BPatG München 26. Senat, Beschluss vom 30.08.2021, AZ 26 W (pat) 591/20, ECLI:DE:BPatG:2021:300821B26Wpat591.20.0
Tenor
In der Beschwerdesache
…
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 30. August 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Kätker und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Die Wortfolge
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Wash Tower
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ist am 22. Mai 2020 unter der Nummer 30 2020 106 791.3 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren der
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Klasse 20: Möbel, Schränke für Waschmaschinen und Trockner, die in Form eines Turms übereinander gelagert werden sollen; Regale für Waschmaschinen und Trockner, die in Form eines Turms übereinander gelagert werden sollen.
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Mit Beschluss vom 23. September 2020 hat die Markenstelle für Klasse 20 des DPMA durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen setze sich aus einfachen und leicht verständlichen Wörtern der englischen Sprache zusammen und sei mühelos im Sinne eines Waschturms verständlich. Mit diesem Bedeutungsgehalt stelle die angemeldete Bezeichnung aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nur eine anpreisende Sachinformation dar, dass es sich bei den beanspruchten Möbeln um in Form von zu Türmen gestapelten Schränken und Regalen für Waschmaschinen und Trockner, eben um Waschtürme handele. Solchen rein beschreibenden Sachangaben entnehme der Verkehr keinen Hinweis auf die Herkunft der damit bezeichneten Waren aus einem ganz bestimmten Unternehmen.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die darauf hinweist, dass die Bezeichnung „WASHTOWER“ am 17. Juli 2020 für die Waren der Klasse 20 „
Möbel, nämlich Schränke für Waschmaschinen oder Wäschetrockner; Schränke“ als Unionsmarke (018 193 675) eingetragen worden sei.
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Die Anmelderin beantragt,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des DPMA vom 23. September 2020 aufzuheben.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Juli 2021 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 3, Bl. 18 – 36R GA) darauf hingewiesen worden, dass das Anmeldezeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „
Wash Tower“ stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren sowohl das absolute Eintragungshindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher im Ergebnis zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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1. a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Bestimmung verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die ein Merkmal oder mehrere Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2011, 1035 Rdnr. 37 – Agencja Wydawnicza Technopol/HABM [1000]; BGH WRP 2021, 1166 Rdnr. 13 f. – Black Friday; GRUR 2017, 186 Rdnr. 38 – Stadtwerke Bremen).
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Ob ein Zeichen oder eine Angabe beschreibend ist, bestimmt sich nach dem Verständnis der Verkehrskreise, die als Abnehmer oder Interessenten der betroffenen Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 14– Black Friday; GRUR 2009, 669 Rdnr. 16 – POST II). Dabei ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 23 – 25 – Bostongurka; a. a. O.– Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 19 – Black Friday; a. a. O. – Stadtwerke Bremen).
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Ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt nicht voraus, dass die Zeichen und Angaben nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehenden Verkehrsverständnis bereits tatsächlich für die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibend verwendet werden. Wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, genügt es, dass die Zeichen oder Angaben diesem Zweck dienen können. Ein Freihaltebedürfnis liegt deshalb auch vor, wenn die Benutzung der angemeldeten Marke als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 2010, 534 Rdnr. 52 – Prana Haus/HABM [PRANAHAUS]; GRUR 2004, 146 Rdnr. 32– HABM/Wrigley [Doublemint]; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – Campina Melkunie [BIOMILD]; BGH a. a. O. – Black Friday; a. a. O. Rdnr. 42 – Stadtwerke Bremen).
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b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die angemeldete Wortfolge „
Wash Tower“ schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 22. Mai 2020, geeignet gewesen, die Beschaffenheit und den Bestimmungszweck der beanspruchten Waren unmittelbar zu beschreiben.
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aa) Von den angemeldeten Produkten der Klasse 20 werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Fachhandel für Möbel und Einrichtungsgegenstände angesprochen.
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bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Wörtern „Wash“ und „Tower“ zusammen.
