BVerwG 2. Senat, Beschluss vom 12.08.2021, AZ 2 VR 6/21, ECLI:DE:BVerwG:2021:120821B2VR6.21.0
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I
1
Der 1974 geborene Antragsteller steht als Technischer Regierungshauptsekretär (Besoldungsgruppe A8 BBesO) im Dienst der Antragsgegnerin. Derzeit wird er beim Bundesamt für … der Bundeswehr als Bürosachbearbeiter verwendet. Im März 2010 wurde der Antragsteller wegen des Sich-Verschaffens von kinderpornographischen Schriften in acht tateinheitlichen Fällen sowie des Besitzes von kinderpornographischen Schriften in mindestens 4 000 tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Von dieser Verurteilung erhielt die Antragsgegnerin zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis. Durch Urteil des Amtsgerichts wurde der Antragsteller Anfang September 2015 wegen Sich-Verschaffens von kinderpornographischen Abbildungen sowie Besitzes von kinderpornographischen Schriften in 50 000 Fällen nach § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung vom 27. Dezember 2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung wiederum zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Antragsteller entsprechend dem Antrag der Antragsgegnerin aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Mit Urteil vom 24. Februar 2021 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Antragstellers zurückgewiesen. Am 1. Juni 2021 hat das Oberverwaltungsgericht beschlossen, der Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil nicht abzuhelfen. Über die beim Bundesverwaltungsgericht am 3. Juni 2021 eingegangene Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers ist noch nicht entschieden (BVerwG 2 B 21.21).
2
Mit Anordnung vom 22. Mai 2021 hat das Bundesamt für … der Bundeswehr den Antragsteller gemäß § 38 Abs. 1 BDG vorläufig des Dienstes enthoben und gemäß § 38 Abs. 2 BDG seine Dienstbezüge um 20 % gekürzt. Am 24. Juni 2021 hat der Antragsteller beim Oberverwaltungsgericht den Antrag gestellt,
die mit Anordnung vom 22. Mai 2021 verfügte vorläufige Dienstenthebung und Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 63 Abs. 1 und 2 BDG auszusetzen.
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Mit Beschluss vom 12. Juli 2021 hat sich das Oberverwaltungsgericht für die Entscheidung über den Antrag für nicht zuständig erklärt und hat den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.
II
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Der Antrag, über den das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hat (1.), ist zulässig, aber nicht begründet (2.).
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1. Für die Entscheidung über den Antrag nach § 63 Abs. 1 BDG ist in der hier vorliegenden Konstellation das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Denn bereits zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags des Antragstellers beim Oberverwaltungsgericht am 24. Juni 2021 war dort in derselben Sache kein Disziplinarverfahren mehr anhängig (§ 63 Abs. 1 Satz 2 BDG). Spätestens mit dem Eingang des ablehnenden Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts über die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil beim Bundesverwaltungsgericht am 3. Juni 2021 war ein Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des Berufungsgerichts für eine Entscheidung nach § 63 BDG entfallen.
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Der Übergang der Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag des Antragstellers nach § 63 Abs. 1 BDG in der hier gegebenen prozessualen Konstellation auf das Bundesverwaltungsgericht entspricht auch dem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers.
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Das Gesetz gibt in § 63 Abs. 2 BDG vor, dass die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen vom Gericht auszusetzen sind, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Nach § 38 Abs. 1 und 2 und § 63 Abs. 2 BDG ist im Ergebnis die Einschätzung des Gerichts maßgeblich, ob der betroffene Beamte voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist. Das Berufungsgericht hat aber bereits nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände im Berufungsurteil entschieden, dass der Antragsteller durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist. Die für die Entscheidung nach § 63 Abs. 2 BDG gebotene unbefangene Bewertung der Frage, ob der betroffene Beamte angesichts seines Dienstvergehens noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, kann vom Oberverwaltungsgericht nicht mehr geleistet werden.
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2. Der Antrag ist nicht begründet. Denn zu dem für § 63 Abs. 2 BDG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen.
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a) Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BDG kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Unter denselben Voraussetzungen kann die Behörde nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BDG auch anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 % der monatlichen Dienstbezüge einbehalten werden.
