BPatG München 26. Senat, Beschluss vom 17.08.2021, AZ 26 W (pat) 566/19, ECLI:DE:BPatG:2021:170821B26Wpat566.19.0
Tenor
In der Beschwerdesache
…
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. August 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie des Richters Dr. von Hartz und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Wortfolge
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healthy vinyl
3
ist am 26. März 2018 unter der Nummer 30 2018 103 427.6 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren der
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Klasse 6: Unedle Metalle und deren Legierungen; Baumaterialien aus Metall; Bauteile aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrohre; Waren aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, nämlich Verbindungs- und Befestigungselemente aus Metall für Fußbodenplatten, Fußbodenbretter, Fußbodenpaneele und für Wand- und Deckenverkleidungsteile sowie Metallriegel zum Überbrücken und Zusammenhalten der Fußbodenplatten, Fußbodenbretter, Fußbodenpaneelen sowie der Wand- und Deckenverkleidungsteile; Fußböden aus Metall; Verbindungs- und Befestigungselemente aus Metall für Fußbodenplatten, Fußbodenbretter, Fußbodenpaneele und für Wand- und Deckenverkleidungsteile; Metallrahmen für Bauzwecke; Haken (Kleineisenwaren); Stifte (Kleineisenwaren); Dübel (Verbindungsdübel, Stifte) aus Metall; Scharniere aus Metall; Scharnierbänder aus Metall;
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Klasse 19: Baumaterialien, nicht aus Kork; Rohre für Bauzwecke; Profile, Profilleisten, Leisten, Platten, Bretter, Verkleidungsteile, alle vorgenannten Waren, nicht aus Metall und nicht aus Kork, für Bauzwecke; Holz für Bauzwecke; bearbeitetes Holz, Nutzholz; Konstruktionsholz, verleimtes Holz, Furnierholz; Kantenabschlüsse, nicht aus Metall, für Baumaterialien; Bauteile und Baumaterialien, nicht aus Kork, zur Dämmung; Fußböden, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Wand- und Deckenverkleidungsteile, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele aus Holz, Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele aus Holz, Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork, ausgestattet mit integrierten Verriegelungselementen; Platten, Bretter und Paneele als Wand- und Deckenverkleidungen aus Holz, Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Platten, Bretter und Paneele als Wand- und Deckenverkleidungen aus Holz, Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork, ausgestattet mit integrierten Verriegelungselementen;
6
Klasse 27: Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und andere Bodenbeläge, alle vorgenannten Waren nicht aus Kork; Korkfreie Bodenbeläge aus Kunststoff; Tapeten [ausgenommen aus textilem Material]; Fußbodenbeläge, nicht aus Kork; Fußbodenisolierbeläge, nicht aus Kork.
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Mit Beschluss vom 24. September 2019 hat die Markenstelle für Klasse 27 des DPMA durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die sprachüblich gebildete Wortfolge setze sich ohne weiteres erkennbar aus dem englischen Adjektiv „healthy“ für „gesund“ und der von Polyvinylchlorid (PVC) abgeleiteten Bezeichnung „vinyl“ zusammen. Als Ableitung vom englischen Substantiv „health“ für „Gesundheit“ werde dieses englische Grundwort auch im Inland als beschreibender Sachhinweis vielfach in der Werbung verwendet, wie z. B. „healthy food, healthy feet, HEALTHY SEAS – Umweltorganisation, healthy socks, Women´s Health, Be Healthy-Schlankheitskur“. In der Gesamtheit werde dem Anmeldezeichen lediglich entnommen, dass die damit gekennzeichneten Waren aus „gesundem/nicht gesundheits- oder umweltschädlichem Vinyl/Kunststoff“ hergestellt worden oder für die Verarbeitung dieses Kunststoffes besonders geeignet seien. Sowohl den Fachkreisen als auch dem Durchschnittsverbraucher sei die Problematik von Weichmachern beim Einsatz von Kunststoffen im Innenbereich bekannt. Im Internet werde auf die Schädlichkeit oder die Unschädlichkeit von Weichmachern in Vinylböden hingewiesen. Die gesundheitlich bedenkenlose Einsatzmöglichkeit unschädlichen Kunststoffs, die durch das Adjektiv „healthy“ suggeriert werde, sei ein entscheidender Verkaufsvorteil. Das ausschließlich aus beschreibenden Begriffen gebildete Anmeldezeichen stelle daher nur einen werbeüblichen, anpreisenden Qualitätshinweis auf die gesundheitlich unbedenkliche Beschaffenheit der beanspruchten Waren dar. Gerade der durch Berichte über Gesundheitsgefahren von Vinylböden aufgeschreckte Endverbraucher wolle gesundheitlich unbedenkliche Produkte.