19
aaa) Das Substantiv „wash“ gehört zum englischen Grundwortschatz und steht für „Wäsche, Waschen“ (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2. Aufl. 1977, S. 111; www.dict.leo.org/englisch-deutsch/wash). Das ebenfalls zum englischen Grundwortschatz gehörende Verb „to wash“ wird mit „(sich) waschen, unterspülen, ausspülen, saubermachen“ übersetzt (Weis, a. a. O.; www.dict.leo.org/englisch-deutsch/wash) und bedeutet „unter Verwendung von Seife oder eines Waschmittels durch häufiges [maschinelles] Bewegen in Wasser [und durch Reiben, Drücken, Walken] von Schmutz befreien“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/waschen).
20
bbb) Auch das Nomen „tower“ zählt zum englischen Grundwortschatz und wird mit „Turm“ übersetzt (Weis, a. a. O., S. 107; www.dict.leo.org/englisch-deutsch/tower). Darunter versteht man ein „hoch aufragendes, auf verhältnismäßig kleiner Grundfläche stehendes Bauwerk, das oft Teil eines größeren Bauwerks ist“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Turm).
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cc) In der Gesamtheit kommt dem Anmeldezeichen die für alle Verkehrskreise allgemein verständliche Bedeutung „Waschturm“ zu.
22
dd) Aus Sicht des angesprochenen Publikums hat sich das Anmeldezeichen daher schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 22. Mai 2020, in der unmittelbar beschreibenden Angabe erschöpft, dass es sich bei den angemeldeten Produkten „
Möbel, Schränke für Waschmaschinen und Trockner, die in Form eines Turms übereinander gelagert werden sollen; Regale für Waschmaschinen und Trockner, die in Form eines Turms übereinander gelagert werden sollen“ der Klasse 20 um Möbel, Schränke oder Regale handelt, die es ermöglichen, Waschmaschinen und Trockner übereinander in Form eines Turms aufzustellen.
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ee) In diesem Sinne ist die deutsche Entsprechung „Waschturm“ der beanspruchten Bezeichnung auch schon vor dem Anmeldetag im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet worden, um einen Schrank für eine Waschmaschine und/oder einen Wäschetrockner bzw. einen Aufbau zu beschreiben, bei dem der Wäschetrockner mittels eines Zwischenbaurahmens auf die Waschmaschine gestellt wird (Anlagenkonvolut 1 zum gerichtlichen Hinweis):
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– „Mehr als nur ein Dach über dem Kopf – Die Huwa-Waschmaschinenfabrik R. Hunziker AG ist die Adresse für qualitativ hochwertige Waschmaschinen. … Im Angebot ein Huwa-
Waschturm A+++, …“ (29. März 2017);
25
– „Ein
Waschturm für die Hausherrin – … Der Hausherr hatte seiner Holden daher schon während der Bauphase ein wahres Monster von
Waschturm bestellt. … Und hier ist das gute Stück, der
Waschturm von Gering … Funktionen: Klar zunächst mal jede Menge Stauraum. Beladen von Waschmaschine und Trockner ohne Bücken. Ausziehbare Böden für die Waschkörbe während des Beladens. …“ (27. Oktober 2019);
26
– „
Waschturm Waschmaschinenschrank … Die perfekte Waschmaschinenschrank Lösung für Ihren Hauswirtschaftsraum. Durch die erhöhte Einbauposition ein rückenschonendes Beladen Ihrer Waschmaschine oder Trockner. Der
Waschturm bietet außerdem zusätzlichen Stauraum, …“ (24. Mai 2017);
27
– „Zwischenbaurahmen 2019 … Der Versand ist recht fix, so dass man schon bald seinen
Waschturm aufstellen kann. … Außerdem wird auch noch der eigene Rücken bei einem solchen
Waschturm geschont. … Wer einmal den Komfort mit der Ausziehfläche zwischen Trockner und Waschmaschine genutzt hat, wird darauf auch nie wieder verzichten. …“
28
– „Miele
Waschturm Tumbler/Waschmaschine (22. September 2019).