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Das Merkmal „voraussichtlich“ verlangt nicht, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgesprochen werden wird. Auch ist es nicht erforderlich, dass das dem Beamten vorgeworfene Dienstvergehen in vollem Umfang nachgewiesen und aufgeklärt ist. Notwendig ist, dass das Gericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme erkennen wird. „Ernstliche Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen i.S.v. § 63 Abs. 2 BDG sind anzunehmen, wenn bei der summarischen Prüfung der angegriffenen Anordnung im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Es ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit der Anordnung nach § 38 BDG sprechenden Gründe überwiegen; der Erfolg des Antrags muss nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg. Es reicht aus, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg (BVerwG, Beschluss vom 28. November 2019 – 2 VR 3.19 – Buchholz 235.1 § 38 BDG Nr. 3 Rn. 20 ff.).
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Im Fall des Antragstellers können zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen der Antragsgegnerin in diesem Sinne nicht angenommen werden.
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Das disziplinarrechtlich relevante Verhalten des Antragstellers steht aufgrund der Bindung der Disziplinargerichte an die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG fest. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG schreibt vor, dass das Verhalten der Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die ihr Beruf erfordert. Durch das Sich-Verschaffen von kinderpornographischen Abbildungen sowie durch den Besitz von kinderpornographischen Schriften in 50 000 Fällen hat der Antragsteller vorsätzlich gegen diese Pflicht verstoßen.
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Da das pflichtwidrige Verhalten des Antragstellers nicht in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, handelt es sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen. Das außerdienstliche Dienstvergehen des Antragstellers ist auch nach Maßgabe von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG disziplinarwürdig, weil die Pflichtverletzung des Antragstellers nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Disziplinarwürdigkeit folgt hier daraus, dass der Antragsteller in kurzer Zeit mehrere vergleichbare Straftaten begangen hat. Dadurch erweckt das außerdienstliche Verhalten des Beamten den Eindruck, er lasse sich durch die Bestrafung nicht beeindrucken (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2001 – 1 D 20.00 – BVerwGE 114, 212 <220>).
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Nach § 13 Abs. 1 BDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Die Schwere des Dienstvergehens ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 – 1 D 1.12 – BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 – 2 BvR 52/02 – BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 – 2 C 12.04 – BVerwGE 124, 252 <258 f.>, vom 10. Dezember 2015 – 2 C 6.14 – BVerwGE 154, 10 Rn. 12 und vom 16. Juni 2020 – 2 C 12.19 – BVerwGE 168, 254 Rn. 19).
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Als Orientierung für die Schwere des Dienstvergehens dient der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen. Mit der gesetzlichen Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens eines Beamten verbindlich zum Ausdruck gebracht. Diese grundsätzliche Ausrichtung am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung der Dienstvergehen und verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Gehalts eines Dienstvergehens an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Maßgeblich ist damit die Einschätzung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 – 2 C 12.19 – BVerwGE 168, 254 Rn. 21).
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Aus dem bis 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b StGB i.d.F. des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ist zu schließen, dass für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften grundsätzlich ein Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung (§ 9 BDG) eröffnet ist (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 – 2 C 13.10 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 17 f. und zuletzt vom 24. Oktober 2019 – 2 C 3.18 – BVerwGE 166, 389 Rn. 29). Die den Orientierungsrahmen übersteigende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kann nur ausgesprochen werden, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe ausgeglichen werden (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2012 – 2 B 146.11 – NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 7 ff. und vom 18. Juni 2014 – 2 B 9.14 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 24 Rn. 9). Zu diesen belastenden Umständen zählt insbesondere eine Vorbelastung des Beamten.