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, aus einem Eintrag in einem Internetwörterbuch und einer Internetsuche könne nicht geschlossen werde, dass die inländischen Verkehrskreise das Element „healthy“ verstehen. Die Bedeutungen „gesund“, „beträchtlich“ oder „solide“ könnten nur im Kontext eindeutig zugeordnet werden, so dass eine begriffliche Ungenauigkeit vorliege. Die Duden-Definition für Vinyl, nämlich „von Äthylen abgeleiteter ungesättigter Kohlenwasserstoffrest“ könne für das Verkehrsverständnis nicht zugrunde gelegt werden. Stattdessen werde unter „Vinyl“ umgangssprachlich der zur Herstellung von Schallplatten verwendete Kunststoff verstanden. Polyvinylchlorid sei das Produkt einer chemischen Reaktion. Je nach Herstellungsverfahren werde zwischen E-PVC, S-PVC und M-PVC unterschieden. Bei keinem dieser Verfahren würden Edukte natürlichen Ursprungs eingesetzt. Wegen der Einzelheiten der verschiedenen Produktionsprozesse wird auf den Seiten 2 und 3 des Schriftsatzes vom 15. Dezember 2020 (Bl. 113 f. GA) Bezug genommen. Die inhärente Widersprüchlichkeit des Ausdrucks „gesunder Vinyl-Kunststoff“ werde als Oxymoron oder contradictio in adiecto, also als rhetorisches Stilmittel erkannt. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die angemeldete Bezeichnung einen engen beschreibenden Bezug zu den Metallwaren der Klasse 6 oder zu den Produkten der Klasse 19 aus Holz, Holzersatzstoffen, Laminat oder Leder aufweisen solle, weil es sich bei diesen Materialien nicht um Vinyl handele. Insoweit sei auch ein Freihaltebedürfnis nicht gegeben.
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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 27 des DPMA vom 24. September 2019 aufzuheben.
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Auf den gerichtlichen Hinweis mit Schreiben vom 19. November 2020 unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 11, Bl. 33 – 102 GA) hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2020 ihr Warenverzeichnis eingeschränkt, indem sie am Ende der Klassen 19 und 27 jeweils den Halbsatz angefügt hat: “
; alle zuvor genannten Waren nicht aus Polyvinylchlorid (PVC).„
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Auf den Ladungszusatz vom 7. Juli 2021, dass das Anmeldezeichen auch für das eingeschränkte Verzeichnis als nicht schutzfähig angesehen werde, hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und Entscheidung nach Aktenlage beantragt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
14
Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
15
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens “
healthyvinyl“ als Marke stehen für die meisten der beanspruchten Waren das Eintragungshindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und im Übrigen das Schutzhindernis der ersichtlichen Täuschungsgefahr nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 4, 37 Abs. 3 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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1. a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2011, 1035 Rdnr. 37 – 1000; BGH GRUR 2017, 186 Rdnr. 38 – Stadtwerke Bremen). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfordert nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden. Vielmehr genügt es, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können (EuGH GRUR 2004, 146, 147 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; GRUR 2010, 534, Juris-Tz. 52 – PRANAHAUS).
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Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 23 – 25 – Bostongurka; GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Windsurfing Chiemsee; BGH a. a. O. – Stadtwerke Bremen).