29
Eine Google-Recherche vor dem 22. Mai 2020 hat auch für die englische Wortfolge Nachweise ergeben, bei denen Möbel unterschiedlicher Hersteller angeboten werden, die es ermöglichen, Waschmaschine und/oder Trockner zusammen oder einzeln in einen hohen Schrank zu integrieren (Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis):
30
– „moebel-eins
WASH Tower Waschmaschinenschrank Weiss günstig auf Amazon.de …“ (16. November 2018);
31
– „
WASH TOWER Waschmaschinenschrank …“ (30. September 2016);
32
– „FORTE
WASH TOWER WSCS 146 MONTAGEANLEITUNG …“ (26. Dezember 2015);
33
– LG SINGLE UNIT FRONT LOAD LG
Wash Tower – White … (25. Oktober 2011).
34
ff) Da die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist, bedarf es für die Begründung des Eintragungshindernisses wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang das Anmeldezeichen als beschreibende Angabe bereits vor dem Anmeldezeitpunkt bekannt war oder verwendet wurde. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass sie diesem Zweck dienen kann.
35
2. Wegen seines unmittelbar beschreibenden Charakters fehlt dem Anmeldezeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die erforderliche Unterscheidungskraft für die in Rede stehenden Waren.
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a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
38
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas? I; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas? I; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH a. a. O. – HABM/Wrigley [Doublemint]; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).
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b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das angemeldete Wortzeichen „
Wash Tower“ nicht. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben das Anmeldezeichen schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 22. Mai 2020, ausschließlich als Sachangabe, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis aufgefasst.
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aa) Allein der Umstand, dass der Begriff „
Wash Tower“ lexikalisch nicht nachweisbar ist, steht der Annahme des Schutzhindernisses nicht entgegen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen vermittelt werden sollen. Er wird daher auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 28 W (pat) 33/15 – Traumtomaten).
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bb) Auch die Getrenntschreibung ist nicht geeignet, ein Mindestmaß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft zu bewirken. Eine Änderung im Sinngehalt ist mit der Getrenntschreibung nicht verbunden. Die angemeldete Schreibweise stellt lediglich ein in der Werbung gebräuchliches Mittel dar, um zusätzliche Aufmerksamkeit zu erregen (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 – AntiVir/AntiVirus; BPatG 24 W (pat) 522/16 – MILK BITS; 26 W (pat) 152/09 – Info Network; 25 W (pat) 197/02 – Effect Color; 25 W (pat) 9/09 – Winter Apfel; 32 W (pat) 20/05 – Der Frauen Versteher).
42
cc) Die Schutzunfähigkeit des Anmeldezeichens besteht unabhängig vom Anbringungsort.
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aaa) Bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2019, 1194 Rdnr. 24 und 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH GRUR 2020, 411 Rdnr. 13 – #darferdas? II; GRUR 2018, 932 Rdnr. 18 – #darferdas? I, m. w. N.;). Hierzu rechnen die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet, und insbesondere die Stelle, an der sie angebracht werden. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Ware angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft oder als bloß beschreibendes oder dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren (vgl. BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – #darferdas? I, m. w. N.). Dabei muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – #darferdas? II). Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 25 – AS/DPMA [#darferdas?; BGH a. a. O. – #darferdas? II]).
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bbb) Auch unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher Verwendungsarten bei den beanspruchten Möbeln und Regalen auf deren Korpus oder auf deren Verpackung ist die Bezeichnung „Wash Tower“ auch am Anmeldetag von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen wegen ihres produktbeschreibenden Charakters nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel aufgefasst worden.
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3. Auch die von der Anmelderin angeführte Unionsmarke „WASHTOWER“ (018 193 675), die am 17. Juli 2020 für die fast identischen Waren der Klasse 20 „
Möbel, nämlich Schränke für Waschmaschinen oder Wäschetrockner; Schränke“ registriert worden ist, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
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Abgesehen davon, dass diese Marke erst nach dem hier maßgeblichen Anmeldetag eingetragen worden ist, sind die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) aufgrund der Unionsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse für Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 63 – Henkel; GRUR 2004, 674 Rdnr. 43 f. – Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten (BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 30 – HOT; GRUR 2009, 778 Rdnr. 18 – Willkommen im Leben). Das Recht der Unionsmarke ist ein autonomes System, das vom nationalen Recht unabhängig ist.