansonsten eine hohe Ähnlichkeit.

18

Weiterhin verfüge die Widerspruchsmarke über eine von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der Zeichenbestandteil „DENTAL“ sei als Wort einer „toten Sprache“ unterscheidungskräftig, da er vom Durchschnittsverbraucher nicht verstanden und daher auch nicht als beschreibend aufgefasst werde.

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Ferner seien beide Marken klanglich, schriftbildlich und begrifflich hochgradig ähnlich. Sie stimmten in dem Bestandteil „Dental/DENTAL“ überein und unterschieden sich nur geringfügig durch die abweichenden Buchstaben „h“ bzw. „X“, was aber im Gesamteindruck angesichts der weitreichenden Übereinstimmungen der beiden vom Verkehr als Phantasiezeichen aufgefassten Marken nicht ins Gewicht falle.

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Der Widersprechende beantragt,

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den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Oktober 2019aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2016 019 900 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 305 07 297 in dem angegriffenen Umfang zu löschen.

22

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Er macht geltend, dass es nach wie vor an einer Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke fehle. Unabhängig davon könne allein die Übereinstimmung beider Zeichen in dem ohne weiteres verständlichen beschreibenden Bestandteil „dental/DENTAL“ keine für eine Verwechslungsgefahr hinreichende Zeichenähnlichkeit begründen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 66 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Gefahr von Verwechslungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Daher hat die Markenstelle den Widerspruch im Ergebnis zu Rechtzurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).

27

A. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (vgl. BGH WRP 2019, 1316 Rn. 11 – KNEIPP). Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde, sind bei hiergegen erhobenen Widersprüchen weiterhin die Vorschriften nach § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 MarkenG).

28

B. Die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; BGH GRUR 2020, 870 Rn. 25 – Injekt/Injex; GRUR 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2016, 283 Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. Rn. 48 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; BGH a. a. O. Rn. 25 – INJEKT/INJEX).

29

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken nicht zu besorgen.

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1. Die auf die zulässige und hinsichtlich beider Benutzungszeiträume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG (a.F.) statthafte Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin aufgeworfenen Benutzungsfragen können dahinstehen. Denn auch wenn man zugunsten der Widersprechenden von der Registerlage ausgeht, wonach sich die Zeichen bei identischen bzw. hochgradig ähnlichen Dienstleistungen begegnen können, scheidet eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen aus.

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2. Die aus einer Kombination des Begriffs „DENTAL“ mit dem abgesetzt angefügten Bestandteil „X“ gebildete Widerspruchsmarke verfügt jedenfalls in ihrer Gesamtheit über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

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a. Allerdings handelt es sich bei dem Zeichenbestandteil „DENTAL“ nicht um einen für den Durchschnittsverbraucher aufgrund seiner Herkunft aus dem Lateinischen („dentalis“) ungewöhnlichen Begriff einer „toten Sprache“, sondern um ein seit langem in den inländischen Sprachgebrauch eingegangenes, lexikalisch nachweisbares, und daher entgegen der Auffassung des Widersprechenden nahezu jedermann bekanntes Wort bzw. Wortbildungselement mit der Bedeutung „die Zähne betreffend“ (vgl. DUDEN-online zu „dental“; ferner bereits BPatG Beschl. v. 12.7.2000 – 29 W (pat) 175/99 – DENTAL WORLD, BeckRS 2012, 14383). Mit dieser Bedeutung erschöpft sich dieser Zeichenbestandteil in einer glatt beschreibenden und damit schutzunfähigen Angabe zu Bestimmungs- und Verwendungszweck bzw. zu Gegenstand und Inhalt der für die Widerspruchsmarke registrierten Dienstleistungen, da diese ausnahmslos „die Zähne betreffen“ können.

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b. Dies gilt aber nicht für den dem Zeichenbestandteil „DENTAL“ angefügten und aufgrund seiner abgesetzten Stellung als eigenständiger Zeichenbestandteil wahrgenommenen weiteren Bestandteil „X“, welchen man sowohl als Großbuchstaben „X“ als auch als römische Zahl „10“ interpretieren kann.