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b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die angemeldete Wortfolge “
healthyvinyl“ schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 26. März 2018, geeignet gewesen, die Beschaffenheit und den Bestimmungszweck der meisten beanspruchten Waren der Klasse 6 sowie sämtlicher Produkte der Klassen 19 und 27 unmittelbar zu beschreiben.
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aa) Die angemeldeten Waren der Klassen 6, 19 und 27 richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher als auch an den Metall-, Holz- und Baufachhandel sowie den Fachverkehr der Bodenbelags-Branche. Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist der angesprochene Verkehrskreis nicht auf den Fachverkehr beschränkt, der über chemische Fachkenntnisse verfügt, weil die beanspruchten Produkte auch vom Durchschnittsverbraucher, wie z. B. Heimwerkern und Hobbyhandwerkern nachgefragt werden (vgl. BPatG 30 W (pat) 19/17 – Smooth; 28 W (pat) 523/11 – fensterbau24; 28 W (pat) 533/12 – Green Now; 28 W (pat) 506/18 – maxi keramik).
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bb) Das Anmeldezeichen besteht aus den Wörtern „healthy“ und „vinyl“.
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aaa) Das Adjektiv „healthy“ gehört zum englischen Grundwortschatz mit der Bedeutung „gesund, wohlbehalten“ (Weis, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2. Aufl. 1977, S. 52;
www.dict.cc, Stichwort: healthy, Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis; BPatG 32 W (pat) 47/06 – healthy living; 26 W (pat) 158/09 – STAY HEALTHY, DRINK NATURAL). Lange vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 26. März 2018, ist es zudem in der Werbung häufig als Produktversprechen benutzt worden, wie z. B. „Yakult – working on a healthy society“ (2008, Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis), „healthy living“ (2008, Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis), „Ciba Vision Shared Passion for Healthy Vision and Better Life“ (2007, Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis) und in 362 Slogans (
www.slogans.de, Stichwort: healthy, Anlage 5 zum gerichtlichen Hinweis). Insoweit reiht sich das Adjektiv „healthy“ als produktbeschreibende Angabe unter Berücksichtigung der stetig wachsenden Bedeutung von natürlichen/umweltverträglichen Materialien/Stoffen auch in sinnentsprechende Begriffe wie „bio“, „öko/ökologisch, „umweltfreundlich“ oder „green“ nahtlos ein (vgl. BPatG 29 W (pat) 99/05 – ökomobil; 30 W (pat) 501/17 – BioSol; 26 W (pat) 524/20 – greentec m.w.N.).
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bbb) „Vinyl“, von lateinisch „vinum“ für „Wein“ und altgriechisch ὕλη (hyle) im Sinne von „Stoff, Materie“ bezeichnet sowohl den Kunststoff „Polyvinylchlorid“ mit dem Kurzzeichen „PVC“ als auch umgangssprachlich eine seit 1948 aus Polyvinylchlorid hergestellte Schallplatte (
https://de.wikipedia.org/wiki/Vinyl). Der lexikalisch erfasste Begriff „Vinyl“ wird im Duden definiert als einen von Äthylen abgeleiteten ungesättigten Kohlenwasserstoffrest bzw. umgangssprachlich als einen auf Vinyl beruhenden Kunststoff (PVC) (https://www.duden.de/rechtschreibung/Vinyl_Kunststoff_Kohlenwasserstoff; BPatG 28 W (pat) 245/85 – Thermovinyl).
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(1) Polyvinylchlorid ist ein thermoplastisches Polymer, das durch Kettenpolymerisation aus dem Monomer Vinylchlorid hergestellt wird. PVC ist nach Polyethylen und Polypropylen das drittwichtigste Polymer für Kunststoffe. Die PVC-Kunststoffe werden in Hart- und Weich-PVC unterteilt. Hart-PVC wird beispielsweise zur Herstellung von Fensterprofilen, Rohren und Schallplatten verwendet. Weich-PVC enthält Weichmacher, die zu einem elastischen Verhalten des Materials führen (
https://de.wikipedia.org/wiki/Polyvinylchlorid).