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Bei einem technischen Regierungshauptsekretär, wie dem Antragsteller, rechtfertigt das Statusamt, im Gegensatz zu einem Lehrer (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2019 – 2 C 3.18 – BVerwGE 166, 389 Rn. 30), nicht die Erweiterung des Orientierungsrahmens bis hin zur Höchstmaßnahme. Auch die im Wege der Strafzumessung ausgesprochene Strafe ist hier nicht maßgeblich. Straf- und Disziplinarrecht verfolgen unterschiedliche Zwecke (BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 2019 – 2 C 3.18 – BVerwGE 166, 389 Rn. 34 und vom 16. Juni 2020 – 2 C 12.19 – NJW 2020, 2907 Rn. 40 sowie Beschluss vom 27. Dezember 2017 – 2 B 18.17 – NVwZ-RR 2018, 439 Rn. 9). Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen (BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2008 – 1 D 2.07 – juris Rn. 70; Beschlüsse vom 5. Juli 2016 – 2 B 24.16 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 38 Rn. 13 und vom 20. Dezember 2018 – 2 B 33.18 – Rn. 6).
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Die Ausweitung des Orientierungsrahmens bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt sich hier aber durch den Umstand, dass der Antragsteller in Bezug auf das Sich-Verschaffen von kinderpornographischen Schriften und auf den Besitz solcher Schriften Wiederholungstäter ist.
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In der Rechtsprechung zur Bemessung einer Disziplinarmaßnahme ist anerkannt, dass zum Persönlichkeitsbild des Beamten im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen gehören, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, und dass diese Verfehlungen bei der Würdigung sämtlicher Umstände belastend zu berücksichtigen sind. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der Beamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung und Warnung dienen lassen, sodass eine stufenweise Steigerung der Disziplinarmaßnahme geboten ist. Das Gewicht der Vorbelastung im Einzelfall, die als erschwerender Umstand auch zur Höchstmaßnahme führen kann, hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Sanktion und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63.11 – BVerwGE 147, 229 Rn. 22 und Beschlüsse vom 11. Februar 2014 – 2 B 37.12 – juris Rn. 33 und vom 18. Juni 2014 – 2 B 9.14 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 24 Rn. 10; aus der Rechtsprechung des Disziplinarsenats, Urteil vom 11. Dezember 2001 – 1 D 2.01 – juris Rn. 31 m.w.N.).
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Bereits im Jahr 2010 war der Antragsteller wegen dieser Vergehen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Nur 20 Monate nach dieser Verurteilung verschaffte sich der Antragsteller erneut den Besitz kinderpornographischer Schriften. Dieses Verhalten belegt, dass die nur kurz zurückliegende strafgerichtliche Verurteilung den Antragsteller nicht zu einem ordnungsgemäßen außerdienstlichen Verhalten hat bewegen können. Im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums ist die Entfernung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis aller Voraussicht nach geboten. Umstände des konkreten Einzelfalls, die die Annahme des vollständigen Vertrauensverlustes in die Person des Antragstellers widerlegen, sind nicht ersichtlich.
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Dass die Antragsgegnerin den Antragsteller trotz der Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis weiterhin beschäftigt hat und erst nach der Berufungsverhandlung aufgrund von § 38 BDG gegen den Antragsteller vorgegangen ist, ist nicht relevant. Die Weiterbeschäftigung des betroffenen Beamten durch den Dienstherrn kann auf Umständen beruhen, die mit der Frage des Weiterbestehens eines Vertrauens nicht im Zusammenhang stehen. Insbesondere kann sich der Dienstherr aus finanziellen Gründen für eine Weiterbeschäftigung entschieden haben, weil der Beamte auch während des laufenden Verfahrens weiterhin alimentiert wird (BVerwG, Urteile vom 26. August 1997 – 1 D 68.96 – Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 13 S. 40, vom 19. Mai 1998 – 1 D 37.97 – Rn. 20 und vom 28. Februar 2013 – 2 C 3.12 – BVerwGE 146, 98 Rn. 42; Beschlüsse vom 27. Mai 2015 – 2 B 16.15 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 32 Rn. 8 und vom 27. September 2017 – 2 B 6.17 – Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 45 Rn. 7).
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b) Vor der Entscheidung hat die Antragsgegnerin den Antragsteller angehört sowie dessen wirtschaftliche und persönliche Verhältnisse ermittelt und bei ihrer Entscheidung über die Einbehaltung der Dienstbezüge des Antragstellers berücksichtigt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das Verfahren Festgebühren nach Nr. 40 der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.