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Dieser verfügt in beiden möglichen Bedeutungen über eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Denn auch bei Einzelbuchstaben oder (römischen wie arabischen) Ziffern kommt es für die Beurteilung ihrer Schutzfähigkeit nach allgemeinen Grundsätzen darauf an, ob der konkrete Buchstabe bzw. die konkrete Zahl im Bereich der einschlägigen Waren oder Dienstleistungen eine kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Angabe darstellt, z. B. als Abkürzung beschreibender Angaben oder wegen häufiger anderweitiger Verwendung (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Aufl., § 8 Rdn. 253 sowie § 9 Rdn. 148; vgl. dazu auch EuGH GRUR Int. 2017, 972 Nr. 72 XKING/X); ist dies nicht der Fall, ist es im Regelfall geboten, dem Einzelbuchstaben bzw. der Ziffer eine normale Kennzeichnungskraft zuzusprechen (Ströbele/Hacker, ebenda; vgl. auch BGHGRUR 2012,930 Nr. 27, 29 – Bogner B/Barbie B). So liegt der Fall hier, da keine der genannten negativen Umstände (beschreibende Angabe, häufige Verwendung) festzustellen sind.

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c. Dies führt zu einer normalen Kennzeichnungskraft des Gesamtzeichens. Denn die Kennzeichnungskraft zusammengesetzter Zeichen bestimmt sich nach deren Gesamteindruck (Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 9 Rdn. 137). Dabei ist es in der Regel so, dass das kennzeichnungsstärkste Element zugleich die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke bestimmt (Ströbele/Hacker, ebenda, m. w. N; BGHGRUR 2009,766,769- Stofffähnchen). Vorliegend verbindet sich der Zeichenbestandteil „DENTAL“ mit dem nachgestellten „X“ zu einem einheitlichen Zeichen, welches vom Verkehr trotz des erkennbaren beschreibenden Aussagehalts von „DENTAL“ jedenfalls in seiner Gesamtheit als Phantasiezeichen wahrgenommen wird, was ihm normale Kennzeichnungskraft zukommen lässt.

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3. Die Vergleichsmarken weisen jedoch nur eine sehr geringe Zeichenähnlichkeit auf.

37

a. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 15 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 – MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 – ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 – THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 – MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009 Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr. 15 – AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 – METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 – coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 – Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 – Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 – AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, aaO § 9 Rdn. 270 m. w. N.). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. BGH in GRUR 2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).

38

Ausgehend davon weisen die Vergleichsmarken sowohl in klanglicher wie auch schriftbildlicher Hinsicht nur eine sehr geringe Ähnlichkeit auf.

39

b. Maßgeblich dafür ist, dass der Übereinstimmung in dem Zeichenbestandteil „DENTAL“ aus Rechtsgründen kein entscheidendes Gewicht bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit zukommt.

40

aa. Zwar dürfen beschreibende Zeichenbestandteile bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit nicht von vornherein außer Betracht bleiben, da die einander gegenüberstehenden Kennzeichen bei dieser Prüfung jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen sind (vgl. BGH, GRUR 2020, 870 Nr. 71 – INJEKT/INJEX). Dies bedeutet aber nicht, dass Übereinstimmungen in beschreibenden Angaben für sich gesehen ohne weitere Übereinstimmungen kollisionsbegründend wirken können. Vielmehr sind bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente der Kollisionszeichen zu berücksichtigen. Einer beschreibenden Angabe kann daher kein bestimmender Einfluss auf den Gesamteindruck einer Marke zukommen, weil der Verkehr beschreibende Angaben nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen, sondern lediglich als Sachhinweis auffasst. Für den Schutzumfang einer an eine beschreibende Angabe angelehnten Marke sind deshalb nur diejenigen Merkmale bestimmend, die dieser Marke Unterscheidungskraft verleihen. Entsprechend eng ist der Schutzbereich der Marke bei nur wenig kennzeichnungskräftigen Veränderungen gegenüber der beschreibenden Angabe zu fassen(vgl. BGH aaO Nr. 72).