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(2) In Deutschland sind 2013 rund 70 % aller PVC-Anwendungen für den Bausektor bestimmt gewesen, nämlich u. a. für Fensterprofile, Rohre, Fußböden, Kabel, Verpackungen und Weichfolien (AGPU e.V., Alles über PVC, Januar 2016, S. 7, Nachweis im Verfahren 26 W (pat) 563/19;
www.chemgapedia.de, Stichwort: Polyvinylchlorid, 2016, Nachweis im Verfahren 26 W (pat) 563/19). Dabei hat auch der gesundheitliche Aspekt der Verwender von PVC-Produkten im Fokus der Öffentlichkeit gestanden („PVC-Boden im Test: Schädlicher Weichmacher in jedem zweiten Bodenbelag“, ÖKO-TEST Mai 2017, Nachweis im Verfahren 26 W (pat) 563/19). Als Baumaterialien sind auch Vinyltapeten bekannt (Zwiener/Mötzl, Ökologisches Baustoff-Lexikon, 3. Aufl., S. 530, Nachweis im Verfahren 26 W (pat) 563/19).
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cc) In der Gesamtheit hat der angesprochene Verkehr die Wortfolge “
healthyvinyl“ daher schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 26. März 2018, im Sinne von „gesunder/unschädlicher Kunststoff/PVC“ verstanden.
26
dd) Im Zusammenhang mit den beanspruchten Baumaterialien hat sich diese Gesamtbedeutung dem allgemeinen Publikum ohne eine mehrere Gedankenschritte erfordernde analysierende Betrachtungsweise erschlossen; sie hat sich geradezu aufgedrängt (vgl. BPatG 25 W (pat) 93/11 – BioJäger), zumal gesunde Bodenbeläge aus Kunststoff schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt Gegenstand öffentlicher Diskussion gewesen sind, weil dem Kunststoff Polyvinylchlorid (PVC) gesundheitsschädliche Phthalat-Weichmacher beigemischt sein können, um diesen elastischer zu machen:
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– „Ist ein Vinylboden gesundheitsschädlich? … Früher wurden für die Polyvinylchlorid-Bodenbeläge (PVC), Weichmacher verwendet, die der Gesundheit geschadet haben. Weichmacher sind grundsätzlich notwendig, um aus dem spröden und, harten Kunststoff einen formbaren, flexiblen und strapazierfähigen Bodenbelag zu entwickeln. Außerdem verringert sich durch Weichmacher und Stabilisatoren das Gewicht des Belags. … Phthalate als Weichmacher … sind gesundheitlich äußerst bedenkliche chemische Verbindungen, die im Verdacht stehen krebserregend zu sein und Unfruchtbarkeit, Übergewicht und Diabetes hervorzurufen. Da die Hersteller diese Risiken nicht tragen wollten, werden Phthalate heute nicht mehr für die Vinylböden eingesetzt. … Somit wird auf giftige Weichmacher und andere gesundheitsschädliche Stoffe verzichtet. Als Weichmacher-Derivat wird heute das Estergemisch Mesamoll verwendet. … Mesamoll ist gesundheitlich unbedenklich. Daher können Sie nun einen pflegeleichten und robusten Vinylboden kaufen, von dem keine Gefahr mehr für Ihre Gesundheit ausgeht. …“ (28. August 2017,
https://www.parkett-direkt.net/blog/ist-ein-vinylboden-gesundheitsschaedlichhttps://www.parkett-direkt.net/blog/ist-ein-vinylboden-gesundheitsschaedlich, Anlage 6 zum gerichtlichen Hinweis);
28
–
https://www.parkett-direkt.net/blog/ist-ein-vinylboden-gesundheitsschaedlich, Anlage 6 zum gerichtlichen Hinweis);
29
– „CHECK – PHTHALATFREI – SORGENFREI … Dabei ist die Wohngesundheit absolut sichergestellt, denn alle CHECK Vinylböden sind komplett phthalatfrei. Sie enthalten lediglich unbedenkliche Weichmacher, wie sie auch für Kinderspielzeug oder PET-Flaschen verwendet werden.“ (19. Dezember 2017,
https://www.check-floors.com/service/presseinformationen/phthalatfrei-sorgenfreihttps://www.check-floors.com/service/presseinformationen/phthalatfrei-sorgenfrei, Anlage 7https://www.check-floors.com/service/presseinformationen/phthalatfrei-sorgenfrei, Anlage 7 zum gerichtlichen Hinweis);
30
–
„TSCHECHISCHE VINYL-BÖDEN … Die Vinylbodenbeläge, Produkte von Fatra, a.s., charakterisieren modernen Lebensstil, machen das Wohnen angenehm, gestalten ein gesundes und reines Ambiente, schützen vor den Allergien. …“ (29. Juli 2011, Anlage 11 zum gerichtlichen Hinweis);
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– „Biologische Weichmacher als Alternative zu chemischen Wirkstoffen – Einen biologischen Weichmacher für Kunststoffe, der gesundheitsschädliche Weichmacher auf Phthalat-Basis ersetzen könnte, stellen Fraunhofer-Forscher auf der Internationalen Grünen Woche vom 17. bis 26. Januar [2014] in Berlin vor. Der neue Wirkstoff basiert auf Bernsteinsäure und verbindet sich sehr gut mit Kunststoffen wie PVC. …“ (
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/chemie/biologische-weichmacher-alternative-zu-chemischen-wirkstoffen/https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/chemie/biologische-weichmacher-alternative-zu-chemischen-wirkstoffen/, Nachweis im
https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/chemie/biologische-weichmacher-alternative-zu-chemischen-wirkstoffen/, Nachweis im Verfahren 26 W (pat) 563/19).
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Phthalat-Weichmacher sind seit 2015 in der EU zulassungspflichtig, dürfen nicht in Kinderspielzeug und Elektronikprodukten verwendet werden und kamen schon vor dem Anmeldezeitpunkt in Bodenbelägen vor. Erst seit dem 7. Juli 2020 gilt nach der Europäischen Chemikalien-Verordnung REACH zumindest für die vier Phthalate DEHP (Di(2-ethylhexyl)phthalat), DBP (Dibutylphthalat), DiBP (Diisobutylphthalat) und BBP (Benzylbutylphthalat) der strenge Grenzwert von 0,1 Prozent für bestimmte Alltagsprodukte, der bislang nur für Babyartikel und Spielzeug vorgeschrieben war, weil sie nachgewiesenermaßen auf das Hormonsystem wirken, die menschliche Fortpflanzungsfähigkeit beeinflussen und sich schädlich auf die Entwicklung von Kindern im Mutterleib auswirken können (
https://www.dekra.de/de/neue-verbote-fuer-weichmacher/;
https://www.eggbi.eu/forschung-und-lehre/zudiesemthema/phthalate-und-andere-weichmacher-in-bauprodukten/https://www.eggbi.eu/forschung-und-lehre/zudiesemthema/phthalate-und-andere-weichmacher-in-bauprodukten/;
https://www.eggbi.eu/forschung-und-lehre/zudiesemthema/phthalate-und-andere-weichmacher-in-bauprodukten/; https://www.bmu.de/pressemitteilung/schaerfere-eu-regeln-fuer-weichmacher-in-kunststoffen).
33
Die zweite Bedeutung von „Vinyl“ im Sinne von „Schallplatte“ liegt vor diesem Hintergrund fern.
34
ee) Die angemeldete Wortkombination erschöpft sich somit in der unmittelbaren Beschreibung der Beschaffenheit und/oder des Bestimmungszwecks der angemeldeten Waren der Klassen 27 und 19.
35
aaa) Bei den in Klasse 27 beanspruchten Waren
36
“
Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und andere Bodenbeläge, alle vorgenannten Waren nicht aus Kork; Korkfreie Bodenbeläge aus Kunststoff; Tapeten [ausgenommen aus textilem Material]; Fußbodenbeläge, nicht aus Kork; Fußbodenisolierbeläge, nicht aus Kork„
37
weist das Anmeldezeichen auf deren Eigenschaften hin, nämlich, dass sie aus gesundem Kunststoff, also ohne schädliche Weichmacher oder mit natürlichen Weichmachern hergestellt sind.