41

Wenngleich somit ein kennzeichnungsschwacher bzw. schutzunfähiger Bestandteil den jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck der Vergleichszeichen durchaus mitbestimmen und im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen kann (vgl. BGH, GRUR 2004, 783, 785 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX), so kann gleichwohl
allein eine Übereinstimmung in einer beschreibenden Angabe (hier DENTAL/dental)
ohne jegliche weitergehende Ähnlichkeiten bei den übrigen (schutzfähigen) Zeichenbestandteilen (hier: „X“ bzw. „.h“), die der Verkehr aufgrund der Schutzunfähigkeit des beschreibenden Bestandteils als allein individualisierende Merkmale betrachten und damit zur Unterscheidung heranziehen wird, keine für eine Verwechslungsgefahr relevante Zeichenähnlichkeit begründen, und zwar unabhängig von der tatsächlichen Frage, ob der Verkehr gleichwohl in Bezug auf einen solchen beschreibenden Bestandteil Verwechslungen unterliegt. Denn ebenso wenig wie Schutz für die zugrundeliegende schutzunfähige Bezeichnung beansprucht werden kann, kann allein aus der Übereinstimmung beider Markenwörter in einem solchen Bestandteil eine Verwechslungsgefahr abgeleitet werden.

42

bb. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den Vergleichszeichen nicht um Abwandlungen einer beschreibenden Angabe („DENTAL“), sondern beide Zeichen kombinieren die glatt beschreibende Angabe „DENTAL/dental“ mit einem Buchstaben („X“ bzw. „.h“). Schutzbegründend wirkt bei der Widerspruchsmarke daher allein die Hinzufügung des Zeichenbestandteils „X“, was auch für die angegriffene Marke hinsichtlich des Buchstabens „.h“ gilt. Der stimmlose Laut „h“ und der Bestandteil „X“ weisen aber bei einer zu erwartenden Aussprache von „X“ wie „icks“ bzw. – als Zahl – „zehn“ weder im Klangbild noch in ihrer für das das Schriftbild maßgeblichen Umrisscharakteristik (X gegenüber h) irgendwelche Gemeinsamkeiten und Annäherungen auf. Die jeweils die Eigenprägung gegenüber der beschreibenden Angabe „DENTAL“ begründenden und vom Verkehr zur Unterscheidung herangezogenen Bestandteile „X“ bzw. „.h“ der Vergleichszeichen sind daher absolut unähnlich.

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c. Stimmen die Vergleichszeichen somit allein in dem schutzunfähigen Wortbestandteil „DENTAL/dental“ überein, verfügen die Vergleichszeichen in ihrer Gesamtheit lediglich über eine sehr geringe Zeichenähnlichkeit.

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4. In Anbetracht der dieser sehr geringen Ähnlichkeit der Vergleichszeichen scheidet in der Gesamtabwägung die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr bei anzunehmender durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke selbst bei identischen Dienstleistungen aus.

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5. Ebenso wenig besteht eine Gefahr, dass die Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Allein die Verwendung eines ähnlichen Zeichenbildungsprinzips ist nicht geeignet, eine solche Gefahr zu begründen, da dies darauf hinausliefe, der Widersprechenden unabhängig von dem maßgeblichen klanglichen und schriftbildlichen Gesamtbild ein Monopol nicht nur für ein bestimmtes Zeichen, sondern darüber hinaus für eine bestimmte Methode der Zeichenbildung zuzusprechen. Der Inhaber einer Marke hat aber grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ein allgemeines Prinzip, welches der Bildung seines Zeichens zugrunde liegt, ausschließlich seiner Nutzung vorbehalten bleibt und von Dritten nicht aufgegriffen werden darf. So kann die sinngemäße Übereinstimmung eines Zeichenbestandteils nicht zur Begründung einer Zeichenähnlichkeit herangezogen werden, wenn der Verkehr rein assoziative gedankliche Verbindungen über einen den beiden Zeichen gemeinsamen Oberbegriff oder ein beiden Zeichen zugrunde liegendes Zeichenbildungsprinzip herstellt (vgl. BGH GRUR 2015, 1114 Nr. 33 – Springender Pudel; Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 9 Rdnr. 512); dies gilt erst recht, wenn sich ein solches Prinzip wie hier maßgeblich auf eine die Dienstleistungen glatt beschreibende Angabe wie „DENTAL/dental“ gründet.

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C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.