38
Die gesundheitliche Unbedenklichkeit ist auch bei den Waren “
Teppiche“ von Bedeutung, da diese auch aus reinem Vinyl gefertigt werden, weil sie dann extrem leicht sind. Dies gilt auch für “
Linoleum„, weil es sich ebenfalls um einen faserverstärkten Kunststoff handelt (https://de.wikipedia.org/wiki/Linoleum).
39
bbb) Auch für die in Klasse 19 angemeldeten Waren
40
“
Baumaterialien, nicht aus Kork; Rohre für Bauzwecke; Profile, Profilleisten, Leisten, Platten, Bretter, Verkleidungsteile, alle vorgenannten Waren, nicht aus Metall und nicht aus Kork, für Bauzwecke; Kantenabschlüsse, nicht aus Metall, für Baumaterialien; Bauteile und Baumaterialien, nicht aus Kork, zur Dämmung; Fußböden, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Wand- und Deckenverkleidungsteile, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele aus Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele aus Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, nicht aus Metall und nicht aus Kork, ausgestattet mit integrierten Verriegelungselementen; Platten, Bretter und Paneele als Wand- und Deckenverkleidungen aus Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Platten, Bretter und Paneele als Wand- und Deckenverkleidungen aus Laminat, Holzersatzstoffen, Kunststoff, nicht aus Metall und nicht aus Kork, ausgestattet mit integrierten Verriegelungselementen„
41
stellt das Anmeldezeichen nur eine unmittelbar beschreibende Beschaffenheitsangabe dar, nämlich dass sie aus einem schadstofffreien Kunststoffmaterial bestehen.
42
ccc) Die in derselben Klasse angemeldeten Produkte
43
„Holz für Bauzwecke; bearbeitetes Holz, Nutzholz; Konstruktionsholz, verleimtes Holz, Furnierholz; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele aus Holz, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele aus Holz, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork, ausgestattet mit integrierten Verriegelungselementen; Platten, Bretter und Paneele als Wand- und Deckenverkleidungen aus Holz, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork; Platten, Bretter und Paneele als Wand- und Deckenverkleidungen aus Holz, Leder und/oder anderen Stoffen, nicht aus Metall und nicht aus Kork, ausgestattet mit integrierten Verriegelungselementen“
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bestehen aus Holz, Leder oder anderen Stoffen als Kunststoff, Metall oder Kork, so dass sie zwar nicht aus PVC hergestellt sein können, aber die verschiedenen genannten Holzarten sowie die “
Fußbodenplatten, Fußbodenbretter und Fußbodenpaneele“ und die “
Platten, Bretter und Paneele als Wand- und Deckenverkleidungen“ mit und ohne
„integrierten Verriegelungselementen“ können dazu bestimmt sein, als Trägermaterial bzw. Trägerplatten für einen gesundheitlich unbedenklichen Vinylbelag zu dienen (Baustoffwissen, Grundstoffe des Bauens, Kunststoffe: Welche Eigenschaften hat PVC?, Nachweis im Verfahren 26 W (pat) 563/19; Google Bildersuche, Stichwort: Vinylboden, Nachweis im Verfahren 26 W (pat) 563/19), so dass das Anmeldezeichen insoweit den Bestimmungs- und Verwendungszweck angibt.
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ff) Eine Sachaussage trifft das Anmeldezeichen auch über die Produkte der Klasse 6
46
“
Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Waren aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, nämlich Verbindungs- und Befestigungselemente aus Metall für Fußbodenplatten, Fußbodenbretter, Fußbodenpaneele und für Wand- und Deckenverkleidungsteile sowie Metallriegel zum Überbrücken und Zusammenhalten der Fußbodenplatten, Fußbodenbretter, Fußbodenpaneelen sowie der Wand- und Deckenverkleidungsteile; Verbindungs- und Befestigungselemente aus Metall für Fußbodenplatten, Fußbodenbretter, Fußbodenpaneele und für Wand- und Deckenverkleidungsteile; Metallrahmen für Bauzwecke; Haken (Kleineisenwaren); Stifte (Kleineisenwaren); Dübel (Verbindungsdübel, Stifte) aus Metall„.
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Denn bei ihnen weist das Anmeldezeichen nur darauf hin, dass sie geeignet sind, bei Materialien aus schadstofffreiem Kunststoff zum Einsatz zu kommen. Beispielsweise können sich die Verbindungs- und Befestigungselemente aus Metall für Fußbodenplatten, Fußbodenbretter, Fußbodenpaneele und für Wand- und Deckenverkleidungsteile jeweils aus gesundheitlich unbedenklichem Vinyl eignen. Auch “
Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrahmen für Bauzwecke; Haken (Kleineisenwaren); Stifte (Kleineisenwaren); Dübel (Verbindungsdübel, Stifte) aus Metall“ können dem Einbau von Materialien aus PVC dienen, das die Gesundheit nicht beeinträchtigt.
48
gg) Da die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist, bedarf es für die Begründung des Eintragungshindernisses wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angegriffene Marke als beschreibende Angabe bereits vor dem Anmeldezeitpunkt bekannt war oder verwendet wurde. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass sie diesem Zweck dienen kann.
49
hh) Auch wenn es sich um eine Wortneuschöpfung handelt, fehlt es dem Anmeldezeichen an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht. Da das Anmeldezeichen grammatikalisch aus einem vorangestellten Adjektiv und einem Substantiv besteht und einen sinnvollen Gesamtbegriff bildet, der sich in vergleichbare Wortfolgen wie „healthy food, healthy feet, healthy socks, healthy society“ und „healthy living“ einreiht, fehlt es an einer ungewöhnlichen Änderung, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 98 – 100 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rdnr. 39 – 41 – BIOMILD; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World).
50
c) Soweit für die Waren der Klassen 19 und 27 die Beschränkung erklärt worden ist “
alle zuvor genannten Waren nicht aus Polyvinylchlorid (PVC)“ ist dieser negativ formulierte Disclaimer nicht geeignet, aus dem Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit herauszuführen.
51
aa) Die Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses gemäß § 39 Abs. 1 MarkenG muss dem Gebot der Rechtssicherheit entsprechen (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 114 – 117 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 778 Rdnr. 9 – Willkommen im Leben). Dieses gebietet, dass der Umfang des Markenschutzes für Dritte und insbesondere Konkurrenten aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis klar und eindeutig hervorgehen muss (EuGH GRUR 2012, 822 Rdnr. 46 ff. – IP TRANSLATOR). Dazu muss die Einschränkung die allgemeinen und objektiven Eigenschaften und Zweckbestimmungen der Waren und Dienstleistungen in einer wirtschaftlich nachvollziehbaren und damit rechtlich abgrenzbaren Weise betreffen, wobei es auf dauerhafte charakteristische Kriterien ankommt (BGH GRUR 2002, 340 Rdnr. 29 – Fabergé; GRUR 2013, 725 Rdnr. 33 – Duff Beer). Nicht zulässig ist es, sich darauf zu beschränken anzugeben, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 114 – Postkantoor; BGH a. a. O. – Willkommen im Leben). Eine solche Praxis würde zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs des Markenschutzes führen. Dritte – insbesondere Konkurrenten – wären im Allgemeinen nicht darüber informiert, dass sich bei bestimmten Waren oder Dienstleistungen der durch die Marke verliehene Schutz nicht auf diejenigen Waren oder Dienstleistungen erstreckt, die ein bestimmtes Merkmal aufweisen, und könnten so dazu veranlasst werden, bei der Beschreibung ihrer eigenen Produkte auf die Verwendung der Zeichen oder Angaben zu verzichten, aus denen die Marke besteht und die dieses Merkmal beschreiben (EuGH a. a. O. Rdnr. 115 – Postkantoor).
52
bb) Um einen solchen unzulässigen negativen Disclaimer handelt es sich hier. Bei der Formulierung “
alle zuvor genannten Waren nicht aus Polyvinylchlorid (PVC)“ wird die Anmeldung in der Art und Weise eingeschränkt, dass die Waren der Klassen 19 und 27 ein bestimmtes durch die Marke beschriebenes Merkmal nicht aufweisen, dass sie nämlich nicht aus Polyvinylchlorid (PVC) hergestellt und/oder nicht für die Verarbeitung dieses Kunststoffes bestimmt sind. Eine solche Einschränkung würde zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfangs des Markenschutzes führen. Denn durch eine Benennung dieses Merkmals in der angemeldeten Bezeichnung könnten die angesprochenen Verkehrskreise zu dem Schluss kommen, die damit gekennzeichnete Ware verfüge über die fragliche Eigenschaft (vgl. BPatG 26 W (pat) 513/18 – Popcorn; BPatGE 30, 196, 200 – ORTHOTECH).
53
cc) Auf die Unzulässigkeit dieses erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgenommenen Disclaimers ist die Beschwerdeführerin mit dem Ladungszusatz vom 7. Juli 2021 ausdrücklich hingewiesen worden. Da sie diesen nicht zurückgenommen hat, kommt eine Schutzfähigkeit für die Waren der Klassen 19 und 27 schon aus formellen Gründen nicht in Betracht.
54
2. Für die übrigen in Klasse 6 angemeldeten Produkte
55
“
Unedle Metalle und deren Legierungen; Baumaterialien aus Metall; Bauteile aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Metallrohre; Scharniere aus Metall; Scharnierbänder aus Metall„
56
ist das Anmeldezeichen “
healthyvinyl“ eine ersichtlich täuschende Angabe gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 4, 37 Abs. 3 MarkenG.
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a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Die Täuschungseignung muss dabei ersichtlich sein (§ 37 Abs. 3 MarkenG). Bei der Beurteilung, ob ein solches Schutzhindernis besteht, geht es um die Irreführung durch den Zeicheninhalt und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu erwecken. Dabei wird der Zeicheninhalt im Wesentlichen geprägt durch die Waren oder Dienstleistungen, für die der markenrechtliche Schutz beansprucht wird (BGH GRUR 2002, 540, Juris-Tz. 24 – OMEPRAZOK). Ist für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG insoweit nicht vor (vgl. BGH GRUR 2017, 186 Rdnr. 21 – Stadtwerke Bremen; a. a. O., Juris-Tz. 25 – OMEPRAZOK). Die Täuschungseignung ist hier aber zu bejahen.
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b) Denn die angesprochenen maßgeblichen Verkehrskreise erwarten bei den damit gekennzeichneten Metallwaren, dass sie zumindest in Anteilen gesundheitlich unbedenklichen Kunststoff enthalten. Das Publikum wird deshalb bei einer Verwendung der angemeldeten Bezeichnung für die im Warenverzeichnis aufgeführten Metallwaren stets in seiner berechtigten Erwartung getäuscht, ein Produkt zu erhalten, das zumindest teilweise aus schadstofffreiem Vinyl besteht, weshalb die Eignung zur Täuschung ersichtlich im Sinne des § 37 Abs. 3 MarkenG ist. Es besteht auch keine Möglichkeit einer nicht täuschenden Verwendung der fraglichen Bezeichnung im Zusammenhang mit diesen Waren, die ausschließlich aus Metall bestehen. Auf die Modalitäten der Markenbenutzung kommt es dabei nicht an. Ein in der angemeldeten Form täuschendes Zeichen wird nicht dadurch eintragbar, dass möglicherweise mittels erläuternder Zusätze bei der Benutzung die Irreführungsgefahr ausgeschlossen werden könnte (BPatG 28 W (pat) 578/12 – kyrillische Schriftzeichen: Omas Gurken; BPatGE 45, 1, 3 – Kombucha; BPatG 26 W (pat) 57/10 – Schlehdorn; 28 W (pat) 546/10 – Catz).
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3. Da schon die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und 4 MarkenG vorliegen, kann dahinstehen, ob dem angemeldeten Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Unterscheidungskraft für die in Rede stehenden Waren fehlt.